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Allgemeine Zeitung. Nr. 5. Augsburg, 5. Januar 1840.

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Die Postreform in Deutschland.

Es ist, seitdem in England die Reform im Briefpostwesen eingetreten, in Deutschland dieser Stoff so großer Wärme in öffentlichen Blättern verarbeitet, und so viel dafür und dagegen geschrieben worden, daß für den ruhigen Beobachter sich wenigstens das als Resultat ergibt, daß auch bei uns Anlaß zum Reformieren sey. Aber die Erfahrungen über die financiellen Ergebnisse der neuen Briefportotare in der ersten Woche in London werden jetzt wie ein Medusenhaupt den Reformbegierigen vorgehalten, und gar manche sanguinische Hoffnungen dadurch niedergeschlagen. *)*) Ob auch in der Folgezeit das Einnahmeverhältniß sich gleich ungünstig darstellen werde, bleibt noch zu erwarten: es kann seyn, daß die Vermehrung der Correspondenz, die doch das schon jetzt thatsächliche Ergebniß der Portominderung gewesen ist, in einem solchen Maaße steigt, daß auch die financielle Frage zu Gunsten der Maaßregel entschieden werden muß; es kann aber auch seyn, daß die Posteinnahme dauernd unter dem frühern Stande verharrt, woraus dann auch nichts weiter folgt, als daß die Correspondenten einen Theil der Summen, welche der Postcasse zuflossen, in der Tasche behalten, und für die Erleichterung des Gedanken- und Geschäftsverkehrs dem Staate zu Dank verbunden bleiben. Auch selbst unter dieser Voraussetzung kann die Maaßregel noch nicht als financiell unrichtig bezeichnet werden.

Es würde dieß, so lange der Staat, wie es recht ist, eine Retribution für seinen Aufwand verlangen muß, nur dann der Fall seyn, wenn die wirklichen Kosten der Briefbeförderung durch die Taxe ungedeckt blieben.

Dieß ist auch der Gesichtspunkt, den man in Deutschland ins Auge fassen muß. Wer sich der Post bedient, kann nicht verlangen, daß der Staat im außer der bereiten Gelegenheit, welche er dargeboten, auch noch eine besondere Liberalität beweise. Es wäre dieß der Fall, wenn der Portosatz nicht so bemessen würde, daß er sämmtliche Kosten vollständig deckte; aber erwarten kann er, daß hierin die Gränze der Forderung gezogen sey, und daß ihm keine dieses Maaß überschreitende Zahlung zugemuthet werde. Geschieht dieß dennoch, dann verliert die Abgabe die Natur einer Retribution, die Anstalt die Natur einer Staatsunternehmung zur Förderung des geistigen und materiellen Lebens; die Abgabe wird zur Steuer, und zwar zu einer ungerechten Steuer, weil sie nur einen Theil der Unterthanen, und zwar nicht im Verhältnisse ihrer Leistungsfähigkeit trifft -- die Anstalt selbst gewinnt den Charakter einer Finanzspeculation.

Daß die Briefportosätze sehr hoch gegriffen sind, lehrt ein Blick in die verschiedenen Taren. Um bei den preußischen stehen zu bleiben, so kostet z. B. ein einfacher Brief, d. h. ein Brief von 3/4 Loth auf die Entfernung von zwei Meilen 1 Silbergroschen: sobald das Gewicht 3/4 Loth übersteigt, aber unter 1 Loth bleibt, das anderthalbfache Porto -- von 1 bis 1 1/2 Loth das zweifache; für einen Brief von 2 Loth wird das dreifache Porto bezahlt. Ein einfacher Brief von Berlin nach Zehlendorf kostet also 1 Silbergroschen = 3 1/2 Kreuzer. -- Zur Zeit der Reichpost kostete ein einfacher Brief, welcher von Hamburg nach Nürnberg, also 70 Meilen weit gesendet wurde, 12 Kreuzer, oder etwa 3 1/2 Silbergroschen. Auf gleiche Entfernung kostet Brief in Preußen jetzt 9 Silbergroschen, oder 31 1/2 Kreuzer.

