Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.in höflich stolzer Weise den Amtmann, und dieser erklärte, daß er vorerst gar nichts zu sagen habe. Der Schäferle erwähnte nun noch, daß ihm Diethelm beim Wegfahren einen Knaben geschickt habe, mit der Weisung, er habe Medard über Feld geschickt, und der Vater möge ihn nicht besuchen, während Diethelm doch beim Bahnschlitten gesagt habe, Medard müsse zu Hause bleiben. Alle Zuhörer in der Stube nickten einander zu und deuteten sich mit den Fingern, wie wichtig das sei. Soll ich darauf auch nichts sagen? fragte Diethelm, den Kopf zurückwerfend, man soll den Buben holen lassen, er soll sagen, was ich ihm aufgetragen hab', und da mein Vetter war bei mir im Schlitten, der hat Alles gehört. Ich hab' nichts gehört, platzte der Vetter heraus. Ruhe! gebot der Amtmann, ich weiß schon selbst, wen ich zu verhören habe. Er verkündete nun Diethelm, daß er verhaftet sei und nach der Stadt abgeführt werde. Gut, sagte Diethelm aufstehend, darf ich in meinem Fuhrwerk fahren? Ich hab' einen bösen Arm. Der Amtmann bewilligte dieses und jetzt trat Martha vor, die Allem still zugehört hatte, und sagte: Ich weiß von Allem so gut wie mein Mann, ich will mit in den Thurm, ich bleib' bei dir, Diethelm. Wir sind von Gott zusammengegeben, kein Mensch kann dich von mir trennen. Jetzt erst sah Diethelm tief traurig drein, wie seine Frau seine Hand faßte. Eine tiefe Bewegung bemächtigte sich Aller, und der Amtmann erklärte, daß Martha nicht bei ihrem Manne bleiben, daß sie aber mit ihm selbst nachfahren könne, da man ihrer nur als Zeugin bedürfe. Als Diethelm von dem Landjäger abgeführt wurde, legte er an der Thüre die Hand auf die Schulter des Schäferle, sah ihn durchbohrend an und sagte: Du bist ein Vater, ich nehm dir's nicht übel, was du in höflich stolzer Weise den Amtmann, und dieser erklärte, daß er vorerst gar nichts zu sagen habe. Der Schäferle erwähnte nun noch, daß ihm Diethelm beim Wegfahren einen Knaben geschickt habe, mit der Weisung, er habe Medard über Feld geschickt, und der Vater möge ihn nicht besuchen, während Diethelm doch beim Bahnschlitten gesagt habe, Medard müsse zu Hause bleiben. Alle Zuhörer in der Stube nickten einander zu und deuteten sich mit den Fingern, wie wichtig das sei. Soll ich darauf auch nichts sagen? fragte Diethelm, den Kopf zurückwerfend, man soll den Buben holen lassen, er soll sagen, was ich ihm aufgetragen hab', und da mein Vetter war bei mir im Schlitten, der hat Alles gehört. Ich hab' nichts gehört, platzte der Vetter heraus. Ruhe! gebot der Amtmann, ich weiß schon selbst, wen ich zu verhören habe. Er verkündete nun Diethelm, daß er verhaftet sei und nach der Stadt abgeführt werde. Gut, sagte Diethelm aufstehend, darf ich in meinem Fuhrwerk fahren? Ich hab' einen bösen Arm. Der Amtmann bewilligte dieses und jetzt trat Martha vor, die Allem still zugehört hatte, und sagte: Ich weiß von Allem so gut wie mein Mann, ich will mit in den Thurm, ich bleib' bei dir, Diethelm. Wir sind von Gott zusammengegeben, kein Mensch kann dich von mir trennen. Jetzt erst sah Diethelm tief traurig drein, wie seine Frau seine Hand faßte. Eine tiefe Bewegung bemächtigte sich Aller, und der Amtmann erklärte, daß Martha nicht bei ihrem Manne bleiben, daß sie aber mit ihm selbst nachfahren könne, da man ihrer nur als Zeugin bedürfe. 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Alle Zuhörer in der Stube nickten einander zu und deuteten sich mit den Fingern, wie wichtig das sei.
Soll ich darauf auch nichts sagen? fragte Diethelm, den Kopf zurückwerfend, man soll den Buben holen lassen, er soll sagen, was ich ihm aufgetragen hab', und da mein Vetter war bei mir im Schlitten, der hat Alles gehört.
Ich hab' nichts gehört, platzte der Vetter heraus.
Ruhe! gebot der Amtmann, ich weiß schon selbst, wen ich zu verhören habe.
Er verkündete nun Diethelm, daß er verhaftet sei und nach der Stadt abgeführt werde.
Gut, sagte Diethelm aufstehend, darf ich in meinem Fuhrwerk fahren? Ich hab' einen bösen Arm.
Der Amtmann bewilligte dieses und jetzt trat Martha vor, die Allem still zugehört hatte, und sagte:
Ich weiß von Allem so gut wie mein Mann, ich will mit in den Thurm, ich bleib' bei dir, Diethelm. Wir sind von Gott zusammengegeben, kein Mensch kann dich von mir trennen.
Jetzt erst sah Diethelm tief traurig drein, wie seine Frau seine Hand faßte. Eine tiefe Bewegung bemächtigte sich Aller, und der Amtmann erklärte, daß Martha nicht bei ihrem Manne bleiben, daß sie aber mit ihm selbst nachfahren könne, da man ihrer nur als Zeugin bedürfe.
Als Diethelm von dem Landjäger abgeführt wurde, legte er an der Thüre die Hand auf die Schulter des Schäferle, sah ihn durchbohrend an und sagte:
Du bist ein Vater, ich nehm dir's nicht übel, was du
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Zitationshilfe: | Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016, S. . In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/auerbach_diethelm_1910/117>, abgerufen am 16.02.2025. |