Arnold, Gottfried: Erklärung/ Vom gemeinen Secten-wesen/ Kirchen- und Abendmahl-gehen. Leipzig, 1700.hauß (sich selbst und die seinen) Göttlich zu regiren wisse/ 1. Tim. III. 16. Nun wolle der H. Geist/ selbst in einem jeden die Application (a) Weil man selbst in denen inwendigen wegen des geistes unerfah- ren/ und am inneren Reich GOttes entweder blind/ oder kaum ein wenig nach dem buchstäblichen wissen oder hören sagen sehend ist. (b) Weil/ da man kaum die ersten bewegungen der busse empfun- den/ oder ausgehalten/ man alsobald sich unterfangen Lehrer zu seyn/ und bey denen äussern sorgen und zerstreuungen derer ämter immer auff den ersten bußübungen stehen blieben/ sich dabey vor neugebohren angesehen/ und die erfolgten vermehrungen des wissens bey einiger selbst-erwehlter frömmigkeit und gesetzlichen guten wercke/ vor den wahren wesentlichen wachsthum in CHristo gehalten. (c) Weil man folglich nicht selbst die wesentliche wahrheit oder das erste paradiesische Göttliche leben und wesen in CHristo (Eph. IV 20. 21.) erfahren noch zur neuen geburt in GOtt durch alle nöthige kämpffe ernst- lich durchgebrochen/ am gantzen alten menschen gekreutziget und ertödtet/ auch mit JEsu auffer standen und ins himmlische wesen versetzet ist. Son- dern wol die züchtigungen und plagen der Göttlichen gerechtigkeit/ wo- durch sie in die enge und zur umkehrung des gantzen menschen treiben wol- len/ alleine vor das wahre inwendige creutz/ und eine selbst gemachte fleischliche freyheit vor das leben des glaubens angenommen. (d) Weil/ wenns mit einem Lehrer hochkommt/ man gemeiniglich nicht den gantzen CHristum/ sondern nur stückwerck und gesetzliche fröm- migkeit prediget/ und zwar nicht in der Apostolischen einfalt/ brünstigkeit und freyheit des geistes/ sondern meist nach menschlicher väterlicher weise/ unter dem joch und schrancken derer satzungen und ceremonien/ ohne durch- bruch in die erste lautere freyheit/ mit auffnehmung der schmach und leiden CHristi
hauß (ſich ſelbſt und die ſeinen) Goͤttlich zu regiren wiſſe/ 1. Tim. III. 16. Nun wolle der H. Geiſt/ ſelbſt in einem jeden die Application (a) Weil man ſelbſt in denen inwendigen wegen des geiſtes unerfah- ren/ und am inneren Reich GOttes entweder blind/ oder kaum ein wenig nach dem buchſtaͤblichen wiſſen oder hoͤren ſagen ſehend iſt. (b) Weil/ da man kaum die erſten bewegungen der buſſe empfun- den/ oder ausgehalten/ man alſobald ſich unterfangen Lehrer zu ſeyn/ und bey denen aͤuſſern ſorgen und zerſtreuungen derer aͤmter immer auff den erſten bußuͤbungen ſtehen blieben/ ſich dabey vor neugebohren angeſehen/ und die erfolgten vermehrungen des wiſſens bey einiger ſelbſt-erwehlter froͤmmigkeit und geſetzlichen guten wercke/ vor den wahren weſentlichen wachsthum in CHriſto gehalten. (c) Weil man folglich nicht ſelbſt die weſentliche wahrheit oder das erſte paradieſiſche Goͤttliche leben und weſen in CHriſto (Eph. IV 20. 21.) erfahren noch zur neuen geburt in GOtt durch alle noͤthige kaͤmpffe ernſt- lich durchgebrochen/ am gantzen alten menſchen gekreutziget und ertoͤdtet/ auch mit JEſu auffer ſtanden und ins himmliſche weſen verſetzet iſt. Son- dern wol die zuͤchtigungen und plagen der Goͤttlichen gerechtigkeit/ wo- durch ſie in die enge und zur umkehrung des gantzen menſchen treiben wol- len/ alleine vor das wahre inwendige creutz/ und eine ſelbſt gemachte fleiſchliche freyheit vor das leben des glaubens angenommen. (d) Weil/ wenns mit einem Lehrer hochkommt/ man gemeiniglich nicht den gantzen CHriſtum/ ſondern nur ſtuͤckwerck und geſetzliche froͤm- migkeit prediget/ und zwar nicht in der Apoſtoliſchen einfalt/ bruͤnſtigkeit und freyheit des geiſtes/ ſondern meiſt nach menſchlicher vaͤterlicher weiſe/ unter dem joch und ſchrancken derer ſatzungen und ceremonien/ ohne durch- bruch in die erſte lautere freyheit/ mit auffnehmung der ſchmach und leiden CHriſti
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hauß (ſich ſelbſt und die ſeinen) Goͤttlich zu regiren wiſſe/ 1. Tim. III.
