Allgemeine Zeitung. Nr. 5. Augsburg, 5. Januar 1840.darstellt, so geschieht dieß doch nur dem Katholicismus gegenüber; und selbst die lautesten Schreier von dieser Seite her erkennen zu andern Zeiten, daß jenes vollkommene Wesen gar mancher Verbesserung fähig sey. Frankreich. Paris, 31 Dec. Der Erzbischof von Paris, Hr. v. Quelen, ist am 31 Dec. um 10 Uhr Vormittags gestorben. (Moniteur.) Zwei von der Allgemeinen Zeitung vom 23 Dec. bekannt gemachte Briefe aus Konstantinopel vom 4 Dec. erheben gegen den Admiral Lalande die lügnerische Anschuldigung, den Abfall des Kapudan Pascha nicht nur gebilligt, sondern auch begünstigt, und ihn dazu aufgemuntert zu haben. Admiral Lalande, allerdings durch die Nachricht von dem Tode des Sultans Mahmud und den Entwürfen überrascht, welche der Kapudan Pascha dem Großwessier Chosrew zuschrieb, glaubte die ottomanische Flotte nicht an einer Entfernung aus den Dardanellen hindern zu dürfen; er stellte aber dem türkischen Admiral vor, daß wenn er, wie er ihm die Absicht ankündige, nach Candia segle, er sich das Ansehen geben würde, als wollte er seine Flotte dem Mehemed Ali ausliefern, worauf man von ihm das Versprechen erhielt, daß er sich nach Rhodus begeben und dort den weitern Gang der Ereignisse abwarten würde. Inmitten einer solchen Krise mußte Admiral Lalande, der erst vier Kriegsschiffe unter seinem Befehle hatte, von denen nur zwei bei ihm waren, sich mit dem Versprechen des Kapudan Pascha begnügen, welcher die Richtigkeit seiner Vorstellungen sehr gut zu würdigen geschienen hatte. Dieß ist die volle Wahrheit über die Zusammenkunft des Admirals Lalande mit dem Commandanten der ottomanischen Flotte. Wir widersprechen hiermit aufs förmlichste den entgegengesetzten Gerüchten, welche der Allg. Zeitung zufolge durch den Dragoman des Kapudan Pascha zu Konstantinopel ausgesagt worden seyn sollen.*)*). * Die Commission der Adresse für die Deputirtenkammer hat am 31 Dec. ihre vorbereitenden Arbeiten geschlossen und wird am 2 Jan. die Erläuterungen der Minister über alle an sie gerichteten Fragen vernehmen. (Commerce.) Der Viceadmiral Rosamel ist am 30 Dec. nach Toulon abgereist, wo er das Commando des Reservegeschwaders übernehmen wird. Wahrscheinlich werden die Linienschiffe Ocean und Suffren, die dazu gehören, und wegen widrigen Windes die Rhede von Brest nicht verlassen konnten, bald dahin absegeln. Aus mehrern Departements sind Nachrichten von großen Ueberschwemmungen eingetroffen, die beträchtliche Verheerungen angerichtet haben. (National.) Es war in den letzten Tagen von dem Untergang eines Dampfboots im schwarzen Meere die Rede, und einige Gerüchte nannten dabei das Dampfboot Veloce, das den Grafen Sercey und sein Gefolge nach Trapezunt überführte. Heute aus Odessa angekommenen Nachrichten zufolge scheint dieses Fahrzeug ein russisches Transportschiff, St. Nicolaus, gewesen zu seyn. Der National und das Siecle enthalten lange Artikel über die Kriegserklärung Rußlands gegen den Khan von Khiwa. England, meint ersteres Blatt, müsse darin einen Versuch Rußlands gegen die brittische Souveränetät in Indien erblicken. Unter diesen Umständen werde die Chimäre einer englisch-russischen Allianz wohl nur wenig Freunde in England finden, dieses müsse vielmehr von Tag zu Tag deutlicher einsehen, wie sehr die Fortdauer seiner Sicherheit und Größe auf der Freundschaft Frankreichs beruhe. "Englands Ueberlegenheit zur See", bemerkt der National, "wird ihm bei einem Kampf auf dem asiatischen Continent wenig nützen, und es kann Rußlands Uebergriffen nur dadurch Widerstand leisten, daß