Die Briefe bis zu 2 Loth gehören ausschließlich zur Reitpost. Alle schwereren Briefe, deren Versendung mit der Reitpost nicht ausdrücklich verlangt wird, gehen mit der Fahrpost. Für diese besteht ebenfalls ein nach dem Gewichte bemessener Progressionssatz, so daß unter andern für einen Brief über 2, aber unter 8 Loth der dreifache Briefportosatz zu erlegen ist. Wenn man den Aufwand, welchen die Fahrpostbeförderung verursachen kann, mit solchen Portosätzen in Vergleich bringt, so kann die Höhe derselben wohl schwerlich bezweifelt werden. Es bedarf aber solcher Andeutungen nicht einmal, und es genügt das Factum, daß die Briefpost in jedem Staat einen beträchtlichen Zweig der Staatseinnahme ausmacht; in Preußen ist die etatmäßige Revenue zu 1,300,000 Thlr. veranschlagt, wird aber in der Wirklichkeit bedeutend überschritten. Das ist jedoch nicht der Betrag, welchen die Correspondenten dem Staat an Gewinn, oder an Steuer statt aller übrigen Steuerpflichtigen zu entrichten haben. Dieser Betrag ist weit größer. Wäre es vergönnt in das innere Getriebe der Postadministration zu schauen, so würde sich ergeben, daß die Unterhaltung der Fahrposten und der Extrapoststationen neben dem, was diese Zweige selbst aufbringen, noch eine eben so große Summe kostet, die aus der Briefporto-Einnahme gedeckt, und daher auch von den Correspondenten gezahlt wird.

Beschränkte sich die Post auf die Briefbeförderung, und gäbe den Personen- und Frachtverkehr frei, was immer nicht ausschlösse, daß sie selbst, so lange es lohnte, in Concurrenz

*) Daß dieser augenblickliche Ausfall keinesfalls abschreckend war, beweist die von uns gestern erwähnte Bekanntmachung des englischen Schatzamtes, welche den definitiven Anfang der Pennypost, d. h. die Ausführung des kühnen Vorschlags in seinem ganzen Umfang, auf den 10 Januar d. J. festsetzt. Ein Brief aus London vom 21 Dec. (also acht Tage vor jener Bekanntmachung geschrieben) sagt: "Jeden Tag kann eine Verordnung der Schatzkammer erscheinen, bestimmend die allgemeine Einführung der Pennypost. Ursprünglich war die jetzige Probezeit entweder am 5 Jan. oder 5 März aufzuhören bestimmt. Die kurze Probe fiel aber so günstig in jeder Hinsicht aus, daß Hills Maaßregel unmittelbar in ihrem ganzen Umfang ausgeführt werden soll. Die Postbeamten expediren mit den jetzigen Wägen dreimal mehr Briefe in einem gegebenen Zeitpunkt als auf die frühere Weise. Der Ausfall in der Einnahme ist geringer, als er angeschlagen war. Das Verhältniß der vorausbezahlten Briefe war früher wie 1 : 5, und ist jetzt wie 3 : 2. In der Londoner Localpost war der Zuwachs von Briefen von 15,000 auf 40,000 gestiegen. Würde die Zunahme von Briefen im nämlichen Verhältniß fortgehen, so hat man in drei Monaten keinen Verlust mehr. Auf der Generalpost betrug die Zunahme 35 Procent. Die ersten Künstler Londons sind von der Schatzkammer zu Zeichnungen für die Verzierungen der Couverte aufgefordert worden. Eine ist allerliebst: im Viereck herumgehend, d. h. am Rande der Couverte, und in 40 geschmackvollen Vignetten die verschiedenen Völkerschaften in den Colonien Englands darstellend. Die jetzige Einrichtung (die vor einiger Zeit als Uebergangsmaaßregel eingeführt wurde) ist, wie Sie wissen werden, 4 Pence für alle Briefe in Inland, und 1 Penny, wenn vorausbezahlt wird. Nach der neuen Verordnung zahlen alle 1 Penny. Das Porto der fremden Briefe bleibt vor der Hand unverändert; die einzige Ursache ist, weil man zögert, um wo möglich vortheilhafte Abkommen mit den fremden Regierungen zu treffen. In Deutschland mag die Sache weniger Interesse erregen; aber den Deutschen, die hier wohnen und für jeden Brief aus Deutschland 1 Schill. 6 Pence zahlen müssen, kann man es nicht verargen, wenn sie, was auch ihre politischen Ansichten seyn mögen, dießmal in dem Wunsch übereinstimmen, die deutschen Regierungen möchten sich recht liberal gegen England zeigen."
Die Postreform in Deutschland.

