Heut war der Ephraim bei mir er wußte daß ich die andre Woche geh, wir sprachen von meinem Wie¬ derkommen denn ich bleib nur drei Wochen mit der Lullu aus. -- Wir sprachen von Dir, er sagte so viel Gutes von Dir, er las auch meine letzten Blätter an Dich, er sagte, man müsse nicht fürchten daß was man liebe, einem verloren gehn könne, weil er wohl erkannte etwas in Deinem Brief mache mir bang um Dich; er sagte Du seist einzig in Deiner Art, Du habest eine große Bahn, und wer nicht andre Wege gehe als die schon gebahnten und angewiesnen der sei nicht Dichter. Es sind nicht tausend Dichter, es ist nur Einer, die andern klingen ihm nur nach; -- klingen mit. -- Wenn eine Stimme erschallt, so weckt sie Stimmen. Dichter ist nur, der über allen steht. Der Dichtergeist geht durch viele und dann conzentrirt er sich in Einem. -- Oft wird er nicht erkannt und doch steht er höher als alle. -- --
Wer nicht andre Wege geht, als die schon ge¬ bahnten und angewiesenen der ist nicht Dichter. Und wenn nicht auf eignem Heerd das Feuer brennt, das ihn erleuchte und wärme, der wird kein anderes dazu berathen finden. Lodert aber auf Deinem Heerd die Flamme, dann wird jede Dir leuchten und alle Dich wärmen. -- Man kann ruhen im Geist, man kann
Heut war der Ephraim bei mir er wußte daß ich die andre Woche geh, wir ſprachen von meinem Wie¬ derkommen denn ich bleib nur drei Wochen mit der Lullu aus. — Wir ſprachen von Dir, er ſagte ſo viel Gutes von Dir, er las auch meine letzten Blätter an Dich, er ſagte, man müſſe nicht fürchten daß was man liebe, einem verloren gehn könne, weil er wohl erkannte etwas in Deinem Brief mache mir bang um Dich; er ſagte Du ſeiſt einzig in Deiner Art, Du habeſt eine große Bahn, und wer nicht andre Wege gehe als die ſchon gebahnten und angewieſnen der ſei nicht Dichter. Es ſind nicht tauſend Dichter, es iſt nur Einer, die andern klingen ihm nur nach; — klingen mit. — Wenn eine Stimme erſchallt, ſo weckt ſie Stimmen. Dichter iſt nur, der über allen ſteht. Der Dichtergeiſt geht durch viele und dann conzentrirt er ſich in Einem. — Oft wird er nicht erkannt und doch ſteht er höher als alle. — —
Wer nicht andre Wege geht, als die ſchon ge¬ bahnten und angewieſenen der iſt nicht Dichter. Und wenn nicht auf eignem Heerd das Feuer brennt, das ihn erleuchte und wärme, der wird kein anderes dazu berathen finden. Lodert aber auf Deinem Heerd die Flamme, dann wird jede Dir leuchten und alle Dich wärmen. — Man kann ruhen im Geiſt, man kann
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Heut war der Ephraim bei mir er wußte daß ich
die andre Woche geh, wir ſprachen von meinem Wie¬
derkommen denn ich bleib nur drei Wochen mit der
Lullu aus. — Wir ſprachen von Dir, er ſagte ſo viel
Gutes von Dir, er las auch meine letzten Blätter an Dich,
er ſagte, man müſſe nicht fürchten daß was man liebe,
einem verloren gehn könne, weil er wohl erkannte etwas
in Deinem Brief mache mir bang um Dich; er ſagte Du
ſeiſt einzig in Deiner Art, Du habeſt eine große Bahn,
und wer nicht andre Wege gehe als die ſchon gebahnten
und angewieſnen der ſei nicht Dichter. Es ſind nicht
tauſend Dichter, es iſt nur Einer, die andern klingen
ihm nur nach; — klingen mit. — Wenn eine Stimme
erſchallt, ſo weckt ſie Stimmen. Dichter iſt nur, der
über allen ſteht. Der Dichtergeiſt geht durch viele und
dann conzentrirt er ſich in Einem. — Oft wird er nicht
erkannt und doch ſteht er höher als alle. — —
Wer nicht andre Wege geht, als die ſchon ge¬
bahnten und angewieſenen der iſt nicht Dichter. Und
wenn nicht auf eignem Heerd das Feuer brennt, das
ihn erleuchte und wärme, der wird kein anderes dazu
berathen finden. Lodert aber auf Deinem Heerd die
Flamme, dann wird jede Dir leuchten und alle Dich
wärmen. — Man kann ruhen im Geiſt, man kann
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 295. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/309>, abgerufen am 24.11.2024.
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