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Allgemeine Zeitung. Nr. 10. Augsburg, 10. Januar 1840.

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Parlamentssitz für Birmingham genannt hat, über den gegenwärtigen Zustand der Negersklaverei und die Zwecke des Vereins gegen dieselbe. Die Abschaffung der Sklaverei in Westindien hat zwar nach seiner Meinung die Folge gehabt, daß der Zuckerertrag sich um 10 Proc. verminderte, doch findet er dieses Ergebniß mehr in der schlechten Behandlung der Neger, als in einer andern Ursache gegründet. Wo die Neger gut behandelt wurden, haben die Ernten den vollen Durchschnittsertrag geliefert. Einen Beweis der verbesserten Lage der Neger fand er in dem Umstand, daß die Preise von Kleidungsstoffen und andern in den Colonien eingeführten Waaren seit der Emancipation gestiegen sind. Die Erwartungen der Freunde der Neger hinsichtlich der Zunahme ihrer Betriebsamkeit und Sittlichkeit sind vollkommen gerechtfertigt worden. Die so oft wiederholte Vorhersagung, daß die Neger nach ihrer Freilassung sich für das in der Sklaverei erlittene Unrecht rächen würden, ist nicht in Erfüllung gegangen. Auf Jamaica und andern Inseln, wo es viel fruchtbares Wüstland gibt, hatte man befürchtet, die freigelassenen Neger würden in die Gebirge entlaufen und sich auf Wüstungen ansiedeln; aber auch dieß ist nur selten vorgekommen, vielmehr sind einige Neger, die während der Sklaverei Maroons geworden, d. h. entwichen waren, neuerlich zurückgekehrt, und zu einer betriebsamen Lebensweise übergegangen. Nach Zeugnissen, die auch der vormalige Statthalter von Jamaica, Sir Lionel Smith, bestätigt, suchen sich die freien Neger ehrlich ihren unabhängigen Unterhalt zu erwerben. Besonders erfreulich ist nach Sturge's Angabe der Eifer einiger Neger, zu ihren Brüdern in Afrika als Missionäre zu gehen. Als man ihnen die Gefahr vorstellte, nochmals in Sklaverei zu gerathen, erwiederten sie, daß sie auch diese ertragen würden, wenn es Gottes Wille wäre, so sie nur das Werkzeug zur Verbreitung des Evangeliums in Afrika werden könnten. Sturge bemerkte ferner, die französischen Commissarien, die in Auftrag ihrer Regierung die Folgen der Emancipation in den brittischen Colonien beobachtet, seyen zu einem günstigen Ergebniß gekommen, und die Abschaffung der Sklaverei in den französischen Ansiedelungen werde sich nun nicht mehr länger verweigern lassen. Auf die Vereinigten Staaten übergehend, erwähnte der Redner, daß man dort 2,800,000 Negersklaven zähle, daß aber die Freunde der Abschaffung der Sklaverei (abolitionists) in ihren Anstrengungen nicht nachlassen. Es bestehen in Amerika 1600 Vereine gegen die Sklaverei, auf den Grundsatz gänzlicher Abschaffung gebaut, mit mehreren hunderttausend Mitgliedern. In scharfen Worten äußerte sich Sturge über Texas, das sich von Mexico bloß darum losgerissen habe, weil hier die Sklaverei abgeschafft worden, und das nun einen großen Sklavenmarkt für die amerikanischen Sklavenzüchter (slave-breeders) bilde. In Brasilien und Cuba gebe es zwar noch viele Sklaven, doch sey in Cuba eine Veränderung der öffentlichen Meinung eingetreten und unter den achtbaren Einwohnerclassen gelte der Sklavenhandel für entehrend. In Bezug auf den Sklavenhandel im Allgemeinen bemerkte er, daß derselbe seit 1807 furchtbar zugenommen habe, ungeachtet von Großbritannien 20 Millionen Pf. St. zur Unterdrückung desselben aufgewendet worden seyen. Brittische Unterthanen sind nach seiner Meinung nicht dabei betheiligt, doch hat Großbritannien allerdings viele zur Betreibung des Sklavenhandels erforderliche Waaren geliefert, wie denn jährlich viele Baumwollenwaaren nach Cuba gehen, welche die Sklavenhändler nach der afrikanischen Küste mitnehmen, und von Liverpool in diesem Jahr 16,000 Faß Pulver versendet wurden, die nach Afrika bestimmt waren, um in den innern Kriegen gebraucht zu werden, die den Sklavenhändlern ihre Opfer liefern. Der neulich gestiftete Verein gegen die Sklaverei, sagte Sturge, sey auf die Ueberzeugung gegründet, daß alle Bemühungen gegen den Sklavenhandel unwirksam seyen, so lange Sklaverei bestehe, und daß die Abschaffung des Sklavenhandels und der Sklaverei nur durch moralische, religiöse und friedliche Mittel erreicht werden könne. Der Verein hat die Absicht, im Junius 1840 eine große Versammlung in London zu veranstalten, zu welcher man Personen aus allen Gegenden Europa's erwartet.