Es ist, seitdem in England die Reform im Briefpostwesen eingetreten, in Deutschland dieser Stoff so großer Wärme in öffentlichen Blättern verarbeitet, und so viel dafür und dagegen geschrieben worden, daß für den ruhigen Beobachter sich wenigstens das als Resultat ergibt, daß auch bei uns Anlaß zum Reformieren sey. Aber die Erfahrungen über die financiellen Ergebnisse der neuen Briefportotare in der ersten Woche in London werden jetzt wie ein Medusenhaupt den Reformbegierigen vorgehalten, und gar manche sanguinische Hoffnungen dadurch niedergeschlagen. *)*) Ob auch in der Folgezeit das Einnahmeverhältniß sich gleich ungünstig darstellen werde, bleibt noch zu erwarten: es kann seyn, daß die Vermehrung der Correspondenz, die doch das schon jetzt thatsächliche Ergebniß der Portominderung gewesen ist, in einem solchen Maaße steigt, daß auch die financielle Frage zu Gunsten der Maaßregel entschieden werden muß; es kann aber auch seyn, daß die Posteinnahme dauernd unter dem frühern Stande verharrt, woraus dann auch nichts weiter folgt, als daß die Correspondenten einen Theil der Summen, welche der Postcasse zuflossen, in der Tasche behalten, und für die Erleichterung des Gedanken- und Geschäftsverkehrs dem Staate zu Dank verbunden bleiben. Auch selbst unter dieser Voraussetzung kann die Maaßregel noch nicht als financiell unrichtig bezeichnet werden.

Es würde dieß, so lange der Staat, wie es recht ist, eine Retribution für seinen Aufwand verlangen muß, nur dann der Fall seyn, wenn die wirklichen Kosten der Briefbeförderung durch die Taxe ungedeckt blieben.

Dieß ist auch der Gesichtspunkt, den man in Deutschland ins Auge fassen muß. Wer sich der Post bedient, kann nicht verlangen, daß der Staat im außer der bereiten Gelegenheit, welche er dargeboten, auch noch eine besondere Liberalität beweise. Es wäre dieß der Fall, wenn der Portosatz nicht so bemessen würde, daß er sämmtliche Kosten vollständig deckte; aber erwarten kann er, daß hierin die Gränze der Forderung gezogen sey, und daß ihm keine dieses Maaß überschreitende Zahlung zugemuthet werde. Geschieht dieß dennoch, dann verliert die Abgabe die Natur einer Retribution, die Anstalt die Natur einer Staatsunternehmung zur Förderung des geistigen und materiellen Lebens; die Abgabe wird zur Steuer, und zwar zu einer ungerechten Steuer, weil sie nur einen Theil der Unterthanen, und zwar nicht im Verhältnisse ihrer Leistungsfähigkeit trifft — die Anstalt selbst gewinnt den Charakter einer Finanzspeculation.

Daß die Briefportosätze sehr hoch gegriffen sind, lehrt ein Blick in die verschiedenen Taren. Um bei den preußischen stehen zu bleiben, so kostet z. B. ein einfacher Brief, d. h. ein Brief von 3/4 Loth auf die Entfernung von zwei Meilen 1 Silbergroschen: sobald das Gewicht 3/4 Loth übersteigt, aber unter 1 Loth bleibt, das anderthalbfache Porto — von 1 bis 1 1/2 Loth das zweifache; für einen Brief von 2 Loth wird das dreifache Porto bezahlt. Ein einfacher Brief von Berlin nach Zehlendorf kostet also 1 Silbergroschen = 3 1/2 Kreuzer. — Zur Zeit der Reichpost kostete ein einfacher Brief, welcher von Hamburg nach Nürnberg, also 70 Meilen weit gesendet wurde, 12 Kreuzer, oder etwa 3 1/2 Silbergroschen. Auf gleiche Entfernung kostet Brief in Preußen jetzt 9 Silbergroschen, oder 31 1/2 Kreuzer.