es ihm an den Gränzen, die es Schweden, Polen und der Türkei weggenommen, Verlegenheiten bereitet." - "Aber", fügt das genannte Journal bei, "kann England auf dem Continent ein einziges Bataillon in Bewegung setzen ohne die Zustimmung und Mitwirkung Frankreichs? Die Zeit ist vorbei, wo englische Guineen Coalitionen in dem absolutistischen Europa stiften und unterhalten konnten; die Rollen sind vertauscht. Weit entfernt an irgend Jemand Subsidien zahlen zu können, war England genöthigt fünfzig Millionen Francs von der französischen Bank zu borgen, um die Bank von England vor einer Zahlungseinstellung zu retten, während Frankreich, trotz der Trübsale zweier Invasionen und der von der Restauration an ihre raubgierigen (!) Befreier gezahlten ungeheuern Kriegssteuern, jetzt das reichste Land der Welt und zu einem Krieg des Princips oder des Ehrgeizes am besten gerüstet ist." Auch das Siecle betrachtet die Kriegserklärung gegen Khiwa als eine feindselige Demonstration wider England - als einen Schritt, der, ungeachtet Hrn. v. Brunnows zweiter Mission, mit Rußlands angeblichem Wunsch einer Allianz mit England schlecht im Einklang stehe. Paris, 31 Dec. So eben erschallt von den Glocken von St. Sulpice das Trauergeläute für den im Laufe des Tages gestorbenen Erzbischof von Paris. Erst heute gab der Univers religieux ein Mandement des Capitels von Paris, das neue vierzigstündige Gebet für den Prälaten in allen Kirchen von Paris anordnete. Man weiß, daß Hr. Hyacinthe v. Quelen der Stützpunkt der Carlistischen Geistlichkeit gegen die Julius-Dynastie war, trotz mancher Concessionen, die er hier und da machte. Schon lange sprach man von der Berufung des, dem jetzigen System günstigen, Bischofs von Beauvais, an die Stelle des Hrn. Hyacinthe im Fall seines Todes. Bekanntlich wird durch diesen Tod ein neuer Sitz in der Akademie vacant. - Der (von der Allgem. Zeit. schon vor einiger Zeit voraus verkündigte) Eintritt des Hrn. Guizot ins Cabinet scheint heute gewiß, da auch der Constitutionnel nunmehr diese Thatsache als sicher annimmt, an der die Freunde des Hrn. Thiers darum gezweifelt, weil die Gegenwart Guizots dem Cabinette so viel Bedeutung und Stärke gibt, daß sie in natürlicher Wechselwirkung eine neue Reaction und neues Leben in der Kammer hervorrufen muß. Paris, 31 Dec. Das neue Jahr bringt uns, wie heute für gewiß ausgesagt wird, ein neues Ministerium, eine Allianz der Doctrinäre mit dem 12 Mai. Guizot erhält das Innere, Duchatel den Handel und die öffentlichen Arbeiten, Dufaure die Justiz, General Cubieres das Kriegswesen. Soult bleibt, soll aber später durch den Herzog v. Broglie, Guizots Jünger und Freund, remplacirt werden. Die Ernennung wird erst nach dem Beschluß der Adresse erfolgen. Wie doch in diesem constitutionellen Leben, wie wir es jetzt in Frankreich sehen, *) Als der Moniteur diese Erklärung abgab, kannte man in Paris bereits den weitern Brief der Allg. Zeitung vom 24 December, worin als Urheber jener Aussagen nicht nur der erwähnte Dragoman, sondern auch der englische Capitän Forth, der sich in jenem Augenblick gerade auf der türkischen Flotte befand, bezeichnet wird. Daß diese Angaben in Konstantinopel allgemein verbreitet waren, mag der Umstand beweisen, daß vier verschiedene Correspondenten uns dieselben meldeten, wodurch indessen die Versicherung des Moniteur nichts von ihrer Bedeutung verliert. Uebrigens werden die englischen Blätter in ihren türkischen Correspondenzen wohl in den nächsten Tagen sich ebenfalls darüber aussprechen