Die Beiträge zur deutschen Schaubühne, von welchen die Prinzessin Amalie von Sachsen bis jetzt vier Bände erscheinen ließ, werden von der englischen Schriftstellerin Jameson, die auch in Deutschland bereits bekannt ist, ins Englische übersetzt. Zwei Bände sind schon erschienen unter dem Titel: "Social Life in Germany, illustrated in the dramas of her Royal Highness Princess Amalia of Saxony." Eine Einleitung soll den englischen Leser auf den Standpunkt versetzen, aus dem diese Dramen zu betrachten sind. - Der Bibliothekar Pittigrew hat den zweiten Theil seines schätzbaren Katalogs der reichen Büchersammlung des Herzogs von Sussex ("Bibliotheca Sussexiana, or a descriptive catalogue, with historical and biographical notices etc.") herausgegeben, welcher die Nachrichten von den verschiedenen Bibelübersetzungen in der Bibliothek ergänzt.

Das Paketboot Ontario hat eine New-Yorker Post vom 6 December mitgebracht, jedoch ebenfalls ohne die Präsidentenbotschaft.

Man muß gestehen, daß das russische Cabinet seine Geschicklichkeit abermals bewährt, und daß es, trotz der vielen falschen Voraussetzungen und Insinuationen, Beweise von einer eben so redlichen als umsichtigen Politik gegeben hat. Hr. v. Brunnow, welcher bei seinem ersten Aufenthalt hier sich überzeugen mußte, daß man auf die reinen Absichten seines Cabinets vertraut, hat sich jetzt wieder einer Aufnahme zu erfreuen, die ihm nur schmeichelhaft seyn und seine Regierung keinen Augenblick über die Gesinnungen unserer Staatsmänner in Zweifel lassen kann. Das Entgegenkommen Rußlands heischt aufrichtige Erwiederung und muß alle Organe der Presse, welche das Interesse des Landes beherzigen, anfeuern, die seither sich kundgegebene Animosität gegen eine Nation, die unsere Achtung verdient, zu verwischen. Sie werden die seit einiger Zeit veränderte Sprache im Globe und Chronicle bemerkt haben. Man wird sich immer mehr überzeugen, daß das St. Petersburger Cabinet im Geiste des Friedens handelt und insofern der fortschreitenden Civilisation mehr Vorschub gibt, als wenn es durch rasche Uebergriffe seinen, ihm zukommenden Einfluß auf Länder wollte geltend machen, die nur durch ruhige Entwicklung einige geistige Consistenz gewinnen können. Die hier eingeleiteten Unterhandlungen, welche man hauptsächlich dem russischen Cabinet zu verdanken hat, und von welchen keine der großen Mächte, wie Einige wähnen, ausgeschlossen bleibt, sondern wo jede ohne Rückhalt sich aussprechen und ihre Mitwirkung zur Beruhigung des Orients geltend machen kann, werden ohne allen Zweifel den Schlußstein zu dem großen Friedenssysteme legen, welches die Mächte seit einigen Jahren mit so vieler Beharrlichkeit verfolgt haben. Es ist falsch, daß diese Unterhandlungen darauf berechnet seyen, irgend Mißtrauen oder Zerwürfnisse zu erzeugen, vielmehr sind sie dazu bestimmt, allgemein Einigkeit zu bewirken, ohne daß Jemand verletzt oder wesentlich beeinträchtigt werden soll. Solchergestalt darf man sich nicht wundern, daß das französische Cabinet nicht auf sich warten läßt, und große Bereitwilligkeit zeigt, einen Theil an der Ehre zu haben, die Jedem gebührt, der zur Beförderung des allgemeinen Wohls, wie hier jetzt beabsichtigt


