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Allgemeine Zeitung. Nr. 5. Augsburg, 5. Januar 1840.

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Liebe und Feindschaft so wandelbar sind! Noch ist kein Jahr verflossen, seitdem Marschall Soult erklärte, er wollte mit Guizot und den Doctrinären nie etwas zu thun haben, seit Dufaure als Bevollmächtigter von Thiers die Unterhandlungen über die Zusammensetzung eines neuen Ministeriums mit der Erklärung abbrach, daß von einer Allianz zwischen dem linken Centrum und den Doctrinären keine Rede seyn könne, und heute will er, der dreijährige Busenfreund von Thiers, der Vertraute seiner geheimsten Gedanken, nur mit Guizot sich vermählen! Das linke Centrum macht zum bösen Spiel so gute Miene, als es kann. Die Anhänger von Thiers behaupten, Hr. v. Mole habe sich geweigert, mit dem Marschall Soult gemeinschaftliche Sache zu machen, und erklärt, daß ohne Thiers und das linke Centrum keine solide Majorität, kein dauerhaftes Ministerium zu begründen sey. Hr. Thiers habe sich indessen nie zu einer Allianz mit Hrn. v. Mole für geneigt erklärt, sondern sey stets seiner zur Zeit der Coalition ausgesprochenen Gesinnung getreu geblieben. Der Courrier und der Constitutionnel, die Organe dieser Partei, trösten sich mit dem Gedanken, daß es in Folge der bevorstehenden Veränderung zwei einander sich klar aussprechende, und genau sich unterscheidende Parteien geben werde, und daß es zwischen diesen Parteien zu einem harten Kampf kommen müsse, der aber nicht lang dauern könne. So scheint es allerdings, nur fragt es sich, ob nicht derselbe starke Wille, welcher die Coalition vereitelt hat, auch Mittel finden werde, diesen Kampf zu mildern, oder doch der Opposition den Sieg bedeutend zu verbittern. Einstweilen triumphiren die Hofblätter über die abermalige Niederlage der Linken nicht wenig.

Unter traurigen Auspicien wird die dießmalige Session geboren: im Innern der Giftwurm der Factionen, von denen die einen den Umsturz des neuen Thrones, die andern stete Ministerveränderungen bestreben. Die erstern sind die Republicaner, die Legitimisten und Bonapartisten; die andern sind die uneinigen Glieder der Opposition, die unruhigen Gemüther in der Kammer. Die Republicaner haben nichts zu erwarten von directen Volksaufständen, aber sie fahren fort den Handwerker durch und durch zu fanatisiren - je länger je gefährlicher - und das Staatsgebäude von unten an aufzulockern. Die Legitimisten schreien und werfen der Regierung Querstäbe in die Räder des Wagens. Die Bonapartisten sind ganz unbedeutend, und können höchstens zu Vorwänden dienen, unter dem Militär einige subalterne Aeste treiben. Ihre letzte sogenannte Verschwörung ist, durch die Person des Haupträdelsführers, höchst verdächtiger Natur: Hr. v. Crouy Chanel ist bekannt als ein Geld- und Geschäftsmacher im Großen, einer der Fabricanten der Guebhard'schen Anleihe während der Restauration, ein Mann, dem keine Maus in Frankreich irgend eine politische Gesinnung zutraut; auch zuckt man über eine von einem solchen Manne betriebene Conspiration lächelnd die Achseln. Die seit mehr denn zwanzig Jahren beständig sich fortpflanzenden politischen Krittler machen es dem Lande fast unmöglich, eine gute Administration zu besitzen: alle Administratoren, im beständigen Wechsel ihrer Stellen lebend, sind, mehr oder minder, höchst mittelmäßige Creaturen der Deputirten oder der Minister, und man sollte meinen, sie seyen nur des Wahlgesetzes halber da. Außerdem ist der bis auf die lächerlichste Spitze getriebene, an sich unmächtige, aber alles durcheinander rüttelnde Oppositionsgeist ein wahres Hinderniß einer großen durchgeführten Politik nach außen. Dazu nehme man noch die stete geheime Reibung zwischen einer allerhöchsten Person, die im Großen alle Geschäfte führen will, und der Deputirtenkammer, welche derselben ihre Minister zu Curatoren setzen möchte, und man kann sich ein ungefähres Bild der innern Charakterlosigkeit und Haltungslosigkeit des Ganzen verschaffen. Dazu kömmt, nach Außen, der bloß interessirte Geist aller Journale, der erkauften, platten, ministeriellen, so wie der unerkauften, mehr oder minder factiösen, und die stete Persiflage eines Chorus von kleinen Journalen, kurz und gut der vollkommene Abgang aller Einheit und Festigkeit der Gesinnung. Trotz dessen ist das Land ein großes Land, die Nation eine große Nation, und die ächte und wahre Trägerin und Beleberin der meisten europäischen Interessen, denn die Einflüsse Rußlands und Englands sind bloß politisch und nicht moralisch. Was aber heute ganz insbesondere dem öffentlichen Gefühle der Nation den Stempel höheren Ernstes aufdrückt, das ist die Ueberzeugung, daß die europäischen Conflicte, in Betreff des Orients, über kurz oder lang und immer entschiedener aneinander gerathen, daß das englisch-französische Allianzsystem des Fürsten Talleyrand seiner Auflösung nahe ist, daß Frankreich mehr oder minder allein steht, und in Ermangelung einer großartigen und selbstständigen Politik im Orient eine Propagandenpolitik mit der Zeit als die ihm eingeborne der Unordnung ausströmen könnte, daß Frankreich und Europa nur rettbar sind durch eine wohlbedachte Beschäftigung aller Interessen nach innen und außen. Dieß empfindet nachgerade die Nation, und deßhalb erhebt sich das Gefühl ihrer Marine, welches seit den Revolutionszeiten eingeschlummert war, und der Aerger und Verdruß Englands über diese Wendung der Nationalgefühle, denn England frohlockte über die Wichtigkeit, welche die Franzosen lange ihren Ministeriumsstreitigkeiten gaben. Jetzt hat dieß aufgehört!

