Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Aston, Louise: Aus dem Leben einer Frau. Hamburg, 1847.

Bild:
<< vorherige Seite

Litteratur ausgetönt, da die Beschränktheit solcher Existenzen auch nicht auf Natur und Wahrheit Anspruch machen kann; sondern mit Recht als ein affectirtes Ignoriren des Lebens in der Welt und ihrer Geschichte angesehen wird, das Utopien einer spießbürgerlichen Phantasie. Diese Genrebilder ohne Perspective und Hintergrund finden kein Publikum mehr; denn sie sind poetische Grillen, welche der Wirklichkeit fern liegen. Selbst in das abgeschlossenste Pfarrhaus hinein dringt das Leben mit seinen Beziehungen und Gegensätzen, mit seiner Noth und Bedeutsamkeit; bringt der Zeitgeist mit seinen Kämpfen und seinen Zielen. In eine solche Pfarrwohnung, die nur äußerlich den idyllischen Frieden zur Schau trägt, während in ihrem Innern das moderne Leben seine socialen Schlachten schlägt, versetzen wir jetzt die Phantasie unserer Leser.

Die ersten Strahlen der Maiensonne drangen verstohlen durch zwei kleine, runde Schiebfenster, über welche dichtbelaubte Kastanienbäume die ehrwürdigen Schatten warfen, in ein traulich enges Gemach, und beleuchteten hier eine eigenthümliche Scene. Auf einem altmodischen

Litteratur ausgetönt, da die Beschränktheit solcher Existenzen auch nicht auf Natur und Wahrheit Anspruch machen kann; sondern mit Recht als ein affectirtes Ignoriren des Lebens in der Welt und ihrer Geschichte angesehen wird, das Utopien einer spießbürgerlichen Phantasie. Diese Genrebilder ohne Perspective und Hintergrund finden kein Publikum mehr; denn sie sind poetische Grillen, welche der Wirklichkeit fern liegen. Selbst in das abgeschlossenste Pfarrhaus hinein dringt das Leben mit seinen Beziehungen und Gegensätzen, mit seiner Noth und Bedeutsamkeit; bringt der Zeitgeist mit seinen Kämpfen und seinen Zielen. In eine solche Pfarrwohnung, die nur äußerlich den idyllischen Frieden zur Schau trägt, während in ihrem Innern das moderne Leben seine socialen Schlachten schlägt, versetzen wir jetzt die Phantasie unserer Leser.

Die ersten Strahlen der Maiensonne drangen verstohlen durch zwei kleine, runde Schiebfenster, über welche dichtbelaubte Kastanienbäume die ehrwürdigen Schatten warfen, in ein traulich enges Gemach, und beleuchteten hier eine eigenthümliche Scene. Auf einem altmodischen

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <p><pb facs="#f0014" n="2"/>
Litteratur ausgetönt, da die Beschränktheit solcher                     Existenzen auch nicht auf Natur und Wahrheit Anspruch machen kann; sondern mit                     Recht als ein affectirtes Ignoriren des Lebens in der Welt und ihrer Geschichte                     angesehen wird, das Utopien einer spießbürgerlichen Phantasie. Diese Genrebilder                     ohne Perspective und Hintergrund finden kein Publikum mehr; denn sie sind                     poetische Grillen, welche der Wirklichkeit fern liegen. Selbst in das                     abgeschlossenste Pfarrhaus hinein dringt das Leben mit seinen Beziehungen und                     Gegensätzen, mit seiner Noth und Bedeutsamkeit; bringt der Zeitgeist mit seinen                     Kämpfen und seinen Zielen. In eine solche Pfarrwohnung, die nur äußerlich                     den idyllischen Frieden zur Schau trägt, während in ihrem Innern das moderne                     Leben seine socialen Schlachten schlägt, versetzen wir jetzt die Phantasie                     unserer Leser.</p>
        <p>Die ersten Strahlen der Maiensonne drangen verstohlen durch zwei kleine, runde                     Schiebfenster, über welche dichtbelaubte Kastanienbäume die ehrwürdigen Schatten                     warfen, in ein traulich enges Gemach, und beleuchteten hier eine eigenthümliche                     Scene. Auf einem altmodischen
</p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[2/0014] Litteratur ausgetönt, da die Beschränktheit solcher Existenzen auch nicht auf Natur und Wahrheit Anspruch machen kann; sondern mit Recht als ein affectirtes Ignoriren des Lebens in der Welt und ihrer Geschichte angesehen wird, das Utopien einer spießbürgerlichen Phantasie. Diese Genrebilder ohne Perspective und Hintergrund finden kein Publikum mehr; denn sie sind poetische Grillen, welche der Wirklichkeit fern liegen. Selbst in das abgeschlossenste Pfarrhaus hinein dringt das Leben mit seinen Beziehungen und Gegensätzen, mit seiner Noth und Bedeutsamkeit; bringt der Zeitgeist mit seinen Kämpfen und seinen Zielen. In eine solche Pfarrwohnung, die nur äußerlich den idyllischen Frieden zur Schau trägt, während in ihrem Innern das moderne Leben seine socialen Schlachten schlägt, versetzen wir jetzt die Phantasie unserer Leser. Die ersten Strahlen der Maiensonne drangen verstohlen durch zwei kleine, runde Schiebfenster, über welche dichtbelaubte Kastanienbäume die ehrwürdigen Schatten warfen, in ein traulich enges Gemach, und beleuchteten hier eine eigenthümliche Scene. Auf einem altmodischen

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Sophie - A Digital Library of Works by German-Speaking Women: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in der Syntax von "Sophie". (2013-03-13T15:54:31Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Heinrich Heine Universität Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate (2013-03-13T15:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat. (2013-03-13T15:54:31Z)

Weitere Informationen:

Anmerkungen zur Transkription:

  • Wird ein Wort durch einen Seitenumbruch getrennt, so wird es vollständig auf der vorhergehenden Seite übernommen.
  • Silbentrennungen über Zeilengrenzen hinweg werden aufgelöst.
  • Der Zeilenfall wurde aufgehoben, die Absätze beibehalten.
  • Die Majuskel J im Frakturdruck wird in der Transkription je nach Lautwert als I bzw. J wiedergegeben.
  • Langes s (ſ) wird als rundes s (s) wiedergegeben.
  • Übergeschriebenes „e“ über „a“, „o“ und „u“ wird als „ä“, „ö“, „ü“ transkribiert.



Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/aston_leben_1847
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/aston_leben_1847/14
Zitationshilfe: Aston, Louise: Aus dem Leben einer Frau. Hamburg, 1847, S. 2. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/aston_leben_1847/14>, abgerufen am 21.11.2024.