an, wie hoch eine Beleidigung aufgenommen werde; man solle keine stärkere Schuld dadurch auf andre wäl¬ zen, Verzeihung sei Aufheben der Schuld, und Gott sei versöhnlich durch menschliche Großmuth. -- Der Gro߬ vater habe gesagt: was dir geschieht das rechne für gar nichts! keine Rüge gilt etwas sie sei denn zum Besten dessen den man straft, sonst ist jede Strafe unnütze Rache, nur um den elenden Sünder noch elender zu machen, und nützlose Rache sei eine viel ärgere Sünde am Ver¬ brecher, der dem Menschen heiliger sein müsse insofern er so gut seiner Gnade anheim gegeben sei wie der Gnade Gottes, und Gott sei versöhnlich aus menschli¬ cher Großmuth, so müsse man aus Liebe die Welt nicht untergehen lassen und allen verzeihen, wozu der Spruch auf dem Wappen auffordere. -- Und sie thue es ihrem Larosche zu Lieb daß sie ohne Bitterkeit es ertrage. Die Bäume seien dies Jahr abgehauen, sie selber werde gewiß, sie nur kurze Zeit noch vermissen, und wolle durch den Verdruß den sie dabei beweise, keine spätere Reue veranlassen, denn sie wolle daß alle Menschen glücklich seien und am meisten die Ihrigen, für die sie so viele Opfer schon gebracht. -- Vom Gro߬ vater erzählte sie mir noch, das ganze Land habe ihm Unterstützung angeboten, und er habe auf einem großen
an, wie hoch eine Beleidigung aufgenommen werde; man ſolle keine ſtärkere Schuld dadurch auf andre wäl¬ zen, Verzeihung ſei Aufheben der Schuld, und Gott ſei verſöhnlich durch menſchliche Großmuth. — Der Gro߬ vater habe geſagt: was dir geſchieht das rechne für gar nichts! keine Rüge gilt etwas ſie ſei denn zum Beſten deſſen den man ſtraft, ſonſt iſt jede Strafe unnütze Rache, nur um den elenden Sünder noch elender zu machen, und nützloſe Rache ſei eine viel ärgere Sünde am Ver¬ brecher, der dem Menſchen heiliger ſein müſſe inſofern er ſo gut ſeiner Gnade anheim gegeben ſei wie der Gnade Gottes, und Gott ſei verſöhnlich aus menſchli¬ cher Großmuth, ſo müſſe man aus Liebe die Welt nicht untergehen laſſen und allen verzeihen, wozu der Spruch auf dem Wappen auffordere. — Und ſie thue es ihrem Laroſche zu Lieb daß ſie ohne Bitterkeit es ertrage. Die Bäume ſeien dies Jahr abgehauen, ſie ſelber werde gewiß, ſie nur kurze Zeit noch vermiſſen, und wolle durch den Verdruß den ſie dabei beweiſe, keine ſpätere Reue veranlaſſen, denn ſie wolle daß alle Menſchen glücklich ſeien und am meiſten die Ihrigen, für die ſie ſo viele Opfer ſchon gebracht. — Vom Gro߬ vater erzählte ſie mir noch, das ganze Land habe ihm Unterſtützung angeboten, und er habe auf einem großen
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an, wie hoch eine Beleidigung aufgenommen werde;
man ſolle keine ſtärkere Schuld dadurch auf andre wäl¬
zen, Verzeihung ſei Aufheben der Schuld, und Gott ſei
verſöhnlich durch menſchliche Großmuth. — Der Gro߬
vater habe geſagt: was dir geſchieht das rechne für gar
nichts! keine Rüge gilt etwas ſie ſei denn zum Beſten
deſſen den man ſtraft, ſonſt iſt jede Strafe unnütze Rache,
nur um den elenden Sünder noch elender zu machen,
und nützloſe Rache ſei eine viel ärgere Sünde am Ver¬
brecher, der dem Menſchen heiliger ſein müſſe inſofern
er ſo gut ſeiner Gnade anheim gegeben ſei wie der
Gnade Gottes, und Gott ſei verſöhnlich aus menſchli¬
cher Großmuth, ſo müſſe man aus Liebe die Welt
nicht untergehen laſſen und allen verzeihen, wozu der
Spruch auf dem Wappen auffordere. — Und ſie thue
es ihrem Laroſche zu Lieb daß ſie ohne Bitterkeit
es ertrage. Die Bäume ſeien dies Jahr abgehauen,
ſie ſelber werde gewiß, ſie nur kurze Zeit noch vermiſſen,
und wolle durch den Verdruß den ſie dabei beweiſe,
keine ſpätere Reue veranlaſſen, denn ſie wolle daß alle
Menſchen glücklich ſeien und am meiſten die Ihrigen,
für die ſie ſo viele Opfer ſchon gebracht. — Vom Gro߬
vater erzählte ſie mir noch, das ganze Land habe ihm
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Arnim, Bettina von: Die Günderode. Bd. 2. Grünberg u. a., 1840, S. 52. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnimb_guenderode02_1840/66>, abgerufen am 27.11.2024.
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