fallen, einmal wie wir bergauf ritten und einmal vor Lachen. Nachmittags gehen wir manchmal in den Wald und Savigny liest vor, da hab ich meine Noth mit dem Zuhören, auf dem Wald-Rasen hab ich gar zu viel Zerstreuung, alle Augenblick ist ein Kräutchen oder ein Spinnchen oder ein Räupchen oder ein Sandsteinchen, oder ich bohr ein Löchelchen in die Erd und find aller¬ lei da, der Savigny sagt ich sei hoffärtig und wollt nicht zuhören, er kanns nicht leiden, drum setz ich mich hinter seinen Kopf, da merkt ers als nicht. Wir gehen auch als auf die Jagd und ich nehm die kleine Flint, ich schieß aber immer was Du wohl weißt, wo¬ nach ich immer auf die Jagd geh, Hirngespinnste aus der Luft, gestern wollte mir der Bostel lehren nach den Vögelchen zielen, ich schoß und das Vögelchen fiel her¬ unter, ich dacht gar nicht daß ichs treffen würde, ich war sehr erschrocken aber der Bostel machte so großen Lärm von meinem scharfen Blick, und die Andern lob¬ ten mich alle daß ich so gut ziele, daß ich meine Reue über diesen ersten Mord nicht merken ließ. Ich nahm das Vögelchen in die Hand wo es vollends erkaltete, in der Nachtstille hab ichs begraben unter dem Fenster von Deiner Schlafkammer und nicht ohne schwere Nach¬ gedanken; wahrlich ich hab es nicht mit Willen gethan,
fallen, einmal wie wir bergauf ritten und einmal vor Lachen. Nachmittags gehen wir manchmal in den Wald und Savigny lieſt vor, da hab ich meine Noth mit dem Zuhören, auf dem Wald-Raſen hab ich gar zu viel Zerſtreuung, alle Augenblick iſt ein Kräutchen oder ein Spinnchen oder ein Räupchen oder ein Sandſteinchen, oder ich bohr ein Löchelchen in die Erd und find aller¬ lei da, der Savigny ſagt ich ſei hoffärtig und wollt nicht zuhören, er kanns nicht leiden, drum ſetz ich mich hinter ſeinen Kopf, da merkt ers als nicht. Wir gehen auch als auf die Jagd und ich nehm die kleine Flint, ich ſchieß aber immer was Du wohl weißt, wo¬ nach ich immer auf die Jagd geh, Hirngeſpinnſte aus der Luft, geſtern wollte mir der Boſtel lehren nach den Vögelchen zielen, ich ſchoß und das Vögelchen fiel her¬ unter, ich dacht gar nicht daß ichs treffen würde, ich war ſehr erſchrocken aber der Boſtel machte ſo großen Lärm von meinem ſcharfen Blick, und die Andern lob¬ ten mich alle daß ich ſo gut ziele, daß ich meine Reue über dieſen erſten Mord nicht merken ließ. Ich nahm das Vögelchen in die Hand wo es vollends erkaltete, in der Nachtſtille hab ichs begraben unter dem Fenſter von Deiner Schlafkammer und nicht ohne ſchwere Nach¬ gedanken; wahrlich ich hab es nicht mit Willen gethan,
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fallen, einmal wie wir bergauf ritten und einmal vor
Lachen. Nachmittags gehen wir manchmal in den Wald
und Savigny lieſt vor, da hab ich meine Noth mit
dem Zuhören, auf dem Wald-Raſen hab ich gar zu viel
Zerſtreuung, alle Augenblick iſt ein Kräutchen oder ein
Spinnchen oder ein Räupchen oder ein Sandſteinchen,
oder ich bohr ein Löchelchen in die Erd und find aller¬
lei da, der Savigny ſagt ich ſei hoffärtig und wollt
nicht zuhören, er kanns nicht leiden, drum ſetz ich mich
hinter ſeinen Kopf, da merkt ers als nicht. Wir
gehen auch als auf die Jagd und ich nehm die kleine
Flint, ich ſchieß aber immer was Du wohl weißt, wo¬
nach ich immer auf die Jagd geh, Hirngeſpinnſte aus
der Luft, geſtern wollte mir der Boſtel lehren nach den
Vögelchen zielen, ich ſchoß und das Vögelchen fiel her¬
unter, ich dacht gar nicht daß ichs treffen würde, ich
war ſehr erſchrocken aber der Boſtel machte ſo großen
Lärm von meinem ſcharfen Blick, und die Andern lob¬
ten mich alle daß ich ſo gut ziele, daß ich meine Reue
über dieſen erſten Mord nicht merken ließ. Ich nahm
das Vögelchen in die Hand wo es vollends erkaltete,
in der Nachtſtille hab ichs begraben unter dem Fenſter
von Deiner Schlafkammer und nicht ohne ſchwere Nach¬
gedanken; wahrlich ich hab es nicht mit Willen gethan,
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 29. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/45>, abgerufen am 03.12.2024.
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