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Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700.

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wie auch einigen andern Medicis, die von den Theologen verworffen worden.
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.
dern nur wuste/ was nichts/ oder nichts
würdig war etc.
Und nachdem er daselbst die
eitelkeit der gemeine schul-künste durchgegange/
erzehlet er/ wie er ferner über die moralia gerathe/
Von der
moralc.
und darinne etwas vor seine hungrige seele zu
"finden gemeinet. Er schreibet aber davon/
"daß er zwar den Senecam und Epictetum fleis-
"sig gelesen/ die ihm auch sehr wolgefallen hät-
"ten/ also daß er gemeinet/ er hätte nun den
"rechten kern der weißheit in der morale
"gefunden. Wie er sich denn eingebildet/ die-
"ses wäre eben die weißheit/ um welcher willen
"Pythagoras seinen schülern so viel jahr still-
"schweigen aufferlegt hätte/ und wegen dieses
"vortrefflichen judicii einen so |grossen gehor-
"sam gefordert.

3. "Endlich aber hätte er auch befunden|/
"daß/ wenn man etwas weniges ausnehme/
"ein Capuciner nichts anders als ein Christli-
"cher Stoicus wäre. Es hätte ihm zwar das
"verlangen nach der ewigkeit wol gefallen/ aber
"seine schwache leibes-constitution hätte eine
"so strenge lebens-art nicht ausstehen können.
"Deßwegen hätte er den Hertzog des lebens
"offte gebeten/ daß er die lautere wahrheit
"recht einsehen könte/ und unmittelbar
"lieb haben.
Hierinne hätte ihm Thomas a
"Kempis
und Taulerus sein verlangen sehr ver-
"mehrt/ weil er aber noch immer auff eine sto-
"i
sche arth in seinem Christenthum zu wachsen
"vermeinet/ hätte er sich nur vergeblich abge-
Von der
eitelkeit
des wis-
sens.
"mühet/ und selbst geplaget. Es hätte ihn
"auch darauff geträumet/ als wenn er eine gtos-
"se leere wasser-blase worden wäre/ welche von
"der erden biß an den Himmel gereichet/ dar-
"über oben ein sarg gehangen/ darunter aber ein
"tieffer und finsterer abgrund gewesen. Hier-
"über wäre er so sehr erschrocken/ daß er sich
"selbst und alle andere dinge vergessen gehabt.
"Da er nun wieder zu sich selber kommen/ hätte
Von der
einigen
weißheit
in CHri-
sto.
er auff einmal verstehen lernen; daß wir al-
lein in CHristo JEsu weben und seyn/
daß niemand den namen JESU zu
seiner seligkeit nennen könne ohne eine
sonderbare gnade GOttes/ daß man un-
auffhörlich beten müsse/ damit man
nicht in versuchung eingeführet werde.

Von den
eigenen
kräfften.

4. "Hier wäre ihm eine solche erkäntniß ge-
"schencket worden/ daß ohne eine sonder-
"bare gnade GOttes auff den menschen
"bey allem seinem thun nichts als sünde
"warte/
und als er dieses gesehen und em-
"pfindlich erkant/ hätte er sich über seine vorige
"blindheit verwundert und gemercket/ daß eine
"Stoische lebens-art ihn als eine lere blase zwi-
"schen der furcht des todes und dem abgrund
"der höllen auffgehalten hätte. Er hätte er-
"kant/ daß er bey selbiger befleißigung unter
"dem schein der demuth am aller hoch müthig-
"sten worden/ indem er sich auff seinen freyen
"willen verlassen/ die Göttliche Gnade hindan
"gesetzet und gemeinet/ es stünde bey ihm was er
Von der
Stoischen
philoso-
phi
e.
"thun wolte/ woraus er geschlossen/ daß de-
"nen Heiden zwar solche lästerung vor gut zu
"halten sey/ einem Christen aber nicht anstehe/
"und daß die Stoische philosophie deßwegen
Von den
gemeinen
schulen
und bü-
chern.
"verwerfflich sey. Bey dieser seiner erkäntniß
"habe er nun alsbald alle spitzfindige meinun-
"gen der bücher verlassen/ samt allen vergebli-
"chen pralereyen der schulen/ und gewiß geglau-
[Spaltenumbruch] bet/ daß alle gute gabe von oben herab von"Jahr
MDC.
biß
MDCC.