Die Briefe bis zu 2 Loth gehören ausschließlich zur Reitpost. Alle schwereren Briefe, deren Versendung mit der Reitpost nicht ausdrücklich verlangt wird, gehen mit der Fahrpost. Für diese besteht ebenfalls ein nach dem Gewichte bemessener Progressionssatz, so daß unter andern für einen Brief über 2, aber unter 8 Loth der dreifache Briefportosatz zu erlegen ist. Wenn man den Aufwand, welchen die Fahrpostbeförderung verursachen kann, mit solchen Portosätzen in Vergleich bringt, so kann die Höhe derselben wohl schwerlich bezweifelt werden. Es bedarf aber solcher Andeutungen nicht einmal, und es genügt das Factum, daß die Briefpost in jedem Staat einen beträchtlichen Zweig der Staatseinnahme ausmacht; in Preußen ist die etatmäßige Revenue zu 1,300,000 Thlr. veranschlagt, wird aber in der Wirklichkeit bedeutend überschritten. Das ist jedoch nicht der Betrag, welchen die Correspondenten dem Staat an Gewinn, oder an Steuer statt aller übrigen Steuerpflichtigen zu entrichten haben. Dieser Betrag ist weit größer. Wäre es vergönnt in das innere Getriebe der Postadministration zu schauen, so würde sich ergeben, daß die Unterhaltung der Fahrposten und der Extrapoststationen neben dem, was diese Zweige selbst aufbringen, noch eine eben so große Summe kostet, die aus der Briefporto-Einnahme gedeckt, und daher auch von den Correspondenten gezahlt wird.

Beschränkte sich die Post auf die Briefbeförderung, und gäbe den Personen- und Frachtverkehr frei, was immer nicht ausschlösse, daß sie selbst, so lange es lohnte, in Concurrenz

