blick es solle mir gelingen, aber ich weiß wohl daß mir so was nicht gelingen kann und daß es nur Verwechs¬ len ist von meinen Sinnen, die wie Kinder Fernes und Nahes nicht unterscheiden können, die auch meinen sie können den Mond herablangen mit der Hand und kön¬ nen den Spielkamerad damit trösten wenn er stumm und traurig ist. -- Als ich nach Hause kam, da waren alle beim Thee versammelt und ich war stumm weil ich an Dich dachte, und setzte mich auf einen Schemel am Ofen, und da ging ich tief in mein Herz hinein wie ich doch ein inneres Leben aus meinem Geist wek¬ ken wolle, das Dich ein bischen berühre, da Du mir bisher alles allein gegeben hast und ich hab nie die Stimme in meiner Brust können vor Dir laut werden lassen; da dacht ich wenn ich fern von Dir wär da würd ich in Briefen wohl eher zu mir selber kommen, weil das vielfältige ja das tausendfältige Getümmel in mir mich verstummen macht daß ich nicht zu Wort komme vor mir selber. -- Und ich erinnerte mich daß wie wir einmal von den Monologen des Schleiermacher sprachen, die mir nicht gefielen, so warst Du andrer Meinung und sagtest zu mir: "und wenn er auch nur das einzige Wort gesagt hätte: der Mensch solle alles Innerliche ans Taglicht fördern was ihm im Geist
blick es ſolle mir gelingen, aber ich weiß wohl daß mir ſo was nicht gelingen kann und daß es nur Verwechs¬ len iſt von meinen Sinnen, die wie Kinder Fernes und Nahes nicht unterſcheiden können, die auch meinen ſie können den Mond herablangen mit der Hand und kön¬ nen den Spielkamerad damit tröſten wenn er ſtumm und traurig iſt. — Als ich nach Hauſe kam, da waren alle beim Thee verſammelt und ich war ſtumm weil ich an Dich dachte, und ſetzte mich auf einen Schemel am Ofen, und da ging ich tief in mein Herz hinein wie ich doch ein inneres Leben aus meinem Geiſt wek¬ ken wolle, das Dich ein bischen berühre, da Du mir bisher alles allein gegeben haſt und ich hab nie die Stimme in meiner Bruſt können vor Dir laut werden laſſen; da dacht ich wenn ich fern von Dir wär da würd ich in Briefen wohl eher zu mir ſelber kommen, weil das vielfältige ja das tauſendfältige Getümmel in mir mich verſtummen macht daß ich nicht zu Wort komme vor mir ſelber. — Und ich erinnerte mich daß wie wir einmal von den Monologen des Schleiermacher ſprachen, die mir nicht gefielen, ſo warſt Du andrer Meinung und ſagteſt zu mir: „und wenn er auch nur das einzige Wort geſagt hätte: der Menſch ſolle alles Innerliche ans Taglicht fördern was ihm im Geiſt
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blick es ſolle mir gelingen, aber ich weiß wohl daß mir
ſo was nicht gelingen kann und daß es nur Verwechs¬
len iſt von meinen Sinnen, die wie Kinder Fernes und
Nahes nicht unterſcheiden können, die auch meinen ſie
können den Mond herablangen mit der Hand und kön¬
nen den Spielkamerad damit tröſten wenn er ſtumm
und traurig iſt. — Als ich nach Hauſe kam, da waren
alle beim Thee verſammelt und ich war ſtumm weil
ich an Dich dachte, und ſetzte mich auf einen Schemel
am Ofen, und da ging ich tief in mein Herz hinein
wie ich doch ein inneres Leben aus meinem Geiſt wek¬
ken wolle, das Dich ein bischen berühre, da Du mir
bisher alles allein gegeben haſt und ich hab nie die
Stimme in meiner Bruſt können vor Dir laut werden
laſſen; da dacht ich wenn ich fern von Dir wär da
würd ich in Briefen wohl eher zu mir ſelber kommen,
weil das vielfältige ja das tauſendfältige Getümmel in
mir mich verſtummen macht daß ich nicht zu Wort
komme vor mir ſelber. — Und ich erinnerte mich daß
wie wir einmal von den Monologen des Schleiermacher
ſprachen, die mir nicht gefielen, ſo warſt Du andrer
Meinung und ſagteſt zu mir: „und wenn er auch nur
das einzige Wort geſagt hätte: der Menſch ſolle alles
Innerliche ans Taglicht fördern was ihm im Geiſt
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 319. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/335>, abgerufen am 22.11.2024.
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