aber doch mit Leichtsinn. Was liegt am Vogel, alle Jäger schießen ihn ja! -- Aber ich nicht, ich hätt es niemals gethan, aus dem Laub, in seiner heiteren Le¬ benszeit den Vogel herunter zu schießen, den Gott mit der Freiheit des Flugs begabt hat. Gott schenkt ihm die Flügel und ich schieß ihn herunter, o nein das stimmt nicht!
Eben kommt Dein Brief an, Deinen Kamm und die Kette hast Du wohl erhalten? ich hab sie an Mienchen geschickt in einer kleinen Schachtel, Clemens hat einen kleinen Brief beigeschlossen an Deine Schwester, und ein paar Zeilen an Dich; mein Zimmer gefällt mir wohl in seiner Unordnung, und ich gefall mir also auch wohl da Du meinst es stelle meinen Charakter vollkommen dar. Am liebsten ist mir daß Du zur rechten Zeit kamst um die Schmetterlinge zu befreien. Du kommst immer zur rechten Zeit um meine Dummheiten gut zu machen. Den philosophischen Aufsatz wie Du ihn zu nennen beliebst schenk ich Dir, ich nenne ihn einen steifstelligen verschnippel¬ ten buchsbaumernen Zwerg, ein fataler grüner Würgen¬ gel von supperklugem Gewälsch, ohne Sprach ohne Mu¬ sik, es sei denn das hölzerne Gelächter; dem gleichts ganz im Ton und Inhalt; mach mich nicht närrisch, -- ich will nichts mehr davon wissen. Dein apokaliptisch Frag¬
aber doch mit Leichtſinn. Was liegt am Vogel, alle Jäger ſchießen ihn ja! — Aber ich nicht, ich hätt es niemals gethan, aus dem Laub, in ſeiner heiteren Le¬ benszeit den Vogel herunter zu ſchießen, den Gott mit der Freiheit des Flugs begabt hat. Gott ſchenkt ihm die Flügel und ich ſchieß ihn herunter, o nein das ſtimmt nicht!
Eben kommt Dein Brief an, Deinen Kamm und die Kette haſt Du wohl erhalten? ich hab ſie an Mienchen geſchickt in einer kleinen Schachtel, Clemens hat einen kleinen Brief beigeſchloſſen an Deine Schweſter, und ein paar Zeilen an Dich; mein Zimmer gefällt mir wohl in ſeiner Unordnung, und ich gefall mir alſo auch wohl da Du meinſt es ſtelle meinen Charakter vollkommen dar. Am liebſten iſt mir daß Du zur rechten Zeit kamſt um die Schmetterlinge zu befreien. Du kommſt immer zur rechten Zeit um meine Dummheiten gut zu machen. Den philoſophiſchen Aufſatz wie Du ihn zu nennen beliebſt ſchenk ich Dir, ich nenne ihn einen ſteifſtelligen verſchnippel¬ ten buchsbaumernen Zwerg, ein fataler grüner Würgen¬ gel von ſupperklugem Gewälſch, ohne Sprach ohne Mu¬ ſik, es ſei denn das hölzerne Gelächter; dem gleichts ganz im Ton und Inhalt; mach mich nicht närriſch, — ich will nichts mehr davon wiſſen. Dein apokaliptiſch Frag¬
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aber doch mit Leichtſinn. Was liegt am Vogel, alle
Jäger ſchießen ihn ja! — Aber ich nicht, ich hätt es
niemals gethan, aus dem Laub, in ſeiner heiteren Le¬
benszeit den Vogel herunter zu ſchießen, den Gott mit
der Freiheit des Flugs begabt hat. Gott ſchenkt ihm die
Flügel und ich ſchieß ihn herunter, o nein das ſtimmt
nicht!
Eben kommt Dein Brief an, Deinen Kamm und die
Kette haſt Du wohl erhalten? ich hab ſie an Mienchen
geſchickt in einer kleinen Schachtel, Clemens hat einen
kleinen Brief beigeſchloſſen an Deine Schweſter, und
ein paar Zeilen an Dich; mein Zimmer gefällt mir wohl
in ſeiner Unordnung, und ich gefall mir alſo auch wohl
da Du meinſt es ſtelle meinen Charakter vollkommen
dar. Am liebſten iſt mir daß Du zur rechten Zeit kamſt
um die Schmetterlinge zu befreien. Du kommſt immer zur
rechten Zeit um meine Dummheiten gut zu machen. Den
philoſophiſchen Aufſatz wie Du ihn zu nennen beliebſt
ſchenk ich Dir, ich nenne ihn einen ſteifſtelligen verſchnippel¬
ten buchsbaumernen Zwerg, ein fataler grüner Würgen¬
gel von ſupperklugem Gewälſch, ohne Sprach ohne Mu¬
ſik, es ſei denn das hölzerne Gelächter; dem gleichts ganz
im Ton und Inhalt; mach mich nicht närriſch, — ich
will nichts mehr davon wiſſen. Dein apokaliptiſch Frag¬
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 30. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/46>, abgerufen am 21.11.2024.
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