Belgien.

Der in der Repräsentantenkammer am 27 Dec. votirte Gesetzesentwurf stellt das Maximum des Contingents der Armee für 1840 auf 50,000 Mann und das Contingent der Aushebung von 1840 auf 10,000 Mann fest. Der Entwurf wurde durch 66 anwesende Mitglieder einstimmig angenommen.

Niederlande.

(Kölner Ztg.) Eines der geschätztesten holländischen Tagblätter enthält heute folgenden bemerkenswerthen Artikel, der nur allzusehr von dem seit kurzem in Holland herrschenden übeln Geiste Zeugniß geben dürfte: "Während die zweite Kammer unsrer Generalstaaten zum Schauplatze von Ereignissen dient, die im Auslande Aller Aufmerksamkeit fesseln, und im Inlande tiefen Schmerz und lebhafte Besorgniß verbreiten, indem sie das Zeichen einer Auflösung der Uebereinstimmung sind, die bis jetzt zwischen den verschiedenen Staatsgewalten bestand, und in den letzten Jahren im Auslande deren Ruhm, im Inlande deren Blüthe befestigte, werden anderwärts Erscheinungen wahrgenommen, die gleich betrübend sind, und von denen ferner zu schweigen wir nutzlos erachten, da sie schon auswärtigen Blättern Stoff zu Betrachtungen geben, die nicht darauf berechnet sind, uns zur Ehre zu gereichen. Nicht nur die öffentlichen Plätze, in unsern Städten und Dörfern, sondern auch das Innere aller Häuser ist der unglückselige Schauplatz dieser Erscheinungen. Dort wirkt die Verleumdung, von Niemanden widersprochen und durch nichts gehemmt, unbehindert fort, um in den Herzen der Niederländer die Achtung und Liebe für unsern hochbejahrten, gottesfürchtigen und braven König und für alle Mitglieder seines königlichen Stammhauses zu vermindern und zu vernichten. Der Leichtsinn, mit welchem die boshaftesten und beleidigendsten Gerüchte von den Verleumdern (namentlich in den letzten acht Tagen) verbreitet, überall geglaubt, und von Mund

