Aston, Louise: Aus dem Leben einer Frau. Hamburg, 1847.Herzens geworden. Als ich vor vier Jahren gezwungen wurde, meinen Gatten zu heirathen, wider meine Neigung -- da glaubte ich zu lieben, ein süßer Irrthum, in dem jedes junge Mädchen befangen ist. Schon damals unterdrückte ich dies Gefühl; nicht aus moralischen Grundsätzen; nicht aus Pflichtbewußtsein; sondern aus Stolz. Ich war die Frau eines Andern; ich wollte, den Menschen gegenüber, vorwurfsfrei dastehen. Seit ich Dich kenne -- weiß ich wohl, daß ich früher nie geliebt. Und die Seligkeit zu lieben, so mit aller Kraft lieben zu können, hat mir nie Zeit gelassen zur Reue. Und ich werde es nie bereuen, Dir die ganze Stärke meiner Leidenschaft offen gezeigt zu haben. Ich bin keine von den christlichen Hausfrauen, welche die heißen Wünsche ihres Herzens, aus Furcht vor moralischer Abkanzelung oder ewiger Strafe, unterdrücken, und in ihrem Tugendbewußtsein reichlichen Ersatz für alles geopferte Glück finden. Ich bin nichts weiter -- als stolz -- ich will keine Seligkeit, die ich mir stehlen, über die ich vor der Welt erröthen müßte. Darum und darum allein -- gehöre ich Dir nicht ganz in Liebe an. Erschwere Herzens geworden. Als ich vor vier Jahren gezwungen wurde, meinen Gatten zu heirathen, wider meine Neigung — da glaubte ich zu lieben, ein süßer Irrthum, in dem jedes junge Mädchen befangen ist. Schon damals unterdrückte ich dies Gefühl; nicht aus moralischen Grundsätzen; nicht aus Pflichtbewußtsein; sondern aus Stolz. Ich war die Frau eines Andern; ich wollte, den Menschen gegenüber, vorwurfsfrei dastehen. Seit ich Dich kenne — weiß ich wohl, daß ich früher nie geliebt. Und die Seligkeit zu lieben, so mit aller Kraft lieben zu können, hat mir nie Zeit gelassen zur Reue. Und ich werde es nie bereuen, Dir die ganze Stärke meiner Leidenschaft offen gezeigt zu haben. Ich bin keine von den christlichen Hausfrauen, welche die heißen Wünsche ihres Herzens, aus Furcht vor moralischer Abkanzelung oder ewiger Strafe, unterdrücken, und in ihrem Tugendbewußtsein reichlichen Ersatz für alles geopferte Glück finden. Ich bin nichts weiter — als stolz — ich will keine Seligkeit, die ich mir stehlen, über die ich vor der Welt erröthen müßte. Darum und darum allein — gehöre ich Dir nicht ganz in Liebe an. Erschwere <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0049" n="37"/> Herzens geworden. Als ich vor vier Jahren gezwungen wurde, meinen Gatten zu heirathen, wider meine Neigung — da glaubte ich zu lieben, ein süßer Irrthum, in dem jedes junge Mädchen befangen ist. Schon damals unterdrückte ich dies Gefühl; nicht aus moralischen Grundsätzen; nicht aus Pflichtbewußtsein; sondern aus Stolz. Ich war die Frau eines Andern; ich wollte, den Menschen gegenüber, vorwurfsfrei dastehen. Seit ich <hi rendition="#g">Dich</hi> kenne — weiß ich wohl, daß ich früher nie geliebt. Und die Seligkeit zu lieben, so mit aller Kraft lieben zu können, hat mir nie Zeit gelassen zur Reue. Und ich werde es nie bereuen, Dir die ganze Stärke meiner Leidenschaft offen gezeigt zu haben. Ich bin keine von den christlichen Hausfrauen, welche die heißen Wünsche ihres Herzens, aus Furcht vor moralischer Abkanzelung oder ewiger Strafe, unterdrücken, und in ihrem Tugendbewußtsein reichlichen Ersatz für alles geopferte Glück finden. Ich bin nichts weiter — als <hi rendition="#g">stolz</hi> — ich will keine Seligkeit, die ich mir stehlen, über die ich vor der Welt erröthen müßte. Darum und darum allein — gehöre ich Dir nicht ganz in Liebe an. Erschwere </p> </div> </body> </text> </TEI> [37/0049]
Herzens geworden. Als ich vor vier Jahren gezwungen wurde, meinen Gatten zu heirathen, wider meine Neigung — da glaubte ich zu lieben, ein süßer Irrthum, in dem jedes junge Mädchen befangen ist. Schon damals unterdrückte ich dies Gefühl; nicht aus moralischen Grundsätzen; nicht aus Pflichtbewußtsein; sondern aus Stolz. Ich war die Frau eines Andern; ich wollte, den Menschen gegenüber, vorwurfsfrei dastehen. Seit ich Dich kenne — weiß ich wohl, daß ich früher nie geliebt. Und die Seligkeit zu lieben, so mit aller Kraft lieben zu können, hat mir nie Zeit gelassen zur Reue. Und ich werde es nie bereuen, Dir die ganze Stärke meiner Leidenschaft offen gezeigt zu haben. Ich bin keine von den christlichen Hausfrauen, welche die heißen Wünsche ihres Herzens, aus Furcht vor moralischer Abkanzelung oder ewiger Strafe, unterdrücken, und in ihrem Tugendbewußtsein reichlichen Ersatz für alles geopferte Glück finden. Ich bin nichts weiter — als stolz — ich will keine Seligkeit, die ich mir stehlen, über die ich vor der Welt erröthen müßte. Darum und darum allein — gehöre ich Dir nicht ganz in Liebe an. Erschwere
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