dem Vater der lichter komme/ und also auch"
die wahre geheime medicin der adeptorum."
Er wäre zwar durch unterschiedliche Länder"
gereiset/ hätte aber überall und bey allen einer-"
ley faulheit und blindheit gefunden. Wer"
darunter etwan curieuser gewesen wäre/ die"
hätte er zwar befunden/ daß sie in ihrem vorsatz"
beständiger und vorsichtiger gewesen/ sie"
wären aber dennoch eben so blind/ oder noch"
blinder als die andern ihm vorgekommen."
Daraus hätte er bey sich geschlossen/ daß die ge-"Von der
gemeinen
medicin.

meine medicin eine rechte betrügereyseyn mü-"
ste/ die von den Griechen eingefuhret wäre/ biß"
die Göttliche ihm etwas bessers gewiesen. Es"
hätte ihn alle zuvor angewandte arbeit gereu-"
et/ daß er sich darüber so geängstet gehabt. Jn"
den vielen büchern aber hätte er vollends gar"
keinen trost gefunden/ auch keine kunst/ son-"
dern leere versprechungen und viel mißbräuche"
und irrthümer."

5. Dergestalt erzehlet Helmontius den pro-
cess,
wie er zu seiner erkäntnis nach und nach ge-
langet sey. Da man siehet/ daß es ihm frey-
lich die rechte Göttliche weißheit und wahrheit
zu erlangen ein rechter ernst gewesen/ und wie
ihn die einsicht in das allgemeine verderbnis der
gemeinen gelehrsamkeit und auch der medicin
etwas bessers und gewissers zu suchen gedrun-
gen gehabt. Er erzehlet auch anderswo garVon dem
anfang
seines
schrei-
dens.

auffrichtig/ wie er seine bücher zu schreiben an-
gefangen/ wenn er in der vorrede über den tra-
ctat de Lythiasi
also schreibet: Endlich stund
ich zwischen schamhafftigkeie und schre-
cken über diesem wichtigen werck zweif-
felhafftig und legte die feder sehr offt
wieder weg. Jch bat den HErrn aber-
mal ernstlich/ daß er einen erwehlen
möchte/ der würdiger als ich wäre. Dar-
um erzürnete der HErr billich über mich
bösen und unnützen knecht/ und ver-
hengete/ daß ich vom satan gesichtet
würde. Denn derjenige orden der gei-
ster/ dessen
Zenith das hauß der kräfften
und
Nadir die übrigen orden sind/ finge
an mich umsonst zu verfolgen mit greu-
lichen anläuffen. Da erkannte ich bald/
daß mich die hand des HErrn gerühre[t]
hätte. Deßwegen schrieb ich bey der
vollen verfolgung das buch/ dessen
titul
ist Ortus Medicinae oder Initia Phyticae inau-
dita.
Jn diesen hab ich die gewöhnli-
chen irrthümer der schulen in ihren artz-
neyen entdecket. Jch habe neue
prin-
cipia
der kranckheiten angegeben/ wie
auch bißher unerhörte
Theoremata, und
erwiesen/ wie man die Heidnischen thor-
heiten der
Universitaet verlassen/ und sich
hinfüro an die wahrheit gewöhnen soll
Hier hab ich in meiner seelen einen rech-
ten sabbat gefunden/ dergleichen ich
niemals in meinen guten tagen gehabt:
So gar/ daß es mir verdächtig war/ daß
so grosse stürme mir die ruhe meiner see-
len/ oder auch den leiblichen schlaff gar
nicht störten. Worinne ich deine güte/
oGOtt mein beschirmer/ nicht gnugsam
loben kan/ welche nicht zugelassen daß
meine seele im geringsten unter so gar

