[Arnim, Bettina von]: Tagebuch. Berlin, 1835.Zukunft in uns weckt; da saß ich und sah die Bienen Ja die Wehmuth ist der Spiegel des Glücks; Du meine
Zukunft in uns weckt; da ſaß ich und ſah die Bienen Ja die Wehmuth iſt der Spiegel des Glücks; Du meine
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0058" n="48"/> Zukunft in uns weckt; da ſaß ich und ſah die Bienen<lb/> von ihren Streifzügen heimkehren, ich ſah wie ſie ſich<lb/> im Blumenſtaub wälzten und wie ſie weiter und wei-<lb/> ter flogen in die ungemeſſene Ferne; wie ſie im blauen<lb/> Sonnedurchglänzten Äther verſchwebten, und da ging mir<lb/> mitten in dieſen Anwandlungen von Melancholie auch<lb/> die Ahndung von ungemeſſenem Glück auf.</p><lb/> <p>Ja die Wehmuth iſt der Spiegel des Glücks; Du<lb/> fühlſt, Du ſiehſt in ihr ausgeſprochen ein Glück nach<lb/> dem ſie ſich ſehnt. Ach und im Glück wieder durch al-<lb/> len Glanz der Freude durchſchimmernd dieſe ſchmerzliche<lb/> Wolluſt. Ja das Glück iſt auch der Spiegel dieſer aus<lb/> unergründlichen Tiefen aufſteigenden Wehmuth. Und<lb/> jetzt noch in der Erinnerung wie in den Kindertagen,<lb/> füllt ſich meine Seele mit jener Stimmung, die leiſe mit<lb/> der Dämmerung hereinbrach und dann wieder nachgab,<lb/> wenn das Sonnenlicht mit dem Sternenlicht gewechſelt<lb/> hatte und der Abendthau meine Haare losringelte. Die<lb/> kalte Nachtluft ſtählte mich, ich buhlte, ich neckte mich<lb/> mit den tauſend Augen der Finſterniß, die aus jedem<lb/> Buſch mir entgegen blitzten. Ich kletterte auf die Ka-<lb/> ſtanienbäume und legte mich ſo ſchlank und elaſtiſch<lb/> auf ihre Äſte; wenn dann der Wind durchſchwirrte und<lb/> jedes Blatt mich anflüſterte, da wars als redeten ſie<lb/> <fw place="bottom" type="catch">meine</fw><lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [48/0058]
Zukunft in uns weckt; da ſaß ich und ſah die Bienen
von ihren Streifzügen heimkehren, ich ſah wie ſie ſich
im Blumenſtaub wälzten und wie ſie weiter und wei-
ter flogen in die ungemeſſene Ferne; wie ſie im blauen
Sonnedurchglänzten Äther verſchwebten, und da ging mir
mitten in dieſen Anwandlungen von Melancholie auch
die Ahndung von ungemeſſenem Glück auf.
Ja die Wehmuth iſt der Spiegel des Glücks; Du
fühlſt, Du ſiehſt in ihr ausgeſprochen ein Glück nach
dem ſie ſich ſehnt. Ach und im Glück wieder durch al-
len Glanz der Freude durchſchimmernd dieſe ſchmerzliche
Wolluſt. Ja das Glück iſt auch der Spiegel dieſer aus
unergründlichen Tiefen aufſteigenden Wehmuth. Und
jetzt noch in der Erinnerung wie in den Kindertagen,
füllt ſich meine Seele mit jener Stimmung, die leiſe mit
der Dämmerung hereinbrach und dann wieder nachgab,
wenn das Sonnenlicht mit dem Sternenlicht gewechſelt
hatte und der Abendthau meine Haare losringelte. Die
kalte Nachtluft ſtählte mich, ich buhlte, ich neckte mich
mit den tauſend Augen der Finſterniß, die aus jedem
Buſch mir entgegen blitzten. Ich kletterte auf die Ka-
ſtanienbäume und legte mich ſo ſchlank und elaſtiſch
auf ihre Äſte; wenn dann der Wind durchſchwirrte und
jedes Blatt mich anflüſterte, da wars als redeten ſie
meine
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