nach dem Deinen, als säh ich eine geschmückte Braut deren priesterliche Gewande nicht verrathen, daß sie Braut ist und deren Antlitz nicht entscheidet ob ihr wohl ist, oder weh vor Seligkeit. -- Mir aber liegt ein Schmerz in der Seele den ich oft unterdrückte in Deiner Gegenwart, und was mir schwer war; aber eine geheime Sehnsucht Dich Dir selber zu entführen, Dich Dir selber vergessen zu machen, nur einmal jene Säulengänge vor denen die Mirthe schüchtern erblüht zu verlassen, und in meiner Waldhütte einzukehren, auf ihrer Schwelle am Boden sitzend mit mir, von tausend Bienchen umsurrt die sich satt trinken in meines Gar¬ tens blühenden Kelchen, von den Tauben zärtlich um¬ flattert die unter mein Dach heimkehren am Abend, und da mehr zu Haus sind, mehr Wirthschaft machen als Freundschaft und Liebe der Menschen, denn sie be¬ haupten ihr Vorrecht alle Gedanken zu übertönen mit ihrem Gegurre. Ja, so erschein ich mir im Geist gegen Dir über, Du mein liebstes Gut! -- so seh ich Dich dahin wandeln, am Hain vorüber wo ich heimathlich bin; nicht anders als ein Sperling, vom dichten Laub versteckt den Schwan einsam rudern sieht auf ruhigen Wassern, und sieht heimlich wie er den Hals beugt mit reiner Fluth sich überspühlend, und wie er Kreise zieht, heilige
nach dem Deinen, als ſäh ich eine geſchmückte Braut deren prieſterliche Gewande nicht verrathen, daß ſie Braut iſt und deren Antlitz nicht entſcheidet ob ihr wohl iſt, oder weh vor Seligkeit. — Mir aber liegt ein Schmerz in der Seele den ich oft unterdrückte in Deiner Gegenwart, und was mir ſchwer war; aber eine geheime Sehnſucht Dich Dir ſelber zu entführen, Dich Dir ſelber vergeſſen zu machen, nur einmal jene Säulengänge vor denen die Mirthe ſchüchtern erblüht zu verlaſſen, und in meiner Waldhütte einzukehren, auf ihrer Schwelle am Boden ſitzend mit mir, von tauſend Bienchen umſurrt die ſich ſatt trinken in meines Gar¬ tens blühenden Kelchen, von den Tauben zärtlich um¬ flattert die unter mein Dach heimkehren am Abend, und da mehr zu Haus ſind, mehr Wirthſchaft machen als Freundſchaft und Liebe der Menſchen, denn ſie be¬ haupten ihr Vorrecht alle Gedanken zu übertönen mit ihrem Gegurre. Ja, ſo erſchein ich mir im Geiſt gegen Dir über, Du mein liebſtes Gut! — ſo ſeh ich Dich dahin wandeln, am Hain vorüber wo ich heimathlich bin; nicht anders als ein Sperling, vom dichten Laub verſteckt den Schwan einſam rudern ſieht auf ruhigen Waſſern, und ſieht heimlich wie er den Hals beugt mit reiner Fluth ſich überſpühlend, und wie er Kreiſe zieht, heilige
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nach dem Deinen, als ſäh ich eine geſchmückte Braut
deren prieſterliche Gewande nicht verrathen, daß ſie
Braut iſt und deren Antlitz nicht entſcheidet ob ihr
wohl iſt, oder weh vor Seligkeit. — Mir aber liegt
ein Schmerz in der Seele den ich oft unterdrückte
in Deiner Gegenwart, und was mir ſchwer war; aber
eine geheime Sehnſucht Dich Dir ſelber zu entführen,
Dich Dir ſelber vergeſſen zu machen, nur einmal jene
Säulengänge vor denen die Mirthe ſchüchtern erblüht
zu verlaſſen, und in meiner Waldhütte einzukehren, auf
ihrer Schwelle am Boden ſitzend mit mir, von tauſend
Bienchen umſurrt die ſich ſatt trinken in meines Gar¬
tens blühenden Kelchen, von den Tauben zärtlich um¬
flattert die unter mein Dach heimkehren am Abend,
und da mehr zu Haus ſind, mehr Wirthſchaft machen
als Freundſchaft und Liebe der Menſchen, denn ſie be¬
haupten ihr Vorrecht alle Gedanken zu übertönen mit
ihrem Gegurre. Ja, ſo erſchein ich mir im Geiſt gegen
Dir über, Du mein liebſtes Gut! — ſo ſeh ich Dich dahin
wandeln, am Hain vorüber wo ich heimathlich bin; nicht
anders als ein Sperling, vom dichten Laub verſteckt
den Schwan einſam rudern ſieht auf ruhigen Waſſern,
und ſieht heimlich wie er den Hals beugt mit reiner
Fluth ſich überſpühlend, und wie er Kreiſe zieht, heilige
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 92. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/106>, abgerufen am 24.11.2024.
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