Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

weidlich in Deinen musikalischen Abstraktionen umher¬
streust. -- Du gemahnst mich an die Fabel vom Storch
und Fuchs, nur daß ich armes Füchslein ganz unschul¬
dig die flache Schüssel Geschichte Dir anbot, Du aber
Langschnabel, hast Dir mit Fleiß die langhalsige Flasche
der Mystik im Generalbaß und Harmonielehre er¬
wählt, wo ich denn freilich nüchtern und heißhungrig
dabei stehe. Den Blumenstrauß hat der Jude *) abge¬
geben, den Wachholderstrauch hab ich hinter dem Apoll
aufgepflanzt, sie umduften ihn, die blauen Perlen, und
die feinen Nadlen stichlen auf ihn. -- Wenn Du kommst,
so verbrennen wir sie im Windöfchen in meiner Kam¬
mer, und alle böse Omen mit, drum sei nicht ungehal¬
ten, wenn ich Dir manchmal ein wenig einheitze, ich
freu mich aufs lustige Feuerchen.

Karoline.

Sei mir ein bischen standhaft, trau mir, daß der
Geschichtsboden für Deine Phantasien, Deine Begriffe
ganz geeignet, ja nothwendig ist. -- Wo willst Du
Dich selber fassen, wenn Du keinen Boden unter Dir
hast? -- Kannst Du Dich nicht sammeln, ihre Einwir¬

*) Ein Briefbote, der alle Tage von Offenbach nach Frank¬
furt ging.

weidlich in Deinen muſikaliſchen Abſtraktionen umher¬
ſtreuſt. — Du gemahnſt mich an die Fabel vom Storch
und Fuchs, nur daß ich armes Füchslein ganz unſchul¬
dig die flache Schüſſel Geſchichte Dir anbot, Du aber
Langſchnabel, haſt Dir mit Fleiß die langhalſige Flaſche
der Myſtik im Generalbaß und Harmonielehre er¬
wählt, wo ich denn freilich nüchtern und heißhungrig
dabei ſtehe. Den Blumenſtrauß hat der Jude *) abge¬
geben, den Wachholderſtrauch hab ich hinter dem Apoll
aufgepflanzt, ſie umduften ihn, die blauen Perlen, und
die feinen Nadlen ſtichlen auf ihn. — Wenn Du kommſt,
ſo verbrennen wir ſie im Windöfchen in meiner Kam¬
mer, und alle böſe Omen mit, drum ſei nicht ungehal¬
ten, wenn ich Dir manchmal ein wenig einheitze, ich
freu mich aufs luſtige Feuerchen.

Karoline.

Sei mir ein bischen ſtandhaft, trau mir, daß der
Geſchichtsboden für Deine Phantaſien, Deine Begriffe
ganz geeignet, ja nothwendig iſt. — Wo willſt Du
Dich ſelber faſſen, wenn Du keinen Boden unter Dir
haſt? — Kannſt Du Dich nicht ſammeln, ihre Einwir¬

*) Ein Briefbote, der alle Tage von Offenbach nach Frank¬
furt ging.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0196" n="180"/>
weidlich in Deinen mu&#x017F;ikali&#x017F;chen Ab&#x017F;traktionen umher¬<lb/>
&#x017F;treu&#x017F;t. &#x2014; Du gemahn&#x017F;t mich an die Fabel vom Storch<lb/>
und Fuchs, nur daß ich armes Füchslein ganz un&#x017F;chul¬<lb/>
dig die flache Schü&#x017F;&#x017F;el Ge&#x017F;chichte Dir anbot, Du aber<lb/>
Lang&#x017F;chnabel, ha&#x017F;t Dir mit Fleiß die langhal&#x017F;ige Fla&#x017F;che<lb/>
der My&#x017F;tik im Generalbaß und Harmonielehre er¬<lb/>
wählt, wo ich denn freilich nüchtern und heißhungrig<lb/>
dabei &#x017F;tehe. Den Blumen&#x017F;trauß hat der Jude <note place="foot" n="*)"><lb/>
Ein Briefbote, der alle Tage von Offenbach nach Frank¬<lb/>
furt ging.</note> abge¬<lb/>
geben, den Wachholder&#x017F;trauch hab ich hinter dem Apoll<lb/>
aufgepflanzt, &#x017F;ie umduften ihn, die blauen Perlen, und<lb/>
die feinen Nadlen &#x017F;tichlen auf ihn. &#x2014; Wenn Du komm&#x017F;t,<lb/>
&#x017F;o verbrennen wir &#x017F;ie im Windöfchen in meiner Kam¬<lb/>
mer, und alle bö&#x017F;e Omen mit, drum &#x017F;ei nicht ungehal¬<lb/>
ten, wenn ich Dir manchmal ein wenig einheitze, ich<lb/>
freu mich aufs lu&#x017F;tige Feuerchen.</p><lb/>
          <p rendition="#right">Karoline.</p><lb/>
          <p>Sei mir ein bischen &#x017F;tandhaft, trau mir, daß der<lb/>
Ge&#x017F;chichtsboden für Deine Phanta&#x017F;ien, Deine Begriffe<lb/>
ganz geeignet, ja nothwendig i&#x017F;t. &#x2014; Wo will&#x017F;t Du<lb/>
Dich &#x017F;elber fa&#x017F;&#x017F;en, wenn Du keinen Boden unter Dir<lb/>
ha&#x017F;t? &#x2014; Kann&#x017F;t Du Dich nicht &#x017F;ammeln, ihre Einwir¬<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[180/0196] weidlich in Deinen muſikaliſchen Abſtraktionen umher¬ ſtreuſt. — Du gemahnſt mich an die Fabel vom Storch und Fuchs, nur daß ich armes Füchslein ganz unſchul¬ dig die flache Schüſſel Geſchichte Dir anbot, Du aber Langſchnabel, haſt Dir mit Fleiß die langhalſige Flaſche der Myſtik im Generalbaß und Harmonielehre er¬ wählt, wo ich denn freilich nüchtern und heißhungrig dabei ſtehe. Den Blumenſtrauß hat der Jude *) abge¬ geben, den Wachholderſtrauch hab ich hinter dem Apoll aufgepflanzt, ſie umduften ihn, die blauen Perlen, und die feinen Nadlen ſtichlen auf ihn. — Wenn Du kommſt, ſo verbrennen wir ſie im Windöfchen in meiner Kam¬ mer, und alle böſe Omen mit, drum ſei nicht ungehal¬ ten, wenn ich Dir manchmal ein wenig einheitze, ich freu mich aufs luſtige Feuerchen. Karoline. Sei mir ein bischen ſtandhaft, trau mir, daß der Geſchichtsboden für Deine Phantaſien, Deine Begriffe ganz geeignet, ja nothwendig iſt. — Wo willſt Du Dich ſelber faſſen, wenn Du keinen Boden unter Dir haſt? — Kannſt Du Dich nicht ſammeln, ihre Einwir¬ *) Ein Briefbote, der alle Tage von Offenbach nach Frank¬ furt ging.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/196
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 180. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/196>, abgerufen am 24.11.2024.