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Arnold, Gottfried: Erklärung/ Vom gemeinen Secten-wesen/ Kirchen- und Abendmahl-gehen. Leipzig, 1700.

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CHristi bloß aus überredung der vernunfft/ bey unfruchtbahrer beugung
und verstellung unter die weisen und gesetze des wiederchrists.
(e) Weil man auch in denen andern äussern dingen in so gewaltige
hindernüsse verwickelt stehet/ daß weder muth noch krafft und nachdruck
sich findet/ damit CHristus das reich der finsterniß in denen seelen mit
macht zerstören/ und das wahre licht scheinen lassen könte/ gestalt man
meist in fremde unapostolische händel/ auch wol der nahrung sich stecken/
und mit weltlichen sorgen/ charactern und tituln belegen ließ/ daß die Apo-
stolische reinigkeit/ einfalt und wahrheit/ noch nirgends offenbar wird/ son-
dern man allerhand unanständige/ ungöttliche personen praesentiren/ und
immer mehr verstellung/ arglistigkeit/ vernunffts-griffe/ und politische
staats-maximen lernen und practiciren muß/ welcher gifft sich denn auch
in die lehrarth mischet und alles verdrehet/ und verderbet.

17. Dahero der beruff und die praetensiones, und rechte an die noch
erleuchtete seelen durch Apostolische und mächtige beweisung des geistes
und der krafft nicht gerechtfertiget/ noch durch ausbreitung der erkäntniß
und salbung Christi versiegelt werden kan: Jndem den HErren noch lan-
ge nicht eine wahre Apostolische gemeine gesammlet worden ist.

18. Hingegen zeuget ein jeder freylich seines gleichen/ oder wol etwas
schlimmers/ in dem leider! so viel erbarmens-würdige ungestalte gebuhr-
ten und bastarte sich äussern/ welche denen Pharisäern und gesetz-lehrern
(Nomikois) oder Schrifft gelehrten gleich/ des HErren JEsuim geist ge-
fährlichste feinde sind/ wie dort jene Christi im fleisch/ und schwerer ins
himmelreich kommen/ als die/ welche von ihnen vor böse gehalten werden/
Matth. XXI. 31. Luc. VII. 30. Jndem diese sich wol endlich arm und
CHristi benöthiget erkennen mögen/ jene aber bey ihren angewohnten for-
men und auffgerichteter eigener gerechtigkeit (so sich auff lauter gesetzte
übungen/ menschen-gebothe/ und äussere wercke gründet) so reich sind/
daß sie den armen/ niedrigen und unansehnlichen JEsum in seinen glie-
dern spotten und schmähen/ dessen reich nicht mit grossem geschrey/ pomp
und apparat kommt/ Luc. 17. 20. Esai. XLII. 2.

Diese grosse noth und gefahr mag noch in manchem eine so redliche
bekantniß erwecken/ daß er nebenst allen höhen/ auch das best scheinende
zu JEsus füssen endlich niederlegen/ und als schaden verläugnen/ auch die
grosse untüchtigkeit zur Göttlichen predigt erkennen möchte.

Der II. Punct.
Von der Gemeine und ihren Gliedern.

19. Auß den vorigen sonderlich §. 5. u. f. ist klar/ daß ein jeder

Göttlicher
M
CHriſti bloß aus uͤberredung der vernunfft/ bey unfruchtbahrer beugung
und verſtellung unter die weiſen und geſetze des wiederchriſts.
(e) Weil man auch in denen andern aͤuſſern dingen in ſo gewaltige
hindernuͤſſe verwickelt ſtehet/ daß weder muth noch krafft und nachdruck
ſich findet/ damit CHriſtus das reich der finſterniß in denen ſeelen mit
macht zerſtoͤren/ und das wahre licht ſcheinen laſſen koͤnte/ geſtalt man
meiſt in fremde unapoſtoliſche haͤndel/ auch wol der nahrung ſich ſtecken/
und mit weltlichen ſorgen/ charactern und tituln belegen ließ/ daß die Apo-
ſtoliſche reinigkeit/ einfalt und wahrheit/ noch nirgends offenbar wird/ ſon-
dern man allerhand unanſtaͤndige/ ungoͤttliche perſonen præſentiren/ und
immer mehr verſtellung/ argliſtigkeit/ vernunffts-griffe/ und politiſche
ſtaats-maximen lernen und practiciren muß/ welcher gifft ſich denn auch
in die lehrarth miſchet und alles verdrehet/ und verderbet.

17. Dahero der beruff und die prætenſiones, und rechte an die noch
erleuchtete ſeelen durch Apoſtoliſche und maͤchtige beweiſung des geiſtes
und der krafft nicht gerechtfertiget/ noch durch ausbreitung der erkaͤntniß
und ſalbung Chriſti verſiegelt werden kan: Jndem den HErren noch lan-
ge nicht eine wahre Apoſtoliſche gemeine geſammlet worden iſt.

