Aston, Louise: Aus dem Leben einer Frau. Hamburg, 1847.wäre es thöricht, von den Frauen solche utopische Gedankenarmuth zu fordern, oder wohl gar das weibliche Ideal in diesen schuldlosen Zustand zu setzen, der bei unseren Verhältnissen nur gemacht sein kann, eine affectirte Prüderie. Eine andere Schranke aber muß die Weiblichkeit wahren; und wenn sie die Scylla der Prüderie vermeidet, nicht in die Charybdis der Prostitution gerathen. Prostitution aber ist die Hingabe der Liebe, in oder außer der Ehe, ist das Wegwerfen der eigenen Persönlichkeit! Diese hoch zu halten, diese nur gegen den Preis der Liebe hinzugeben, dies schöne Maß zu bewahren -- das ist in unserer Zeit des Weibes einzige Unschuld und Sittlichkeit. Nichts geht doch über eine harmonische Erscheinung; der Triumph, den die Natur in ihren Schöpfungen feiert! Wenn der Körper zum lebendigen Ausdruck der Seele geworden, jede seiner Bewegungen ihre Grazie athmet, und das Ebenmaß seiner Formen ein Abbild ist wäre es thöricht, von den Frauen solche utopische Gedankenarmuth zu fordern, oder wohl gar das weibliche Ideal in diesen schuldlosen Zustand zu setzen, der bei unseren Verhältnissen nur gemacht sein kann, eine affectirte Prüderie. Eine andere Schranke aber muß die Weiblichkeit wahren; und wenn sie die Scylla der Prüderie vermeidet, nicht in die Charybdis der Prostitution gerathen. Prostitution aber ist die Hingabe der Liebe, in oder außer der Ehe, ist das Wegwerfen der eigenen Persönlichkeit! Diese hoch zu halten, diese nur gegen den Preis der Liebe hinzugeben, dies schöne Maß zu bewahren — das ist in unserer Zeit des Weibes einzige Unschuld und Sittlichkeit. Nichts geht doch über eine harmonische Erscheinung; der Triumph, den die Natur in ihren Schöpfungen feiert! Wenn der Körper zum lebendigen Ausdruck der Seele geworden, jede seiner Bewegungen ihre Grazie athmet, und das Ebenmaß seiner Formen ein Abbild ist <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0120" n="108"/> wäre es thöricht, von den Frauen solche utopische Gedankenarmuth zu fordern, oder wohl gar das weibliche Ideal in diesen schuldlosen Zustand zu setzen, der bei unseren Verhältnissen nur <hi rendition="#g">gemacht</hi> sein kann, eine affectirte Prüderie. Eine andere Schranke aber muß die Weiblichkeit wahren; und wenn sie die Scylla der Prüderie vermeidet, nicht in die Charybdis der Prostitution gerathen. Prostitution aber ist die Hingabe der Liebe, in oder außer der Ehe, ist das Wegwerfen der eigenen Persönlichkeit! Diese hoch zu halten, diese nur gegen den Preis der Liebe hinzugeben, dies schöne Maß zu bewahren — das ist in unserer Zeit des Weibes einzige Unschuld und Sittlichkeit.</p> <milestone rendition="#hr" unit="section"/> <p> Nichts geht doch über eine harmonische Erscheinung; der Triumph, den die Natur in ihren Schöpfungen feiert! Wenn der Körper zum lebendigen Ausdruck der Seele geworden, jede seiner Bewegungen ihre Grazie athmet, und das Ebenmaß seiner Formen ein Abbild ist </p> </div> </body> </text> </TEI> [108/0120]
wäre es thöricht, von den Frauen solche utopische Gedankenarmuth zu fordern, oder wohl gar das weibliche Ideal in diesen schuldlosen Zustand zu setzen, der bei unseren Verhältnissen nur gemacht sein kann, eine affectirte Prüderie. Eine andere Schranke aber muß die Weiblichkeit wahren; und wenn sie die Scylla der Prüderie vermeidet, nicht in die Charybdis der Prostitution gerathen. Prostitution aber ist die Hingabe der Liebe, in oder außer der Ehe, ist das Wegwerfen der eigenen Persönlichkeit! Diese hoch zu halten, diese nur gegen den Preis der Liebe hinzugeben, dies schöne Maß zu bewahren — das ist in unserer Zeit des Weibes einzige Unschuld und Sittlichkeit.
Nichts geht doch über eine harmonische Erscheinung; der Triumph, den die Natur in ihren Schöpfungen feiert! Wenn der Körper zum lebendigen Ausdruck der Seele geworden, jede seiner Bewegungen ihre Grazie athmet, und das Ebenmaß seiner Formen ein Abbild ist
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