*) Daß dieser augenblickliche Ausfall keinesfalls abschreckend war, beweist die von uns gestern erwähnte Bekanntmachung des englischen Schatzamtes, welche den definitiven Anfang der Pennypost, d. h. die Ausführung des kühnen Vorschlags in seinem ganzen Umfang, auf den 10 Januar d. J. festsetzt. Ein Brief aus London vom 21 Dec. (also acht Tage vor jener Bekanntmachung geschrieben) sagt: “Jeden Tag kann eine Verordnung der Schatzkammer erscheinen, bestimmend die allgemeine Einführung der Pennypost. Ursprünglich war die jetzige Probezeit entweder am 5 Jan. oder 5 März aufzuhören bestimmt. Die kurze Probe fiel aber so günstig in jeder Hinsicht aus, daß Hills Maaßregel unmittelbar in ihrem ganzen Umfang ausgeführt werden soll. Die Postbeamten expediren mit den jetzigen Wägen dreimal mehr Briefe in einem gegebenen Zeitpunkt als auf die frühere Weise. Der Ausfall in der Einnahme ist geringer, als er angeschlagen war. Das Verhältniß der vorausbezahlten Briefe war früher wie 1 : 5, und ist jetzt wie 3 : 2. In der Londoner Localpost war der Zuwachs von Briefen von 15,000 auf 40,000 gestiegen. Würde die Zunahme von Briefen im nämlichen Verhältniß fortgehen, so hat man in drei Monaten keinen Verlust mehr. Auf der Generalpost betrug die Zunahme 35 Procent. Die ersten Künstler Londons sind von der Schatzkammer zu Zeichnungen für die Verzierungen der Couverte aufgefordert worden. Eine ist allerliebst: im Viereck herumgehend, d. h. am Rande der Couverte, und in 40 geschmackvollen Vignetten die verschiedenen Völkerschaften in den Colonien Englands darstellend. Die jetzige Einrichtung (die vor einiger Zeit als Uebergangsmaaßregel eingeführt wurde) ist, wie Sie wissen werden, 4 Pence für alle Briefe in Inland, und 1 Penny, wenn vorausbezahlt wird. Nach der neuen Verordnung zahlen alle 1 Penny. Das Porto der fremden Briefe bleibt vor der Hand unverändert; die einzige Ursache ist, weil man zögert, um wo möglich vortheilhafte Abkommen mit den fremden Regierungen zu treffen. In Deutschland mag die Sache weniger Interesse erregen; aber den Deutschen, die hier wohnen und für jeden Brief aus Deutschland 1 Schill. 6 Pence zahlen müssen, kann man es nicht verargen, wenn sie, was auch ihre politischen Ansichten seyn mögen, dießmal in dem Wunsch übereinstimmen, die deutschen Regierungen möchten sich recht liberal gegen England zeigen.”
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[0033/0009] Die Postreform in Deutschland. _ Aus dem Brandenburgischen, 26 Dec. Es ist, seitdem in England die Reform im Briefpostwesen eingetreten, in Deutschland dieser Stoff so großer Wärme in öffentlichen Blättern verarbeitet, und so viel dafür und dagegen geschrieben worden, daß für den ruhigen Beobachter sich wenigstens das als Resultat ergibt, daß auch bei uns Anlaß zum Reformieren sey. Aber die Erfahrungen über die financiellen Ergebnisse der neuen Briefportotare in der ersten Woche in London werden jetzt wie ein Medusenhaupt den Reformbegierigen vorgehalten, und gar manche sanguinische Hoffnungen dadurch niedergeschlagen. *) *) Ob auch in der Folgezeit das Einnahmeverhältniß sich gleich ungünstig darstellen werde, bleibt noch zu erwarten: es kann seyn, daß die Vermehrung der Correspondenz, die doch das schon jetzt thatsächliche Ergebniß der Portominderung gewesen ist, in einem solchen Maaße steigt, daß auch die financielle Frage zu Gunsten der Maaßregel entschieden werden muß; es kann aber auch seyn, daß die Posteinnahme dauernd unter dem frühern Stande verharrt, woraus dann auch nichts weiter folgt, als daß die Correspondenten einen Theil der Summen, welche der Postcasse zuflossen, in der Tasche behalten, und für die Erleichterung des Gedanken- und Geschäftsverkehrs dem Staate zu Dank verbunden bleiben. Auch selbst unter dieser Voraussetzung kann die Maaßregel noch nicht als financiell unrichtig bezeichnet werden. Es würde dieß, so lange der Staat, wie es recht ist, eine Retribution für seinen Aufwand verlangen muß, nur dann der Fall seyn, wenn die wirklichen Kosten der Briefbeförderung durch die Taxe ungedeckt blieben. Dieß ist auch der Gesichtspunkt, den man in Deutschland ins Auge fassen muß. Wer sich der Post bedient, kann nicht verlangen, daß der Staat im außer der bereiten Gelegenheit, welche er dargeboten, auch noch eine besondere Liberalität beweise. Es wäre dieß der Fall, wenn der Portosatz nicht so bemessen würde, daß er sämmtliche Kosten vollständig deckte; aber erwarten kann er, daß hierin die Gränze der Forderung gezogen sey, und daß ihm keine dieses Maaß überschreitende Zahlung zugemuthet werde. Geschieht dieß dennoch, dann verliert die Abgabe die Natur einer Retribution, die Anstalt die Natur einer Staatsunternehmung zur Förderung des geistigen und materiellen Lebens; die Abgabe wird zur Steuer, und zwar zu einer ungerechten Steuer, weil sie nur einen Theil der Unterthanen, und zwar nicht im Verhältnisse ihrer Leistungsfähigkeit trifft — die Anstalt selbst gewinnt den Charakter einer Finanzspeculation. Daß die Briefportosätze sehr hoch gegriffen sind, lehrt ein Blick in die verschiedenen Taren. Um bei den preußischen stehen zu bleiben, so kostet z. B. ein einfacher Brief, d. h. ein Brief von 3/4 Loth auf die Entfernung von zwei Meilen 1 Silbergroschen: sobald das Gewicht 3/4 Loth übersteigt, aber unter 1 Loth bleibt, das anderthalbfache Porto — von 1 bis 1 1/2 Loth das zweifache; für einen Brief von 2 Loth wird das dreifache Porto bezahlt. Ein einfacher Brief von Berlin nach Zehlendorf kostet also 1 Silbergroschen = 3 1/2 Kreuzer. — Zur Zeit der Reichpost kostete ein einfacher Brief, welcher von Hamburg nach Nürnberg, also 70 Meilen weit gesendet wurde, 12 Kreuzer, oder etwa 3 1/2 Silbergroschen. Auf gleiche Entfernung kostet Brief in Preußen jetzt 9 Silbergroschen, oder 31 1/2 Kreuzer. Die Briefe bis zu 2 Loth gehören ausschließlich zur Reitpost. Alle schwereren Briefe, deren Versendung mit der Reitpost nicht ausdrücklich verlangt wird, gehen mit der Fahrpost. Für diese besteht ebenfalls ein nach dem Gewichte bemessener Progressionssatz, so daß unter andern für einen Brief über 2, aber unter 8 Loth der dreifache Briefportosatz zu erlegen ist. Wenn man den Aufwand, welchen die Fahrpostbeförderung verursachen kann, mit solchen Portosätzen in Vergleich bringt, so kann die Höhe derselben wohl schwerlich bezweifelt werden. Es bedarf aber solcher Andeutungen nicht einmal, und es genügt das Factum, daß die Briefpost in jedem Staat einen beträchtlichen Zweig der Staatseinnahme ausmacht; in Preußen ist die etatmäßige Revenue zu 1,300,000 Thlr. veranschlagt, wird aber in der Wirklichkeit bedeutend überschritten. Das ist jedoch nicht der Betrag, welchen die Correspondenten dem Staat an Gewinn, oder an Steuer statt aller übrigen Steuerpflichtigen zu entrichten haben. Dieser Betrag ist weit größer. Wäre es vergönnt in das innere Getriebe der Postadministration zu schauen, so würde sich ergeben, daß die Unterhaltung der Fahrposten und der Extrapoststationen neben dem, was diese Zweige selbst aufbringen, noch eine eben so große Summe kostet, die aus der Briefporto-Einnahme gedeckt, und daher auch von den Correspondenten gezahlt wird. Beschränkte sich die Post auf die Briefbeförderung, und gäbe den Personen- und Frachtverkehr frei, was immer nicht ausschlösse, daß sie selbst, so lange es lohnte, in Concurrenz *) Daß dieser augenblickliche Ausfall keinesfalls abschreckend war, beweist die von uns gestern erwähnte Bekanntmachung des englischen Schatzamtes, welche den definitiven Anfang der Pennypost, d. h. die Ausführung des kühnen Vorschlags in seinem ganzen Umfang, auf den 10 Januar d. J. festsetzt. Ein Brief aus London vom 21 Dec. (also acht Tage vor jener Bekanntmachung geschrieben) sagt: “Jeden Tag kann eine Verordnung der Schatzkammer erscheinen, bestimmend die allgemeine Einführung der Pennypost. Ursprünglich war die jetzige Probezeit entweder am 5 Jan. oder 5 März aufzuhören bestimmt. Die kurze Probe fiel aber so günstig in jeder Hinsicht aus, daß Hills Maaßregel unmittelbar in ihrem ganzen Umfang ausgeführt werden soll. Die Postbeamten expediren mit den jetzigen Wägen dreimal mehr Briefe in einem gegebenen Zeitpunkt als auf die frühere Weise. Der Ausfall in der Einnahme ist geringer, als er angeschlagen war. Das Verhältniß der vorausbezahlten Briefe war früher wie 1 : 5, und ist jetzt wie 3 : 2. In der Londoner Localpost war der Zuwachs von Briefen von 15,000 auf 40,000 gestiegen. Würde die Zunahme von Briefen im nämlichen Verhältniß fortgehen, so hat man in drei Monaten keinen Verlust mehr. Auf der Generalpost betrug die Zunahme 35 Procent. Die ersten Künstler Londons sind von der Schatzkammer zu Zeichnungen für die Verzierungen der Couverte aufgefordert worden. Eine ist allerliebst: im Viereck herumgehend, d. h. am Rande der Couverte, und in 40 geschmackvollen Vignetten die verschiedenen Völkerschaften in den Colonien Englands darstellend. Die jetzige Einrichtung (die vor einiger Zeit als Uebergangsmaaßregel eingeführt wurde) ist, wie Sie wissen werden, 4 Pence für alle Briefe in Inland, und 1 Penny, wenn vorausbezahlt wird. Nach der neuen Verordnung zahlen alle 1 Penny. Das Porto der fremden Briefe bleibt vor der Hand unverändert; die einzige Ursache ist, weil man zögert, um wo möglich vortheilhafte Abkommen mit den fremden Regierungen zu treffen. In Deutschland mag die Sache weniger Interesse erregen; aber den Deutschen, die hier wohnen und für jeden Brief aus Deutschland 1 Schill. 6 Pence zahlen müssen, kann man es nicht verargen, wenn sie, was auch ihre politischen Ansichten seyn mögen, dießmal in dem Wunsch übereinstimmen, die deutschen Regierungen möchten sich recht liberal gegen England zeigen.”

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Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 5. Augsburg, 5. Januar 1840, S. 0033. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_005_18400105/9>, abgerufen am 21.11.2024.