4. 5. 12. und zuvor ſelbſt lerne/ ehe er andere zu fuͤhren ſuche/ Sir. XIIX.
20. weil er gewiß ein groͤſſeres urtheil empfangen wird. Jac. III. 1.
16. Nun wolle der H. Geiſt/ ſelbſt in einem jeden die Application
und den ſchluß machen/ ſo/ wie er ohne anſehen der perſon die menſchen
zu richten pfleget: So wird man erkennen/ ob und welche der gleichen hir-
ten nach GOttes eignem hertzen/ und alſo zur regierung tuͤchtig/ und von
ihm ſelbſt gelehret ſeyn. Jndeſſen waͤre wol ernſtlich zu erwegen/ ob und
warum doch die theure und klare verheiſſung GOttes/ von unfehlbahrer
frucht des wortes nach dem fuͤrbild der Apoſtel biß dato ſo gar wenig oder
nicht erfuͤllet werde? Und ob es nicht unter andern an folgenden urſachen
meiſt oder durchgehends liege.
(a) Weil man ſelbſt in denen inwendigen wegen des geiſtes unerfah-
ren/ und am inneren Reich GOttes entweder blind/ oder kaum ein wenig
nach dem buchſtaͤblichen wiſſen oder hoͤren ſagen ſehend iſt.
(b) Weil/ da man kaum die erſten bewegungen der buſſe empfun-
den/ oder ausgehalten/ man alſobald ſich unterfangen Lehrer zu ſeyn/ und
bey denen aͤuſſern ſorgen und zerſtreuungen derer aͤmter immer auff den
erſten bußuͤbungen ſtehen blieben/ ſich dabey vor neugebohren angeſehen/
und die erfolgten vermehrungen des wiſſens bey einiger ſelbſt-erwehlter
froͤmmigkeit und geſetzlichen guten wercke/ vor den wahren weſentlichen
wachsthum in CHriſto gehalten.
(c) Weil man folglich nicht ſelbſt die weſentliche wahrheit oder das
erſte paradieſiſche Goͤttliche leben und weſen in CHriſto (Eph. IV 20. 21.)
erfahren noch zur neuen geburt in GOtt durch alle noͤthige kaͤmpffe ernſt-
lich durchgebrochen/ am gantzen alten menſchen gekreutziget und ertoͤdtet/
auch mit JEſu auffer ſtanden und ins himmliſche weſen verſetzet iſt. Son-
dern wol die zuͤchtigungen und plagen der Goͤttlichen gerechtigkeit/ wo-
durch ſie in die enge und zur umkehrung des gantzen menſchen treiben wol-
len/ alleine vor das wahre inwendige creutz/ und eine ſelbſt gemachte
fleiſchliche freyheit vor das leben des glaubens angenommen.
(d) Weil/ wenns mit einem Lehrer hochkommt/ man gemeiniglich
nicht den gantzen CHriſtum/ ſondern nur ſtuͤckwerck und geſetzliche froͤm-
migkeit prediget/ und zwar nicht in der Apoſtoliſchen einfalt/ bruͤnſtigkeit
und freyheit des geiſtes/ ſondern meiſt nach menſchlicher vaͤterlicher weiſe/
unter dem joch und ſchrancken derer ſatzungen und ceremonien/ ohne durch-
bruch in die erſte lautere freyheit/ mit auffnehmung der ſchmach und leiden
CHriſti
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