Parlamentssitz für Birmingham genannt hat, über den gegenwärtigen Zustand der Negersklaverei und die Zwecke des Vereins gegen dieselbe. Die Abschaffung der Sklaverei in Westindien hat zwar nach seiner Meinung die Folge gehabt, daß der Zuckerertrag sich um 10 Proc. verminderte, doch findet er dieses Ergebniß mehr in der schlechten Behandlung der Neger, als in einer andern Ursache gegründet. Wo die Neger gut behandelt wurden, haben die Ernten den vollen Durchschnittsertrag geliefert. Einen Beweis der verbesserten Lage der Neger fand er in dem Umstand, daß die Preise von Kleidungsstoffen und andern in den Colonien eingeführten Waaren seit der Emancipation gestiegen sind. Die Erwartungen der Freunde der Neger hinsichtlich der Zunahme ihrer Betriebsamkeit und Sittlichkeit sind vollkommen gerechtfertigt worden. Die so oft wiederholte Vorhersagung, daß die Neger nach ihrer Freilassung sich für das in der Sklaverei erlittene Unrecht rächen würden, ist nicht in Erfüllung gegangen. Auf Jamaica und andern Inseln, wo es viel fruchtbares Wüstland gibt, hatte man befürchtet, die freigelassenen Neger würden in die Gebirge entlaufen und sich auf Wüstungen ansiedeln; aber auch dieß ist nur selten vorgekommen, vielmehr sind einige Neger, die während der Sklaverei Maroons geworden, d. h. entwichen waren, neuerlich zurückgekehrt, und zu einer betriebsamen Lebensweise übergegangen. Nach Zeugnissen, die auch der vormalige Statthalter von Jamaica, Sir Lionel Smith, bestätigt, suchen sich die freien Neger ehrlich ihren unabhängigen Unterhalt zu erwerben. Besonders erfreulich ist nach Sturge's Angabe der Eifer einiger Neger, zu ihren Brüdern in Afrika als Missionäre zu gehen. Als man ihnen die Gefahr vorstellte, nochmals in Sklaverei zu gerathen, erwiederten sie, daß sie auch diese ertragen würden, wenn es Gottes Wille wäre, so sie nur das Werkzeug zur Verbreitung des Evangeliums in Afrika werden könnten. Sturge bemerkte ferner, die französischen Commissarien, die in Auftrag ihrer Regierung die Folgen der Emancipation in den brittischen Colonien beobachtet, seyen zu einem günstigen Ergebniß gekommen, und die Abschaffung der Sklaverei in den französischen Ansiedelungen werde sich nun nicht mehr länger verweigern lassen. Auf die Vereinigten Staaten übergehend, erwähnte der Redner, daß man dort 2,800,000 Negersklaven zähle, daß aber die Freunde der Abschaffung der Sklaverei (abolitionists) in ihren Anstrengungen nicht nachlassen. Es bestehen in Amerika 1600 Vereine gegen die Sklaverei, auf den Grundsatz gänzlicher Abschaffung gebaut, mit mehreren hunderttausend Mitgliedern. In scharfen Worten äußerte sich Sturge über Texas, das sich von Mexico bloß darum losgerissen habe, weil hier die Sklaverei abgeschafft worden, und das nun einen großen Sklavenmarkt für die amerikanischen Sklavenzüchter (slave-breeders) bilde. In Brasilien und Cuba gebe es zwar noch viele Sklaven, doch sey in Cuba eine Veränderung der öffentlichen Meinung eingetreten und unter den achtbaren Einwohnerclassen gelte der Sklavenhandel für entehrend. In Bezug auf den Sklavenhandel im Allgemeinen bemerkte er, daß derselbe seit 1807 furchtbar zugenommen habe, ungeachtet von Großbritannien 20 Millionen Pf. St. zur Unterdrückung desselben aufgewendet worden seyen. Brittische Unterthanen sind nach seiner Meinung nicht dabei betheiligt, doch hat Großbritannien allerdings viele zur Betreibung des Sklavenhandels erforderliche Waaren geliefert, wie denn jährlich viele Baumwollenwaaren nach Cuba gehen, welche die Sklavenhändler nach der afrikanischen Küste mitnehmen, und von Liverpool in diesem Jahr 16,000 Faß Pulver versendet wurden, die nach Afrika bestimmt waren, um in den innern Kriegen gebraucht zu werden, die den Sklavenhändlern ihre Opfer liefern. Der neulich gestiftete Verein gegen die Sklaverei, sagte Sturge, sey auf die Ueberzeugung gegründet, daß alle Bemühungen gegen den Sklavenhandel unwirksam seyen, so lange Sklaverei bestehe, und daß die Abschaffung des Sklavenhandels und der Sklaverei nur durch moralische, religiöse und friedliche Mittel erreicht werden könne. Der Verein hat die Absicht, im Junius 1840 eine große Versammlung in London zu veranstalten, zu welcher man Personen aus allen Gegenden Europa's erwartet.