gros-
A. K. H. Dritter Theil. K

wie auch einigen andern Medicis, die von den Theologen verworffen worden.
[Spaltenumbruch] Jahr
MDC.
biß
MDCC.
dern nur wuſte/ was nichts/ oder nichts
wuͤrdig war ꝛc.
Und nachdem er daſelbſt die
eitelkeit der gemeinē ſchul-kuͤnſte durchgegangē/
eꝛzehlet er/ wie er ferner uͤber die moralia gerathē/
Von der
moralc.
und darinne etwas vor ſeine hungrige ſeele zu
„finden gemeinet. Er ſchreibet aber davon/
„daß er zwar den Senecam und Epictetum fleiſ-
„ſig geleſen/ die ihm auch ſehr wolgefallen haͤt-
„ten/ alſo daß er gemeinet/ er haͤtte nun den
„rechten kern der weißheit in der morale
„gefunden. Wie er ſich denn eingebildet/ die-
„ſes waͤre eben die weißheit/ um welcher willen
Pythagoras ſeinen ſchuͤlern ſo viel jahr ſtill-
„ſchweigen aufferlegt haͤtte/ und wegen dieſes
„vortrefflichen judicii einen ſo |groſſen gehor-
„ſam gefordert.

3. „Endlich aber haͤtte er auch befunden|/
„daß/ wenn man etwas weniges ausnehme/
„ein Capuciner nichts anders als ein Chriſtli-
„cher Stoicus waͤre. Es haͤtte ihm zwar das
„verlangen nach der ewigkeit wol gefallen/ aber
„ſeine ſchwache leibes-conſtitution haͤtte eine
„ſo ſtrenge lebens-art nicht ausſtehen koͤnnen.
„Deßwegen haͤtte er den Hertzog des lebens
„offte gebeten/ daß er die lautere wahrheit
„recht einſehen koͤnte/ und unmittelbar
„lieb haben.
Hierinne haͤtte ihm Thomas à
„Kempis
und Taulerus ſein verlangen ſehr ver-
„mehrt/ weil er aber noch immer auff eine ſto-
„i
ſche arth in ſeinem Chriſtenthum zu wachſen
„vermeinet/ haͤtte er ſich nur vergeblich abge-
Von der
eitelkeit
des wiſ-
ſens.
„muͤhet/ und ſelbſt geplaget. Es haͤtte ihn
„auch darauff getraͤumet/ als wenn er eine gtoſ-
„ſe leere waſſer-blaſe worden waͤre/ welche von
„der erden biß an den Himmel gereichet/ dar-
„uͤber oben ein ſarg gehangen/ darunter aber ein
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„uͤber waͤre er ſo ſehr erſchrocken/ daß er ſich
„ſelbſt und alle andere dinge vergeſſen gehabt.
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Von der
einigen
weißheit
in CHri-
ſto.
er auff einmal verſtehen lernen; daß wir al-
lein in CHriſto JEſu weben und ſeyn/
daß niemand den namen JESU zu
ſeiner ſeligkeit nennen koͤnne ohne eine
ſonderbare gnade GOttes/ daß man un-
auffhoͤrlich beten muͤſſe/ damit man
nicht in verſuchung eingefuͤhret werde.

Von den
eigenen
kraͤfften.

4. „Hier waͤre ihm eine ſolche erkaͤntniß ge-
„ſchencket worden/ daß ohne eine ſonder-
„bare gnade GOttes auff den menſchen
„bey allem ſeinem thun nichts als ſuͤnde
„warte/
und als er dieſes geſehen und em-
„pfindlich erkant/ haͤtte er ſich uͤber ſeine vorige
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Stoiſche lebens-art ihn als eine lere blaſe zwi-
„ſchen der furcht des todes und dem abgrund
„der hoͤllen auffgehalten haͤtte. Er haͤtte er-
„kant/ daß er bey ſelbiger befleißigung unter
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„ſten worden/ indem er ſich auff ſeinen freyen
„willen verlaſſen/ die Goͤttliche Gnade hindan
„geſetzet und gemeinet/ es ſtuͤnde bey ihm was er
Von der
Stoiſchen
philoſo-
phi
e.
„thun wolte/ woraus er geſchloſſen/ daß de-
„nen Heiden zwar ſolche laͤſterung vor gut zu
„halten ſey/ einem Chriſten aber nicht anſtehe/
„und daß die Stoiſche philoſophie deßwegen
Von den
gemeinen
ſchulen
und buͤ-
chern.
„verwerfflich ſey. Bey dieſer ſeiner erkaͤntniß
„habe er nun alsbald alle ſpitzfindige meinun-
„gen der buͤcher verlaſſen/ ſamt allen vergebli-
„chen pralereyen der ſchulen/ und gewiß geglau-
[Spaltenumbruch] bet/ daß alle gute gabe von oben herab von„Jahr
MDC.
biß
MDCC.