darstellt, so geschieht dieß doch nur dem Katholicismus gegenüber; und selbst die lautesten Schreier von dieser Seite her erkennen zu andern Zeiten, daß jenes vollkommene Wesen gar mancher Verbesserung fähig sey. Frankreich. Paris, 31 Dec. Der Erzbischof von Paris, Hr. v. Quelen, ist am 31 Dec. um 10 Uhr Vormittags gestorben. (Moniteur.) Zwei von der Allgemeinen Zeitung vom 23 Dec. bekannt gemachte Briefe aus Konstantinopel vom 4 Dec. erheben gegen den Admiral Lalande die lügnerische Anschuldigung, den Abfall des Kapudan Pascha nicht nur gebilligt, sondern auch begünstigt, und ihn dazu aufgemuntert zu haben. Admiral Lalande, allerdings durch die Nachricht von dem Tode des Sultans Mahmud und den Entwürfen überrascht, welche der Kapudan Pascha dem Großwessier Chosrew zuschrieb, glaubte die ottomanische Flotte nicht an einer Entfernung aus den Dardanellen hindern zu dürfen; er stellte aber dem türkischen Admiral vor, daß wenn er, wie er ihm die Absicht ankündige, nach Candia segle, er sich das Ansehen geben würde, als wollte er seine Flotte dem Mehemed Ali ausliefern, worauf man von ihm das Versprechen erhielt, daß er sich nach Rhodus begeben und dort den weitern Gang der Ereignisse abwarten würde. Inmitten einer solchen Krise mußte Admiral Lalande, der erst vier Kriegsschiffe unter seinem Befehle hatte, von denen nur zwei bei ihm waren, sich mit dem Versprechen des Kapudan Pascha begnügen, welcher die Richtigkeit seiner Vorstellungen sehr gut zu würdigen geschienen hatte. Dieß ist die volle Wahrheit über die Zusammenkunft des Admirals Lalande mit dem Commandanten der ottomanischen Flotte. Wir widersprechen hiermit aufs förmlichste den entgegengesetzten Gerüchten, welche der Allg. Zeitung zufolge durch den Dragoman des Kapudan Pascha zu Konstantinopel ausgesagt worden seyn sollen.*)*). * Die Commission der Adresse für die Deputirtenkammer hat am 31 Dec. ihre vorbereitenden Arbeiten geschlossen und wird am 2 Jan. die Erläuterungen der Minister über alle an sie gerichteten Fragen vernehmen. (Commerce.) Der Viceadmiral Rosamel ist am 30 Dec. nach Toulon abgereist, wo er das Commando des Reservegeschwaders übernehmen wird. Wahrscheinlich werden die Linienschiffe Ocean und Suffren, die dazu gehören, und wegen widrigen Windes die Rhede von Brest nicht verlassen konnten, bald dahin absegeln. Aus mehrern Departements sind Nachrichten von großen Ueberschwemmungen eingetroffen, die beträchtliche Verheerungen angerichtet haben. (National.) Es war in den letzten Tagen von dem Untergang eines Dampfboots im schwarzen Meere die Rede, und einige Gerüchte nannten dabei das Dampfboot Veloce, das den Grafen Sercey und sein Gefolge nach Trapezunt überführte. Heute aus Odessa angekommenen Nachrichten zufolge scheint dieses Fahrzeug ein russisches Transportschiff, St. Nicolaus, gewesen zu seyn. Der National und das Siècle enthalten lange Artikel über die Kriegserklärung Rußlands gegen den Khan von Khiwa. England, meint ersteres Blatt, müsse darin einen Versuch Rußlands gegen die brittische Souveränetät in Indien erblicken. Unter diesen Umständen werde die Chimäre einer englisch-russischen Allianz wohl nur wenig Freunde in England finden, dieses müsse vielmehr von Tag zu Tag deutlicher einsehen, wie sehr die Fortdauer seiner Sicherheit und Größe auf der Freundschaft Frankreichs beruhe. „Englands Ueberlegenheit zur See“, bemerkt der National, „wird ihm bei einem Kampf auf dem asiatischen Continent wenig nützen, und es kann Rußlands Uebergriffen nur dadurch Widerstand leisten, daß es ihm an den Gränzen, die es Schweden, Polen und der Türkei weggenommen, Verlegenheiten bereitet.