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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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Th. IV. Sect. II. Num. XXXVII. Apologie David Joris wider Emmium &c.
[Spaltenumbruch] ſachen etwas weiter reden/ wenn ich erſt ein
wenig von ſeiner ankunfft zu Baſel werde ge-
ſagt haben.

Die urſach/ warumb er ſich nach Baſel be-
geben und ſein Niederland verlaſſen/ iſt die-
ſe geweſen: Nachdem durch das anhetzen
der Inquiſitorn im Niederlande verſchiedene
placaten ausgegeben waren wider alle dieje-
nigen/ die die Roͤmiſche kirche verlieſſen und
ihr wiederſpraͤchen/ ſo ſind nicht allein die
Calviniſten/ Lutheraner und Taͤuffer von
dem blutgierigen Cains-geſchlechte ſehr ſtren-
ge verfolgt/ gefangen und auff verſchiedene
arten grauſam getoͤdtet und umbbracht wor-
den/ ſondern es ſind auch David Joris und
alle/ die ſeine Schrifften und buͤcher laſen/ ſehr
ſchrecklich und ſtrenge verfolgt und viele ſeiner
glaubens-genoſſen getoͤdtet und umbracht wor-
den. Und weil er auch die andern Secten in vie-
len ſtuͤcken beſtraffte/ und ihnen wiederſprach/
und ſie gerne zu der rechten wahrheit und erkaͤnt-
nis gebracht haͤtte/ ſo verdiente er nichts denn
undanck/ und ward ſehr gehaſſet und genei-
det von allen andern Lehrern/ die ihre eigene
weißheit mehr denn die wahrheit liebeten/ ſo
daß nicht allein diejenigen/ die dem Pabſt-
thumb vorſtunden/ ihn mit allerley luͤgen/
laͤſterungen/ ſchmaͤh-worten und ſchrifften
ſuchten ſtinckend und verhaßt zu machen/ ſon-
dern auch die Lehrer von andern meinungen/
die ſelbſt auch verfolget wurden; doch hat
er nicht unterlaſſen die wahrheit taͤglich
mehr und mehr an den tag zu bringen
durch die gedruckte Schrifften/ die noch
gnug vorhanden ſind/ hat ſich auch nicht
entſetzet vor den falſchen Luͤgen/ die ihm
nachgeredet waren/ wolte ſie auch nicht ver-
antworten/ ſondern hielte dafuͤr/ daß die
wahrheit dennoch die Luͤgen zu ſchanden ma-
chen wuͤrde/ und daß es beſſer ſey unrecht
leiden/ denn unrecht thun/ indem er auff-
ſahe auff unſern HERRN JESUM
CHRISTUM/ als unſern vorgaͤnger/
welcher gantz ſtille ſchwieg/ wenn er beſchul-
diget ward. Doch hat er nachmahls nicht
umb ſeiner perſon/ ſondern umb der ſchwa-
chen willen eine entſchuldigung laſſen ausge-
hen/ auch eine kurtze verantwortung an die
Graͤffin von Emden uͤbergeben. Da aber
dennoch die verfolgung taͤglich mehr und
mehr wuchs und viel geld auff ſein leben ge-
ſetzet wurde/ ja auch nicht ſicher war unter
denen/ die gleicher weiſe verfolgung litten/ iſt
er nach dem Rath CHRISTI von einer
Stadt in die andere geflohen/ mehr durch
zwang der ſeinigen/ als aus freyem willen. An-
geſehen er ſich ſelbſt offenbahren und oͤffent-
lich zum vorſchein kommen wolte/ ſeine Leh-
re oͤffentlich zu vertheidigen/ nicht allein hier zu
Lande/ und zu Embden/ ſondern auch vor
der Kaͤyſerlichen Majeſtaͤt und den Fuͤrſten
des Reichs ſelbſt; Zu welchem ende er auch
an dieſelbe ſchrieb und brieffe ſandte durch
Georgen (Jorjan) Ketel; (der auch nach-
mahls zu Daventer umb der wahrheit willen/
die er bekandte und ſtandhafftig bezeugte/
umbgebracht iſt/ allwo er/ David, auch
