Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Arnold, Gottfried: Erklärung/ Vom gemeinen Secten-wesen/ Kirchen- und Abendmahl-gehen. Leipzig, 1700.

Bild:
<< vorherige Seite

die aller-Christlichsten gemüther/ die schon lange im Christenthum und
vieler erfahrung gestanden/ dennoch nach langer zeit in der prüfungs-stun-
de wol gar mit dem Atheismo und GOtteslästerung wider ihren willen
sind angefochten worden/ wie solt es denn nicht geschehen/ daß über dem
Sacrament/ welches die äussere vernunfft noch weniger fassen kan/ der-
gleichen Anfechtung entstehe. So nun der treue und weise seelen-hirte
CHristus es auch so machen wolte/ wie unerfahrne und übelgesinnete
seelen-hirten zu thun pflegen/ so müsten die armen schafe bald verzagen:
Aber Gott lob! daß die seinen nicht einen solchen Hohenpriester an ihm ha-
ben/ der nicht könte mitleiden haben mit ihrer schwachheit/ sondern der selbst
versuchet ist allenthalben/ gleich wie/ sie doch ohne sünde/ und daher mitlei-
den haben kan über die da unwissend sind/ und irren/ nach dem er auch selbst
mit schwachheit ist umgeben gewesen/ Hebr. IV. 15. V. 2. Es schreibet S.
Paulus Rom. XIV.
22. 23. daß es eine verdammliche/ und aus dem un-
glauben gehende sünde sey/ wenn man nur gemeine speise mit zweiffel und
anstoß des gewissens esse: Und man will fromme Christen nöthigen/ daß
sie das Sacrament mit anstoß und zweiffel des gewissens und also im un-
glauben gebrauchen sollen: Welches ja recht unver antwortlich ist. Da-
her schreibet Lutherus bey gelegenheit dieser jetzt angeführten worte Pauli
Tom. 3. Jenens. Germ. f.
68. Jst jemand schwach und zweiffelt am"
Sacrament/ der lasse ihm rathen/ und BLEJBEDJE-"
WEJL
ohne Sacrament/ lasse die damit umgehen/ die sicher"
sind im gewissen. Du bist nicht verdammt/ ob on ohne das Sa-"
crament bleibest.
Und Tom. 2. Jenens. Germ. fol. 101. fac. a. schrei-
bet er: Jst jemand so schwach auff dieser seiten/ daß er lieber das"
gantze Sacrament entbehren will/ denn nur in einer gestalt neh"
men/ den dulte man auch/ und lasseihn seines gewissens leben."
Und
Tom. 1. Jenens. Germ. fol. 521. Dubist nicht verdammt/ ob du"
ohne das Sacrament bleibest/ wenn du dich sonst im glauben/"
Gotteswort/ und liebe übest.
Und Tom. I. Altenb. von der beichte
fol. 792. Essollen alle Sacramenta FREY SEYN jederman/"
wer nichtget aufft will seyn/ der laß anstehen/ wer nicht will das"
Sacrament empfangen hat sein wol macht; Also wer nicht"
beichten will/ hat sein auch macht für GOtt.
Item: Jn der Kir-
chen-Postill in explicatione der Epistelam 4. Advent lehret er gar/ daß
ein Christ/ den man mit gesetz und geboten unter dem vorwand
des schuldigen gehorsams der kirchen zum Sacrament und an-
dern dingenzwingen will/ eben um solches geboths willen/ gleich

das
H 3

die aller-Chriſtlichſten gemuͤther/ die ſchon lange im Chriſtenthum und
vieler erfahrung geſtanden/ dennoch nach langer zeit in der pruͤfungs-ſtun-
de wol gar mit dem Atheiſmo und GOtteslaͤſterung wider ihren willen
ſind angefochten worden/ wie ſolt es denn nicht geſchehen/ daß uͤber dem
Sacrament/ welches die aͤuſſere vernunfft noch weniger faſſen kan/ der-
gleichen Anfechtung entſtehe. So nun der treue und weiſe ſeelen-hirte
CHriſtus es auch ſo machen wolte/ wie unerfahrne und uͤbelgeſinnete
ſeelen-hirten zu thun pflegen/ ſo muͤſten die armen ſchafe bald verzagen:
Aber Gott lob! daß die ſeinen nicht einen ſolchen Hohenprieſter an ihm ha-
ben/ der nicht koͤnte mitleiden haben mit ihrer ſchwachheit/ ſondern der ſelbſt
verſuchet iſt allenthalben/ gleich wie/ ſie doch ohne ſuͤnde/ und daher mitlei-
den haben kan uͤber die da unwiſſend ſind/ und irren/ nach dem er auch ſelbſt
mit ſchwachheit iſt umgeben geweſen/ Hebr. IV. 15. V. 2. Es ſchreibet S.
