Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840.

Bild:
<< vorherige Seite

sehr recht, und sagt: "Wir werden diesem Ungeziefer das
mich mehr plagt als den armen Lazarus, dem ich mich
gar sehr vergleiche, seine Schwären, noch eine Umwäl¬
zung in unserer Religion zu verdanken haben, es ver¬
gehet keine Woch daß nicht verdrießliche Berichte dieser
unflätigen Mönche einlaufen, der Mantel der christli¬
chen Kirche, unter dem sie alle eingekeilt stehn wie ein
Ballen Stockfische, reicht nicht mehr zu, ihren Unflat zu
bedecken." -- Schreibt der Großvater hierauf einen wun¬
derschönen Brief über Religion und Politik, den ich
nicht behalten hab worin mir aber jedes Wort wie Gold
klang, -- er sagt: in einem großen Herzen müsse die
Politik blos aus der Religion hervorgehen, oder sie
müßten vielmehr ganz dasselbe sein, ein thätiger Mensch
der seine Zeit anwende zu was sie ihm verliehen sei,
habe sie nicht übrig sie in verschiednes zu theilen, so
müsse denn seine Religion als vollkommner Weltbürger
in ihm ans Licht treten, -- u. s. w. -- Dieser Brief ist
so herrlich so seelenrein so über alles erhaben wonach
kleinliche Menschen zielen, aber auch so lebendig daß
ich glauben muß, aus einem lebendigen Herzen entspringt
alle Philosophie, aber mit Fleisch und Bein und klopfen¬
dem Herzen fürs Gute, die sich ewig regt und das ir¬
dische Weltleben reinigt, gesund macht wie ein Strom

ſehr recht, und ſagt: „Wir werden dieſem Ungeziefer das
mich mehr plagt als den armen Lazarus, dem ich mich
gar ſehr vergleiche, ſeine Schwären, noch eine Umwäl¬
zung in unſerer Religion zu verdanken haben, es ver¬
gehet keine Woch daß nicht verdrießliche Berichte dieſer
unflätigen Mönche einlaufen, der Mantel der chriſtli¬
chen Kirche, unter dem ſie alle eingekeilt ſtehn wie ein
Ballen Stockfiſche, reicht nicht mehr zu, ihren Unflat zu
bedecken.“ — Schreibt der Großvater hierauf einen wun¬
derſchönen Brief über Religion und Politik, den ich
nicht behalten hab worin mir aber jedes Wort wie Gold
klang, — er ſagt: in einem großen Herzen müſſe die
Politik blos aus der Religion hervorgehen, oder ſie
müßten vielmehr ganz daſſelbe ſein, ein thätiger Menſch
der ſeine Zeit anwende zu was ſie ihm verliehen ſei,
habe ſie nicht übrig ſie in verſchiednes zu theilen, ſo
müſſe denn ſeine Religion als vollkommner Weltbürger
in ihm ans Licht treten, — u. ſ. w. — Dieſer Brief iſt
ſo herrlich ſo ſeelenrein ſo über alles erhaben wonach
kleinliche Menſchen zielen, aber auch ſo lebendig daß
ich glauben muß, aus einem lebendigen Herzen entſpringt
alle Philoſophie, aber mit Fleiſch und Bein und klopfen¬
dem Herzen fürs Gute, die ſich ewig regt und das ir¬
diſche Weltleben reinigt, geſund macht wie ein Strom

