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Arnold, Gottfried: Erklärung/ Vom gemeinen Secten-wesen/ Kirchen- und Abendmahl-gehen. Leipzig, 1700.

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einreden alsobald ihre habende scrupel fallen lassen/ und nach der eingefühe-
ten ordnung und gewohnheit das Sacrament mit zu halten sich bequemen
oder der landes-raumung und anderer straffe gewärtig seyn sollen. Ob
nun das eine Evangelische weise sey die leute zum Sacrament zu bringen/
lasse ich alle wahre Evangelische Christen urtheilen. Es schreibet der theure
Lutherus/ daß man im predigen mit allem möglichem ernst und eiffer dahin
trachten solle/ die leute vom Sacrament und allen äusserlichen stücken
abzuwenden so lange/ biß sie sich Christen fühlen und beweisen/ den rechten
gebrauch verstehen/ und hernach von sich selbst in einer hertzlichen glaubens-
"begierde dasselbige suchen mögen/ und setzet darzu; Ach HErr GOtt/
"wenn man diese lehre wohl triebe/ da soltestu sehen/ daß wo
"jetzttausend zum Sacrament gehen/ da würden ihrer kaum
"hundert hingehen; also würden der greulichen sünden weniger/
"die der Pabst mit seinem höllischen gesetz in die welt gesch wem-
"met hat/ so kämen wir zu letzt wieder zu einer Christlichen ver-
"sammlung/ die wir jetzt fast eitel Heiden sind unter dem Christli-
"chen namen; dann könten wir von uns sondern/ die wir an ih-
"ren wercken erkenneten/ daß sie nicht glaubten noch liebeten/
"das uns jetzt noch unmöglich ist.
Wie solche worte zu befinden
Tom. 2. Jenenf. Germ. fol. 103. fac. 6. & fol. seq. und Tom. 7. Witteb.
"fol. 363. a. b.
woselbst er auch saget: Das Sacrament kan nicht
"leiden/ daß man die leute hinzu creibe und zwinge/ sondern
"sie sollen durchs Evangeliumgelehret/ von ihnen selbst aus
"hungrigem glauben darum bitten und dringen.
So unrecht es
nun ist/ die säu/ die man von dem tisch des HErrn abhalten solte/ dazu zu las-
sen/ und gar darzu anzutreiben/ so unrecht ist es auch/ wenn man from-
me Christliche hertzen/ die nicht aus böser muthwilliger verachtung/ son-
dern aus habenden schweren und wichtigen gewissens bedencken sich des
äusserlichen öffentlichen gebrauchs des Sacraments enthalten/ auff solche
Päbstische Arth und weise wieder ihr gewissen darzu nöthigen und zwingen
will/ gleich als wenn es mit solchen offt aus dem tieffsten grunde der seelen bey
tiefsinnigen ernstlichen und religieusen gemüthern entstehenden/ und weit
um sich sehenden gewissens-scrupeln/ die man nicht einmal allezeit mit
worten gegen einen andern genugsam und deutlich von sich geben kan/ so ei-
ne leichte sach wäre/ daß sich dieselbe nach eines jeden sinne flugs abwerf-
fen liessen. Es sind zu weilen dergleichen scrupel so wichtig/ daß kein
mensch capabel ist/ einer beängsteten seele dieselben zu benehmen/ biß sie
GOtt selber mit der zeit davon errettet. Ja man hat wol exempel/ daß

