Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

zeugt. Es ist der einsame tiefverborgne Glücksmoment
der keinen Zeugen hat, der nie sich nachfühlen läßt,
den jeder wahrhaft Liebende verschweigt, der ihn über
alles Erdenschicksal hebt, und der auch, über alles was
in der Welt anerkannt wird, ihn stellt, was ihm das
Gepräg des Erhabnen giebt.

Ja die Großthaten, die leidenschaftlichen Küsse des
Lebens lassen einen sichtlichen Eindruck zurück der sich selbst,
ich will's glauben, auf Kinder und Kindskinder vererbt,
denn wo käme der Adel her? -- ist der nicht aus der
heiligen Kraft entsprossen wo das Leben mit seiner Liebe
den Geliebten errungen hat? -- dies heimliche inner¬
liche Genießen einer den andern ungekannten Seligkeit?
wo man alles aufgiebt blos um dem Liebenden -- dem
Leben zu genügen? -- ja das muß wohl auch in der
Erscheinung -- im Leib sich abdrücken; und man könnte
darauf kommen in den Gesichtern alter Geschlechter nach¬
zuspüren, was wohl für eine Art von Begeistrung den
Keim zu diesen veredelnden Zügen zu dieser erhabnen
Vornehmheit legte, ob es kühnes Thun, muthiges oder
selbst verläugnendes war, was diese Liebesopfer einst vom
Ahnen heischten, -- das ist mir schon bei Arnims Zü¬
gen eingefallen, -- und ein Mann göttlicher Leiden¬
schaft fürs Leben der ist ein Gründer des erhabensten

zeugt. Es iſt der einſame tiefverborgne Glücksmoment
der keinen Zeugen hat, der nie ſich nachfühlen läßt,
den jeder wahrhaft Liebende verſchweigt, der ihn über
alles Erdenſchickſal hebt, und der auch, über alles was
in der Welt anerkannt wird, ihn ſtellt, was ihm das
Gepräg des Erhabnen giebt.

Ja die Großthaten, die leidenſchaftlichen Küſſe des
Lebens laſſen einen ſichtlichen Eindruck zurück der ſich ſelbſt,
ich will's glauben, auf Kinder und Kindskinder vererbt,
denn wo käme der Adel her? — iſt der nicht aus der
heiligen Kraft entſproſſen wo das Leben mit ſeiner Liebe
den Geliebten errungen hat? — dies heimliche inner¬
liche Genießen einer den andern ungekannten Seligkeit?
wo man alles aufgiebt blos um dem Liebenden — dem
Leben zu genügen? — ja das muß wohl auch in der
Erſcheinung — im Leib ſich abdrücken; und man könnte
darauf kommen in den Geſichtern alter Geſchlechter nach¬
zuſpüren, was wohl für eine Art von Begeiſtrung den
Keim zu dieſen veredelnden Zügen zu dieſer erhabnen
Vornehmheit legte, ob es kühnes Thun, muthiges oder
ſelbſt verläugnendes war, was dieſe Liebesopfer einſt vom
Ahnen heiſchten, — das iſt mir ſchon bei Arnims Zü¬
gen eingefallen, — und ein Mann göttlicher Leiden¬
ſchaft fürs Leben der iſt ein Gründer des erhabenſten

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0240" n="226"/>
zeugt. Es i&#x017F;t der ein&#x017F;ame tiefverborgne Glücksmoment<lb/>
der keinen Zeugen hat, der nie &#x017F;ich nachfühlen läßt,<lb/>
den jeder wahrhaft Liebende ver&#x017F;chweigt, der ihn über<lb/>
alles Erden&#x017F;chick&#x017F;al hebt, und der auch, über alles was<lb/>
in der Welt anerkannt wird, ihn &#x017F;tellt, was ihm das<lb/>
Gepräg des Erhabnen giebt.</p><lb/>
          <p>Ja die Großthaten, die leiden&#x017F;chaftlichen Kü&#x017F;&#x017F;e des<lb/>
Lebens la&#x017F;&#x017F;en einen &#x017F;ichtlichen Eindruck zurück der &#x017F;ich &#x017F;elb&#x017F;t,<lb/>
ich will's glauben, auf Kinder und Kindskinder vererbt,<lb/>
denn wo käme der Adel her? &#x2014; i&#x017F;t der nicht aus der<lb/>
heiligen Kraft ent&#x017F;pro&#x017F;&#x017F;en wo das Leben mit &#x017F;einer Liebe<lb/>
den Geliebten errungen hat? &#x2014; dies heimliche inner¬<lb/>
liche Genießen einer den andern ungekannten Seligkeit?<lb/>
wo man alles aufgiebt blos um dem Liebenden &#x2014; dem<lb/>
Leben zu genügen? &#x2014; ja das muß wohl auch in der<lb/>
Er&#x017F;cheinung &#x2014; im Leib &#x017F;ich abdrücken; und man könnte<lb/>
darauf kommen in den Ge&#x017F;ichtern alter Ge&#x017F;chlechter nach¬<lb/>
zu&#x017F;püren, was wohl für eine Art von Begei&#x017F;trung den<lb/>
Keim zu die&#x017F;en veredelnden Zügen zu die&#x017F;er erhabnen<lb/>
Vornehmheit legte, ob es kühnes Thun, muthiges oder<lb/>
&#x017F;elb&#x017F;t verläugnendes war, was die&#x017F;e Liebesopfer ein&#x017F;t vom<lb/>
Ahnen hei&#x017F;chten, &#x2014; das i&#x017F;t mir &#x017F;chon bei Arnims Zü¬<lb/>
gen eingefallen, &#x2014; und ein Mann göttlicher Leiden¬<lb/>
&#x017F;chaft fürs Leben der i&#x017F;t ein Gründer des erhaben&#x017F;ten<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[226/0240] zeugt. Es iſt der einſame tiefverborgne Glücksmoment der keinen Zeugen hat, der nie ſich nachfühlen läßt, den jeder wahrhaft Liebende verſchweigt, der ihn über alles Erdenſchickſal hebt, und der auch, über alles was in der Welt anerkannt wird, ihn ſtellt, was ihm das Gepräg des Erhabnen giebt. Ja die Großthaten, die leidenſchaftlichen Küſſe des Lebens laſſen einen ſichtlichen Eindruck zurück der ſich ſelbſt, ich will's glauben, auf Kinder und Kindskinder vererbt, denn wo käme der Adel her? — iſt der nicht aus der heiligen Kraft entſproſſen wo das Leben mit ſeiner Liebe den Geliebten errungen hat? — dies heimliche inner¬ liche Genießen einer den andern ungekannten Seligkeit? wo man alles aufgiebt blos um dem Liebenden — dem Leben zu genügen? — ja das muß wohl auch in der Erſcheinung — im Leib ſich abdrücken; und man könnte darauf kommen in den Geſichtern alter Geſchlechter nach¬ zuſpüren, was wohl für eine Art von Begeiſtrung den Keim zu dieſen veredelnden Zügen zu dieſer erhabnen Vornehmheit legte, ob es kühnes Thun, muthiges oder ſelbſt verläugnendes war, was dieſe Liebesopfer einſt vom Ahnen heiſchten, — das iſt mir ſchon bei Arnims Zü¬ gen eingefallen, — und ein Mann göttlicher Leiden¬ ſchaft fürs Leben der iſt ein Gründer des erhabenſten

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/240
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 226. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/240>, abgerufen am 21.11.2024.