Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

ich wollte. Am Nachmittag kam Christian Schlosser,
vom Neville geschickt der der Frau beigestanden hatte
bei der Geburt von einem kleinen Mädchen, denn das
war gleich in der Stunde auf die Welt gekommen, der
ließ mich fragen ob ich nicht wolle zur armen Frau
kommen, die sei sehr krank und auch das Kindchen,
und ich solle es aus der Tauf heben, der Christian
Schlosser wolle mit Taufzeuge sein, ich ging mit, da
war der Pfarrer, der taufte das Kind, und die Frau
war sehr krank, wie der Pfarrer weg war, so nahm
die Wartfrau das Kindchen auf den Arm und sagte "es
wird gleich sterben," da war mir so bang, ich hatte nie¬
mals jemand sterben sehen, und die kranke Frau im
Bett weinte so sehr ums Kind, die Hebamme sagte,
eben stirbts; und schüttelte es, da wars plötzlich todt. --
Ach wie ich nach Hause kam war ich so traurig -- der
Franz sagte: Du siehst seit einiger Zeit so blaß aus,
Deine Gesundheit scheint mir gar nicht fest, und als
am Abend wieder das Gespräch auf den Moritz kam
wobei er gar nicht geschont wurde, da schrieb ich an
die Großmama sie solle mich vom Franz zu sich begeh¬
ren nach Offenbach. Das war Allen recht und mir auch,
so war ich ihrer Meinung nach dem Moritz aus dem
Weg geschafft, und ich meiner Meinung nach, brauchte

ich wollte. Am Nachmittag kam Chriſtian Schloſſer,
vom Neville geſchickt der der Frau beigeſtanden hatte
bei der Geburt von einem kleinen Mädchen, denn das
war gleich in der Stunde auf die Welt gekommen, der
ließ mich fragen ob ich nicht wolle zur armen Frau
kommen, die ſei ſehr krank und auch das Kindchen,
und ich ſolle es aus der Tauf heben, der Chriſtian
Schloſſer wolle mit Taufzeuge ſein, ich ging mit, da
war der Pfarrer, der taufte das Kind, und die Frau
war ſehr krank, wie der Pfarrer weg war, ſo nahm
die Wartfrau das Kindchen auf den Arm und ſagte „es
wird gleich ſterben,“ da war mir ſo bang, ich hatte nie¬
mals jemand ſterben ſehen, und die kranke Frau im
Bett weinte ſo ſehr ums Kind, die Hebamme ſagte,
eben ſtirbts; und ſchüttelte es, da wars plötzlich todt. —
Ach wie ich nach Hauſe kam war ich ſo traurig — der
Franz ſagte: Du ſiehſt ſeit einiger Zeit ſo blaß aus,
Deine Geſundheit ſcheint mir gar nicht feſt, und als
am Abend wieder das Geſpräch auf den Moritz kam
wobei er gar nicht geſchont wurde, da ſchrieb ich an
die Großmama ſie ſolle mich vom Franz zu ſich begeh¬
ren nach Offenbach. Das war Allen recht und mir auch,
ſo war ich ihrer Meinung nach dem Moritz aus dem
Weg geſchafft, und ich meiner Meinung nach, brauchte

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0339" n="323"/>
ich wollte. Am Nachmittag kam Chri&#x017F;tian Schlo&#x017F;&#x017F;er,<lb/>
vom Neville ge&#x017F;chickt der der Frau beige&#x017F;tanden hatte<lb/>
bei der Geburt von einem kleinen Mädchen, denn das<lb/>
war gleich in der Stunde auf die Welt gekommen, der<lb/>
ließ mich fragen ob ich nicht wolle zur armen Frau<lb/>
kommen, die &#x017F;ei &#x017F;ehr krank und auch das Kindchen,<lb/>
und ich &#x017F;olle es aus der Tauf heben, der Chri&#x017F;tian<lb/>
Schlo&#x017F;&#x017F;er wolle mit Taufzeuge &#x017F;ein, ich ging mit, da<lb/>
war der Pfarrer, der taufte das Kind, und die Frau<lb/>
war &#x017F;ehr krank, wie der Pfarrer weg war, &#x017F;o nahm<lb/>
die Wartfrau das Kindchen auf den Arm und &#x017F;agte &#x201E;es<lb/>
wird gleich &#x017F;terben,&#x201C; da war mir &#x017F;o bang, ich hatte nie¬<lb/>
mals jemand &#x017F;terben &#x017F;ehen, und die kranke Frau im<lb/>
Bett weinte &#x017F;o &#x017F;ehr ums Kind, die Hebamme &#x017F;agte,<lb/>
eben &#x017F;tirbts; und &#x017F;chüttelte es, da wars plötzlich todt. &#x2014;<lb/>
Ach wie ich nach Hau&#x017F;e kam war ich &#x017F;o traurig &#x2014; der<lb/>
Franz &#x017F;agte: Du &#x017F;ieh&#x017F;t &#x017F;eit einiger Zeit &#x017F;o blaß aus,<lb/>
Deine Ge&#x017F;undheit &#x017F;cheint mir gar nicht fe&#x017F;t, und als<lb/>
am Abend wieder das Ge&#x017F;präch auf den Moritz kam<lb/>
wobei er gar nicht ge&#x017F;chont wurde, da &#x017F;chrieb ich an<lb/>
die Großmama &#x017F;ie &#x017F;olle mich vom Franz zu &#x017F;ich begeh¬<lb/>
ren nach Offenbach. Das war Allen recht und mir auch,<lb/>
&#x017F;o war ich ihrer Meinung nach dem Moritz aus dem<lb/>
Weg ge&#x017F;chafft, und ich meiner Meinung nach, brauchte<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[323/0339] ich wollte. Am Nachmittag kam Chriſtian Schloſſer, vom Neville geſchickt der der Frau beigeſtanden hatte bei der Geburt von einem kleinen Mädchen, denn das war gleich in der Stunde auf die Welt gekommen, der ließ mich fragen ob ich nicht wolle zur armen Frau kommen, die ſei ſehr krank und auch das Kindchen, und ich ſolle es aus der Tauf heben, der Chriſtian Schloſſer wolle mit Taufzeuge ſein, ich ging mit, da war der Pfarrer, der taufte das Kind, und die Frau war ſehr krank, wie der Pfarrer weg war, ſo nahm die Wartfrau das Kindchen auf den Arm und ſagte „es wird gleich ſterben,“ da war mir ſo bang, ich hatte nie¬ mals jemand ſterben ſehen, und die kranke Frau im Bett weinte ſo ſehr ums Kind, die Hebamme ſagte, eben ſtirbts; und ſchüttelte es, da wars plötzlich todt. — Ach wie ich nach Hauſe kam war ich ſo traurig — der Franz ſagte: Du ſiehſt ſeit einiger Zeit ſo blaß aus, Deine Geſundheit ſcheint mir gar nicht feſt, und als am Abend wieder das Geſpräch auf den Moritz kam wobei er gar nicht geſchont wurde, da ſchrieb ich an die Großmama ſie ſolle mich vom Franz zu ſich begeh¬ ren nach Offenbach. Das war Allen recht und mir auch, ſo war ich ihrer Meinung nach dem Moritz aus dem Weg geſchafft, und ich meiner Meinung nach, brauchte

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/339
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 323. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/339>, abgerufen am 22.11.2024.