der leisesten Anregung jener unerfüllten Sehnsucht sich wieder erneuen wird.
Ich wollte Dir wünschen Bettine (unter uns gesagt, denn dies darf niemand hören) daß jede tiefe Anlage in Dir vom Schicksal aufgerufen würde, und keine Prü¬ fung Dir erlassen, daß nicht im Traum aber in der Wirklichkeit Dir das Räthsel auf eine glorreiche Art sich löse, warum es der Mühe lohnt gelebt zu haben. -- Pläne werden leicht vereitelt, drum muß man keine machen. Das Beste ist sich zu Allem bereit finden was sich einem als das Würdigste zu thun darbietet, und das Einzige was uns zu thun obliegt ist, die hei¬ ligen Grundsätze die ganz von selbst im Boden unserer Überzeugung emporkeimen, nie zu verletzen, sie immer durch unsre Handlungen und den Glauben an sie mehr zu entwicklen, so daß wir am End gar nicht mehr anders können als das ursprünglich Göttliche in uns, bekennen. Es giebt gar viele Menschen, die große Weihgeschenke der Götter mitbekommen haben, und keines derselben anzuwenden vermögen, denen es ge¬ nügt über dem Boden der Gemeinheit sich erhaben zu glauben, blos weil der Buchstabe eines höheren Gesetzes in sie geprägt ist, aber der Geist ist nicht in ihnen aufgegangen und sie wissen nicht wie weit sie
der leiſeſten Anregung jener unerfüllten Sehnſucht ſich wieder erneuen wird.
Ich wollte Dir wünſchen Bettine (unter uns geſagt, denn dies darf niemand hören) daß jede tiefe Anlage in Dir vom Schickſal aufgerufen würde, und keine Prü¬ fung Dir erlaſſen, daß nicht im Traum aber in der Wirklichkeit Dir das Räthſel auf eine glorreiche Art ſich löſe, warum es der Mühe lohnt gelebt zu haben. — Pläne werden leicht vereitelt, drum muß man keine machen. Das Beſte iſt ſich zu Allem bereit finden was ſich einem als das Würdigſte zu thun darbietet, und das Einzige was uns zu thun obliegt iſt, die hei¬ ligen Grundſätze die ganz von ſelbſt im Boden unſerer Überzeugung emporkeimen, nie zu verletzen, ſie immer durch unſre Handlungen und den Glauben an ſie mehr zu entwicklen, ſo daß wir am End gar nicht mehr anders können als das urſprünglich Göttliche in uns, bekennen. Es giebt gar viele Menſchen, die große Weihgeſchenke der Götter mitbekommen haben, und keines derſelben anzuwenden vermögen, denen es ge¬ nügt über dem Boden der Gemeinheit ſich erhaben zu glauben, blos weil der Buchſtabe eines höheren Geſetzes in ſie geprägt iſt, aber der Geiſt iſt nicht in ihnen aufgegangen und ſie wiſſen nicht wie weit ſie
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der leiſeſten Anregung jener unerfüllten Sehnſucht ſich
wieder erneuen wird.
Ich wollte Dir wünſchen Bettine (unter uns geſagt,
denn dies darf niemand hören) daß jede tiefe Anlage
in Dir vom Schickſal aufgerufen würde, und keine Prü¬
fung Dir erlaſſen, daß nicht im Traum aber in der
Wirklichkeit Dir das Räthſel auf eine glorreiche Art ſich
löſe, warum es der Mühe lohnt gelebt zu haben. —
Pläne werden leicht vereitelt, drum muß man keine
machen. Das Beſte iſt ſich zu Allem bereit finden
was ſich einem als das Würdigſte zu thun darbietet,
und das Einzige was uns zu thun obliegt iſt, die hei¬
ligen Grundſätze die ganz von ſelbſt im Boden unſerer
Überzeugung emporkeimen, nie zu verletzen, ſie immer
durch unſre Handlungen und den Glauben an ſie mehr
zu entwicklen, ſo daß wir am End gar nicht mehr
anders können als das urſprünglich Göttliche in uns,
bekennen. Es giebt gar viele Menſchen, die große
Weihgeſchenke der Götter mitbekommen haben, und
keines derſelben anzuwenden vermögen, denen es ge¬
nügt über dem Boden der Gemeinheit ſich erhaben
zu glauben, blos weil der Buchſtabe eines höheren
Geſetzes in ſie geprägt iſt, aber der Geiſt iſt nicht in
ihnen aufgegangen und ſie wiſſen nicht wie weit ſie
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 275. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/289>, abgerufen am 24.11.2024.
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