dem Vater der lichter komme/ und alſo auch“
die wahre geheime medicin der adeptorum.
Er waͤre zwar durch unterſchiedliche Laͤnder“
gereiſet/ haͤtte aber uͤberall und bey allen einer-“
ley faulheit und blindheit gefunden. Wer“
darunter etwan curieuſer geweſen waͤre/ die“
haͤtte er zwar befunden/ daß ſie in ihrem vorſatz“
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waͤren aber dennoch eben ſo blind/ oder noch“
blinder als die andern ihm vorgekommen.“
Daꝛaus haͤtte eꝛ bey ſich geſchloſſen/ daß die ge-„Von der
gemeinen
medicin.

meine medicin eine rechte betruͤgereyſeyn muͤ-“
ſte/ die von den Griechen eingefuhret waͤre/ biß“
die Goͤttliche ihm etwas beſſers gewieſen. Es“
haͤtte ihn alle zuvor angewandte arbeit gereu-“
et/ daß er ſich daruͤber ſo geaͤngſtet gehabt. Jn“
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und irꝛthuͤmer.‟

5. Dergeſtalt erzehlet Helmontius den pro-
ceſs,
wie er zu ſeiner erkaͤntnis nach und nach ge-
langet ſey. Da man ſiehet/ daß es ihm frey-
lich die rechte Goͤttliche weißheit und wahrheit
zu erlangen ein rechter ernſt geweſen/ und wie
ihn die einſicht in das allgemeine verderbnis der
gemeinen gelehrſamkeit und auch der medicin
etwas beſſers und gewiſſers zu ſuchen gedrun-
gen gehabt. Er erzehlet auch anderswo garVon dem
anfang
ſeines
ſchrei-
dens.

