Aston, Louise: Aus dem Leben einer Frau. Hamburg, 1847.täglich den empfindlichsten Demüthigungen ausgesetzt. Die ungebildete, hochmüthige Familie behandelte mich, den Erzieher ihres Kindes, gleich einem Domestiken. Wenn ich oft nahe daran war, das Haus zu verlassen -- da tödtete der Gedanke an meine Armuth, an eine Zukunft ohne Mittel und Aussicht, den freien Entschluß. Allmählig fand ich in meinen Zöglingen Ersatz für die bittern Kränkungen, welche die Eltern mir zufügten. Elise, die Tochter des Hauses, machte mir das Leben zum erstenmale wünschenswerth. Unsere gegenseitige Neigung wurde bald zur Liebe; die Liebe zur heftigsten Leidenschaft, die nicht nur über mich, sondern auch über die Schülerinn maßlosen Jammer brachte. Die Mutter, eine herzlose Kokette, eifersüchtig auf die Reize der Tochter, entdeckte bald mein Verhältniß zu Elisa. Ich wurde in einer entehrenden Weise, die meinen Namen an den Prager stellte, aus dem Hause gejagt. Ohne eine andere Stellung zu finden, irrte ich lange Zeit in der Welt umher, im Herzen verzehrende Liebe, von Noth und Sorge treu begleitet. Die bewegtesten Schicksale täglich den empfindlichsten Demüthigungen ausgesetzt. Die ungebildete, hochmüthige Familie behandelte mich, den Erzieher ihres Kindes, gleich einem Domestiken. Wenn ich oft nahe daran war, das Haus zu verlassen — da tödtete der Gedanke an meine Armuth, an eine Zukunft ohne Mittel und Aussicht, den freien Entschluß. Allmählig fand ich in meinen Zöglingen Ersatz für die bittern Kränkungen, welche die Eltern mir zufügten. Elise, die Tochter des Hauses, machte mir das Leben zum erstenmale wünschenswerth. Unsere gegenseitige Neigung wurde bald zur Liebe; die Liebe zur heftigsten Leidenschaft, die nicht nur über mich, sondern auch über die Schülerinn maßlosen Jammer brachte. Die Mutter, eine herzlose Kokette, eifersüchtig auf die Reize der Tochter, entdeckte bald mein Verhältniß zu Elisa. Ich wurde in einer entehrenden Weise, die meinen Namen an den Prager stellte, aus dem Hause gejagt. Ohne eine andere Stellung zu finden, irrte ich lange Zeit in der Welt umher, im Herzen verzehrende Liebe, von Noth und Sorge treu begleitet. Die bewegtesten Schicksale <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0021" n="9"/> täglich den empfindlichsten Demüthigungen ausgesetzt. Die ungebildete, hochmüthige Familie behandelte mich, den Erzieher ihres Kindes, gleich einem Domestiken. Wenn ich oft nahe daran war, das Haus zu verlassen — da tödtete der Gedanke an meine Armuth, an eine Zukunft ohne Mittel und Aussicht, den freien Entschluß. Allmählig fand ich in meinen Zöglingen Ersatz für die bittern Kränkungen, welche die Eltern mir zufügten. Elise, die Tochter des Hauses, machte mir das Leben zum erstenmale wünschenswerth. Unsere gegenseitige Neigung wurde bald zur Liebe; die Liebe zur heftigsten Leidenschaft, die nicht nur über mich, sondern auch über die Schülerinn maßlosen Jammer brachte. Die Mutter, eine herzlose Kokette, eifersüchtig auf die Reize der Tochter, entdeckte bald mein Verhältniß zu Elisa. Ich wurde in einer entehrenden Weise, die meinen Namen an den Prager stellte, aus dem Hause gejagt. Ohne eine andere Stellung zu finden, irrte ich lange Zeit in der Welt umher, im Herzen verzehrende Liebe, von Noth und Sorge treu begleitet. Die bewegtesten Schicksale </p> </div> </body> </text> </TEI> [9/0021]
täglich den empfindlichsten Demüthigungen ausgesetzt. Die ungebildete, hochmüthige Familie behandelte mich, den Erzieher ihres Kindes, gleich einem Domestiken. Wenn ich oft nahe daran war, das Haus zu verlassen — da tödtete der Gedanke an meine Armuth, an eine Zukunft ohne Mittel und Aussicht, den freien Entschluß. Allmählig fand ich in meinen Zöglingen Ersatz für die bittern Kränkungen, welche die Eltern mir zufügten. Elise, die Tochter des Hauses, machte mir das Leben zum erstenmale wünschenswerth. Unsere gegenseitige Neigung wurde bald zur Liebe; die Liebe zur heftigsten Leidenschaft, die nicht nur über mich, sondern auch über die Schülerinn maßlosen Jammer brachte. Die Mutter, eine herzlose Kokette, eifersüchtig auf die Reize der Tochter, entdeckte bald mein Verhältniß zu Elisa. Ich wurde in einer entehrenden Weise, die meinen Namen an den Prager stellte, aus dem Hause gejagt. Ohne eine andere Stellung zu finden, irrte ich lange Zeit in der Welt umher, im Herzen verzehrende Liebe, von Noth und Sorge treu begleitet. Die bewegtesten Schicksale
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen … Sophie - A Digital Library of Works by German-Speaking Women: Bereitstellung der Texttranskription und Auszeichnung in der Syntax von "Sophie".
(2013-03-13T15:54:31Z)
Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme entsprechen muss.
Heinrich Heine Universität Düsseldorf: Bereitstellung der Bilddigitalisate
(2013-03-13T15:54:31Z)
Frederike Neuber: Konvertierung nach XML/TEI gemäß DTA-Basisformat.
(2013-03-13T15:54:31Z)
Weitere Informationen:Anmerkungen zur Transkription:
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |