tet er mir so sanft in Deinem Brief, Du bist ganz mit¬ leidig geworden durch ihn, er hat Dich so gestimmt und verkündet mir in Deinen Worten, wie der Baum der Treue zwischen uns erwachsen und erstarken werde und daß ich nicht verzage. -- Ja ich glaubs daß er mir alles sagt, was Du mir schreibst, er versüßt mir die Pausen mit Träumen von ihm, und verheißt mir daß er allen Raum ausfüllen werde mit Geistesblüthen, wie das Meer mit Wellen ausgefüllt ist. Ewigkeit ist all¬ umfassendes Empfinden, nicht wahr, das sagt die Nar¬ cisse zur Viole, und die senkt den Blick in den eignen Busen und beschränkt sich in die Unumkränztheit der Liebe, die sie da ahnt und fassen lernt. -- Nicht alles ist der Liebe fähig, aber wenn ich dem nachgehe, was ihrer fähig ist, dann werd ichs durchdringen. Wo soll mein Geist den Fuß aufsetzen, überall ist er fremd, wenn es nicht selbst erobertes Eigenthum der Liebe ist. -- Versteh ich mich? -- ich weiß selbst nicht. -- Die Au¬ gen sind mir vor Schlaf zugefallen so plötzlich über dem Besinnen, ich muß morgen früh um sieben Uhr den Brief dem Bothen mitgeben, überdies brennt mein Licht so dü¬ ster, es wird bald ausgehen, gute Nacht Brief! Der Mond scheint so hell in meine Stube, daß sie ganz klingend aussieht -- die Berge gegenüber sind präch¬
tet er mir ſo ſanft in Deinem Brief, Du biſt ganz mit¬ leidig geworden durch ihn, er hat Dich ſo geſtimmt und verkündet mir in Deinen Worten, wie der Baum der Treue zwiſchen uns erwachſen und erſtarken werde und daß ich nicht verzage. — Ja ich glaubs daß er mir alles ſagt, was Du mir ſchreibſt, er verſüßt mir die Pauſen mit Träumen von ihm, und verheißt mir daß er allen Raum ausfüllen werde mit Geiſtesblüthen, wie das Meer mit Wellen ausgefüllt iſt. Ewigkeit iſt all¬ umfaſſendes Empfinden, nicht wahr, das ſagt die Nar¬ ciſſe zur Viole, und die ſenkt den Blick in den eignen Buſen und beſchränkt ſich in die Unumkränztheit der Liebe, die ſie da ahnt und faſſen lernt. — Nicht alles iſt der Liebe fähig, aber wenn ich dem nachgehe, was ihrer fähig iſt, dann werd ichs durchdringen. Wo ſoll mein Geiſt den Fuß aufſetzen, überall iſt er fremd, wenn es nicht ſelbſt erobertes Eigenthum der Liebe iſt. — Verſteh ich mich? — ich weiß ſelbſt nicht. — Die Au¬ gen ſind mir vor Schlaf zugefallen ſo plötzlich über dem Beſinnen, ich muß morgen früh um ſieben Uhr den Brief dem Bothen mitgeben, überdies brennt mein Licht ſo dü¬ ſter, es wird bald ausgehen, gute Nacht Brief! Der Mond ſcheint ſo hell in meine Stube, daß ſie ganz klingend ausſieht — die Berge gegenüber ſind präch¬
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tet er mir ſo ſanft in Deinem Brief, Du biſt ganz mit¬
leidig geworden durch ihn, er hat Dich ſo geſtimmt und
verkündet mir in Deinen Worten, wie der Baum der
Treue zwiſchen uns erwachſen und erſtarken werde und
daß ich nicht verzage. — Ja ich glaubs daß er mir
alles ſagt, was Du mir ſchreibſt, er verſüßt mir die
Pauſen mit Träumen von ihm, und verheißt mir daß
er allen Raum ausfüllen werde mit Geiſtesblüthen, wie
das Meer mit Wellen ausgefüllt iſt. Ewigkeit iſt all¬
umfaſſendes Empfinden, nicht wahr, das ſagt die Nar¬
ciſſe zur Viole, und die ſenkt den Blick in den eignen
Buſen und beſchränkt ſich in die Unumkränztheit der
Liebe, die ſie da ahnt und faſſen lernt. — Nicht alles
iſt der Liebe fähig, aber wenn ich dem nachgehe, was
ihrer fähig iſt, dann werd ichs durchdringen. Wo ſoll
mein Geiſt den Fuß aufſetzen, überall iſt er fremd,
wenn es nicht ſelbſt erobertes Eigenthum der Liebe iſt. —
Verſteh ich mich? — ich weiß ſelbſt nicht. — Die Au¬
gen ſind mir vor Schlaf zugefallen ſo plötzlich über dem
Beſinnen, ich muß morgen früh um ſieben Uhr den Brief
dem Bothen mitgeben, überdies brennt mein Licht ſo dü¬
ſter, es wird bald ausgehen, gute Nacht Brief! Der
Mond ſcheint ſo hell in meine Stube, daß ſie ganz
klingend ausſieht — die Berge gegenüber ſind präch¬
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 1. Grünberg u. a., 1840, S. 77. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode01_1840/93>, abgerufen am 26.11.2024.
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