Paulus Rom. XIV.
22. 23. daß es eine verdammliche/ und aus dem un-
glauben gehende ſuͤnde ſey/ wenn man nur gemeine ſpeiſe mit zweiffel und
anſtoß des gewiſſens eſſe: Und man will fromme Chriſten noͤthigen/ daß
ſie das Sacrament mit anſtoß und zweiffel des gewiſſens und alſo im un-
glauben gebrauchen ſollen: Welches ja recht unver antwortlich iſt. Da-
her ſchreibet Lutherus bey gelegenheit dieſer jetzt angefuͤhrten worte Pauli
Tom. 3. Jenenſ. Germ. f.
68. Jſt jemand ſchwach und zweiffelt am„
Sacrament/ der laſſe ihm rathen/ und BLEJBEDJE-„
WEJL
ohne Sacrament/ laſſe die damit umgehen/ die ſicher„
ſind im gewiſſen. Du biſt nicht verdammt/ ob on ohne das Sa-„
crament bleibeſt.
Und Tom. 2. Jenenſ. Germ. fol. 101. fac. a. ſchrei-
bet er: Jſt jemand ſo ſchwach auff dieſer ſeiten/ daß er lieber das„
gantze Sacrament entbehren will/ denn nur in einer geſtalt neh„
men/ den dulte man auch/ und laſſeihn ſeines gewiſſens leben.„
Und
Tom. 1. Jenenſ. Germ. fol. 521. Dubiſt nicht verdammt/ ob du„
ohne das Sacrament bleibeſt/ wenn du dich ſonſt im glauben/„
Gotteswort/ und liebe uͤbeſt.
Und Tom. I. Altenb. von der beichte
fol. 792. Esſollen alle Sacramenta FREY SEYN jederman/„
wer nichtget aufft will ſeyn/ der laß anſtehen/ wer nicht will das„
Sacrament empfangen hat ſein wol macht; Alſo wer nicht„
beichten will/ hat ſein auch macht fuͤr GOtt.
Item: Jn der Kir-
chen-Poſtill in explicatione der Epiſtelam 4. Advent lehret er gar/ daß
ein Chriſt/ den man mit geſetz und geboten unter dem vorwand
des ſchuldigen gehorſams der kirchen zum Sacrament und an-
dern dingenzwingen will/ eben um ſolches geboths willen/ gleich

das
H 3
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0062" n="61"/>
die aller-Chri&#x017F;tlich&#x017F;ten gemu&#x0364;ther/ die &#x017F;chon lange im Chri&#x017F;tenthum und<lb/>
vieler erfahrung ge&#x017F;tanden/ dennoch nach langer zeit in der pru&#x0364;fungs-&#x017F;tun-<lb/>
de wol gar mit dem <hi rendition="#aq">Athei&#x017F;mo</hi> und GOttesla&#x0364;&#x017F;terung wider ihren willen<lb/>
&#x017F;ind angefochten worden/ wie &#x017F;olt es denn nicht ge&#x017F;chehen/ daß u&#x0364;ber dem<lb/>
Sacrament/ welches die a&#x0364;u&#x017F;&#x017F;ere vernunfft noch weniger fa&#x017F;&#x017F;en kan/ der-<lb/>
gleichen Anfechtung ent&#x017F;tehe. So nun der treue und wei&#x017F;e &#x017F;eelen-hirte<lb/>
CHri&#x017F;tus es auch &#x017F;o machen wolte/ wie unerfahrne und u&#x0364;belge&#x017F;innete<lb/>
&#x017F;eelen-hirten zu thun pflegen/ &#x017F;o mu&#x0364;&#x017F;ten die armen &#x017F;chafe bald verzagen:<lb/>
Aber Gott lob! daß die &#x017F;einen nicht einen &#x017F;olchen Hohenprie&#x017F;ter an ihm ha-<lb/>
ben/ der nicht ko&#x0364;nte mitleiden haben mit ihrer &#x017F;chwachheit/ &#x017F;ondern der &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
ver&#x017F;uchet i&#x017F;t allenthalben/ gleich wie/ &#x017F;ie doch ohne &#x017F;u&#x0364;nde/ und daher mitlei-<lb/>
den haben kan u&#x0364;ber die da unwi&#x017F;&#x017F;end &#x017F;ind/ und irren/ nach dem er auch &#x017F;elb&#x017F;t<lb/>