Liebe und Feindschaft so wandelbar sind! Noch ist kein Jahr verflossen, seitdem Marschall Soult erklärte, er wollte mit Guizot und den Doctrinären nie etwas zu thun haben, seit Dufaure als Bevollmächtigter von Thiers die Unterhandlungen über die Zusammensetzung eines neuen Ministeriums mit der Erklärung abbrach, daß von einer Allianz zwischen dem linken Centrum und den Doctrinären keine Rede seyn könne, und heute will er, der dreijährige Busenfreund von Thiers, der Vertraute seiner geheimsten Gedanken, nur mit Guizot sich vermählen! Das linke Centrum macht zum bösen Spiel so gute Miene, als es kann. Die Anhänger von Thiers behaupten, Hr. v. Molé habe sich geweigert, mit dem Marschall Soult gemeinschaftliche Sache zu machen, und erklärt, daß ohne Thiers und das linke Centrum keine solide Majorität, kein dauerhaftes Ministerium zu begründen sey. Hr. Thiers habe sich indessen nie zu einer Allianz mit Hrn. v. Molé für geneigt erklärt, sondern sey stets seiner zur Zeit der Coalition ausgesprochenen Gesinnung getreu geblieben. Der Courrier und der Constitutionnel, die Organe dieser Partei, trösten sich mit dem Gedanken, daß es in Folge der bevorstehenden Veränderung zwei einander sich klar aussprechende, und genau sich unterscheidende Parteien geben werde, und daß es zwischen diesen Parteien zu einem harten Kampf kommen müsse, der aber nicht lang dauern könne. So scheint es allerdings, nur fragt es sich, ob nicht derselbe starke Wille, welcher die Coalition vereitelt hat, auch Mittel finden werde, diesen Kampf zu mildern, oder doch der Opposition den Sieg bedeutend zu verbittern. Einstweilen triumphiren die Hofblätter über die abermalige Niederlage der Linken nicht wenig.

Unter traurigen Auspicien wird die dießmalige Session geboren: im Innern der Giftwurm der Factionen, von denen die einen den Umsturz des neuen Thrones, die andern stete Ministerveränderungen bestreben. Die erstern sind die Republicaner, die Legitimisten und Bonapartisten; die andern sind die uneinigen Glieder der Opposition, die unruhigen Gemüther in der Kammer. Die Republicaner haben nichts zu erwarten von directen Volksaufständen, aber sie fahren fort den Handwerker durch und durch zu fanatisiren – je länger je gefährlicher – und das Staatsgebäude von unten an aufzulockern. Die Legitimisten schreien und werfen der Regierung Querstäbe in die Räder des Wagens. Die Bonapartisten sind ganz unbedeutend, und können höchstens zu Vorwänden dienen, unter dem Militär einige subalterne Aeste treiben. Ihre letzte sogenannte Verschwörung ist, durch die Person des Haupträdelsführers, höchst verdächtiger Natur: Hr. v. Crouy Chanel ist bekannt als ein Geld- und Geschäftsmacher im Großen, einer der Fabricanten der Guebhard'schen Anleihe während der Restauration, ein Mann, dem keine Maus in Frankreich irgend eine politische Gesinnung zutraut; auch zuckt man über eine von einem solchen Manne betriebene Conspiration lächelnd die Achseln. Die seit mehr denn zwanzig Jahren beständig sich fortpflanzenden politischen Krittler machen es dem Lande fast unmöglich, eine gute Administration zu besitzen: alle Administratoren, im beständigen Wechsel ihrer Stellen lebend, sind, mehr oder minder, höchst mittelmäßige Creaturen der Deputirten oder der Minister, und man sollte meinen, sie seyen nur des Wahlgesetzes halber da. Außerdem ist der bis auf die lächerlichste Spitze getriebene, an sich unmächtige, aber alles durcheinander rüttelnde Oppositionsgeist ein wahres Hinderniß einer großen durchgeführten Politik nach außen. Dazu nehme man noch die stete geheime Reibung zwischen einer allerhöchsten Person, die im Großen alle Geschäfte führen will, und der Deputirtenkammer, welche derselben ihre Minister zu Curatoren setzen möchte, und man kann sich ein ungefähres Bild der innern Charakterlosigkeit und Haltungslosigkeit des Ganzen verschaffen. Dazu kömmt, nach Außen, der bloß interessirte Geist aller Journale, der erkauften, platten, ministeriellen, so wie der unerkauften, mehr oder minder factiösen, und die stete Persiflage eines Chorus von kleinen Journalen, kurz und gut der vollkommene Abgang aller Einheit und Festigkeit der Gesinnung. Trotz dessen ist das Land ein großes Land, die Nation eine große Nation, und die ächte und wahre Trägerin und Beleberin der meisten europäischen Interessen, denn die Einflüsse Rußlands und Englands sind bloß politisch und nicht moralisch. Was aber heute ganz insbesondere dem öffentlichen Gefühle der Nation den Stempel höheren Ernstes aufdrückt, das ist die Ueberzeugung, daß die europäischen Conflicte, in Betreff des Orients, über kurz oder lang und immer entschiedener aneinander gerathen, daß das englisch-französische Allianzsystem des Fürsten Talleyrand seiner Auflösung nahe ist, daß Frankreich mehr oder minder allein steht, und in Ermangelung einer großartigen und selbstständigen Politik im Orient eine Propagandenpolitik mit der Zeit als die ihm eingeborne der Unordnung ausströmen könnte, daß Frankreich und Europa nur rettbar sind durch eine wohlbedachte Beschäftigung aller Interessen nach innen und außen. Dieß empfindet nachgerade die Nation, und deßhalb erhebt sich das Gefühl ihrer Marine, welches seit den Revolutionszeiten eingeschlummert war, und der Aerger und Verdruß Englands über diese Wendung der Nationalgefühle, denn England frohlockte über die Wichtigkeit, welche die Franzosen lange ihren Ministeriumsstreitigkeiten gaben. Jetzt hat dieß aufgehört!

