nicht Helden sein wollen neben diesem großen Überwin¬ der, der ein so weiches Herz hatte, daß er aus lieben¬ dem Herzen die Kinder zu sich berief, daß er den Jo¬ hannes an seiner Brust liegen hieß? Er war menschlich, wie wir menschlich sind, was uns zu höheren Wesen bildet, nemlich das Bedürfniß der Liebe, und zu selbstverläug¬ nenden Opfern befähigt, das war die Grundlage seiner göttlichen Natur, er liebte und wollte geliebt sein, be¬ durfte der Liebe; weil nun die Liebe auf Erden nicht zu Hause war, so fand er keinen Stein, da er sein Haupt ruhen konnte, da verwandelte sich dieses reine Bedürfniß der Liebe in das göttliche Feuer der Selbst¬ verläugnung, er brachte sich dar, ein Opfer für die ge¬ liebte Menschheit, sein Geist strahlte wieder himmel¬ wärts, von wo er in seine Seele eingeboren war, wie die Opferflamme hinaufsteigt ein Gebet für den Ge¬ liebten, und dies Gebet ist erhört worden, denn wir fühlen uns allzumal durch diese Liebe geläutert, und wenn wir uns ihrer Betrachtung weihen, so werden wir göttlich durch ihr Feuer, und dieses ist wie der Odem Gottes, der alles ins Leben ruft, jeden Keim des Frühling, so auch ruft nun die Liebe Jesu, die auf Er¬ den nicht begnügt und beglückt konnte werden, zu sich, alle die mühselig und beladen sind, sie sind verschlossne
nicht Helden ſein wollen neben dieſem großen Überwin¬ der, der ein ſo weiches Herz hatte, daß er aus lieben¬ dem Herzen die Kinder zu ſich berief, daß er den Jo¬ hannes an ſeiner Bruſt liegen hieß? Er war menſchlich, wie wir menſchlich ſind, was uns zu höheren Weſen bildet, nemlich das Bedürfniß der Liebe, und zu ſelbſtverläug¬ nenden Opfern befähigt, das war die Grundlage ſeiner göttlichen Natur, er liebte und wollte geliebt ſein, be¬ durfte der Liebe; weil nun die Liebe auf Erden nicht zu Hauſe war, ſo fand er keinen Stein, da er ſein Haupt ruhen konnte, da verwandelte ſich dieſes reine Bedürfniß der Liebe in das göttliche Feuer der Selbſt¬ verläugnung, er brachte ſich dar, ein Opfer für die ge¬ liebte Menſchheit, ſein Geiſt ſtrahlte wieder himmel¬ wärts, von wo er in ſeine Seele eingeboren war, wie die Opferflamme hinaufſteigt ein Gebet für den Ge¬ liebten, und dies Gebet iſt erhört worden, denn wir fühlen uns allzumal durch dieſe Liebe geläutert, und wenn wir uns ihrer Betrachtung weihen, ſo werden wir göttlich durch ihr Feuer, und dieſes iſt wie der Odem Gottes, der alles ins Leben ruft, jeden Keim des Frühling, ſo auch ruft nun die Liebe Jeſu, die auf Er¬ den nicht begnügt und beglückt konnte werden, zu ſich, alle die mühſelig und beladen ſind, ſie ſind verſchloſſne
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nicht Helden ſein wollen neben dieſem großen Überwin¬
der, der ein ſo weiches Herz hatte, daß er aus lieben¬
dem Herzen die Kinder zu ſich berief, daß er den Jo¬
hannes an ſeiner Bruſt liegen hieß? Er war menſchlich, wie
wir menſchlich ſind, was uns zu höheren Weſen bildet,
nemlich das Bedürfniß der Liebe, und zu ſelbſtverläug¬
nenden Opfern befähigt, das war die Grundlage ſeiner
göttlichen Natur, er liebte und wollte geliebt ſein, be¬
durfte der Liebe; weil nun die Liebe auf Erden nicht
zu Hauſe war, ſo fand er keinen Stein, da er ſein
Haupt ruhen konnte, da verwandelte ſich dieſes reine
Bedürfniß der Liebe in das göttliche Feuer der Selbſt¬
verläugnung, er brachte ſich dar, ein Opfer für die ge¬
liebte Menſchheit, ſein Geiſt ſtrahlte wieder himmel¬
wärts, von wo er in ſeine Seele eingeboren war, wie
die Opferflamme hinaufſteigt ein Gebet für den Ge¬
liebten, und dies Gebet iſt erhört worden, denn wir
fühlen uns allzumal durch dieſe Liebe geläutert, und
wenn wir uns ihrer Betrachtung weihen, ſo werden
wir göttlich durch ihr Feuer, und dieſes iſt wie der
Odem Gottes, der alles ins Leben ruft, jeden Keim des
Frühling, ſo auch ruft nun die Liebe Jeſu, die auf Er¬
den nicht begnügt und beglückt konnte werden, zu ſich,
alle die mühſelig und beladen ſind, ſie ſind verſchloſſne
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 59. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/75>, abgerufen am 25.11.2024.
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