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0060" n="46"/>
&#x017F;ehr recht, und &#x017F;agt: &#x201E;Wir werden die&#x017F;em Ungeziefer das<lb/>
mich mehr plagt als den armen Lazarus, dem ich mich<lb/>
gar &#x017F;ehr vergleiche, &#x017F;eine Schwären, noch eine Umwäl¬<lb/>
zung in un&#x017F;erer Religion zu verdanken haben, es ver¬<lb/>
gehet keine Woch daß nicht verdrießliche Berichte die&#x017F;er<lb/>
unflätigen Mönche einlaufen, der Mantel der chri&#x017F;tli¬<lb/>
chen Kirche, unter dem &#x017F;ie alle eingekeilt &#x017F;tehn wie ein<lb/>
Ballen Stockfi&#x017F;che, reicht nicht mehr zu, ihren Unflat zu<lb/>
bedecken.&#x201C; &#x2014; Schreibt der Großvater hierauf einen wun¬<lb/>
der&#x017F;chönen Brief über Religion und Politik, den ich<lb/>
nicht behalten hab worin mir aber jedes Wort wie Gold<lb/>
klang, &#x2014; er &#x017F;agt: in einem großen Herzen mü&#x017F;&#x017F;e die<lb/>
Politik blos aus der Religion hervorgehen, oder &#x017F;ie<lb/>
müßten vielmehr ganz da&#x017F;&#x017F;elbe &#x017F;ein, ein thätiger Men&#x017F;ch<lb/>
der &#x017F;eine Zeit anwende zu was &#x017F;ie ihm verliehen &#x017F;ei,<lb/>
habe &#x017F;ie nicht übrig &#x017F;ie in ver&#x017F;chiednes zu theilen, &#x017F;o<lb/>&#x017F;&#x017F;e denn &#x017F;eine Religion als vollkommner Weltbürger<lb/>
in ihm ans Licht treten, &#x2014; u. &#x017F;. w. &#x2014; Die&#x017F;er Brief i&#x017F;t<lb/>
&#x017F;o herrlich &#x017F;o &#x017F;eelenrein &#x017F;o über alles erhaben wonach<lb/>
kleinliche Men&#x017F;chen zielen, aber auch &#x017F;o lebendig daß<lb/>
ich glauben muß, aus einem lebendigen Herzen ent&#x017F;pringt<lb/>
alle Philo&#x017F;ophie, aber mit Flei&#x017F;ch und Bein und klopfen¬<lb/>
dem Herzen fürs Gute, die &#x017F;ich ewig regt und das ir¬<lb/>
di&#x017F;che Weltleben reinigt, ge&#x017F;und macht wie ein Strom<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[46/0060] ſehr recht, und ſagt: „Wir werden dieſem Ungeziefer das mich mehr plagt als den armen Lazarus, dem ich mich gar ſehr vergleiche, ſeine Schwären, noch eine Umwäl¬ zung in unſerer Religion zu verdanken haben, es ver¬ gehet keine Woch daß nicht verdrießliche Berichte dieſer unflätigen Mönche einlaufen, der Mantel der chriſtli¬ chen Kirche, unter dem ſie alle eingekeilt ſtehn wie ein Ballen Stockfiſche, reicht nicht mehr zu, ihren Unflat zu bedecken.“ — Schreibt der Großvater hierauf einen wun¬ derſchönen Brief über Religion und Politik, den ich nicht behalten hab worin mir aber jedes Wort wie Gold klang, — er ſagt: in einem großen Herzen müſſe die Politik blos aus der Religion hervorgehen, oder ſie müßten vielmehr ganz daſſelbe ſein, ein thätiger Menſch der ſeine Zeit anwende zu was ſie ihm verliehen ſei, habe ſie nicht übrig ſie in verſchiednes zu theilen, ſo müſſe denn ſeine Religion als vollkommner Weltbürger in ihm ans Licht treten, — u. ſ. w. — Dieſer Brief iſt ſo herrlich ſo ſeelenrein ſo über alles erhaben wonach kleinliche Menſchen zielen, aber auch ſo lebendig daß ich glauben muß, aus einem lebendigen Herzen entſpringt alle Philoſophie, aber mit Fleiſch und Bein und klopfen¬ dem Herzen fürs Gute, die ſich ewig regt und das ir¬ diſche Weltleben reinigt, geſund macht wie ein Strom

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde von OCR-Software automatisch erfasst und anschließend gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien von Muttersprachlern nachkontrolliert. Es wurde gemäß dem DTA-Basisformat in XML/TEI P5 kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/60
Zitationshilfe: Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 46. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/60>, abgerufen am 28.11.2024.