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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

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An die Günderode.

Geld liegt im Pult am großen Spiegel, in der
dritten Schublad links, in den andern Schubladen liegt
aber auch vielleicht noch, zieh alle Schubladen ganz
heraus, ob etwas dahinter gefallen ist. Der Schlüssel
liegt unter dem Blumenkasten auf der Altan, wo die
Kapuzinerblumen stehn, den Apoll halt rein vom Staub,
und daß ihn die Fliegen nicht bedippeln mit sammt
dem Lorberkranz; und vom Styl weiß ich nichts als
von Dir, nichts überflüssiges, nur was zur Sach ge¬
hört sollt ich schreiben. Ich hab meinen Brief verputzt,
wie beim Apfelbaum, alle Raupennester und Zweige
ohne Fruchtkeime ausgebrochen, bis er ganz kahl war.
-- Man soll von jedem unnützen Wort Rechenschaft
geben, geschrieben kann man nicht abläugnen, so muß
man sich zusammennehmen. Der Mensch empfängt den
Geist mit Gedanken und Worten, es sind die Gemächer,
in denen er ihn herbergt, die Ehrengewande, die er ihm
umlegt, aber die müssen durchsichtig sein und knapp
anliegen, und die Räume einfach, denn was er nicht
ausfüllt, das verbaut ihn. Ich merk als daß die Men¬
schen sehr dumm sind, und fürchterliche Umwege ma¬

An die Günderode.

Geld liegt im Pult am großen Spiegel, in der
dritten Schublad links, in den andern Schubladen liegt
aber auch vielleicht noch, zieh alle Schubladen ganz
heraus, ob etwas dahinter gefallen iſt. Der Schlüſſel
liegt unter dem Blumenkaſten auf der Altan, wo die
Kapuzinerblumen ſtehn, den Apoll halt rein vom Staub,
und daß ihn die Fliegen nicht bedippeln mit ſammt
dem Lorberkranz; und vom Styl weiß ich nichts als
von Dir, nichts überflüſſiges, nur was zur Sach ge¬
hört ſollt ich ſchreiben. Ich hab meinen Brief verputzt,
wie beim Apfelbaum, alle Raupenneſter und Zweige
ohne Fruchtkeime ausgebrochen, bis er ganz kahl war.
— Man ſoll von jedem unnützen Wort Rechenſchaft
geben, geſchrieben kann man nicht abläugnen, ſo muß
man ſich zuſammennehmen. Der Menſch empfängt den
Geiſt mit Gedanken und Worten, es ſind die Gemächer,
in denen er ihn herbergt, die Ehrengewande, die er ihm
umlegt, aber die müſſen durchſichtig ſein und knapp
anliegen, und die Räume einfach, denn was er nicht
ausfüllt, das verbaut ihn. Ich merk als daß die Men¬
ſchen ſehr dumm ſind, und fürchterliche Umwege ma¬

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[165/0181] An die Günderode. Geld liegt im Pult am großen Spiegel, in der dritten Schublad links, in den andern Schubladen liegt aber auch vielleicht noch, zieh alle Schubladen ganz heraus, ob etwas dahinter gefallen iſt. Der Schlüſſel liegt unter dem Blumenkaſten auf der Altan, wo die Kapuzinerblumen ſtehn, den Apoll halt rein vom Staub, und daß ihn die Fliegen nicht bedippeln mit ſammt dem Lorberkranz; und vom Styl weiß ich nichts als von Dir, nichts überflüſſiges, nur was zur Sach ge¬ hört ſollt ich ſchreiben. Ich hab meinen Brief verputzt, wie beim Apfelbaum, alle Raupenneſter und Zweige ohne Fruchtkeime ausgebrochen, bis er ganz kahl war. — Man ſoll von jedem unnützen Wort Rechenſchaft geben, geſchrieben kann man nicht abläugnen, ſo muß man ſich zuſammennehmen. Der Menſch empfängt den Geiſt mit Gedanken und Worten, es ſind die Gemächer, in denen er ihn herbergt, die Ehrengewande, die er ihm umlegt, aber die müſſen durchſichtig ſein und knapp anliegen, und die Räume einfach, denn was er nicht ausfüllt, das verbaut ihn. Ich merk als daß die Men¬ ſchen ſehr dumm ſind, und fürchterliche Umwege ma¬

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 165. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/181>, abgerufen am 25.11.2024.