mit &#x017F;chwachheit i&#x017F;t umgeben gewe&#x017F;en/ <hi rendition="#aq">Hebr. IV. 15. V.</hi> 2. Es &#x017F;chreibet <hi rendition="#aq">S.<lb/>
Paulus Rom. XIV.</hi> 22. 23. daß es eine verdammliche/ und aus dem un-<lb/>
glauben gehende &#x017F;u&#x0364;nde &#x017F;ey/ wenn man nur gemeine &#x017F;pei&#x017F;e mit zweiffel und<lb/>
an&#x017F;toß des gewi&#x017F;&#x017F;ens e&#x017F;&#x017F;e: Und man will fromme Chri&#x017F;ten no&#x0364;thigen/ daß<lb/>
&#x017F;ie das Sacrament mit an&#x017F;toß und zweiffel des gewi&#x017F;&#x017F;ens und al&#x017F;o im un-<lb/>
glauben gebrauchen &#x017F;ollen: Welches ja recht unver antwortlich i&#x017F;t. Da-<lb/>
her &#x017F;chreibet <hi rendition="#aq">Lutherus</hi> bey gelegenheit die&#x017F;er jetzt angefu&#x0364;hrten worte <hi rendition="#aq">Pauli<lb/>
Tom. 3. Jenen&#x017F;. Germ. f.</hi> 68. <hi rendition="#fr">J&#x017F;t jemand &#x017F;chwach und zweiffelt am&#x201E;<lb/>
Sacrament/ der la&#x017F;&#x017F;e ihm rathen/ und <hi rendition="#g">BLEJBEDJE-&#x201E;<lb/>
WEJL</hi> ohne Sacrament/ la&#x017F;&#x017F;e die damit umgehen/ die &#x017F;icher&#x201E;<lb/>
&#x017F;ind im gewi&#x017F;&#x017F;en. Du bi&#x017F;t nicht verdammt/ ob on ohne das Sa-&#x201E;<lb/>
crament bleibe&#x017F;t.</hi> Und <hi rendition="#aq">Tom. 2. Jenen&#x017F;. Germ. fol. 101. fac. a.</hi> &#x017F;chrei-<lb/>
bet er: <hi rendition="#fr">J&#x017F;t jemand &#x017F;o &#x017F;chwach auff die&#x017F;er &#x017F;eiten/ daß er lieber das&#x201E;<lb/>
gantze Sacrament entbehren will/ denn nur in einer ge&#x017F;talt neh&#x201E;<lb/>
men/ den dulte man auch/ und la&#x017F;&#x017F;eihn &#x017F;eines gewi&#x017F;&#x017F;ens leben.&#x201E;<lb/>
Und</hi> <hi rendition="#aq">Tom. 1. Jenen&#x017F;. Germ. fol.</hi> 521. <hi rendition="#fr">Dubi&#x017F;t nicht verdammt/ ob du&#x201E;<lb/>
ohne das Sacrament bleibe&#x017F;t/ wenn du dich &#x017F;on&#x017F;t im glauben/&#x201E;<lb/>
Gotteswort/ und liebe u&#x0364;be&#x017F;t.</hi> Und <hi rendition="#aq">Tom. I. Altenb.</hi> von der beichte<lb/><hi rendition="#aq">fol.</hi> 792. <hi rendition="#fr">Es&#x017F;ollen alle</hi> <hi rendition="#aq">Sacramenta</hi> <hi rendition="#fr">FREY SEYN jederman/&#x201E;<lb/>
wer nichtget aufft will &#x017F;eyn/ der laß an&#x017F;tehen/ wer nicht will das&#x201E;<lb/>
Sacrament empfangen hat &#x017F;ein wol macht; Al&#x017F;o wer nicht&#x201E;<lb/>
beichten will/ hat &#x017F;ein auch macht fu&#x0364;r GOtt.</hi> <hi rendition="#aq">Item:</hi> Jn der Kir-<lb/>
chen-Po&#x017F;till <hi rendition="#aq">in explicatione</hi> der Epi&#x017F;telam 4. <hi rendition="#aq">Advent</hi> <hi rendition="#fr">lehret er gar/ daß<lb/>
ein Chri&#x017F;t/ den man mit ge&#x017F;etz und geboten unter dem vorwand<lb/>
des &#x017F;chuldigen gehor&#x017F;ams der kirchen zum Sacrament und an-<lb/>
dern dingenzwingen will/ eben um &#x017F;olches geboths willen/ gleich</hi><lb/>