“ – „Aber“, fügt das genannte Journal bei, „kann England auf dem Continent ein einziges Bataillon in Bewegung setzen ohne die Zustimmung und Mitwirkung Frankreichs? Die Zeit ist vorbei, wo englische Guineen Coalitionen in dem absolutistischen Europa stiften und unterhalten konnten; die Rollen sind vertauscht. Weit entfernt an irgend Jemand Subsidien zahlen zu können, war England genöthigt fünfzig Millionen Francs von der französischen Bank zu borgen, um die Bank von England vor einer Zahlungseinstellung zu retten, während Frankreich, trotz der Trübsale zweier Invasionen und der von der Restauration an ihre raubgierigen (!) Befreier gezahlten ungeheuern Kriegssteuern, jetzt das reichste Land der Welt und zu einem Krieg des Princips oder des Ehrgeizes am besten gerüstet ist.“ Auch das Siècle betrachtet die Kriegserklärung gegen Khiwa als eine feindselige Demonstration wider England – als einen Schritt, der, ungeachtet Hrn. v. Brunnows zweiter Mission, mit Rußlands angeblichem Wunsch einer Allianz mit England schlecht im Einklang stehe. Paris, 31 Dec. So eben erschallt von den Glocken von St. Sulpice das Trauergeläute für den im Laufe des Tages gestorbenen Erzbischof von Paris. Erst heute gab der Univers religieux ein Mandement des Capitels von Paris, das neue vierzigstündige Gebet für den Prälaten in allen Kirchen von Paris anordnete. Man weiß, daß Hr. Hyacinthe v. Quelen der Stützpunkt der Carlistischen Geistlichkeit gegen die Julius-Dynastie war, trotz mancher Concessionen, die er hier und da machte. Schon lange sprach man von der Berufung des, dem jetzigen System günstigen, Bischofs von Beauvais, an die Stelle des Hrn. Hyacinthe im Fall seines Todes. Bekanntlich wird durch diesen Tod ein neuer Sitz in der Akademie vacant. – Der (von der Allgem. Zeit. schon vor einiger Zeit voraus verkündigte) Eintritt des Hrn. Guizot ins Cabinet scheint heute gewiß, da auch der Constitutionnel nunmehr diese Thatsache als sicher annimmt, an der die Freunde des Hrn. Thiers darum gezweifelt, weil die Gegenwart Guizots dem Cabinette so viel Bedeutung und Stärke gibt, daß sie in natürlicher Wechselwirkung eine neue Reaction und neues Leben in der Kammer hervorrufen muß. Paris, 31 Dec. Das neue Jahr bringt uns, wie heute für gewiß ausgesagt wird, ein neues Ministerium, eine Allianz der Doctrinäre mit dem 12 Mai. Guizot erhält das Innere, Duchatel den Handel und die öffentlichen Arbeiten, Dufaure die Justiz, General Cubières das Kriegswesen. Soult bleibt, soll aber später durch den Herzog v. Broglie, Guizots Jünger und Freund, remplacirt werden. Die Ernennung wird erst nach dem Beschluß der Adresse erfolgen. Wie doch in diesem constitutionellen Leben, wie wir es jetzt in Frankreich sehen, *) Als der Moniteur diese Erklärung abgab, kannte man in Paris bereits den weitern Brief der Allg. Zeitung vom 24 December, worin als Urheber jener Aussagen nicht nur der erwähnte Dragoman, sondern auch der englische Capitän Forth, der sich in jenem Augenblick gerade auf der türkischen Flotte befand, bezeichnet wird. Daß diese Angaben in Konstantinopel allgemein verbreitet waren, mag der Umstand beweisen, daß vier verschiedene Correspondenten uns dieselben meldeten, wodurch indessen die Versicherung des Moniteur nichts von ihrer Bedeutung verliert. Uebrigens werden die englischen Blätter in ihren türkischen Correspondenzen wohl in den nächsten Tagen sich ebenfalls darüber aussprechen
