Aston, Louise: Aus dem Leben einer Frau. Hamburg, 1847.mit großblumigen Kattun überzogenen Sopha saß ein Greis mit finstern, unheimlichen Zügen. Die kleinen, grauen Augen, der stechende Blick kontrastirten unangenehm mit dem silberweißen Haar, und störten den Eindruck des ehrwürdigen Alters. Vor diesem Greise knieete ein liebliches Mädchen von siebenzehn Jahren. Lichtbraune Locken fielen noch ungeregelt auf den weißen Hals und Nacken nieder, und gaben dem zarten Oval des Angesichts eine süße, träumerische Färbung. Die großen blauen Augen sahen in tiefem Schmerz zu dem Greis empor, während ihre Hände krampfhaft gefaltet auf dem Busen ruhten, als wollten sie den heftigen Schlag des Herzens hemmen. Die ganze Erscheinung des Mädchens hatte etwas Rührendes; denn ihr Züge waren von jener eigenthümlichen Schönheit, deren Reiz durch den Ausdruck des Schmerzes erhöht wird, denen der Menschenkenner schon in Voraus prophezeiht, daß sie einst den Stempel tiefen Leidens tragen werden. -- Die Einrichtung des Gemachs entsprach dem Sinn der Bewohnerinn. Sie war einfach und klar, und entbehrte aller unnützen Zierrathen, mit denen sich sonst die Eitelkeit mit großblumigen Kattun überzogenen Sopha saß ein Greis mit finstern, unheimlichen Zügen. Die kleinen, grauen Augen, der stechende Blick kontrastirten unangenehm mit dem silberweißen Haar, und störten den Eindruck des ehrwürdigen Alters. Vor diesem Greise knieete ein liebliches Mädchen von siebenzehn Jahren. Lichtbraune Locken fielen noch ungeregelt auf den weißen Hals und Nacken nieder, und gaben dem zarten Oval des Angesichts eine süße, träumerische Färbung. Die großen blauen Augen sahen in tiefem Schmerz zu dem Greis empor, während ihre Hände krampfhaft gefaltet auf dem Busen ruhten, als wollten sie den heftigen Schlag des Herzens hemmen. Die ganze Erscheinung des Mädchens hatte etwas Rührendes; denn ihr Züge waren von jener eigenthümlichen Schönheit, deren Reiz durch den Ausdruck des Schmerzes erhöht wird, denen der Menschenkenner schon in Voraus prophezeiht, daß sie einst den Stempel tiefen Leidens tragen werden. — Die Einrichtung des Gemachs entsprach dem Sinn der Bewohnerinn. Sie war einfach und klar, und entbehrte aller unnützen Zierrathen, mit denen sich sonst die Eitelkeit <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0015" n="3"/> mit großblumigen Kattun überzogenen Sopha saß ein Greis mit finstern, unheimlichen Zügen. Die kleinen, grauen Augen, der stechende Blick kontrastirten unangenehm mit dem silberweißen Haar, und störten den Eindruck des ehrwürdigen Alters. Vor diesem Greise knieete ein liebliches Mädchen von siebenzehn Jahren. Lichtbraune Locken fielen noch ungeregelt auf den weißen Hals und Nacken nieder, und gaben dem zarten Oval des Angesichts eine süße, träumerische Färbung. Die großen blauen Augen sahen in tiefem Schmerz zu dem Greis empor, während ihre Hände krampfhaft gefaltet auf dem Busen ruhten, als wollten sie den heftigen Schlag des Herzens hemmen. Die ganze Erscheinung des Mädchens hatte etwas Rührendes; denn ihr Züge waren von jener eigenthümlichen Schönheit, deren Reiz durch den Ausdruck des Schmerzes erhöht wird, denen der Menschenkenner schon in Voraus prophezeiht, daß sie einst den Stempel tiefen Leidens tragen werden. — Die Einrichtung des Gemachs entsprach dem Sinn der Bewohnerinn. Sie war einfach und klar, und entbehrte aller unnützen Zierrathen, mit denen sich sonst die Eitelkeit </p> </div> </body> </text> </TEI> [3/0015]
mit großblumigen Kattun überzogenen Sopha saß ein Greis mit finstern, unheimlichen Zügen. Die kleinen, grauen Augen, der stechende Blick kontrastirten unangenehm mit dem silberweißen Haar, und störten den Eindruck des ehrwürdigen Alters. Vor diesem Greise knieete ein liebliches Mädchen von siebenzehn Jahren. Lichtbraune Locken fielen noch ungeregelt auf den weißen Hals und Nacken nieder, und gaben dem zarten Oval des Angesichts eine süße, träumerische Färbung. Die großen blauen Augen sahen in tiefem Schmerz zu dem Greis empor, während ihre Hände krampfhaft gefaltet auf dem Busen ruhten, als wollten sie den heftigen Schlag des Herzens hemmen. Die ganze Erscheinung des Mädchens hatte etwas Rührendes; denn ihr Züge waren von jener eigenthümlichen Schönheit, deren Reiz durch den Ausdruck des Schmerzes erhöht wird, denen der Menschenkenner schon in Voraus prophezeiht, daß sie einst den Stempel tiefen Leidens tragen werden. — Die Einrichtung des Gemachs entsprach dem Sinn der Bewohnerinn. Sie war einfach und klar, und entbehrte aller unnützen Zierrathen, mit denen sich sonst die Eitelkeit
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