auffrichtig/ wie er ſeine buͤcher zu ſchreiben an-
gefangen/ wenn er in der vorrede uͤber den tra-
ctat de Lythiaſi
alſo ſchreibet: Endlich ſtund
ich zwiſchen ſchamhafftigkeie und ſchre-
cken uͤber dieſem wichtigen werck zweif-
felhafftig und legte die feder ſehr offt
wieder weg. Jch bat den HErrn aber-
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moͤchte/ der wuͤrdiger als ich waͤre. Dar-
um erzuͤrnete der HErꝛ billich uͤber mich
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hengete/ daß ich vom ſatan geſichtet
wuͤrde. Denn derjenige orden der gei-
ſter/ deſſen
Zenith das hauß der kraͤfften
und
Nadir die uͤbrigen orden ſind/ finge
an mich umſonſt zu verfolgen mit greu-
lichen anlaͤuffen. Da erkannte ich bald/
daß mich die hand des HErrn geruͤhre[t]
haͤtte. Deßwegen ſchrieb ich bey der
vollen verfolgung das buch/ deſſen
titul
iſt Ortus Medicinæ oder Initia Phyticæ inau-
dita.
Jn dieſen hab ich die gewoͤhnli-
chen irrthuͤmer der ſchulen in ihren artz-
neyen entdecket. Jch habe neue
prin-
cipia
der kranckheiten angegeben/ wie
auch bißher unerhoͤrte
Theoremata, und
erwieſen/ wie man die Heidniſchen thor-
heiten der
Univerſitæt verlaſſen/ und ſich
hinfuͤro an die wahrheit gewoͤhnen ſoll
Hier hab ich in meiner ſeelen einen rech-
ten ſabbat gefunden/ dergleichen ich
niemals in meinen guten tagen gehabt:
So gar/ daß es mir verdaͤchtig war/ daß
ſo groſſe ſtuͤrme mir die ruhe meiner ſee-
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nicht ſtoͤrten. Worinne ich deine guͤte/
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groſ-
A. K. H. Dritter Theil. K
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[73/0085] wie auch einigen andern Medicis, die von den Theologen verworffen worden. dern nur wuſte/ was nichts/ oder nichts wuͤrdig war ꝛc. Und nachdem er daſelbſt die eitelkeit der gemeinē ſchul-kuͤnſte durchgegangē/ eꝛzehlet er/ wie er ferner uͤber die moralia gerathē/ und darinne etwas vor ſeine hungrige ſeele zu „finden gemeinet. Er ſchreibet aber davon/ „daß er zwar den Senecam und Epictetum fleiſ- „ſig geleſen/ die ihm auch ſehr wolgefallen haͤt- „ten/ alſo daß er gemeinet/ er haͤtte nun den „rechten kern der weißheit in der morale „gefunden. Wie er ſich denn eingebildet/ die- „ſes waͤre eben die weißheit/ um welcher willen „Pythagoras ſeinen ſchuͤlern ſo viel jahr ſtill- „ſchweigen aufferlegt haͤtte/ und wegen dieſes „vortrefflichen judicii einen ſo |groſſen gehor- „ſam gefordert. Jahr MDC. biß MDCC. Von der moralc. 3. „Endlich aber haͤtte er auch befunden|/ „daß/ wenn man etwas weniges ausnehme/ „ein Capuciner nichts anders als ein Chriſtli- „cher Stoicus waͤre. Es haͤtte ihm zwar das „verlangen nach der ewigkeit wol gefallen/ aber „ſeine ſchwache leibes-conſtitution haͤtte eine „ſo ſtrenge lebens-art nicht ausſtehen koͤnnen. „Deßwegen haͤtte er den Hertzog des lebens „offte gebeten/ daß er die lautere wahrheit „recht einſehen koͤnte/ und unmittelbar „lieb haben. Hierinne haͤtte ihm Thomas à „Kempis und Taulerus ſein verlangen ſehr ver- „mehrt/ weil er aber noch immer auff eine ſto- „iſche arth in ſeinem Chriſtenthum zu wachſen „vermeinet/ haͤtte er ſich nur vergeblich abge- „muͤhet/ und ſelbſt geplaget. Es haͤtte ihn „auch darauff getraͤumet/ als wenn er eine gtoſ- „ſe leere waſſer-blaſe worden waͤre/ welche von „der erden biß an den Himmel gereichet/ dar- „uͤber oben ein ſarg gehangen/ darunter aber ein „tieffer und finſterer abgrund geweſen. Hier- „uͤber waͤre er ſo ſehr erſchrocken/ daß er ſich „ſelbſt und alle andere dinge vergeſſen gehabt. „Da er nun wieder zu ſich ſelber kommen/ haͤtte er auff einmal verſtehen lernen; daß wir al- lein in CHriſto JEſu weben und ſeyn/ daß niemand den namen JESU zu ſeiner ſeligkeit nennen koͤnne ohne eine ſonderbare gnade GOttes/ daß man un- auffhoͤrlich beten muͤſſe/ damit man nicht in verſuchung eingefuͤhret werde. Von der eitelkeit des wiſ- ſens. Von der einigen weißheit in CHri- ſto. 4. „Hier waͤre ihm eine ſolche erkaͤntniß ge- „ſchencket worden/ daß ohne eine ſonder- „bare gnade GOttes auff den menſchen „bey allem ſeinem thun nichts als ſuͤnde „warte/ und als er dieſes geſehen und em- „pfindlich erkant/ haͤtte er ſich uͤber ſeine vorige „blindheit verwundert und