kannst nur mit Ironie durchs Leben gehen. Manchmal deucht mir zu träumen, wenn ich Dich unter den an¬ dern sehe, alle halten Dich für ein Kind das seiner selbst nicht mächtig, keiner glaubt, keiner ahnt was in Dir, und Du thust nichts als auf Tisch und Stühle springen, Dich verstecken, in kleine Eckchen zusammenkauern, auf euren langen Hausgängen im Mondschein herumspa¬ zieren, über die alten Boden im Dunklen klettern, dann kommst Du wieder herein, träumerisch in Dich versunken, und doch hörst Du gleich alles, will einer was, so bist Du die Treppe schon hinab es zu holen, ruft man Dei¬ nen Namen, so bist Du da und wärst Du in dem ent¬ ferntesten Winkel; sie nennen Dich den Hauskobold, das alles erzählte mir Marie gestern, ich war zu ihr gegangen um sie zu fragen, ob es thunlich sein möchte, daß ich mit Dir nach Homburg reise, sie ist gut, sie hätte es Dir gern gegönnt und ich war Dir zu Gefallen gerne mit Dir hingereist; St. Clair hatte uns begleiten wollen, und ich sagte auch der Marie nichts als, ich möchte wohl nach Homburg reisen und Dich mitnehmen, dort den kranken Hölderlin zu sehen, das war aber leider grad das verkehrte, sie meinte im Gegentheil dahin solle ich Dich nicht mitnehmen, sie glaube man müsse Dich hüten vor jeder Überspannung
kannſt nur mit Ironie durchs Leben gehen. Manchmal deucht mir zu träumen, wenn ich Dich unter den an¬ dern ſehe, alle halten Dich für ein Kind das ſeiner ſelbſt nicht mächtig, keiner glaubt, keiner ahnt was in Dir, und Du thuſt nichts als auf Tiſch und Stühle ſpringen, Dich verſtecken, in kleine Eckchen zuſammenkauern, auf euren langen Hausgängen im Mondſchein herumſpa¬ zieren, über die alten Boden im Dunklen klettern, dann kommſt Du wieder herein, träumeriſch in Dich verſunken, und doch hörſt Du gleich alles, will einer was, ſo biſt Du die Treppe ſchon hinab es zu holen, ruft man Dei¬ nen Namen, ſo biſt Du da und wärſt Du in dem ent¬ fernteſten Winkel; ſie nennen Dich den Hauskobold, das alles erzählte mir Marie geſtern, ich war zu ihr gegangen um ſie zu fragen, ob es thunlich ſein möchte, daß ich mit Dir nach Homburg reiſe, ſie iſt gut, ſie hätte es Dir gern gegönnt und ich war Dir zu Gefallen gerne mit Dir hingereiſt; St. Clair hatte uns begleiten wollen, und ich ſagte auch der Marie nichts als, ich möchte wohl nach Homburg reiſen und Dich mitnehmen, dort den kranken Hölderlin zu ſehen, das war aber leider grad das verkehrte, ſie meinte im Gegentheil dahin ſolle ich Dich nicht mitnehmen, ſie glaube man müſſe Dich hüten vor jeder Überſpannung
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kannſt nur mit Ironie durchs Leben gehen. Manchmal
deucht mir zu träumen, wenn ich Dich unter den an¬
dern ſehe, alle halten Dich für ein Kind das ſeiner ſelbſt
nicht mächtig, keiner glaubt, keiner ahnt was in Dir,
und Du thuſt nichts als auf Tiſch und Stühle ſpringen,
Dich verſtecken, in kleine Eckchen zuſammenkauern, auf
euren langen Hausgängen im Mondſchein herumſpa¬
zieren, über die alten Boden im Dunklen klettern, dann
kommſt Du wieder herein, träumeriſch in Dich verſunken,
und doch hörſt Du gleich alles, will einer was, ſo biſt
Du die Treppe ſchon hinab es zu holen, ruft man Dei¬
nen Namen, ſo biſt Du da und wärſt Du in dem ent¬
fernteſten Winkel; ſie nennen Dich den Hauskobold,
das alles erzählte mir Marie geſtern, ich war zu
ihr gegangen um ſie zu fragen, ob es thunlich ſein
möchte, daß ich mit Dir nach Homburg reiſe, ſie iſt
gut, ſie hätte es Dir gern gegönnt und ich war Dir
zu Gefallen gerne mit Dir hingereiſt; St. Clair hatte
uns begleiten wollen, und ich ſagte auch der Marie
nichts als, ich möchte wohl nach Homburg reiſen und
Dich mitnehmen, dort den kranken Hölderlin zu ſehen,
das war aber leider grad das verkehrte, ſie meinte im
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 237. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/253>, abgerufen am 24.11.2024.
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