Belgien.

Der in der Repräsentantenkammer am 27 Dec. votirte Gesetzesentwurf stellt das Maximum des Contingents der Armee für 1840 auf 50,000 Mann und das Contingent der Aushebung von 1840 auf 10,000 Mann fest. Der Entwurf wurde durch 66 anwesende Mitglieder einstimmig angenommen.

Niederlande.

(Kölner Ztg.) Eines der geschätztesten holländischen Tagblätter enthält heute folgenden bemerkenswerthen Artikel, der nur allzusehr von dem seit kurzem in Holland herrschenden übeln Geiste Zeugniß geben dürfte: „Während die zweite Kammer unsrer Generalstaaten zum Schauplatze von Ereignissen dient, die im Auslande Aller Aufmerksamkeit fesseln, und im Inlande tiefen Schmerz und lebhafte Besorgniß verbreiten, indem sie das Zeichen einer Auflösung der Uebereinstimmung sind, die bis jetzt zwischen den verschiedenen Staatsgewalten bestand, und in den letzten Jahren im Auslande deren Ruhm, im Inlande deren Blüthe befestigte, werden anderwärts Erscheinungen wahrgenommen, die gleich betrübend sind, und von denen ferner zu schweigen wir nutzlos erachten, da sie schon auswärtigen Blättern Stoff zu Betrachtungen geben, die nicht darauf berechnet sind, uns zur Ehre zu gereichen. Nicht nur die öffentlichen Plätze, in unsern Städten und Dörfern, sondern auch das Innere aller Häuser ist der unglückselige Schauplatz dieser Erscheinungen. Dort wirkt die Verleumdung, von Niemanden widersprochen und durch nichts gehemmt, unbehindert fort, um in den Herzen der Niederländer die Achtung und Liebe für unsern hochbejahrten, gottesfürchtigen und braven König und für alle Mitglieder seines königlichen Stammhauses zu vermindern und zu vernichten. Der Leichtsinn, mit welchem die boshaftesten und beleidigendsten Gerüchte von den Verleumdern (namentlich in den letzten acht Tagen) verbreitet, überall geglaubt, und von Mund

