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[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835.

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stesblume; und wie sie welkt und abfällt in der irdischen
Zeit, so drängt sich aus ihr hervor der Geist als ewige
himmlische Blüthe.

Wenn ich im späten Herbst im Vorübergehen das
todte Laub von den Hecken streifte, da sammelte ich mir
diese Weisheit ein; ich öffnete die Knospen ich grub die
Wurzeln aus, überall drängte sich das Zukünftige aus
der gesammten Kraft des Gegenwärtigen hervor; so
ist denn kein Alter, kein Absterben, sondern ewiges
Opfern der Zeit an das neue junge Frühlingsleben,
und wer sich der Zukunft nicht opferte, wie unglücklich
wär der! --


Zum Tempeldienst bin ich geboren, wo mir nicht
die Luft des Heiligthums heimathlich entgegenweht da
fühl ich mich unsicher als hab ich mich verirrt.

Du bist mein Tempel wenn ich mit Dir sein will
reinige ich mich von des Alltäglichen Bedrängniß wie
einer der Feierkleider anlegt; so bist Du der Eingang
zu meiner Religion.

Ich nenne Religion das was den Geist auf der Le-
bensstufe des Augenblicks ergreift und im Gedeihen wei-

ſtesblume; und wie ſie welkt und abfällt in der irdiſchen
Zeit, ſo drängt ſich aus ihr hervor der Geiſt als ewige
himmliſche Blüthe.

Wenn ich im ſpäten Herbſt im Vorübergehen das
todte Laub von den Hecken ſtreifte, da ſammelte ich mir
dieſe Weisheit ein; ich öffnete die Knoſpen ich grub die
Wurzeln aus, überall drängte ſich das Zukünftige aus
der geſammten Kraft des Gegenwärtigen hervor; ſo
iſt denn kein Alter, kein Abſterben, ſondern ewiges
Opfern der Zeit an das neue junge Frühlingsleben,
und wer ſich der Zukunft nicht opferte, wie unglücklich
wär der! —


Zum Tempeldienſt bin ich geboren, wo mir nicht
die Luft des Heiligthums heimathlich entgegenweht da
fühl ich mich unſicher als hab ich mich verirrt.

Du biſt mein Tempel wenn ich mit Dir ſein will
reinige ich mich von des Alltäglichen Bedrängniß wie
einer der Feierkleider anlegt; ſo biſt Du der Eingang
zu meiner Religion.

Ich nenne Religion das was den Geiſt auf der Le-
bensſtufe des Augenblicks ergreift und im Gedeihen wei-

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[39/0049] ſtesblume; und wie ſie welkt und abfällt in der irdiſchen Zeit, ſo drängt ſich aus ihr hervor der Geiſt als ewige himmliſche Blüthe. Wenn ich im ſpäten Herbſt im Vorübergehen das todte Laub von den Hecken ſtreifte, da ſammelte ich mir dieſe Weisheit ein; ich öffnete die Knoſpen ich grub die Wurzeln aus, überall drängte ſich das Zukünftige aus der geſammten Kraft des Gegenwärtigen hervor; ſo iſt denn kein Alter, kein Abſterben, ſondern ewiges Opfern der Zeit an das neue junge Frühlingsleben, und wer ſich der Zukunft nicht opferte, wie unglücklich wär der! — Zum Tempeldienſt bin ich geboren, wo mir nicht die Luft des Heiligthums heimathlich entgegenweht da fühl ich mich unſicher als hab ich mich verirrt. Du biſt mein Tempel wenn ich mit Dir ſein will reinige ich mich von des Alltäglichen Bedrängniß wie einer der Feierkleider anlegt; ſo biſt Du der Eingang zu meiner Religion. Ich nenne Religion das was den Geiſt auf der Le- bensſtufe des Augenblicks ergreift und im Gedeihen wei-

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Zitationshilfe: [Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835, S. 39. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_goethe03_1835/49>, abgerufen am 21.11.2024.