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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840.

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Es mag wohl sehr wenige Menschen geben die dies kön¬
nen, und ich wohl mit am wenigsten. Jetzt denke ich
es sei gut den Clemens zu betrachten, und erfreulich;
und er will man solle ihn nur betrachten wollen. Ist
diese Ansicht wahr oder falsch?

Caroline.

Ich lese Deinen Brief und den meinen und er¬
kenne wie verschieden unsre Stimmungen sind, aber ich
fürchte nicht daß Du an mir zweifelst, oder mein
Übergehen unrichtig auslegest; was soll man dazusetzen
oder einfallen wollen, wo sich etwas frei und wahr
ergiebt wie Deine Mittheilungen, aber das was Du
übergehest das muß ich berühren. Du kommst mir vor
wie ein Eroberer der alle Waffen verschmäht aus Hel¬
denmuth, der alles verachtet was ihn schützen, verthei¬
digen könnte und jede Waffe die er zum Erobern be¬
darf; ja ich glaub das Hemd möchtest Du abwerfen.
Doch sind Wissen, Begreifen, Lernen nicht allein die Ar¬
maturen des Geistes, sie sind vielmehr seine Glieder mit
denen er sich wehrt, und sich aneignet was seinem Ge¬
nie zukommt. Bedenks alles und neige meinen Lehren
ein herablassend Gehör. --

Deine Beichte hab ich mit Sanction angehört und

Es mag wohl ſehr wenige Menſchen geben die dies kön¬
nen, und ich wohl mit am wenigſten. Jetzt denke ich
es ſei gut den Clemens zu betrachten, und erfreulich;
und er will man ſolle ihn nur betrachten wollen. Iſt
dieſe Anſicht wahr oder falſch?

Caroline.

Ich leſe Deinen Brief und den meinen und er¬
kenne wie verſchieden unſre Stimmungen ſind, aber ich
fürchte nicht daß Du an mir zweifelſt, oder mein
Übergehen unrichtig auslegeſt; was ſoll man dazuſetzen
oder einfallen wollen, wo ſich etwas frei und wahr
ergiebt wie Deine Mittheilungen, aber das was Du
übergeheſt das muß ich berühren. Du kommſt mir vor
wie ein Eroberer der alle Waffen verſchmäht aus Hel¬
denmuth, der alles verachtet was ihn ſchützen, verthei¬
digen könnte und jede Waffe die er zum Erobern be¬
darf; ja ich glaub das Hemd möchteſt Du abwerfen.
Doch ſind Wiſſen, Begreifen, Lernen nicht allein die Ar¬
maturen des Geiſtes, ſie ſind vielmehr ſeine Glieder mit
denen er ſich wehrt, und ſich aneignet was ſeinem Ge¬
nie zukommt. Bedenks alles und neige meinen Lehren
ein herablaſſend Gehör. —

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[200/0214] Es mag wohl ſehr wenige Menſchen geben die dies kön¬ nen, und ich wohl mit am wenigſten. Jetzt denke ich es ſei gut den Clemens zu betrachten, und erfreulich; und er will man ſolle ihn nur betrachten wollen. Iſt dieſe Anſicht wahr oder falſch? Caroline. Ich leſe Deinen Brief und den meinen und er¬ kenne wie verſchieden unſre Stimmungen ſind, aber ich fürchte nicht daß Du an mir zweifelſt, oder mein Übergehen unrichtig auslegeſt; was ſoll man dazuſetzen oder einfallen wollen, wo ſich etwas frei und wahr ergiebt wie Deine Mittheilungen, aber das was Du übergeheſt das muß ich berühren. Du kommſt mir vor wie ein Eroberer der alle Waffen verſchmäht aus Hel¬ denmuth, der alles verachtet was ihn ſchützen, verthei¬ digen könnte und jede Waffe die er zum Erobern be¬ darf; ja ich glaub das Hemd möchteſt Du abwerfen. Doch ſind Wiſſen, Begreifen, Lernen nicht allein die Ar¬ maturen des Geiſtes, ſie ſind vielmehr ſeine Glieder mit denen er ſich wehrt, und ſich aneignet was ſeinem Ge¬ nie zukommt. Bedenks alles und neige meinen Lehren ein herablaſſend Gehör. — Deine Beichte hab ich mit Sanction angehört und

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/214>, abgerufen am 21.11.2024.