18. Hingegen zeuget ein jeder freylich ſeines gleichen/ oder wol etwas
ſchlimmers/ in dem leider! ſo viel erbarmens-wuͤrdige ungeſtalte gebuhr-
ten und baſtarte ſich aͤuſſern/ welche denen Phariſaͤern und geſetz-lehrern
(Νομικοῖς) oder Schrifft gelehrten gleich/ des HErren JEſuim geiſt ge-
faͤhrlichſte feinde ſind/ wie dort jene Chriſti im fleiſch/ und ſchwerer ins
himmelreich kommen/ als die/ welche von ihnen vor boͤſe gehalten werden/
Matth. XXI. 31. Luc. VII. 30. Jndem dieſe ſich wol endlich arm und
CHriſti benoͤthiget erkennen moͤgen/ jene aber bey ihren angewohnten for-
men und auffgerichteter eigener gerechtigkeit (ſo ſich auff lauter geſetzte
uͤbungen/ menſchen-gebothe/ und aͤuſſere wercke gruͤndet) ſo reich ſind/
daß ſie den armen/ niedrigen und unanſehnlichen JEſum in ſeinen glie-
dern ſpotten und ſchmaͤhen/ deſſen reich nicht mit groſſem geſchrey/ pomp
und apparat kommt/ Luc. 17. 20. Eſai. XLII. 2.

Dieſe groſſe noth und gefahr mag noch in manchem eine ſo redliche
bekantniß erwecken/ daß er nebenſt allen hoͤhen/ auch das beſt ſcheinende
zu JEſus fuͤſſen endlich niederlegen/ und als ſchaden verlaͤugnen/ auch die
groſſe untuͤchtigkeit zur Goͤttlichen predigt erkennen moͤchte.

Der II. Punct.
Von der Gemeine und ihren Gliedern.

19. Auß den vorigen ſonderlich §. 5. u. f. iſt klar/ daß ein jeder

Goͤttlicher
M
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[89/0090] CHriſti bloß aus uͤberredung der vernunfft/ bey unfruchtbahrer beugung und verſtellung unter die weiſen und geſetze des wiederchriſts. (e) Weil man auch in denen andern aͤuſſern dingen in ſo gewaltige hindernuͤſſe verwickelt ſtehet/ daß weder muth noch krafft und nachdruck ſich findet/ damit CHriſtus das reich der finſterniß in denen ſeelen mit macht zerſtoͤren/ und das wahre licht ſcheinen laſſen koͤnte/ geſtalt man meiſt in fremde unapoſtoliſche haͤndel/ auch wol der nahrung ſich ſtecken/ und mit weltlichen ſorgen/ charactern und tituln belegen ließ/ daß die Apo- ſtoliſche reinigkeit/ einfalt und wahrheit/ noch nirgends offenbar wird/ ſon- dern man allerhand unanſtaͤndige/ ungoͤttliche perſonen præſentiren/ und immer mehr verſtellung/ argliſtigkeit/ vernunffts-griffe/ und politiſche ſtaats-maximen lernen und practiciren muß/ welcher gifft ſich denn auch in die lehrarth miſchet und alles verdrehet/ und verderbet. 17. Dahero der beruff und die prætenſiones, und rechte an die noch erleuchtete ſeelen durch Apoſtoliſche und maͤchtige beweiſung des geiſtes und der krafft nicht gerechtfertiget/ noch durch ausbreitung der erkaͤntniß und ſalbung Chriſti verſiegelt werden kan: Jndem den HErren noch lan- ge nicht eine wahre Apoſtoliſche gemeine geſammlet worden iſt. 18. Hingegen zeuget ein jeder freylich ſeines gleichen/ oder wol etwas ſchlimmers/ in dem leider! ſo viel erbarmens-wuͤrdige ungeſtalte gebuhr- ten und baſtarte ſich aͤuſſern/ welche denen Phariſaͤern und geſetz-lehrern (Νομικοῖς) oder Schrifft gelehrten gleich/ des HErren JEſuim geiſt ge- faͤhrlichſte feinde ſind/ wie dort jene Chriſti im fleiſch/ und ſchwerer ins himmelreich kommen/ als die/ welche von ihnen vor boͤſe gehalten werden/ Matth. XXI. 31. Luc. VII. 30. Jndem dieſe ſich wol endlich arm und CHriſti benoͤthiget erkennen moͤgen/ jene aber bey ihren angewohnten for- men und auffgerichteter eigener gerechtigkeit (ſo ſich auff lauter geſetzte uͤbungen/ menſchen-gebothe/ und aͤuſſere wercke gruͤndet) ſo reich ſind/ daß ſie den armen/ niedrigen und unanſehnlichen JEſum in ſeinen glie- dern ſpotten und ſchmaͤhen/ deſſen reich nicht mit groſſem geſchrey/ pomp und apparat kommt/ Luc. 17. 20. Eſai. XLII. 2. Dieſe groſſe noth und gefahr mag noch in manchem eine ſo redliche bekantniß erwecken/ daß er nebenſt allen hoͤhen/ auch das beſt ſcheinende zu JEſus fuͤſſen endlich niederlegen/ und als ſchaden verlaͤugnen/ auch die groſſe untuͤchtigkeit zur Goͤttlichen predigt erkennen moͤchte. Der II. Punct. Von der Gemeine und ihren Gliedern. 19. Auß den vorigen ſonderlich §. 5. u. f. iſt klar/ daß ein jeder Goͤttlicher M

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Erklärung/ Vom gemeinen Secten-wesen/ Kirchen- und Abendmahl-gehen. Leipzig, 1700, S. 89. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_cyprian_1700/90>, abgerufen am 21.11.2024.