Auerbach, Berthold: Die Geschichte des Diethelm von Buchenberg. In: Deutscher Novellenschatz. Hrsg. von Paul Heyse und Hermann Kurz. Bd. 7. 2. Aufl. Berlin, [1910], S. 45–268. In: Weitin, Thomas (Hrsg.): Volldigitalisiertes Korpus. Der Deutsche Novellenschatz. Darmstadt/Konstanz, 2016.storben, mit denen ich einen falschen Eid geschworen hätt', wenn ich hätt' schwören müssen. Du? Wo denn? Ich hätt' vor Gericht geschworen, daß nie vom Anzünden zwischen uns die Rede gewesen ist, ich hab' gemeint, ich bring' dich damit in Ungelegenheiten, wenn ich's sag'. Dummes Zeug, das hättst du wohl auch mit einem Eid sagen können, ich hab' noch ganz andere Sachen zu Boden geschlagen, polterte Diethelm; als er aber das schmerzzuckende Antlitz seiner Frau sah, setzte er begütigend hinzu: Red dir nur nichts ein von einem falschen Eid, du hast ja gar nicht geschworen, und hättest du auch, wär's auch nicht falsch gewesen, du hast ja bloß etwas verschwiegen, und wenn alle Menschen, die falsche Eide geschworen haben, todte Finger bekämen, es gäb' wenige, die eine Prise nehmen könnten. Martha schwieg, ein schwerer Gedanke stieg in ihr auf, den sie aber mit aller Macht bannte. Wie verwildert, wie jähzornig und bald wieder so viel allein redend war ihr Mann! Mehr als je standen diese Menschen in Reichthum und Ueberfluß, aber Kummer und Schmerz verließ sie nie; Martha konnte nichts mehr arbeiten und wurde immer trübsinniger. Tagelang saß sie in sich zusammengekauert und betrachtete stieren Blickes die todten Finger an ihrer rechten Hand; nur Fränz war glücklich, zumal da sie hörte, daß man im Sommer nach dem Bade reis'te, und zwar gerade nach dem Orte, wohin der Amtsverweser versetzt war. Martha hatte insgeheim und durch dritte Hand dem alten Schäferle manche Gabe zukommen lassen, aber er wies Alles zurück; er war den ganzen Tag beim Abräumen des Schuttes und suchte nach den Gebeinen seines Sohnes, von denen er nichts fand, als den halbverbrannten Schädel und ein Stück des Oberarmes. Martha wagte es eines Abends, den verlassenen Mann aufzusuchen. storben, mit denen ich einen falschen Eid geschworen hätt', wenn ich hätt' schwören müssen. Du? Wo denn? Ich hätt' vor Gericht geschworen, daß nie vom Anzünden zwischen uns die Rede gewesen ist, ich hab' gemeint, ich bring' dich damit in Ungelegenheiten, wenn ich's sag'. Dummes Zeug, das hättst du wohl auch mit einem Eid sagen können, ich hab' noch ganz andere Sachen zu Boden geschlagen, polterte Diethelm; als er aber das schmerzzuckende Antlitz seiner Frau sah, setzte er begütigend hinzu: Red dir nur nichts ein von einem falschen Eid, du hast ja gar nicht geschworen, und hättest du auch, wär's auch nicht falsch gewesen, du hast ja bloß etwas verschwiegen, und wenn alle Menschen, die falsche Eide geschworen haben, todte Finger bekämen, es gäb' wenige, die eine Prise nehmen könnten. Martha schwieg, ein schwerer Gedanke stieg in ihr auf, den sie aber mit aller Macht bannte. Wie verwildert, wie jähzornig und bald wieder so viel allein redend war ihr Mann! Mehr als je standen diese Menschen in Reichthum und Ueberfluß, aber Kummer und Schmerz verließ sie nie; Martha konnte nichts mehr arbeiten und wurde immer trübsinniger. Tagelang saß sie in sich zusammengekauert und betrachtete stieren Blickes die todten Finger an ihrer rechten Hand; nur Fränz war glücklich, zumal da sie hörte, daß man im Sommer nach dem Bade reis'te, und zwar gerade nach dem Orte, wohin der Amtsverweser versetzt war. Martha hatte insgeheim und durch dritte Hand dem alten Schäferle manche Gabe zukommen lassen, aber er wies Alles zurück; er war den ganzen Tag beim Abräumen des Schuttes und suchte nach den Gebeinen seines Sohnes, von denen er nichts fand, als den halbverbrannten Schädel und ein Stück des Oberarmes. Martha wagte es eines Abends, den verlassenen Mann aufzusuchen. <TEI> <text> <body> <div type="chapter" n="21"> <p><pb facs="#f0154"/> storben, mit denen ich einen falschen Eid geschworen hätt', wenn ich hätt' schwören müssen.</p><lb/> <p>Du? 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storben, mit denen ich einen falschen Eid geschworen hätt', wenn ich hätt' schwören müssen.
Du? Wo denn?
Ich hätt' vor Gericht geschworen, daß nie vom Anzünden zwischen uns die Rede gewesen ist, ich hab' gemeint, ich bring' dich damit in Ungelegenheiten, wenn ich's sag'.
Dummes Zeug, das hättst du wohl auch mit einem Eid sagen können, ich hab' noch ganz andere Sachen zu Boden geschlagen, polterte Diethelm; als er aber das schmerzzuckende Antlitz seiner Frau sah, setzte er begütigend hinzu: Red dir nur nichts ein von einem falschen Eid, du hast ja gar nicht geschworen, und hättest du auch, wär's auch nicht falsch gewesen, du hast ja bloß etwas verschwiegen, und wenn alle Menschen, die falsche Eide geschworen haben, todte Finger bekämen, es gäb' wenige, die eine Prise nehmen könnten.
Martha schwieg, ein schwerer Gedanke stieg in ihr auf, den sie aber mit aller Macht bannte. Wie verwildert, wie jähzornig und bald wieder so viel allein redend war ihr Mann!
Mehr als je standen diese Menschen in Reichthum und Ueberfluß, aber Kummer und Schmerz verließ sie nie; Martha konnte nichts mehr arbeiten und wurde immer trübsinniger. Tagelang saß sie in sich zusammengekauert und betrachtete stieren Blickes die todten Finger an ihrer rechten Hand; nur Fränz war glücklich, zumal da sie hörte, daß man im Sommer nach dem Bade reis'te, und zwar gerade nach dem Orte, wohin der Amtsverweser versetzt war.
Martha hatte insgeheim und durch dritte Hand dem alten Schäferle manche Gabe zukommen lassen, aber er wies Alles zurück; er war den ganzen Tag beim Abräumen des Schuttes und suchte nach den Gebeinen seines Sohnes, von denen er nichts fand, als den halbverbrannten Schädel und ein Stück des Oberarmes.
Martha wagte es eines Abends, den verlassenen Mann aufzusuchen.
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