die Leute verstehn Dich nicht." -- Und es fallen mir dann auch immer die Extravaganzen ein und ich sag sie im¬ mer nur, ums zu hören wie ich ausgezankt werd. -- Da siehst Du also, es geht mir plaisirlich; und eifersüchtig darfst Du nicht sein, kein Mensch theilt dies Vertrauen dies tiefere zu Dir, -- drum aber, bin ich auch eifer¬ süchtig auf Dich, und oft auch bang, denn nicht allein die Menschen sind mir im Weg, ich fürchte auch jeden Zufall, jede Laune von Dir, jede Zerstreuung, ich möchte Dich immer heiter wissen. Wenn Du Kopfschmerzen hat¬ test, so seh ich mich noch nach ihnen um, wie nach fre¬ chen Gewalten die ich noch auf dem Rückzug verfolgen möcht. -- Wenn einer mir schreibt Du seist still oder man habe Dich nicht gesehen, oder man glaube Du seist nicht in der Stadt, das alles kümmert mich, so leichtsinnig ich bin, und so bald ich drauf vergesse so kommt mir die Idee leicht wieder, und steigert meine traurige Gedanken über Dich, denn die hab ich als oft, das ist wahr.
Mein Lehrer in der Mathematik ist mein alter Herbst-Jud. Morgens an meiner Thür in einem schwar¬ zen Kleid, weißem Kragen und der Bart spiegelglatt, stand er an meiner Thür und fragte um Erlaubniß mich zu besuchen, ich freute mich über ihn, er sieht so viel
die Leute verſtehn Dich nicht.“ — Und es fallen mir dann auch immer die Extravaganzen ein und ich ſag ſie im¬ mer nur, ums zu hören wie ich ausgezankt werd. — Da ſiehſt Du alſo, es geht mir plaiſirlich; und eiferſüchtig darfſt Du nicht ſein, kein Menſch theilt dies Vertrauen dies tiefere zu Dir, — drum aber, bin ich auch eifer¬ ſüchtig auf Dich, und oft auch bang, denn nicht allein die Menſchen ſind mir im Weg, ich fürchte auch jeden Zufall, jede Laune von Dir, jede Zerſtreuung, ich möchte Dich immer heiter wiſſen. Wenn Du Kopfſchmerzen hat¬ teſt, ſo ſeh ich mich noch nach ihnen um, wie nach fre¬ chen Gewalten die ich noch auf dem Rückzug verfolgen möcht. — Wenn einer mir ſchreibt Du ſeiſt ſtill oder man habe Dich nicht geſehen, oder man glaube Du ſeiſt nicht in der Stadt, das alles kümmert mich, ſo leichtſinnig ich bin, und ſo bald ich drauf vergeſſe ſo kommt mir die Idee leicht wieder, und ſteigert meine traurige Gedanken über Dich, denn die hab ich als oft, das iſt wahr.
Mein Lehrer in der Mathematik iſt mein alter Herbſt-Jud. Morgens an meiner Thür in einem ſchwar¬ zen Kleid, weißem Kragen und der Bart ſpiegelglatt, ſtand er an meiner Thür und fragte um Erlaubniß mich zu beſuchen, ich freute mich über ihn, er ſieht ſo viel
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die Leute verſtehn Dich nicht.“ — Und es fallen mir dann
auch immer die Extravaganzen ein und ich ſag ſie im¬
mer nur, ums zu hören wie ich ausgezankt werd. — Da
ſiehſt Du alſo, es geht mir plaiſirlich; und eiferſüchtig
darfſt Du nicht ſein, kein Menſch theilt dies Vertrauen
dies tiefere zu Dir, — drum aber, bin ich auch eifer¬
ſüchtig auf Dich, und oft auch bang, denn nicht allein
die Menſchen ſind mir im Weg, ich fürchte auch jeden
Zufall, jede Laune von Dir, jede Zerſtreuung, ich möchte
Dich immer heiter wiſſen. Wenn Du Kopfſchmerzen hat¬
teſt, ſo ſeh ich mich noch nach ihnen um, wie nach fre¬
chen Gewalten die ich noch auf dem Rückzug verfolgen
möcht. — Wenn einer mir ſchreibt Du ſeiſt ſtill oder
man habe Dich nicht geſehen, oder man glaube Du
ſeiſt nicht in der Stadt, das alles kümmert mich, ſo
leichtſinnig ich bin, und ſo bald ich drauf vergeſſe ſo
kommt mir die Idee leicht wieder, und ſteigert meine
traurige Gedanken über Dich, denn die hab ich als oft,
das iſt wahr.
Mein Lehrer in der Mathematik iſt mein alter
Herbſt-Jud. Morgens an meiner Thür in einem ſchwar¬
zen Kleid, weißem Kragen und der Bart ſpiegelglatt,
ſtand er an meiner Thür und fragte um Erlaubniß mich
zu beſuchen, ich freute mich über ihn, er ſieht ſo viel
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 207. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/221>, abgerufen am 21.11.2024.
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