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[0036/0004] Liebe und Feindschaft so wandelbar sind! Noch ist kein Jahr verflossen, seitdem Marschall Soult erklärte, er wollte mit Guizot und den Doctrinären nie etwas zu thun haben, seit Dufaure als Bevollmächtigter von Thiers die Unterhandlungen über die Zusammensetzung eines neuen Ministeriums mit der Erklärung abbrach, daß von einer Allianz zwischen dem linken Centrum und den Doctrinären keine Rede seyn könne, und heute will er, der dreijährige Busenfreund von Thiers, der Vertraute seiner geheimsten Gedanken, nur mit Guizot sich vermählen! Das linke Centrum macht zum bösen Spiel so gute Miene, als es kann. Die Anhänger von Thiers behaupten, Hr. v. Molé habe sich geweigert, mit dem Marschall Soult gemeinschaftliche Sache zu machen, und erklärt, daß ohne Thiers und das linke Centrum keine solide Majorität, kein dauerhaftes Ministerium zu begründen sey. Hr. Thiers habe sich indessen nie zu einer Allianz mit Hrn. v. Molé für geneigt erklärt, sondern sey stets seiner zur Zeit der Coalition ausgesprochenen Gesinnung getreu geblieben. Der Courrier und der Constitutionnel, die Organe dieser Partei, trösten sich mit dem Gedanken, daß es in Folge der bevorstehenden Veränderung zwei einander sich klar aussprechende, und genau sich unterscheidende Parteien geben werde, und daß es zwischen diesen Parteien zu einem harten Kampf kommen müsse, der aber nicht lang dauern könne. So scheint es allerdings, nur fragt es sich, ob nicht derselbe starke Wille, welcher die Coalition vereitelt hat, auch Mittel finden werde, diesen Kampf zu mildern, oder doch der Opposition den Sieg bedeutend zu verbittern. Einstweilen triumphiren die Hofblätter über die abermalige Niederlage der Linken nicht wenig. _ Paris, 28 Dec. Unter traurigen Auspicien wird die dießmalige Session geboren: im Innern der Giftwurm der Factionen, von denen die einen den Umsturz des neuen Thrones, die andern stete Ministerveränderungen bestreben. Die erstern sind die Republicaner, die Legitimisten und Bonapartisten; die andern sind die uneinigen Glieder der Opposition, die unruhigen Gemüther in der Kammer. Die Republicaner haben nichts zu erwarten von directen Volksaufständen, aber sie fahren fort den Handwerker durch und durch zu fanatisiren – je länger je gefährlicher – und das Staatsgebäude von unten an aufzulockern. Die Legitimisten schreien und werfen der Regierung Querstäbe in die Räder des Wagens. Die Bonapartisten sind ganz unbedeutend, und können höchstens zu Vorwänden dienen, unter dem Militär einige subalterne Aeste treiben. Ihre letzte sogenannte Verschwörung ist, durch die Person des Haupträdelsführers, höchst verdächtiger Natur: Hr. v. Crouy Chanel ist bekannt als ein Geld- und Geschäftsmacher im Großen, einer der Fabricanten der Guebhard'schen Anleihe während der Restauration, ein Mann, dem keine Maus in Frankreich irgend eine politische Gesinnung zutraut; auch zuckt man über eine von einem solchen Manne betriebene Conspiration lächelnd die Achseln. Die seit mehr denn zwanzig Jahren beständig sich fortpflanzenden politischen Krittler machen es dem Lande fast unmöglich, eine gute Administration zu besitzen: alle Administratoren, im beständigen Wechsel ihrer Stellen lebend, sind, mehr oder minder, höchst mittelmäßige Creaturen der Deputirten oder der Minister, und man sollte meinen, sie seyen nur des Wahlgesetzes halber da. Außerdem ist der bis auf die lächerlichste Spitze getriebene, an sich unmächtige, aber alles durcheinander rüttelnde Oppositionsgeist ein wahres Hinderniß einer großen durchgeführten Politik nach außen. Dazu nehme man noch die stete geheime Reibung zwischen einer allerhöchsten Person, die im Großen alle Geschäfte führen will, und der Deputirtenkammer, welche derselben ihre