zum vorſchein kommen wolte/ ſo ihm aber
[Spaltenumbruch] von den ſeinigen verwehret wurde). Da er
aber ſahe/ daß das blutvergieſſen und die
blutgierige art ſich taͤglich mehrete/ und ſei-
ne arbeit an die Obrigkeit vergebens war/ hat
er ſich endlich aus dieſer urſache der groſſen
verfolgung/ und nachdem er das buͤchlein
geſchrieben/ wie ſich die glaubigen in dieſer
zeit ſolten verhalten &c. (davon wir hernach“
reden wollen) auff Rath der ſeinigen nacher
Baſel begeben und den namen Johann von
Bꝛuͤck (Brugghe) wiederumb an ſich genom-
men/ den er in ſeiner jugend (nach der alten
Papiſten gebrauch) in der firmelung des
Weih-Biſchoffs empfangen und lange jahr
gehabt hatte/ auch als er oͤffentlich vor ſei-
ner hochzeit proclamirt ward/ in der kirche
zu Delfft alſo auffgeboten worden. Darnach
aber hat er auff begehren ſeiner bruͤder im
glauben ſeinen erſten tauff-namen wieder an-
genommen/ nemlich denjenigen/ damit er
etliche jahr zu Baſel benennet worden/ und
ſeinen zunamen/ den er nach ſeines vatters
geburtys-ſtadt an ſich genommen hatte.
Was hat er nun hierinn vor unrecht gethan?
Jſt dadurch jemand verkuͤrtzet worden?
Sind ſeine ſchuldner etwa dadurch zu kurtz
kommen/ daß ſie ihn nicht haben finden koͤn-
nen? Das wird niemand mit wahrheit ſa-
gen. Und da nun niemand hierdurch iſt zu
kurtz kommen/ was iſt daran boͤſes gethan?
Hat er nicht moͤgen von einer Stadt/ nach
der Lehre CHRISTI/ in die andere
fliehen und vorſichtig ſeyn als die ſchlangen/
aber einfaͤltig wie die tauben. Und ſo du ihn
darumb wilſt vor einen Luͤgner ſchelten/ als
einen/ der ſeinen namen verlaͤugnet/ ſo ſie-
heſt du hier/ wie ungluͤcklich du biſt/ in-
dem/ da du das thuſt/ auch verurtheileſt
den Patriarchen Abraham/ den vater des
glaubens/ welcher ſagte/ daß Sara ſeine
ſchweſter waͤre; ingleichen den Jſaac/ der
Rebeccam ſeine ſchweſter nennete; auch Ja-
cob/ der zu ſeinem vater ſagte/ er waͤre Eſau;
und euren Bezam, der ſich Nathanael Heſe-
kios
in ſeinen ſchrifften genennet; Martin.
Bucerum,
der ſich ſelbſt den namen Areti-
us Felicius
gegeben hat; den Melanchthon,
der ſich vor Didimum Faventinum ausgegeben
hat; den Schreiber des bienen-korbs/ der
ſich Jſaac Rabbotenu geheiſſen hat; und vie-
le andere mehr eures glaubens genoſſen/ die
ſich ſelbſt zur zeit der verfolgung andere na-
men gegeben/ umb zu entgehen den haͤnden der
blutgierigen Tyrannen. Siehe alle dieſe/ o du
Richter/ verurtheileſtu mit deinem falſchen ur-
theil und macheſt aus denſelben ſchaͤndliche Luͤg-
ner. Aber ſiehe wohl zu/ daß worinnen du an-
dere verdammeſt/ du nicht ſelbſt ſchuldig be-
funden werdeſt.

Was nun belanget ſeinen Reichthumb und
das kauffen der guͤter/ davon du ſo ein groß
geſchrey macheſt/ und von welchem du ſageſt/ er
habs geſtohlen und den leuten abgeſchwatzet/
ohne daß du einigen beweiß oder die geringſte
gewißheit davon haſt; derſelbe reichthumb ſolte
wol ſchier ſo groß nicht ſeyn/ als du ihn ma-
cheſt. Doch wenn er nun ſchon ſo groß geweſt
iſt/ ſo wird doch niemand in der welt das mit

warheit

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 271. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/567>, abgerufen am 11.01.2025.