Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

lich begabt ist Dein Rand geformt, daß er die brausen¬
den Lebensfluthen faßt, wie unrettbar wär ich sonst
über dich hinausgebraust. -- Mein Freund das Wind¬
spiel hatte mich aufgespürt, es weckte mich mit seinem
Bellen und wollte mit mir spielen, es bellte daß alle
Felsen dröhnten und echoten, es war als wenn eine ganze
Jagd los wär, ich mußte jauchzen vor Vergnügen und
Lust mit dem Thier; es hatte mir meinen Strohhut
apportirt den ich dem steilen Fels hinabgeworfen hatte,
mit so zierlichen langhalsigen Sprüngen -- so ists wenn
man einem gut ist, da mißt man nicht die Gefahr des
Abgrunds, man vertraut in die eignen Kräfte und es
gelingt. -- Ach Günderode, es wär viel, wenn der Mensch
nur erst so weit wär seinem eignen Genie zu trauen
wie so ein Windspiel, es legte mir seine Pfoten um
den Hals wie es mir meinen Hut gebracht hatte
ohne ihn zu verderben; ich nannte es zum Scherz Ero¬
dion, und dachte so müsse der an der Göttin Imortalita
hinauf gesehen haben, denn es ist so edel und schön und
kühn, und Menschen sehen nicht leicht so einfach groß
und ungestört aus in ihrer Weise, wie Thiere es oft
sind. Der Herzog war dem Bellen seines Hundes nach¬
gegangen und kam hinter den Bäumen hervor, er fragte
warum ich den Hund so nenne dem er Cales ruft, und

lich begabt iſt Dein Rand geformt, daß er die brauſen¬
den Lebensfluthen faßt, wie unrettbar wär ich ſonſt
über dich hinausgebrauſt. — Mein Freund das Wind¬
ſpiel hatte mich aufgeſpürt, es weckte mich mit ſeinem
Bellen und wollte mit mir ſpielen, es bellte daß alle
Felſen dröhnten und echoten, es war als wenn eine ganze
Jagd los wär, ich mußte jauchzen vor Vergnügen und
Luſt mit dem Thier; es hatte mir meinen Strohhut
apportirt den ich dem ſteilen Fels hinabgeworfen hatte,
mit ſo zierlichen langhalſigen Sprüngen — ſo iſts wenn
man einem gut iſt, da mißt man nicht die Gefahr des
Abgrunds, man vertraut in die eignen Kräfte und es
gelingt. — Ach Günderode, es wär viel, wenn der Menſch
nur erſt ſo weit wär ſeinem eignen Genie zu trauen
wie ſo ein Windſpiel, es legte mir ſeine Pfoten um
den Hals wie es mir meinen Hut gebracht hatte
ohne ihn zu verderben; ich nannte es zum Scherz Ero¬
dion, und dachte ſo müſſe der an der Göttin Imortalita
hinauf geſehen haben, denn es iſt ſo edel und ſchön und
kühn, und Menſchen ſehen nicht leicht ſo einfach groß
und ungeſtört aus in ihrer Weiſe, wie Thiere es oft
ſind. Der Herzog war dem Bellen ſeines Hundes nach¬
gegangen und kam hinter den Bäumen hervor, er fragte
warum ich den Hund ſo nenne dem er Cales ruft, und

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p rendition="#right"><pb facs="#f0105" n="89"/>
lich begabt i&#x017F;t Dein Rand geformt, daß er die brau&#x017F;en¬<lb/>
den Lebensfluthen faßt, wie unrettbar wär ich &#x017F;on&#x017F;t<lb/>
über dich hinausgebrau&#x017F;t. &#x2014; Mein Freund das Wind¬<lb/>
&#x017F;piel hatte mich aufge&#x017F;pürt, es weckte mich mit &#x017F;einem<lb/>
Bellen und wollte mit mir &#x017F;pielen, es bellte daß alle<lb/>
Fel&#x017F;en dröhnten und echoten, es war als wenn eine ganze<lb/>
Jagd los wär, ich mußte jauchzen vor Vergnügen und<lb/>
Lu&#x017F;t mit dem Thier; es hatte mir meinen Strohhut<lb/>
apportirt den ich dem &#x017F;teilen Fels hinabgeworfen hatte,<lb/>
mit &#x017F;o zierlichen langhal&#x017F;igen Sprüngen &#x2014; &#x017F;o i&#x017F;ts wenn<lb/>
man einem gut i&#x017F;t, da mißt man nicht die Gefahr des<lb/>
Abgrunds, man vertraut in die eignen Kräfte und es<lb/>
gelingt. &#x2014; Ach Günderode, es wär viel, wenn der Men&#x017F;ch<lb/>
nur er&#x017F;t &#x017F;o weit wär &#x017F;einem eignen Genie zu trauen<lb/>
wie &#x017F;o ein Wind&#x017F;piel, es legte mir &#x017F;eine Pfoten um<lb/>
den Hals wie es mir meinen Hut gebracht hatte<lb/>
ohne ihn zu verderben; ich nannte es zum Scherz Ero¬<lb/>
dion, und dachte &#x017F;o mü&#x017F;&#x017F;e der an der Göttin Imortalita<lb/>
hinauf ge&#x017F;ehen haben, denn es i&#x017F;t &#x017F;o edel und &#x017F;chön und<lb/>
kühn, und Men&#x017F;chen &#x017F;ehen nicht leicht &#x017F;o einfach groß<lb/>
und unge&#x017F;tört aus in ihrer Wei&#x017F;e, wie Thiere es oft<lb/>
&#x017F;ind. Der Herzog war dem Bellen &#x017F;eines Hundes nach¬<lb/>
gegangen und kam hinter den Bäumen hervor, er fragte<lb/>
warum ich den Hund &#x017F;o nenne dem er Cales ruft, und<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[89/0105] lich begabt iſt Dein Rand geformt, daß er die brauſen¬ den Lebensfluthen faßt, wie unrettbar wär ich ſonſt über dich hinausgebrauſt. — Mein Freund das Wind¬ ſpiel hatte mich aufgeſpürt, es weckte mich mit ſeinem Bellen und wollte mit mir ſpielen, es bellte daß alle Felſen dröhnten und echoten, es war als wenn eine ganze Jagd los wär, ich mußte jauchzen vor Vergnügen und Luſt mit dem Thier; es hatte mir meinen Strohhut apportirt den ich dem ſteilen Fels hinabgeworfen hatte, mit ſo zierlichen langhalſigen Sprüngen — ſo iſts wenn man einem gut iſt, da mißt man nicht die Gefahr des Abgrunds, man vertraut in die eignen Kräfte und es gelingt. — Ach Günderode, es wär viel, wenn der Menſch nur erſt ſo weit wär ſeinem eignen Genie zu trauen wie ſo ein Windſpiel, es legte mir ſeine Pfoten um den Hals wie es mir meinen Hut gebracht hatte ohne ihn zu verderben; ich nannte es zum Scherz Ero¬ dion, und dachte ſo müſſe der an der Göttin Imortalita hinauf geſehen haben, denn es iſt ſo edel und ſchön und kühn, und Menſchen ſehen nicht leicht ſo einfach groß und ungeſtört aus in ihrer Weiſe, wie Thiere es oft ſind. Der Herzog war dem Bellen ſeines Hundes nach¬ gegangen und kam hinter den Bäumen hervor, er fragte warum ich den Hund ſo nenne dem er Cales ruft, und

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/105
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/105>, abgerufen am 27.11.2024.