nichts lieber als mein Leben für Dich einsetzen. Es ist ein Glück -- ein unermeßliches, zu großen heroischen Tha¬ ten aufgefordert sein. Für meinen Platon, den großen Lehrer der Welt, den himmlichen Jünglingsgeist mit breiter Stirn und Brust, mit meinem Leben einstehen! Ja so will ich Dich nennen künftig, Platon! -- und einen Schmeichelnamen will ich Dir geben, Schwan will ich Dir rufen, wie Dich der Socrates genannt hat, und Du ruf mir Dion. --
Es wächst hier viel Schierling in dem feuchten Moorgrund, ich fürchte es aber nicht, obschon's Gift ist; es ist mir ein geheiligt Kraut, ich breche es ab im Vor¬ übergehn und berühre es mit meinen Lippen, weil der Socrates den Schierlingsbecher getrunken. Lieber Pla¬ ton, es ist meine Reliquie, die mich von bösen Schwä¬ chen heilen soll, daß ich vor dem Tod nicht verzagen muß, wenn es gilt. -- Gute Nacht mein Schwan, gehe dort schlafen auf dem Altar des Eros. --
Am Sonntag. -- Schlangenbad.
Hier ist auch eine Kapelle, und eine kleine Orgel, die hängt an der Wand, die Kapelle ist rund, ein mäch¬ tiger Altar nimmt fast den ganzen Platz ein, ein gro¬ ßer goldener Pelikan krönt ihn, der einem dutzend Jun¬
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nichts lieber als mein Leben für Dich einſetzen. Es iſt ein Glück — ein unermeßliches, zu großen heroiſchen Tha¬ ten aufgefordert ſein. Für meinen Platon, den großen Lehrer der Welt, den himmlichen Jünglingsgeiſt mit breiter Stirn und Bruſt, mit meinem Leben einſtehen! Ja ſo will ich Dich nennen künftig, Platon! — und einen Schmeichelnamen will ich Dir geben, Schwan will ich Dir rufen, wie Dich der Socrates genannt hat, und Du ruf mir Dion. —
Es wächſt hier viel Schierling in dem feuchten Moorgrund, ich fürchte es aber nicht, obſchon's Gift iſt; es iſt mir ein geheiligt Kraut, ich breche es ab im Vor¬ übergehn und berühre es mit meinen Lippen, weil der Socrates den Schierlingsbecher getrunken. Lieber Pla¬ ton, es iſt meine Reliquie, die mich von böſen Schwä¬ chen heilen ſoll, daß ich vor dem Tod nicht verzagen muß, wenn es gilt. — Gute Nacht mein Schwan, gehe dort ſchlafen auf dem Altar des Eros. —
Am Sonntag. — Schlangenbad.
Hier iſt auch eine Kapelle, und eine kleine Orgel, die hängt an der Wand, die Kapelle iſt rund, ein mäch¬ tiger Altar nimmt faſt den ganzen Platz ein, ein gro¬ ßer goldener Pelikan krönt ihn, der einem dutzend Jun¬
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nichts lieber als mein Leben für Dich einſetzen. Es iſt
ein Glück — ein unermeßliches, zu großen heroiſchen Tha¬
ten aufgefordert ſein. Für meinen Platon, den großen
Lehrer der Welt, den himmlichen Jünglingsgeiſt mit
breiter Stirn und Bruſt, mit meinem Leben einſtehen!
Ja ſo will ich Dich nennen künftig, Platon! — und einen
Schmeichelnamen will ich Dir geben, Schwan will ich
Dir rufen, wie Dich der Socrates genannt hat, und
Du ruf mir Dion. —
Es wächſt hier viel Schierling in dem feuchten
Moorgrund, ich fürchte es aber nicht, obſchon's Gift iſt;
es iſt mir ein geheiligt Kraut, ich breche es ab im Vor¬
übergehn und berühre es mit meinen Lippen, weil der
Socrates den Schierlingsbecher getrunken. Lieber Pla¬
ton, es iſt meine Reliquie, die mich von böſen Schwä¬
chen heilen ſoll, daß ich vor dem Tod nicht verzagen
muß, wenn es gilt. — Gute Nacht mein Schwan, gehe
dort ſchlafen auf dem Altar des Eros. —
Am Sonntag. — Schlangenbad.
Hier iſt auch eine Kapelle, und eine kleine Orgel, die
hängt an der Wand, die Kapelle iſt rund, ein mäch¬
tiger Altar nimmt faſt den ganzen Platz ein, ein gro¬
ßer goldener Pelikan krönt ihn, der einem dutzend Jun¬
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 57. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/73>, abgerufen am 24.11.2024.
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