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Arnold, Gottfried: Erklärung/ Vom gemeinen Secten-wesen/ Kirchen- und Abendmahl-gehen. Leipzig, 1700.

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dem genauen sinn des Heil. Geistes eine wahre gemeine JEsu CHristi
sey? Zumalen wenn aus begierde mehrere zu gewinnen/ jederman ohne
unterscheid dazu gelassen/ und also so viel in gebrochene unreine geister
untermenget werden/ mit welchen man wederim gebeth noch sonsten eins
werden mag noch darff.

24. Da demnach die frage übrig bleibet/ ob sich andere Christen von
dergleichen gemeinschafft enthalten sollen: So hebt folgender unterscheid
wol allen zweiffel auff. Geubte und erfahrne Christen entziehen sich we-
der einigem menschen/ noch vielweniger einer gemeine mit ihrer vorbitte
und mittheilung der geistlichen oder leiblichen gaben/ vermöge des höch-
sten geboths von der liebe: Weil aber dieses alles auch wol und viel kräffti-
ger offt in abwesenheit des leibes geschehen kan: So wird niemand diese
von ihnen so strenge und absolute fodern/ oder die äussere entfernung vor
eineinwendige entziehung ansehen. Angesehen ja ein jedes gliedmaß des
leibes JEsu mit allen andern in der gantzen welt verbunden bleibt und ihre
gemeinschafft geneust/ ob es schon nicht alle von angesicht kennet geschwei-
ge mit ihnen versammlet wird.

25. Denckt man aber/ es solte doch niemand von solcher äussern ge-
meinschafft derer sich enthalten/ welche an einem ort zusammen wohnen:
So wäre wiederum zu erwegen/ ob nicht diese forderung daher rühre/ weil
man noch nicht gründlich auff das inwendige Reich Gottes; (Luc. I.
7.) und dessen unsichtbahre rechte/ kräffte/ Communicationes, und herr-
lichkeiten durch den Heil. Geist gewiesen sey oder andere weise/ an welchen
ein wahrer Reichs-genosse ihm gerne genügen lässet. Jmgleichen/ ob
nicht ein zartes jetztgebohrnes kind eine so genaue empfindung von gegen-
wärtigen noch ungezogenen falschen heuchlerischen geistern habe/ daß ihm
bißweilen die gröste pein sey/ unter einen so vermischten hauffen zu kommen.
Absonderlich zu solcher zeit/ da es etwa ohne dem in inwendigen seltsamen
prüfungen und übungen stehet/ und also zu äussern formen und satzungen
untüchtig ist. Daß ich nicht gedencke/ was vor ungöttliche bloß menschli-
che affectirte und unreine dinge bey manchen versammlungen einem hellen
auge vorkommen dürfften.

26. Jn der ersten kirche haben erfahrne und geübte Lehrer eben
dahero die anfangenden lehrlinge und catechumenos (dergleichen wol
die meisten anjetzo auch lehrer selbst seyn möchten) zur gemeinschafft des
brüderlichen gebeths und der geheimnüsse noch nicht zugelassen/ biß sie da-
zu nach geraumer zeit erst tüchtig erkandt wurden. Denn da zuvor in den
er sten tagen nach CHrist auffahrt durch des H. Geistes außgiessung bald

die
M 2

dem genauen ſinn des Heil. Geiſtes eine wahre gemeine JEſu CHriſti
ſey? Zumalen wenn aus begierde mehrere zu gewinnen/ jederman ohne
unterſcheid dazu gelaſſen/ und alſo ſo viel in gebrochene unreine geiſter
untermenget werden/ mit welchen man wederim gebeth noch ſonſten eins
werden mag noch darff.

24. Da demnach die frage uͤbrig bleibet/ ob ſich andere Chriſten von
dergleichen gemeinſchafft enthalten ſollen: So hebt folgender unterſcheid
wol allen zweiffel auff. Geubte und erfahrne Chriſten entziehen ſich we-
der einigem menſchen/ noch vielweniger einer gemeine mit ihrer vorbitte
und mittheilung der geiſtlichen oder leiblichen gaben/ vermoͤge des hoͤch-
ſten geboths von der liebe: Weil aber dieſes alles auch wol und viel kraͤffti-
ger offt in abweſenheit des leibes geſchehen kan: So wird niemand dieſe
von ihnen ſo ſtrenge und abſolutè fodern/ oder die aͤuſſere entfernung vor
eineinwendige entziehung anſehen. Angeſehen ja ein jedes gliedmaß des
leibes JEſu mit allen andern in der gantzen welt verbunden bleibt und ihre
gemeinſchafft geneuſt/ ob es ſchon nicht alle von angeſicht kennet geſchwei-
ge mit ihnen verſammlet wird.