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Inmitten einer solchen Krise mußte Admiral Lalande, der erst vier Kriegsschiffe unter seinem Befehle hatte, von denen nur zwei bei ihm waren, sich mit dem Versprechen des Kapudan Pascha begnügen, welcher die Richtigkeit seiner Vorstellungen sehr gut zu würdigen geschienen hatte. Dieß ist die volle Wahrheit über die Zusammenkunft des Admirals Lalande mit dem Commandanten der ottomanischen Flotte. Wir widersprechen hiermit aufs förmlichste den entgegengesetzten Gerüchten, welche der Allg. Zeitung zufolge durch den Dragoman des Kapudan Pascha zu Konstantinopel ausgesagt worden seyn sollen.<hi rendition="#sup">*)</hi><note place="foot" n="*)"> Als der Moniteur diese Erklärung abgab, kannte man in Paris bereits den weitern Brief der Allg. Zeitung vom 24 December, worin als Urheber jener Aussagen nicht nur der erwähnte Dragoman, sondern auch der englische Capitän Forth, der sich in jenem Augenblick gerade auf der türkischen Flotte befand, bezeichnet wird. Daß diese Angaben in Konstantinopel allgemein verbreitet waren, mag der Umstand beweisen, daß vier verschiedene Correspondenten uns dieselben meldeten, wodurch indessen die Versicherung des Moniteur nichts von ihrer Bedeutung verliert. Uebrigens werden die englischen Blätter in ihren türkischen Correspondenzen wohl in den nächsten Tagen sich ebenfalls darüber aussprechen</note>.</p><lb/> <p>* Die Commission der Adresse für die Deputirtenkammer hat am 31 Dec. ihre vorbereitenden Arbeiten geschlossen und wird am 2 Jan. die Erläuterungen der Minister über alle an sie gerichteten Fragen vernehmen.</p><lb/> <p>(<hi rendition="#g">Commerce</hi>.) Der Viceadmiral Rosamel ist am 30 Dec. nach Toulon abgereist, wo er das Commando des Reservegeschwaders übernehmen wird. 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Weit entfernt an irgend Jemand Subsidien zahlen zu können, war England genöthigt fünfzig Millionen Francs von der französischen Bank zu borgen, um die Bank von England vor einer Zahlungseinstellung zu retten, während Frankreich, trotz der Trübsale zweier Invasionen und der von der Restauration an ihre raubgierigen (!) Befreier gezahlten ungeheuern Kriegssteuern, jetzt das reichste Land der Welt und zu einem Krieg des Princips oder des Ehrgeizes am besten gerüstet ist.“ Auch das Siècle betrachtet die Kriegserklärung gegen Khiwa als eine feindselige Demonstration wider England – als einen Schritt, der, ungeachtet Hrn. v. 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Bekanntlich wird durch diesen Tod ein neuer Sitz in der Akademie vacant. – Der (von der Allgem. Zeit. schon vor einiger Zeit voraus verkündigte) Eintritt des Hrn. Guizot ins Cabinet scheint heute gewiß, da auch der Constitutionnel nunmehr diese Thatsache als sicher annimmt, an der die Freunde des Hrn. Thiers darum gezweifelt, weil die Gegenwart Guizots dem Cabinette so viel Bedeutung und Stärke gibt, daß sie in natürlicher Wechselwirkung eine neue Reaction und neues Leben in der Kammer hervorrufen muß.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <byline> <docAuthor> <gap reason="insignificant"/> </docAuthor> </byline> <dateline><hi rendition="#b">Paris,</hi> 31 Dec.</dateline> <p> Das neue Jahr bringt uns, wie heute für gewiß ausgesagt wird, ein neues Ministerium, eine Allianz der Doctrinäre mit dem 12 Mai. Guizot erhält das Innere, Duchatel den Handel und die öffentlichen Arbeiten, Dufaure die Justiz, General Cubières das Kriegswesen. 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darstellt, so geschieht dieß doch nur dem Katholicismus gegenüber; und selbst die lautesten Schreier von dieser Seite her erkennen zu andern Zeiten, daß jenes vollkommene Wesen gar mancher Verbesserung fähig sey.
