Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.Th. III. C. XXVII. Von denen geſichtern Annaͤ Vetterin. [Spaltenumbruch]
ren/ und ſprechen ſie dem weiblichen geſchlechtgantz uñ gaꝛ ab/ da doch in dieſem ſtuͤcke im geiſt CHriſti weder mann oder weib/ ſondern alles eins/ Gal. 3. 28. machen daher aus Pauli Epi- ſteln dieſen II. einwurff: Die weiber ſollen ſchweigen in der gemeine. Wir wollen be- de ort genau beſehen/ ob diß auch auff dieſes und andere dergleichen weiber koͤnne gezogen wer- den: So ſpricht nun Paulus 1. Cor. 10. 34. Eure weiber laſſet ſchweigen in der ge- meine. Hier ſiehet man/ daß dieſer ſpruch nur auff die Corinthiſchen weiber ſelbiger zeit/ und auff damalige kirchen-gebraͤuche zielet; was waren dieß fuͤr weiber? (1) Welche ſelber noch brauchten/ daß ſie unterrichtet wuͤrden; dann ſo ſetzt Paulus dazu: Wollen ſie etwas leꝛnen/ ſo laſt ſie zu haus ihre maͤnner fragen. Das wort GOttes hatte noch nicht ſo reichlich unter den Corinthiern gewohnet/ daß auch ihre weiber/ welche doch immer im haußweſen zu thun hat- ten/ daſſelbige haͤtten lehren und predigen koͤn- nen/ ſondern es war erſt zu ihnen kommen/ wie Paulus dazu ſetzt/ und noch nicht von ihnen auskommen; darum weil die maͤnner noch kaum recht unteꝛrichtet waren/ welche mehꝛ zeit dazu hatten/ ſolten die weiber/ die noch we- niger wuſten/ in der gemeine ſchweigen/ und nicht andere zu lehren ſich unteꝛſtehen. (2) Rich- teten ſie daher an unoꝛdnung in der gemeine; deñ es war nicht ſo damals/ daß nur einer auff der cantzel allein das lehramt hatte/ ſondern wann einer in der gemeine auff gehoͤret/ fing der andere an; da wolten dann dieſe noch unwiſſende wei- ber auch darunter fragen und reden/ wodurch andere verhindert/ und alſo unordnung ange- richtet wurde; daher ſetzt Paulus dazu: GOTT iſt nicht ein GOTT der unord- nung. Laſſet alles ordentlich zugehen. (3) Verbietet Paulus das reden ſolcher weiber/ welche ſich gleichſam dadurch uͤber die maͤnner uͤbeꝛheben wollen; darum ſagt eꝛ/ ſie ſollen ſchwei- gen und vielmehr unterthan ſeyn/ uñ ſich von ih- ren maͤnnern beſſer unterrichten laſſen. Darnach ſchꝛeibt Paulus 1. Tim. 2. 12. Einem weibe ge- ſtatte ich nicht/ daß ſie lehre. Da ſchlieſſet man richtig aus den voꝛhergehenden uñ nachfol- gendē oꝛtē/ daß es ebendergleichē beſchaffenheit/ als mit der Corinthiſchē/ gehabt. (1.) Sie muſtē ſelbeꝛ noch lernen; ſo ſtehet voꝛheꝛ: Ein weib/ nem- lich in der damalig neu auffgerichteten gemeine/ lerne in der ſtille; denn er muſte ſie erſt beten ler- nen/ zur zucht in kleidern vermahnē/ die ordnung der ſchoͤpffung erſt weiſen/ wie Adam zuerſt ge- ſchaffen/ hernach Eva aus ihm gebildet; wie konte er dergleichen weibern geſtatten/ daß ſie lehreten? (2.) War es ihm auch um die ord- nung zu thun/ darum will er die ſtille von ihnen haben; denn wo dieſe iſt/ da iſt die ordnung. Jn der vorigen Corinthiſchen vermahnung heiſt er dieſe ſtille den frieden; Gottſey ein GOtt des frie- dens/ welchen er der unordnung entgegen ſetzt. (3.) Vermahnet er dieſe weiber/ wie jene/ zur unterthaͤnigkeit/ daß ſie nicht des mannes herꝛ ſeyn ſollen. Was endlich in beyden angefuͤhrten orten zu mercken/ iſt/ daß er von weibes-perſonen redet/ welche im eheſtand lebten/ und alſo ſorg- ten/ was die welt/ das hauß/ und dem mann an- gehoͤret/ welcher ſtand wol an der ſeeligkeit ver- hindert/ wie Paulus hier dazu ſetzt; daß ſie denn- noch koͤnnen darinnen ſelig werden/ ſo ſie blei- ben im glauben/ und in der liebe/ und in der [Spaltenumbruch] heiligung ſamt der zucht/ auch durch dieſen ſtand die bruͤderliche erbauung nicht aufgehobē wird; wie er ſie hierbey Gottſeligkeit durch gute wercke zu beweieſen auffmuntert/ und jene gegen dieſe Corinthiſche weiber weit vollkommenere Priſca mit ihrem Aquila wol wird viel erbauet haben/ und noch viel heut zu tag alſo erbauet werden/ jedennoch wird man finden/ daß die gabe eines Prophetiſchen geiſtes diejenige wei- besbilder vor allen genoſſen/ welche jungfrauen oder witben waren: Dieſem klaren veꝛſtand nach koͤnnen dieſe ſpruͤche auff dieſes weib nicht gezo- gen werden; dann/ (1.) hat ſie ſo wol als Pau- lus des geiſtes erſtlinge/ gibt auch wegen ihrer erleuchtung die wort Joel. 2. zur antwort: Jch will meinen geiſt ausgieſſen uͤber alles fleiſch ꝛc. Denn im 30. jahre ihres alters anno 1662. iſt ſie von GOtt erleuchtet/ und der H. Geiſt gleich einem flammenden feuer/ ſo ihren leib durch- drang/ uͤber ſie ausgegoſſen worden/ wodurch ſie in allen geiſtlichen ſachen augenblicklich ſattſam unterrichtet geweſen/ auch ſo gar/ daß/ da ſie vor- her keine feder zu halten wuſte/ alsbald ihre ge- ſichte und befehle von Gott an das volck leſerlich auffzeichnen koͤnnen: Wie denn der damalige Pfarꝛherꝛ zu Onoldsbach auff der cantzel dieſen punct denen obern und der gemeine zu uͤberle- gen gab; ob es nicht ein zeichen der geſchehenen eꝛleuchtung/ daß ſie damals in eineꝛ nacht ſchrei- ben lernen/ welches ſie vorher/ wie allen bewuſt/ nicht kunte/ anjetzt/ da ſie die ſchrifft geleſen/ kan ſie auch gruͤndliche nachricht aus derſelben geben. Wenn man ihr alſo vorerwehnte ſpruͤche Pauli vorhaͤlt/ ſo antwortet ſie/ Paulus ſey zu ſeinen gemeinden/ und ſie zu der ihrigen beruffen/ ſeine reguln gingen ſie nicht an/ ſondern ſie ſchriebe vielmehr ſelbſtē in eben dem Geiſt Pauli allem unordentlichem weſen gebuͤhrende reguln vor. (2.) Faͤngt alſo keine unordnung in der gemeine an/ ſondern diejenige fangen ſie an/ welche den geiſt in ihr daͤmpffen und in ihrer ſchulweißheit allein hoch ſeyn wollen/ ob ſie gleich nicht allein auff oͤffentlichen gaſſen/ wenn an denen maꝛckt-taͤgen das volck verſammlet/ ih- nen von dem Reich GOttes und dem juͤngſten- tag vorpredigt/ und zu einem ordentlichen leben auffmuntert/ ſondern auch anfangs/ wann es am letzten geſetz des liedes war/ freudig/ ohne vorher gemachtes concept, auff die cantzel ging/ und das volck etliche ſtunden lang wuͤrde geleh- ret haben/ wenn es ihr waͤre verſtattet worden. Die alten Propheten predigtē auch auf der gaſ- ſen und unter den thoren des tempels/ wie Jere- mias; die damalige Prieſter machten denen Pro- pheten das predigen nicht diſputirlich/ wie die- ſe heutigen/ das wort in der gemeine zu haben/ allein zu ſich geriſſen. Sie ſolten mit CHriſto ſagen: Wer nicht wider uns iſt/ der iſt fuͤr uns/ wehret es nicht; ſolten mit Paulo den Aga- bum immer prophezeyen laſſen/ und froh ſeyn/ wenn viel waͤren/ die nach der gabe des weiſſa- gens ſtrebten/ noch freudiger/ wenn etliche ſie ſchon haͤtten. (3.) Von ihrem beruff an/ die etli- che 30. jahr hero/ wartet ſie zwar ihres haͤuß- lichen weſens in ſo viel/ als die hoͤchſte noth- durfft erfordert/ lebt aber/ ob gleich ihr mann noch am leben/ dieſe gantze zeit uͤber als eine wittbe. Wenn die fleiſchliche welt/ oder andere gute einfaͤltige/ ihr dieſes als einen ſonderbaren gewiſſens-punct verheben/ ſo weiſet ſie dieſel- bigen in die ſchrifft zu dem Prophetē Hoſea/ dem befahl K k 3
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