Minister zu Curatoren setzen möchte, und man kann sich ein ungefähres Bild der innern Charakterlosigkeit und Haltungslosigkeit des Ganzen verschaffen. Dazu kömmt, nach Außen, der bloß interessirte Geist aller Journale, der erkauften, platten, ministeriellen, so wie der unerkauften, mehr oder minder factiösen, und die stete Persiflage eines Chorus von kleinen Journalen, kurz und gut der vollkommene Abgang aller Einheit und Festigkeit der Gesinnung. Trotz dessen ist das Land ein großes Land, die Nation eine große Nation, und die ächte und wahre Trägerin und Beleberin der meisten europäischen Interessen, denn die Einflüsse Rußlands und Englands sind bloß politisch und nicht moralisch. Was aber heute ganz insbesondere dem öffentlichen Gefühle der Nation den Stempel höheren Ernstes aufdrückt, das ist die Ueberzeugung, daß die europäischen Conflicte, in Betreff des Orients, über kurz oder lang und immer entschiedener aneinander gerathen, daß das englisch-französische Allianzsystem des Fürsten Talleyrand seiner Auflösung nahe ist, daß Frankreich mehr oder minder allein steht, und in Ermangelung einer großartigen und selbstständigen Politik im Orient eine Propagandenpolitik mit der Zeit als die ihm eingeborne der Unordnung ausströmen könnte, daß Frankreich und Europa nur rettbar sind durch eine wohlbedachte Beschäftigung aller Interessen nach innen und außen. Dieß empfindet nachgerade die Nation, und deßhalb erhebt sich das Gefühl ihrer Marine, welches seit den Revolutionszeiten eingeschlummert war, und der Aerger und Verdruß Englands über diese Wendung der Nationalgefühle, denn England frohlockte über die Wichtigkeit, welche die Franzosen lange ihren Ministeriumsstreitigkeiten gaben. Jetzt hat dieß aufgehört! Belgien. _ Brüssel, 28 Dec. Der in der Repräsentantenkammer am 27 Dec. votirte Gesetzesentwurf stellt das Maximum des Contingents der Armee für 1840 auf 50,000 Mann und das Contingent der Aushebung von 1840 auf 10,000 Mann fest. Der Entwurf wurde durch 66 anwesende Mitglieder einstimmig angenommen. Niederlande. _ Amsterdam, 27 Dec. (Kölner Ztg.) Eines der geschätztesten holländischen Tagblätter enthält heute folgenden bemerkenswerthen Artikel, der nur allzusehr von dem seit kurzem in Holland herrschenden übeln Geiste Zeugniß geben dürfte: „Während die zweite Kammer unsrer Generalstaaten zum Schauplatze von Ereignissen dient, die im Auslande Aller Aufmerksamkeit fesseln, und im Inlande tiefen Schmerz und lebhafte Besorgniß verbreiten, indem sie das Zeichen einer Auflösung der Uebereinstimmung sind, die bis jetzt zwischen den verschiedenen Staatsgewalten bestand, und in den letzten Jahren im Auslande deren Ruhm, im Inlande deren Blüthe befestigte, werden anderwärts Erscheinungen wahrgenommen, die gleich betrübend sind, und von denen ferner zu schweigen wir nutzlos erachten, da sie schon auswärtigen Blättern Stoff zu Betrachtungen geben, die nicht darauf berechnet sind, uns zur Ehre zu gereichen. Nicht nur die öffentlichen Plätze, in unsern Städten und Dörfern, sondern auch das Innere aller Häuser ist der unglückselige Schauplatz dieser Erscheinungen. Dort wirkt die Verleumdung, von Niemanden widersprochen und durch nichts gehemmt, unbehindert fort, um in den Herzen der Niederländer die Achtung und Liebe für unsern hochbejahrten, gottesfürchtigen und braven König und für alle Mitglieder seines königlichen Stammhauses zu vermindern und zu vernichten. Der Leichtsinn, mit welchem die boshaftesten und beleidigendsten Gerüchte von den Verleumdern (namentlich in den letzten acht Tagen) verbreitet, überall geglaubt, und von Mund

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 5. Augsburg, 5. Januar 1840, S. 0036. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_005_18400105/4>, abgerufen am 24.11.2024.