Die Beiträge zur deutschen Schaubühne, von welchen die Prinzessin Amalie von Sachsen bis jetzt vier Bände erscheinen ließ, werden von der englischen Schriftstellerin Jameson, die auch in Deutschland bereits bekannt ist, ins Englische übersetzt. Zwei Bände sind schon erschienen unter dem Titel: „Social Life in Germany, illustrated in the dramas of her Royal Highness Princess Amalia of Saxony.“ Eine Einleitung soll den englischen Leser auf den Standpunkt versetzen, aus dem diese Dramen zu betrachten sind. – Der Bibliothekar Pittigrew hat den zweiten Theil seines schätzbaren Katalogs der reichen Büchersammlung des Herzogs von Sussex („Bibliotheca Sussexiana, or a descriptive catalogue, with historical and biographical notices etc.“) herausgegeben, welcher die Nachrichten von den verschiedenen Bibelübersetzungen in der Bibliothek ergänzt.

Das Paketboot Ontario hat eine New-Yorker Post vom 6 December mitgebracht, jedoch ebenfalls ohne die Präsidentenbotschaft.

Man muß gestehen, daß das russische Cabinet seine Geschicklichkeit abermals bewährt, und daß es, trotz der vielen falschen Voraussetzungen und Insinuationen, Beweise von einer eben so redlichen als umsichtigen Politik gegeben hat. Hr. v. Brunnow, welcher bei seinem ersten Aufenthalt hier sich überzeugen mußte, daß man auf die reinen Absichten seines Cabinets vertraut, hat sich jetzt wieder einer Aufnahme zu erfreuen, die ihm nur schmeichelhaft seyn und seine Regierung keinen Augenblick über die Gesinnungen unserer Staatsmänner in Zweifel lassen kann. Das Entgegenkommen Rußlands heischt aufrichtige Erwiederung und muß alle Organe der Presse, welche das Interesse des Landes beherzigen, anfeuern, die seither sich kundgegebene Animosität gegen eine Nation, die unsere Achtung verdient, zu verwischen. Sie werden die seit einiger Zeit veränderte Sprache im Globe und Chronicle bemerkt haben. Man wird sich immer mehr überzeugen, daß das St. Petersburger Cabinet im Geiste des Friedens handelt und insofern der fortschreitenden Civilisation mehr Vorschub gibt, als wenn es durch rasche Uebergriffe seinen, ihm zukommenden Einfluß auf Länder wollte geltend machen, die nur durch ruhige Entwicklung einige geistige Consistenz gewinnen können. Die hier eingeleiteten Unterhandlungen, welche man hauptsächlich dem russischen Cabinet zu verdanken hat, und von welchen keine der großen Mächte, wie Einige wähnen, ausgeschlossen bleibt, sondern wo jede ohne Rückhalt sich aussprechen und ihre Mitwirkung zur Beruhigung des Orients geltend machen kann, werden ohne allen