gemercket/ daß eine „Stoiſche lebens-art ihn als eine lere blaſe zwi- „ſchen der furcht des todes und dem abgrund „der hoͤllen auffgehalten haͤtte. Er haͤtte er- „kant/ daß er bey ſelbiger befleißigung unter „dem ſchein der demuth am aller hoch muͤthig- „ſten worden/ indem er ſich auff ſeinen freyen „willen verlaſſen/ die Goͤttliche Gnade hindan „geſetzet und gemeinet/ es ſtuͤnde bey ihm was er „thun wolte/ woraus er geſchloſſen/ daß de- „nen Heiden zwar ſolche laͤſterung vor gut zu „halten ſey/ einem Chriſten aber nicht anſtehe/ „und daß die Stoiſche philoſophie deßwegen „verwerfflich ſey. Bey dieſer ſeiner erkaͤntniß „habe er nun alsbald alle ſpitzfindige meinun- „gen der buͤcher verlaſſen/ ſamt allen vergebli- „chen pralereyen der ſchulen/ und gewiß geglau- bet/ daß alle gute gabe von oben herab von„ dem Vater der lichter komme/ und alſo auch“ die wahre geheime medicin der adeptorum.“ Er waͤre zwar durch unterſchiedliche Laͤnder“ gereiſet/ haͤtte aber uͤberall und bey allen einer-“ ley faulheit und blindheit gefunden. Wer“ darunter etwan curieuſer geweſen waͤre/ die“ haͤtte er zwar befunden/ daß ſie in ihrem vorſatz“ beſtaͤndiger und vorſichtiger geweſen/ ſie“ waͤren aber dennoch eben ſo blind/ oder noch“ blinder als die andern ihm vorgekommen.“ Daꝛaus haͤtte eꝛ bey ſich geſchloſſen/ daß die ge-„ meine medicin eine rechte betruͤgereyſeyn muͤ-“ ſte/ die von den Griechen eingefuhret waͤre/ biß“ die Goͤttliche ihm etwas beſſers gewieſen. Es“ haͤtte ihn alle zuvor angewandte arbeit gereu-“ et/ daß er ſich daruͤber ſo geaͤngſtet gehabt. Jn“ den vielen buͤchern aber haͤtte er vollends gar“ keinen troſt gefunden/ auch keine kunſt/ ſon-“ dern leere verſprechungen und viel mißbraͤuche“ und irꝛthuͤmer.‟ Von der Stoiſchen philoſo- phie. Von den gemeinen ſchulen und buͤ- chern. Jahr MDC. biß MDCC. Von der gemeinen medicin. 5. Dergeſtalt erzehlet Helmontius den pro- ceſs, wie er zu ſeiner erkaͤntnis nach und nach ge- langet ſey. Da man ſiehet/ daß es ihm frey- lich die rechte Goͤttliche weißheit und wahrheit zu erlangen ein rechter ernſt geweſen/ und wie ihn die einſicht in das allgemeine verderbnis der gemeinen gelehrſamkeit und auch der medicin etwas beſſers und gewiſſers zu ſuchen gedrun- gen gehabt. Er erzehlet auch anderswo gar auffrichtig/ wie er ſeine buͤcher zu ſchreiben an- gefangen/ wenn er in der vorrede uͤber den tra- ctat de Lythiaſi alſo ſchreibet: Endlich ſtund ich zwiſchen ſchamhafftigkeie und ſchre- cken uͤber dieſem wichtigen werck zweif- felhafftig und legte die feder ſehr offt wieder weg. Jch bat den HErrn aber- mal ernſtlich/ daß er einen erwehlen moͤchte/ der wuͤrdiger als ich waͤre. Dar- um erzuͤrnete der HErꝛ billich uͤber mich boͤſen und unnuͤtzen knecht/ und ver- hengete/ daß ich vom ſatan geſichtet wuͤrde. Denn derjenige orden der gei- ſter/ deſſen Zenith das hauß der kraͤfften und Nadir die uͤbrigen orden ſind/ finge an mich umſonſt zu verfolgen mit greu- lichen anlaͤuffen. Da erkannte ich bald/ daß mich die hand des HErrn geruͤhret haͤtte. Deßwegen ſchrieb ich bey der vollen verfolgung das buch/ deſſen titul iſt Ortus Medicinæ oder Initia Phyticæ inau- dita. Jn dieſen hab ich die gewoͤhnli- chen irrthuͤmer der ſchulen in ihren artz- neyen entdecket. Jch habe neue prin- cipia der kranckheiten angegeben/ wie auch bißher unerhoͤrte Theoremata, und erwieſen/ wie man die Heidniſchen thor- heiten der Univerſitæt verlaſſen/ und ſich hinfuͤro an die wahrheit gewoͤhnen ſoll Hier hab ich in meiner ſeelen einen rech- ten ſabbat gefunden/ dergleichen ich niemals in meinen guten tagen gehabt: So gar/ daß es mir verdaͤchtig war/ daß ſo groſſe ſtuͤrme mir die ruhe meiner ſee- len/ oder auch den leiblichen ſchlaff gar nicht ſtoͤrten. Worinne ich deine guͤte/ oGOtt mein beſchirmer/ nicht gnugſam loben kan/ welche nicht zugelaſſen daß meine ſeele im geringſten unter ſo gar groſ- Von dem anfang ſeines ſchrei- dens. A. K. H. Dritter Theil. K

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Zitationshilfe: Arnold, Gottfried: Unpartheyische Kirchen- und Ketzer-Historie. Bd. 2 (T. 3/4). Frankfurt (Main), 1700, S. 73. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/arnold_ketzerhistorie02_1700/85>, abgerufen am 22.12.2024.