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Arnold, Gottfried: Erklärung/ Vom gemeinen Secten-wesen/ Kirchen- und Abendmahl-gehen. Leipzig, 1700.

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seine verborgene und friedsame sicher wohnen lassen müssen-
Es bezeugen ohne deme die geschichte aller/ so wol Heidnischer
als Päbstischer verfolgungen/ daß durch die versuchte däm-
pfung der Göttlichen wercke und zeugnisse/ und durch den wie-
derstand die gemüther immer dürstiger und befestigter und die
sache selbst weiter bekandt und ausgebreitet/ auch so fort gar
allgemein worden. Dahingegen die Obern durch eine väter-
liche gelindigkeit und indulgentz bey gewissens-sachen in ihrem
eigenem gewissen ruhig und freudig/ von ihren unterthanen de-
sto redlicherer liebe und treue versichert/ und insgemein wahrer
friede und Gottesdienst bey behalten werden können/ wie die er-
fahrung lehret.

18. Wenn auch gleich das gegentheil/ aus denen exem-
peln solcher möchte besorget werden wollen/ welche zwar an-
fangs stille und unschädlich gewesen/ bald aber bey erlangter
macht und menge sich meister gemacht. So möchte eben die-
ses ja freylich von allen grossen partheyen aus den historien
wahr seyn/ und nicht nur von kleinern secten/ als Mennisten/
Socinianern etc. Alleine eben dieses ist der unterscheid der secti-
rer/ von wahren unpartheyischen verborgenen und stillen im
lande.

19. Denn jene/ weil sie einmal von liebe zu sich selbst/ und
ihren eigenen inventionen/ satzungen und eingebildeten erbau-
ungen eingenommen sind/ können nicht anders/ als auff alle er-
sinnliche weise ihre (nach ihrer meinung allein seligmachende)
lehre mit list oder gewalt fortpflantzen/ und ausbreiten. Die-
se aber/ als unpartheyische bleiben allerdings unter äusserlicher
gemeinschafft einer grössern parthey/ halten dabey mit Petro
alle Gottfürchtende und gerechte aus allem volck vor GOtt an-
genehm und selig/ und werden dahero/ wollen und können auch
(vermöge des wahren sinnes C Hristi und seiner Apostel) nim-
mermehr eigenen anhang/ secten und hauffen/ formen oder

wei-
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ſeine verborgene und friedſame ſicher wohnen laſſen muͤſſen-
Es bezeugen ohne deme die geſchichte aller/ ſo wol Heidniſcher
als Paͤbſtiſcher verfolgungen/ daß durch die verſuchte daͤm-
pfung der Goͤttlichen wercke und zeugniſſe/ und durch den wie-
derſtand die gemuͤther immer duͤrſtiger und befeſtigter und die
ſache ſelbſt weiter bekandt und ausgebreitet/ auch ſo fort gar
allgemein worden. Dahingegen die Obern durch eine vaͤter-
liche gelindigkeit und indulgentz bey gewiſſens-ſachen in ihrem
eigenem gewiſſen ruhig und freudig/ von ihren unterthanen de-
ſto redlichereꝛ liebe und treue verſichert/ und insgemein wahrer
friede und Gottesdienſt bey behalten werden koͤnnen/ wie die er-
fahrung lehret.

18. Wenn auch gleich das gegentheil/ aus denen exem-
peln ſolcher moͤchte beſorget werden wollen/ welche zwar an-
fangs ſtille und unſchaͤdlich geweſen/ bald aber bey erlangter
macht und menge ſich meiſter gemacht. So moͤchte eben die-
ſes ja freylich von allen groſſen partheyen aus den hiſtorien
wahr ſeyn/ und nicht nur von kleinern ſecten/ als Menniſten/
Socinianern ꝛc. Alleine eben dieſes iſt der unterſcheid der ſecti-
rer/ von wahren unpartheyiſchen verborgenen und ſtillen im
lande.

19. Denn jene/ weil ſie einmal von liebe zu ſich ſelbſt/ und
ihren eigenen inventionen/ ſatzungen und eingebildeten erbau-
ungen eingenommen ſind/ koͤnnen nicht anders/ als auff alle er-
ſinnliche weiſe ihre (nach ihrer meinung allein ſeligmachende)
lehre mit liſt oder gewalt fortpflantzen/ und ausbreiten. Die-
ſe aber/ als unpartheyiſche bleiben allerdings unter aͤuſſerlicher
gemeinſchafft einer groͤſſern parthey/ halten dabey mit Petro
alle Gottfuͤrchtende und gerechte aus allem volck vor GOtt an-
genehm und ſelig/ und werden dahero/ wollen und koͤnnen auch
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[13/0014] ſeine verborgene und friedſame ſicher wohnen laſſen muͤſſen- Es bezeugen ohne deme die geſchichte aller/ ſo wol Heidniſcher als Paͤbſtiſcher verfolgungen/ daß durch die verſuchte daͤm- pfung der Goͤttlichen wercke und zeugniſſe/ und durch den wie- derſtand die gemuͤther immer duͤrſtiger und befeſtigter und die ſache ſelbſt weiter bekandt und ausgebreitet/ auch ſo fort gar allgemein worden. Dahingegen die Obern durch eine vaͤter- liche gelindigkeit und indulgentz bey gewiſſens-ſachen in ihrem eigenem gewiſſen ruhig und freudig/ von ihren unterthanen de- ſto redlichereꝛ liebe und treue verſichert/ und insgemein wahrer friede und Gottesdienſt bey behalten werden koͤnnen/ wie die er- fahrung lehret. 18. Wenn auch gleich das gegentheil/ aus denen exem- peln ſolcher moͤchte beſorget werden wollen/ welche zwar an- fangs ſtille und unſchaͤdlich geweſen/ bald aber bey erlangter macht und menge ſich meiſter gemacht. So moͤchte eben die- ſes ja freylich von allen groſſen partheyen aus den hiſtorien wahr ſeyn/ und nicht nur von kleinern ſecten/ als Menniſten/ Socinianern ꝛc. Alleine eben dieſes iſt der unterſcheid der ſecti- rer/ von wahren unpartheyiſchen verborgenen und ſtillen im lande. 19. Denn jene/ weil ſie einmal von liebe zu ſich ſelbſt/ und ihren eigenen inventionen/ ſatzungen und eingebildeten erbau- ungen eingenommen ſind/ koͤnnen nicht anders/ als auff alle er- ſinnliche weiſe ihre (nach ihrer meinung allein ſeligmachende) lehre mit liſt oder gewalt fortpflantzen/ und ausbreiten. Die- ſe aber/ als unpartheyiſche bleiben allerdings unter aͤuſſerlicher gemeinſchafft einer groͤſſern parthey/ halten dabey mit Petro alle Gottfuͤrchtende und gerechte aus allem volck vor GOtt an- genehm und ſelig/ und werden dahero/ wollen und koͤnnen auch (vermoͤge des wahren ſinnes C Hriſti und ſeiner Apoſtel) nim- mermehr eigenen anhang/ ſecten und hauffen/ formen oder wei- B 3

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Erklärung/ Vom gemeinen Secten-wesen/ Kirchen- und Abendmahl-gehen. Leipzig, 1700, S. 13. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_cyprian_1700/14>, abgerufen am 28.03.2024.