Größe, sondern danach ob nicht alle Tyrannen nieder¬ trächtig sind wie er? -- ob nicht alle einen Toussaint Louverture vergiftet einen Pichegrü erdrosselt und En¬ ghiens erschossen haben, ob nicht alle durch Hofetikette das Halfter der Sclaverei auch ihren nächsten Freun¬ den umwarfen? -- ob irgend einer einen freien Athem¬ zug um sich dulden konnte? und ob diese Sclaven nicht blos ihr Joch duldeten, um wieder die geringeren unter¬ drücken zu können; und siehe, bis auf den kleinsten Zug ist es immer wieder derselbe ungerechte eigennützige Heuchler, immer dasselbe Ungeheuer der Mittelmäßig¬ keit; kein Trieb zum wahren Geist, keine Sehnsucht die Weisheit als Ägide seiner Handlungen aufzustellen, kei¬ nen Verstand von dem Pflanzenboden der Künste und Wissenschaft, noch wie der Mensch sich erzieht; sogar gegen alles Selbstgefühl ohne innere Zucht fährt er mit ungesitteten Spottreden heraus, und da schreit Alles, Er hat einen Stern! -- Ach er kann nicht ewig leuchten, und da wird alles mit erlöschen.
Schreib nicht mehr so ungefüg, sonst kriegst Du ungefüge Briefe; ich ärgere mich über alles was ich so schreib weils ist, als ob ich einen Proceß mit Deiner gesunden Vernunft führe, und allen Zeitungswitz und
II. 6
Größe, ſondern danach ob nicht alle Tyrannen nieder¬ trächtig ſind wie er? — ob nicht alle einen Touſſaint Louverture vergiftet einen Pichegrü erdroſſelt und En¬ ghiens erſchoſſen haben, ob nicht alle durch Hofetikette das Halfter der Sclaverei auch ihren nächſten Freun¬ den umwarfen? — ob irgend einer einen freien Athem¬ zug um ſich dulden konnte? und ob dieſe Sclaven nicht blos ihr Joch duldeten, um wieder die geringeren unter¬ drücken zu können; und ſiehe, bis auf den kleinſten Zug iſt es immer wieder derſelbe ungerechte eigennützige Heuchler, immer daſſelbe Ungeheuer der Mittelmäßig¬ keit; kein Trieb zum wahren Geiſt, keine Sehnſucht die Weisheit als Ägide ſeiner Handlungen aufzuſtellen, kei¬ nen Verſtand von dem Pflanzenboden der Künſte und Wiſſenſchaft, noch wie der Menſch ſich erzieht; ſogar gegen alles Selbſtgefühl ohne innere Zucht fährt er mit ungeſitteten Spottreden heraus, und da ſchreit Alles, Er hat einen Stern! — Ach er kann nicht ewig leuchten, und da wird alles mit erlöſchen.
Schreib nicht mehr ſo ungefüg, ſonſt kriegſt Du ungefüge Briefe; ich ärgere mich über alles was ich ſo ſchreib weils iſt, als ob ich einen Proceß mit Deiner geſunden Vernunft führe, und allen Zeitungswitz und
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Größe, ſondern danach ob nicht alle Tyrannen nieder¬
trächtig ſind wie er? — ob nicht alle einen Touſſaint
Louverture vergiftet einen Pichegrü erdroſſelt und En¬
ghiens erſchoſſen haben, ob nicht alle durch Hofetikette
das Halfter der Sclaverei auch ihren nächſten Freun¬
den umwarfen? — ob irgend einer einen freien Athem¬
zug um ſich dulden konnte? und ob dieſe Sclaven nicht
blos ihr Joch duldeten, um wieder die geringeren unter¬
drücken zu können; und ſiehe, bis auf den kleinſten
Zug iſt es immer wieder derſelbe ungerechte eigennützige
Heuchler, immer daſſelbe Ungeheuer der Mittelmäßig¬
keit; kein Trieb zum wahren Geiſt, keine Sehnſucht die
Weisheit als Ägide ſeiner Handlungen aufzuſtellen, kei¬
nen Verſtand von dem Pflanzenboden der Künſte und
Wiſſenſchaft, noch wie der Menſch ſich erzieht; ſogar
gegen alles Selbſtgefühl ohne innere Zucht fährt er mit
ungeſitteten Spottreden heraus, und da ſchreit Alles,
Er hat einen Stern! — Ach er kann nicht ewig
leuchten, und da wird alles mit erlöſchen.
Schreib nicht mehr ſo ungefüg, ſonſt kriegſt Du
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ſchreib weils iſt, als ob ich einen Proceß mit Deiner
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/135>, abgerufen am 24.11.2024.
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