Frankreich.
_ Paris, 31 Dec.
Der Erzbischof von Paris, Hr. v. Quelen, ist am 31 Dec. um 10 Uhr Vormittags gestorben.
(Moniteur.) Zwei von der Allgemeinen Zeitung vom 23 Dec. bekannt gemachte Briefe aus Konstantinopel vom 4 Dec. erheben gegen den Admiral Lalande die lügnerische Anschuldigung, den Abfall des Kapudan Pascha nicht nur gebilligt, sondern auch begünstigt, und ihn dazu aufgemuntert zu haben. Admiral Lalande, allerdings durch die Nachricht von dem Tode des Sultans Mahmud und den Entwürfen überrascht, welche der Kapudan Pascha dem Großwessier Chosrew zuschrieb, glaubte die ottomanische Flotte nicht an einer Entfernung aus den Dardanellen hindern zu dürfen; er stellte aber dem türkischen Admiral vor, daß wenn er, wie er ihm die Absicht ankündige, nach Candia segle, er sich das Ansehen geben würde, als wollte er seine Flotte dem Mehemed Ali ausliefern, worauf man von ihm das Versprechen erhielt, daß er sich nach Rhodus begeben und dort den weitern Gang der Ereignisse abwarten würde. Inmitten einer solchen Krise mußte Admiral Lalande, der erst vier Kriegsschiffe unter seinem Befehle hatte, von denen nur zwei bei ihm waren, sich mit dem Versprechen des Kapudan Pascha begnügen, welcher die Richtigkeit seiner Vorstellungen sehr gut zu würdigen geschienen hatte. Dieß ist die volle Wahrheit über die Zusammenkunft des Admirals Lalande mit dem Commandanten der ottomanischen Flotte. Wir widersprechen hiermit aufs förmlichste den entgegengesetzten Gerüchten, welche der Allg. Zeitung zufolge durch den Dragoman des Kapudan Pascha zu Konstantinopel ausgesagt worden seyn sollen.*) *).
* Die Commission der Adresse für die Deputirtenkammer hat am 31 Dec. ihre vorbereitenden Arbeiten geschlossen und wird am 2 Jan. die Erläuterungen der Minister über alle an sie gerichteten Fragen vernehmen.
(Commerce.) Der Viceadmiral Rosamel ist am 30 Dec. nach Toulon abgereist, wo er das Commando des Reservegeschwaders übernehmen wird. Wahrscheinlich werden die Linienschiffe Ocean und Suffren, die dazu gehören, und wegen widrigen Windes die Rhede von Brest nicht verlassen konnten, bald dahin absegeln.
Aus mehrern Departements sind Nachrichten von großen Ueberschwemmungen eingetroffen, die beträchtliche Verheerungen angerichtet haben.
(National.) Es war in den letzten Tagen von dem Untergang eines Dampfboots im schwarzen Meere die Rede, und einige Gerüchte nannten dabei das Dampfboot Veloce, das den Grafen Sercey und sein Gefolge nach Trapezunt überführte. Heute aus Odessa angekommenen Nachrichten zufolge scheint dieses Fahrzeug ein russisches Transportschiff, St. Nicolaus, gewesen zu seyn.
