Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

kung in Dich aufzunehmen? -- Vielleicht weil, was Du
zu fassen hast gewaltig ist, wie Du nicht bist. -- Viel¬
leicht weil der in den Abgrund springt freudigen Her¬
zens für sein Volk, so sehr hatte ihn Vergangenheit für
Zukunft begeistert, während Du keinen Respekt für Va¬
terlandsliebe hast, -- vielleicht weil der die Hand ins
Feuer legt für die Wahrheit, während Du Deine phan¬
tastischen Abweichungen zu unterstützen nicht genug der
Lügen aufbringen kannst, denen Du allein die Ehre
giebst, und nicht den vollen süßen Trauben der Offenba¬
rung, die über Deinen Lippen reifen.

Ob Hofmann Deine musikalischen Erleuchtungen
unter der nassen Leinwand begreifen wird bin ich be¬
gierig zu erfahren. -- Wenn er verstehen soll, ob Du
recht verstanden hast, so wirst Du ihm wenigstens in deut¬
licheren Modulationen Deinen enharmonischen Schwindel
vortragen wie mir. -- Das ist es eben, -- die heilige
Deutlichkeit, -- die doch allein die Versicherung uns ge¬
währt, ob uns die Geister liebend umfangen. -- Wenns
nur nicht bald einmal aus wird sein mit der Musik
wie mit Deinen Sprachstudien, mit Deinen physikali¬
schen Eruptionen und Deinen philosophischen Aufsätzen,
und dies alles als erstarrte Grillen in Dein Dasein
hineinragt; wo Du vor Hochmuth nicht mehr auf

kung in Dich aufzunehmen? — Vielleicht weil, was Du
zu faſſen haſt gewaltig iſt, wie Du nicht biſt. — Viel¬
leicht weil der in den Abgrund ſpringt freudigen Her¬
zens für ſein Volk, ſo ſehr hatte ihn Vergangenheit für
Zukunft begeiſtert, während Du keinen Reſpekt für Va¬
terlandsliebe haſt, — vielleicht weil der die Hand ins
Feuer legt für die Wahrheit, während Du Deine phan¬
taſtischen Abweichungen zu unterſtützen nicht genug der
Lügen aufbringen kannſt, denen Du allein die Ehre
giebſt, und nicht den vollen ſüßen Trauben der Offenba¬
rung, die über Deinen Lippen reifen.

Ob Hofmann Deine muſikaliſchen Erleuchtungen
unter der naſſen Leinwand begreifen wird bin ich be¬
gierig zu erfahren. — Wenn er verſtehen ſoll, ob Du
recht verſtanden haſt, ſo wirſt Du ihm wenigſtens in deut¬
licheren Modulationen Deinen enharmoniſchen Schwindel
vortragen wie mir. — Das iſt es eben, — die heilige
Deutlichkeit, — die doch allein die Verſicherung uns ge¬
währt, ob uns die Geiſter liebend umfangen. — Wenns
nur nicht bald einmal aus wird ſein mit der Muſik
wie mit Deinen Sprachſtudien, mit Deinen phyſikali¬
ſchen Eruptionen und Deinen philoſophiſchen Aufſätzen,
und dies alles als erſtarrte Grillen in Dein Daſein
hineinragt; wo Du vor Hochmuth nicht mehr auf

