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Aston, Louise: Aus dem Leben einer Frau. Hamburg, 1847.

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mit großer Schnelligkeit weiter. Nur in der Nähe des Freundschaftssaals sah sie sich ängstlich um, ob Niemand ihren Schritten folge, verließ dann plötzlich den gewöhnlichen, breiten Weg, und schlug einen Seitenweg ein, der durch eine Nebenpforte zu dem großen, parkähnlichen Garten führt, welcher zu diesem beliebten Etablissement gehört. Hier saß in einer blühenden Fliederlaube, die fast undurchdringlich von dem grünen Gezweig umschlungen war, ein schöner, ernster Mann von 30 Jahren, in dessen regelmäßigen, römischen Zügen sich deutlich die Ungeduld der Erwartung und ihre ängstliche Spannung malte. Als er die Pforte leise öffnen hörte, sprang er auf, stürzte mit ausgebreiteten Armen aus der Laube, umschloß mit unbeschreiblicher Leidenschaft das junge Weib, das eben eingetreten, und sagte mit dem Ton der glühendsten Liebe: "meine Johanna, Du kommst! O ich danke Dir!" Dann zog er sie zärtlich in die Laube, nahm ihr den feinen Strohhut ab, strich die vollen Locken, die sich zu üppig vorgedrängt, von der Stirn, kniete dann zu ihren Füßen nieder, preßte die kleinen Hände fest in die seinen, und drückte lange, brennende

mit großer Schnelligkeit weiter. Nur in der Nähe des Freundschaftssaals sah sie sich ängstlich um, ob Niemand ihren Schritten folge, verließ dann plötzlich den gewöhnlichen, breiten Weg, und schlug einen Seitenweg ein, der durch eine Nebenpforte zu dem großen, parkähnlichen Garten führt, welcher zu diesem beliebten Etablissement gehört. Hier saß in einer blühenden Fliederlaube, die fast undurchdringlich von dem grünen Gezweig umschlungen war, ein schöner, ernster Mann von 30 Jahren, in dessen regelmäßigen, römischen Zügen sich deutlich die Ungeduld der Erwartung und ihre ängstliche Spannung malte. Als er die Pforte leise öffnen hörte, sprang er auf, stürzte mit ausgebreiteten Armen aus der Laube, umschloß mit unbeschreiblicher Leidenschaft das junge Weib, das eben eingetreten, und sagte mit dem Ton der glühendsten Liebe: „meine Johanna, Du kommst! O ich danke Dir!“ Dann zog er sie zärtlich in die Laube, nahm ihr den feinen Strohhut ab, strich die vollen Locken, die sich zu üppig vorgedrängt, von der Stirn, kniete dann zu ihren Füßen nieder, preßte die kleinen Hände fest in die seinen, und drückte lange, brennende

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[34/0046] mit großer Schnelligkeit weiter. Nur in der Nähe des Freundschaftssaals sah sie sich ängstlich um, ob Niemand ihren Schritten folge, verließ dann plötzlich den gewöhnlichen, breiten Weg, und schlug einen Seitenweg ein, der durch eine Nebenpforte zu dem großen, parkähnlichen Garten führt, welcher zu diesem beliebten Etablissement gehört. Hier saß in einer blühenden Fliederlaube, die fast undurchdringlich von dem grünen Gezweig umschlungen war, ein schöner, ernster Mann von 30 Jahren, in dessen regelmäßigen, römischen Zügen sich deutlich die Ungeduld der Erwartung und ihre ängstliche Spannung malte. Als er die Pforte leise öffnen hörte, sprang er auf, stürzte mit ausgebreiteten Armen aus der Laube, umschloß mit unbeschreiblicher Leidenschaft das junge Weib, das eben eingetreten, und sagte mit dem Ton der glühendsten Liebe: „meine Johanna, Du kommst! O ich danke Dir!“ Dann zog er sie zärtlich in die Laube, nahm ihr den feinen Strohhut ab, strich die vollen Locken, die sich zu üppig vorgedrängt, von der Stirn, kniete dann zu ihren Füßen nieder, preßte die kleinen Hände fest in die seinen, und drückte lange, brennende

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Zitationshilfe: Aston, Louise: Aus dem Leben einer Frau. Hamburg, 1847, S. 34. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/aston_leben_1847/46>, abgerufen am 21.11.2024.