Der National und das Siècle enthalten lange Artikel über die Kriegserklärung Rußlands gegen den Khan von Khiwa. England, meint ersteres Blatt, müsse darin einen Versuch Rußlands gegen die brittische Souveränetät in Indien erblicken. Unter diesen Umständen werde die Chimäre einer englisch-russischen Allianz wohl nur wenig Freunde in England finden, dieses müsse vielmehr von Tag zu Tag deutlicher einsehen, wie sehr die Fortdauer seiner Sicherheit und Größe auf der Freundschaft Frankreichs beruhe. „Englands Ueberlegenheit zur See“, bemerkt der National, „wird ihm bei einem Kampf auf dem asiatischen Continent wenig nützen, und es kann Rußlands Uebergriffen nur dadurch Widerstand leisten, daß es ihm an den Gränzen, die es Schweden, Polen und der Türkei weggenommen, Verlegenheiten bereitet.“ – „Aber“, fügt das genannte Journal bei, „kann England auf dem Continent ein einziges Bataillon in Bewegung setzen ohne die Zustimmung und Mitwirkung Frankreichs? Die Zeit ist vorbei, wo englische Guineen Coalitionen in dem absolutistischen Europa stiften und unterhalten konnten; die Rollen sind vertauscht. Weit entfernt an irgend Jemand Subsidien zahlen zu können, war England genöthigt fünfzig Millionen Francs von der französischen Bank zu borgen, um die Bank von England vor einer Zahlungseinstellung zu retten, während Frankreich, trotz der Trübsale zweier Invasionen und der von der Restauration an ihre raubgierigen (!) Befreier gezahlten ungeheuern Kriegssteuern, jetzt das reichste Land der Welt und zu einem Krieg des Princips oder des Ehrgeizes am besten gerüstet ist.“ Auch das Siècle betrachtet die Kriegserklärung gegen Khiwa als eine feindselige Demonstration wider England – als einen Schritt, der, ungeachtet Hrn. v. Brunnows zweiter Mission, mit Rußlands angeblichem Wunsch einer Allianz mit England schlecht im Einklang stehe.
_ Paris, 31 Dec. So eben erschallt von den Glocken von St. Sulpice das Trauergeläute für den im Laufe des Tages gestorbenen Erzbischof von Paris. Erst heute gab der Univers religieux ein Mandement des Capitels von Paris, das neue vierzigstündige Gebet für den Prälaten in allen Kirchen von Paris anordnete. Man weiß, daß Hr. Hyacinthe v. Quelen der Stützpunkt der Carlistischen Geistlichkeit gegen die Julius-Dynastie war, trotz mancher Concessionen, die er hier und da machte. Schon lange sprach man von der Berufung des, dem jetzigen System günstigen, Bischofs von Beauvais, an die Stelle des Hrn. Hyacinthe im Fall seines Todes. Bekanntlich wird durch diesen Tod ein neuer Sitz in der Akademie vacant. – Der (von der Allgem. Zeit. schon vor einiger Zeit voraus verkündigte) Eintritt des Hrn. Guizot ins Cabinet scheint heute gewiß, da auch der Constitutionnel nunmehr diese Thatsache als sicher annimmt, an der die Freunde des Hrn. Thiers darum gezweifelt, weil die Gegenwart Guizots dem Cabinette so viel Bedeutung und Stärke gibt, daß sie in natürlicher Wechselwirkung eine neue Reaction und neues Leben in der Kammer hervorrufen muß.
_ Paris, 31 Dec. Das neue Jahr bringt uns, wie heute für gewiß ausgesagt wird, ein neues Ministerium, eine Allianz der Doctrinäre mit dem 12 Mai. Guizot erhält das Innere, Duchatel den Handel und die öffentlichen Arbeiten, Dufaure die Justiz, General Cubières das Kriegswesen. Soult bleibt, soll aber später durch den Herzog v. Broglie, Guizots Jünger und Freund, remplacirt werden. Die Ernennung wird erst nach dem Beschluß der Adresse erfolgen. Wie doch in diesem constitutionellen Leben, wie wir es jetzt in Frankreich sehen,
*) Als der Moniteur diese Erklärung abgab, kannte man in Paris bereits den weitern Brief der Allg. Zeitung vom 24 December, worin als Urheber jener Aussagen nicht nur der erwähnte Dragoman, sondern auch der englische Capitän Forth, der sich in jenem Augenblick gerade auf der türkischen Flotte befand, bezeichnet wird. Daß diese Angaben in Konstantinopel allgemein verbreitet waren, mag der Umstand beweisen, daß vier verschiedene Correspondenten uns dieselben meldeten, wodurch indessen die Versicherung des Moniteur nichts von ihrer Bedeutung verliert. Uebrigens werden die englischen Blätter in ihren türkischen Correspondenzen wohl in den nächsten Tagen sich ebenfalls darüber aussprechen
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(2016-06-28T11:37:15Z)
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