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0197" n="181"/>
kung in Dich aufzunehmen? &#x2014; Vielleicht weil, was Du<lb/>
zu fa&#x017F;&#x017F;en ha&#x017F;t gewaltig i&#x017F;t, wie Du nicht bi&#x017F;t. &#x2014; Viel¬<lb/>
leicht weil <hi rendition="#g">der</hi> in den Abgrund &#x017F;pringt freudigen Her¬<lb/>
zens für &#x017F;ein Volk, &#x017F;o &#x017F;ehr hatte ihn Vergangenheit für<lb/>
Zukunft begei&#x017F;tert, während Du keinen Re&#x017F;pekt für Va¬<lb/>
terlandsliebe ha&#x017F;t, &#x2014; vielleicht weil <hi rendition="#g">der</hi> die Hand ins<lb/>
Feuer legt für die Wahrheit, während Du Deine phan¬<lb/>
ta&#x017F;tischen Abweichungen zu unter&#x017F;tützen nicht genug der<lb/>
Lügen aufbringen kann&#x017F;t, denen Du allein die Ehre<lb/>
gieb&#x017F;t, und nicht den vollen &#x017F;üßen Trauben der Offenba¬<lb/>
rung, die über Deinen Lippen reifen.</p><lb/>
          <p>Ob Hofmann Deine mu&#x017F;ikali&#x017F;chen Erleuchtungen<lb/>
unter der na&#x017F;&#x017F;en Leinwand begreifen wird bin ich be¬<lb/>
gierig zu erfahren. &#x2014; Wenn er ver&#x017F;tehen &#x017F;oll, ob Du<lb/>
recht ver&#x017F;tanden ha&#x017F;t, &#x017F;o wir&#x017F;t Du ihm wenig&#x017F;tens in deut¬<lb/>
licheren Modulationen Deinen enharmoni&#x017F;chen Schwindel<lb/>
vortragen wie mir. &#x2014; Das i&#x017F;t es eben, &#x2014; die heilige<lb/>
Deutlichkeit, &#x2014; die doch allein die Ver&#x017F;icherung uns ge¬<lb/>
währt, ob uns die Gei&#x017F;ter liebend umfangen. &#x2014; Wenns<lb/>
nur nicht bald einmal aus wird &#x017F;ein mit der Mu&#x017F;ik<lb/>
wie mit Deinen Sprach&#x017F;tudien, mit Deinen phy&#x017F;ikali¬<lb/>
&#x017F;chen Eruptionen und Deinen philo&#x017F;ophi&#x017F;chen Auf&#x017F;ätzen,<lb/>
und dies alles als er&#x017F;tarrte Grillen in Dein Da&#x017F;ein<lb/>
hineinragt; wo Du vor Hochmuth nicht mehr auf<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[181/0197] kung in Dich aufzunehmen? — Vielleicht weil, was Du zu faſſen haſt gewaltig iſt, wie Du nicht biſt. — Viel¬ leicht weil der in den Abgrund ſpringt freudigen Her¬ zens für ſein Volk, ſo ſehr hatte ihn Vergangenheit für Zukunft begeiſtert, während Du keinen Reſpekt für Va¬ terlandsliebe haſt, — vielleicht weil der die Hand ins Feuer legt für die Wahrheit, während Du Deine phan¬ taſtischen Abweichungen zu unterſtützen nicht genug der Lügen aufbringen kannſt, denen Du allein die Ehre giebſt, und nicht den vollen ſüßen Trauben der Offenba¬ rung, die über Deinen Lippen reifen. Ob Hofmann Deine muſikaliſchen Erleuchtungen unter der naſſen Leinwand begreifen wird bin ich be¬ gierig zu erfahren. — Wenn er verſtehen ſoll, ob Du recht verſtanden haſt, ſo wirſt Du ihm wenigſtens in deut¬ licheren Modulationen Deinen enharmoniſchen Schwindel vortragen wie mir. — Das iſt es eben, — die heilige Deutlichkeit, — die doch allein die Verſicherung uns ge¬ währt, ob uns die Geiſter liebend umfangen. — Wenns nur nicht bald einmal aus wird ſein mit der Muſik wie mit Deinen Sprachſtudien, mit Deinen phyſikali¬ ſchen Eruptionen und Deinen philoſophiſchen Aufſätzen, und dies alles als erſtarrte Grillen in Dein Daſein hineinragt; wo Du vor Hochmuth nicht mehr auf

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/197
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 181. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/197>, abgerufen am 24.11.2024.