25. Denckt man aber/ es ſolte doch niemand von ſolcher aͤuſſern ge-
meinſchafft derer ſich enthalten/ welche an einem ort zuſammen wohnen:
So waͤre wiederum zu erwegen/ ob nicht dieſe forderung daher ruͤhre/ weil
man noch nicht gruͤndlich auff das inwendige Reich Gotteſ; (Luc. I.
7.) und deſſen unſichtbahre rechte/ kraͤffte/ Communicationes, und herꝛ-
lichkeiten durch den Heil. Geiſt gewieſen ſey oder andere weiſe/ an welchen
ein wahrer Reichs-genoſſe ihm gerne genuͤgen laͤſſet. Jmgleichen/ ob
nicht ein zartes jetztgebohrnes kind eine ſo genaue empfindung von gegen-
waͤrtigen noch ungezogenen falſchen heuchleriſchen geiſtern habe/ daß ihm
bißweilen die groͤſte pein ſey/ unter einen ſo vermiſchten hauffen zu kommen.
Abſonderlich zu ſolcher zeit/ da es etwa ohne dem in inwendigen ſeltſamen
pruͤfungen und uͤbungen ſtehet/ und alſo zu aͤuſſern formen und ſatzungen
untuͤchtig iſt. Daß ich nicht gedencke/ was vor ungoͤttliche bloß menſchli-
che affectirte und unreine dinge bey manchen verſammlungen einem hellen
auge vorkommen duͤrfften.

26. Jn der erſten kirche haben erfahrne und geuͤbte Lehrer eben
dahero die anfangenden lehrlinge und catechumenos (dergleichen wol
die meiſten anjetzo auch lehrer ſelbſt ſeyn moͤchten) zur gemeinſchafft des
bruͤderlichen gebeths und der geheimnuͤſſe noch nicht zugelaſſen/ biß ſie da-
zu nach geraumer zeit erſt tuͤchtig erkandt wurden. Denn da zuvor in den
er ſten tagen nach CHriſt auffahrt durch des H. Geiſtes außgieſſung bald

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[91/0092] dem genauen ſinn des Heil. Geiſtes eine wahre gemeine JEſu CHriſti ſey? Zumalen wenn aus begierde mehrere zu gewinnen/ jederman ohne unterſcheid dazu gelaſſen/ und alſo ſo viel in gebrochene unreine geiſter untermenget werden/ mit welchen man wederim gebeth noch ſonſten eins werden mag noch darff. 24. Da demnach die frage uͤbrig bleibet/ ob ſich andere Chriſten von dergleichen gemeinſchafft enthalten ſollen: So hebt folgender unterſcheid wol allen zweiffel auff. Geubte und erfahrne Chriſten entziehen ſich we- der einigem menſchen/ noch vielweniger einer gemeine mit ihrer vorbitte und mittheilung der geiſtlichen oder leiblichen gaben/ vermoͤge des hoͤch- ſten geboths von der liebe: Weil aber dieſes alles auch wol und viel kraͤffti- ger offt in abweſenheit des leibes geſchehen kan: So wird niemand dieſe von ihnen ſo ſtrenge und abſolutè fodern/ oder die aͤuſſere entfernung vor eineinwendige entziehung anſehen. Angeſehen ja ein jedes gliedmaß des leibes JEſu mit allen andern in der gantzen welt verbunden bleibt und ihre gemeinſchafft geneuſt/ ob es ſchon nicht alle von angeſicht kennet geſchwei- ge mit ihnen verſammlet wird. 25. Denckt man aber/ es ſolte doch niemand von ſolcher aͤuſſern ge- meinſchafft derer ſich enthalten/ welche an einem ort zuſammen wohnen: So waͤre wiederum zu erwegen/ ob nicht dieſe forderung daher ruͤhre/ weil man noch nicht gruͤndlich auff das inwendige Reich Gotteſ; (Luc. I. 7.) und deſſen unſichtbahre rechte/ kraͤffte/ Communicationes, und herꝛ- lichkeiten durch den Heil. Geiſt gewieſen ſey oder andere weiſe/ an welchen ein wahrer Reichs-genoſſe ihm gerne genuͤgen laͤſſet. Jmgleichen/ ob nicht ein zartes jetztgebohrnes kind eine ſo genaue empfindung von gegen- waͤrtigen noch ungezogenen falſchen heuchleriſchen geiſtern habe/ daß ihm bißweilen die groͤſte pein ſey/ unter einen ſo vermiſchten hauffen zu kommen. Abſonderlich zu ſolcher zeit/ da es etwa ohne dem in inwendigen ſeltſamen pruͤfungen und uͤbungen ſtehet/ und alſo zu aͤuſſern formen und ſatzungen untuͤchtig iſt. Daß ich nicht gedencke/ was vor ungoͤttliche bloß menſchli- che affectirte und unreine dinge bey manchen verſammlungen einem hellen auge vorkommen duͤrfften. 26. Jn der erſten kirche haben erfahrne und geuͤbte Lehrer eben dahero die anfangenden lehrlinge und catechumenos (dergleichen wol die meiſten anjetzo auch lehrer ſelbſt ſeyn moͤchten) zur gemeinſchafft des bruͤderlichen gebeths und der geheimnuͤſſe noch nicht zugelaſſen/ biß ſie da- zu nach geraumer zeit erſt tuͤchtig erkandt wurden. Denn da zuvor in den er ſten tagen nach CHriſt auffahrt durch des H. Geiſtes außgieſſung bald die M 2

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Erklärung/ Vom gemeinen Secten-wesen/ Kirchen- und Abendmahl-gehen. Leipzig, 1700, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_cyprian_1700/92>, abgerufen am 21.11.2024.