die

einreden alſobald ihre habende ſcrupel fallen laſſen/ und nach der eingefuͤhe-
ten ordnung und gewohnheit das Sacrament mit zu halten ſich bequemen
oder der landes-raumung und anderer ſtraffe gewaͤrtig ſeyn ſollen. Ob
nun das eine Evangeliſche weiſe ſey die leute zum Sacrament zu bringen/
laſſe ich alle wahre Evangeliſche Chriſten urtheilen. Es ſchreibet der theure
Lutherus/ daß man im predigen mit allem moͤglichem ernſt und eiffer dahin
trachten ſolle/ die leute vom Sacrament und allen aͤuſſerlichen ſtuͤcken
abzuwenden ſo lange/ biß ſie ſich Chriſten fuͤhlen und beweiſen/ den rechten
gebrauch verſtehen/ und hernach von ſich ſelbſt in einer hertzlichen glaubens-
„begierde daſſelbige ſuchen moͤgen/ und ſetzet darzu; Ach HErr GOtt/
„wenn man dieſe lehre wohl triebe/ da ſolteſtu ſehen/ daß wo
„jetzttauſend zum Sacrament gehen/ da wuͤrden ihrer kaum
„hundert hingehen; alſo wuͤrden der greulichen ſuͤnden weniger/
„die der Pabſt mit ſeinem hoͤlliſchen geſetz in die welt geſch wem-
„met hat/ ſo kaͤmen wir zu letzt wieder zu einer Chriſtlichen ver-
„ſammlung/ die wir jetzt faſt eitel Heiden ſind unter dem Chriſtli-
„chen namen; dann koͤnten wir von uns ſondern/ die wir an ih-
„ren wercken erkenneten/ daß ſie nicht glaubten noch liebeten/
„das uns jetzt noch unmoͤglich iſt.
Wie ſolche worte zu befinden
Tom. 2. Jenenf. Germ. fol. 103. fac. 6. & fol. ſeq. und Tom. 7. Witteb.
„fol. 363. a. b.
woſelbſt er auch ſaget: Das Sacrament kan nicht
„leiden/ daß man die leute hinzu creibe und zwinge/ ſondern
„ſie ſollen durchs Evangeliumgelehret/ von ihnen ſelbſt aus
„hungrigem glauben darum bitten und dringen.
So unrecht es
nun iſt/ die ſaͤu/ die man von dem tiſch des HErrn abhalten ſolte/ dazu zu laſ-
ſen/ und gar darzu anzutreiben/ ſo unrecht iſt es auch/ wenn man from-
me Chriſtliche hertzen/ die nicht aus boͤſer muthwilliger verachtung/ ſon-
dern aus habenden ſchweren und wichtigen gewiſſens bedencken ſich des
aͤuſſerlichen oͤffentlichen gebrauchs des Sacraments enthalten/ auff ſolche
Paͤbſtiſche Arth und weiſe wieder ihr gewiſſen darzu noͤthigen und zwingen
will/ gleich als weñ es mit ſolchen offt aus dem tieffſten grunde der ſeelen bey
tiefſinnigen ernſtlichen und religieuſen gemuͤthern entſtehenden/ und weit
um ſich ſehenden gewiſſens-ſcrupeln/ die man nicht einmal allezeit mit
worten gegen einen andern genugſam und deutlich von ſich geben kan/ ſo ei-
ne leichte ſach waͤre/ daß ſich dieſelbe nach eines jeden ſinne flugs abwerf-
fen lieſſen. Es ſind zu weilen dergleichen ſcrupel ſo wichtig/ daß kein
menſch capabel iſt/ einer beaͤngſteten ſeele dieſelben zu benehmen/ biß ſie
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[60/0061] einreden alſobald ihre habende ſcrupel fallen laſſen/ und nach der eingefuͤhe- ten ordnung und gewohnheit das Sacrament mit zu halten ſich bequemen oder der landes-raumung und anderer ſtraffe gewaͤrtig ſeyn ſollen. Ob nun das eine Evangeliſche weiſe ſey die leute zum Sacrament zu bringen/ laſſe ich alle wahre Evangeliſche Chriſten urtheilen. Es ſchreibet der theure Lutherus/ daß man im predigen mit allem moͤglichem ernſt und eiffer dahin trachten ſolle/ die leute vom Sacrament und allen aͤuſſerlichen ſtuͤcken abzuwenden ſo lange/ biß ſie ſich Chriſten fuͤhlen und beweiſen/ den rechten gebrauch verſtehen/ und hernach von ſich ſelbſt in einer hertzlichen glaubens- „begierde daſſelbige ſuchen moͤgen/ und ſetzet darzu; Ach HErr GOtt/ „wenn man dieſe lehre wohl triebe/ da ſolteſtu ſehen/ daß wo „jetzttauſend zum Sacrament gehen/ da wuͤrden ihrer kaum „hundert hingehen; alſo wuͤrden der greulichen ſuͤnden weniger/ „die der Pabſt mit ſeinem hoͤlliſchen geſetz in die welt geſch wem- „met hat/ ſo kaͤmen wir zu letzt wieder zu einer Chriſtlichen ver- „ſammlung/ die wir jetzt faſt eitel Heiden ſind unter dem Chriſtli- „chen namen; dann koͤnten wir von uns ſondern/ die wir an ih- „ren wercken erkenneten/ daß ſie nicht glaubten noch liebeten/ „das uns jetzt noch unmoͤglich iſt. Wie ſolche worte zu befinden Tom. 2. Jenenf. Germ. fol. 103. fac. 6. & fol. ſeq. und Tom. 7. Witteb. „fol. 363. a. b. woſelbſt er auch ſaget: Das Sacrament kan nicht „leiden/ daß man die leute hinzu creibe und zwinge/ ſondern „ſie ſollen durchs Evangeliumgelehret/ von ihnen ſelbſt aus „hungrigem glauben darum bitten und dringen. So unrecht es nun iſt/ die ſaͤu/ die man von dem tiſch des HErrn abhalten ſolte/ dazu zu laſ- ſen/ und gar darzu anzutreiben/ ſo unrecht iſt es auch/ wenn man from- me Chriſtliche hertzen/ die nicht aus boͤſer muthwilliger verachtung/ ſon- dern aus habenden ſchweren und wichtigen gewiſſens bedencken ſich des aͤuſſerlichen oͤffentlichen gebrauchs des Sacraments enthalten/ auff ſolche Paͤbſtiſche Arth und weiſe wieder ihr gewiſſen darzu noͤthigen und zwingen will/ gleich als weñ es mit ſolchen offt aus dem tieffſten grunde der ſeelen bey tiefſinnigen ernſtlichen und religieuſen gemuͤthern entſtehenden/ und weit um ſich ſehenden gewiſſens-ſcrupeln/ die man nicht einmal allezeit mit worten gegen einen andern genugſam und deutlich von ſich geben kan/ ſo ei- ne leichte ſach waͤre/ daß ſich dieſelbe nach eines jeden ſinne flugs abwerf- fen lieſſen. Es ſind zu weilen dergleichen ſcrupel ſo wichtig/ daß kein menſch capabel iſt/ einer beaͤngſteten ſeele dieſelben zu benehmen/ biß ſie GOtt ſelber mit der zeit davon errettet. Ja man hat wol exempel/ daß die

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Erklärung/ Vom gemeinen Secten-wesen/ Kirchen- und Abendmahl-gehen. Leipzig, 1700, S. 60. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_cyprian_1700/61>, abgerufen am 21.11.2024.