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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840.

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und da ein Vogel herausflattert und mich anmuthig
erschreckt, oder ein Zweig mir an die Stirne schnellt,
und mich gedankenwach macht, wo mich die alte Leier
eingeschläfert hätt. -- Und ist nicht vielleicht die Gedan¬
kenseele selbst, Rhythmus der die Sinne lenkt; und sol¬
len wir dem nicht nachstreben? Nun kurz aus meinem
Gedicht ist nichts geworden, wie hätt ich unsre orangen¬
blühende Nacht, unsre selige Alleinigkeit verpfuschen sol¬
len, sie, die in jeder verlebten Minute jenes Gefühl aus¬
sprach was ich da oben Gottpoesie, Weisheitsgefühl
nenne. -- Nein ich wollt nicht ein so süß Dämmern zu
einzelnen Gedankenschatten zusammenballen. Laß es fort¬
dämmern oder sich verflüchtigen; aber nicht in engherzige
Verse einklammern was so weiche Zweige in die Luft
ausstreckt, laß es fortblühen bis es welkt; Du siehst ich
mache mir diese poetischen Unbemerkungen (Ungeheuer) blos
in Beziehung auf mich, ich lieb die Poesie sie erfüllt mich
in Dir und in andern mit Begeistrung, aber nicht in mir.

Als der Clemens mich aus der Prison entließ hatt
ich das Mährchen gereimt von der alten Frau Hoch,
vom Hofnarren der seinem König lehrt Fische fangen,
und ihn selber im Hamen fängt und ins Wasser taucht
und sagt so fangen die Narren Fische, aber der Kö¬
nig im Hamen wird keinen fangen. Im Puppenspiel war

und da ein Vogel herausflattert und mich anmuthig
erſchreckt, oder ein Zweig mir an die Stirne ſchnellt,
und mich gedankenwach macht, wo mich die alte Leier
eingeſchläfert hätt. — Und iſt nicht vielleicht die Gedan¬
kenſeele ſelbſt, Rhythmus der die Sinne lenkt; und ſol¬
len wir dem nicht nachſtreben? Nun kurz aus meinem
Gedicht iſt nichts geworden, wie hätt ich unſre orangen¬
blühende Nacht, unſre ſelige Alleinigkeit verpfuſchen ſol¬
len, ſie, die in jeder verlebten Minute jenes Gefühl aus¬
ſprach was ich da oben Gottpoeſie, Weisheitsgefühl
nenne. — Nein ich wollt nicht ein ſo ſüß Dämmern zu
einzelnen Gedankenſchatten zuſammenballen. Laß es fort¬
dämmern oder ſich verflüchtigen; aber nicht in engherzige
Verſe einklammern was ſo weiche Zweige in die Luft
ausſtreckt, laß es fortblühen bis es welkt; Du ſiehſt ich
mache mir dieſe poetiſchen Unbemerkungen (Ungeheuer) blos
in Beziehung auf mich, ich lieb die Poeſie ſie erfüllt mich
in Dir und in andern mit Begeiſtrung, aber nicht in mir.

Als der Clemens mich aus der Priſon entließ hatt
ich das Mährchen gereimt von der alten Frau Hoch,
vom Hofnarren der ſeinem König lehrt Fiſche fangen,
und ihn ſelber im Hamen fängt und ins Waſſer taucht
und ſagt ſo fangen die Narren Fiſche, aber der Kö¬
nig im Hamen wird keinen fangen. Im Puppenſpiel war

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[8/0022] und da ein Vogel herausflattert und mich anmuthig erſchreckt, oder ein Zweig mir an die Stirne ſchnellt, und mich gedankenwach macht, wo mich die alte Leier eingeſchläfert hätt. — Und iſt nicht vielleicht die Gedan¬ kenſeele ſelbſt, Rhythmus der die Sinne lenkt; und ſol¬ len wir dem nicht nachſtreben? Nun kurz aus meinem Gedicht iſt nichts geworden, wie hätt ich unſre orangen¬ blühende Nacht, unſre ſelige Alleinigkeit verpfuſchen ſol¬ len, ſie, die in jeder verlebten Minute jenes Gefühl aus¬ ſprach was ich da oben Gottpoeſie, Weisheitsgefühl nenne. — Nein ich wollt nicht ein ſo ſüß Dämmern zu einzelnen Gedankenſchatten zuſammenballen. Laß es fort¬ dämmern oder ſich verflüchtigen; aber nicht in engherzige Verſe einklammern was ſo weiche Zweige in die Luft ausſtreckt, laß es fortblühen bis es welkt; Du ſiehſt ich mache mir dieſe poetiſchen Unbemerkungen (Ungeheuer) blos in Beziehung auf mich, ich lieb die Poeſie ſie erfüllt mich in Dir und in andern mit Begeiſtrung, aber nicht in mir. Als der Clemens mich aus der Priſon entließ hatt ich das Mährchen gereimt von der alten Frau Hoch, vom Hofnarren der ſeinem König lehrt Fiſche fangen, und ihn ſelber im Hamen fängt und ins Waſſer taucht und ſagt ſo fangen die Narren Fiſche, aber der Kö¬ nig im Hamen wird keinen fangen. Im Puppenſpiel war

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Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 8. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/22>, abgerufen am 21.11.2024.