<fw place="bottom" type="sig">H 3</fw><fw place="bottom" type="catch"><hi rendition="#fr">das</hi></fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[61/0062] die aller-Chriſtlichſten gemuͤther/ die ſchon lange im Chriſtenthum und vieler erfahrung geſtanden/ dennoch nach langer zeit in der pruͤfungs-ſtun- de wol gar mit dem Atheiſmo und GOtteslaͤſterung wider ihren willen ſind angefochten worden/ wie ſolt es denn nicht geſchehen/ daß uͤber dem Sacrament/ welches die aͤuſſere vernunfft noch weniger faſſen kan/ der- gleichen Anfechtung entſtehe. So nun der treue und weiſe ſeelen-hirte CHriſtus es auch ſo machen wolte/ wie unerfahrne und uͤbelgeſinnete ſeelen-hirten zu thun pflegen/ ſo muͤſten die armen ſchafe bald verzagen: Aber Gott lob! daß die ſeinen nicht einen ſolchen Hohenprieſter an ihm ha- ben/ der nicht koͤnte mitleiden haben mit ihrer ſchwachheit/ ſondern der ſelbſt verſuchet iſt allenthalben/ gleich wie/ ſie doch ohne ſuͤnde/ und daher mitlei- den haben kan uͤber die da unwiſſend ſind/ und irren/ nach dem er auch ſelbſt mit ſchwachheit iſt umgeben geweſen/ Hebr. IV. 15. V. 2. Es ſchreibet S. Paulus Rom. XIV. 22. 23. daß es eine verdammliche/ und aus dem un- glauben gehende ſuͤnde ſey/ wenn man nur gemeine ſpeiſe mit zweiffel und anſtoß des gewiſſens eſſe: Und man will fromme Chriſten noͤthigen/ daß ſie das Sacrament mit anſtoß und zweiffel des gewiſſens und alſo im un- glauben gebrauchen ſollen: Welches ja recht unver antwortlich iſt. Da- her ſchreibet Lutherus bey gelegenheit dieſer jetzt angefuͤhrten worte Pauli Tom. 3. Jenenſ. Germ. f. 68. Jſt jemand ſchwach und zweiffelt am„ Sacrament/ der laſſe ihm rathen/ und BLEJBEDJE-„ WEJL ohne Sacrament/ laſſe die damit umgehen/ die ſicher„ ſind im gewiſſen. Du biſt nicht verdammt/ ob on ohne das Sa-„ crament bleibeſt. Und Tom. 2. Jenenſ. Germ. fol. 101. fac. a. ſchrei- bet er: Jſt jemand ſo ſchwach auff dieſer ſeiten/ daß er lieber das„ gantze Sacrament entbehren will/ denn nur in einer geſtalt neh„ men/ den dulte man auch/ und laſſeihn ſeines gewiſſens leben.„ Und Tom. 1. Jenenſ. Germ. fol. 521. Dubiſt nicht verdammt/ ob du„ ohne das Sacrament bleibeſt/ wenn du dich ſonſt im glauben/„ Gotteswort/ und liebe uͤbeſt. Und Tom. I. Altenb. von der beichte fol. 792. Esſollen alle Sacramenta FREY SEYN jederman/„ wer nichtget aufft will ſeyn/ der laß anſtehen/ wer nicht will das„ Sacrament empfangen hat ſein wol macht; Alſo wer nicht„ beichten will/ hat ſein auch macht fuͤr GOtt. Item: Jn der Kir- chen-Poſtill in explicatione der Epiſtelam 4. Advent lehret er gar/ daß ein Chriſt/ den man mit geſetz und geboten unter dem vorwand des ſchuldigen gehorſams der kirchen zum Sacrament und an- dern dingenzwingen will/ eben um ſolches geboths willen/ gleich das H 3

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_cyprian_1700
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_cyprian_1700/62
Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Erklärung/ Vom gemeinen Secten-wesen/ Kirchen- und Abendmahl-gehen. Leipzig, 1700, S. 61. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_cyprian_1700/62>, abgerufen am 21.11.2024.