Zweifel den Schlußstein zu dem großen Friedenssysteme legen, welches die Mächte seit einigen Jahren mit so vieler Beharrlichkeit verfolgt haben. Es ist falsch, daß diese Unterhandlungen darauf berechnet seyen, irgend Mißtrauen oder Zerwürfnisse zu erzeugen, vielmehr sind sie dazu bestimmt, allgemein Einigkeit zu bewirken, ohne daß Jemand verletzt oder wesentlich beeinträchtigt werden soll. Solchergestalt darf man sich nicht wundern, daß das französische Cabinet nicht auf sich warten läßt, und große Bereitwilligkeit zeigt, einen Theil an der Ehre zu haben, die Jedem gebührt, der zur Beförderung des allgemeinen Wohls, wie hier jetzt beabsichtigt

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Parlamentssitz für Birmingham genannt hat, über den gegenwärtigen Zustand der Negersklaverei und die Zwecke des Vereins gegen dieselbe. Die Abschaffung der Sklaverei in Westindien hat zwar nach seiner Meinung die Folge gehabt, daß der Zuckerertrag sich um 10 Proc. verminderte, doch findet er dieses Ergebniß mehr in der schlechten Behandlung der Neger, als in einer andern Ursache gegründet. Wo die Neger gut behandelt wurden, haben die Ernten den vollen Durchschnittsertrag geliefert. Einen Beweis der verbesserten Lage der Neger fand er in dem Umstand, daß die Preise von Kleidungsstoffen und andern in den Colonien eingeführten Waaren seit der Emancipation gestiegen sind. Die Erwartungen der Freunde der Neger hinsichtlich der Zunahme ihrer Betriebsamkeit und Sittlichkeit sind vollkommen gerechtfertigt worden. Die so oft wiederholte Vorhersagung, daß die Neger nach ihrer Freilassung sich für das in der Sklaverei erlittene Unrecht rächen würden, ist nicht in Erfüllung gegangen. Auf Jamaica und andern Inseln, wo es viel fruchtbares Wüstland gibt, hatte man befürchtet, die freigelassenen Neger würden in die Gebirge entlaufen und sich auf Wüstungen ansiedeln; aber auch dieß ist nur selten vorgekommen, vielmehr sind einige Neger, die während der Sklaverei Maroons geworden, d. h. entwichen waren, neuerlich zurückgekehrt, und zu einer betriebsamen Lebensweise übergegangen. Nach Zeugnissen, die auch der vormalige Statthalter von Jamaica, Sir Lionel Smith, bestätigt, suchen sich die freien Neger ehrlich ihren unabhängigen Unterhalt zu erwerben. Besonders erfreulich ist nach Sturge's Angabe der Eifer einiger Neger, zu ihren Brüdern in Afrika als Missionäre zu gehen. Als man ihnen die Gefahr vorstellte, nochmals in Sklaverei zu gerathen, erwiederten sie, daß sie auch diese ertragen würden, wenn es Gottes Wille wäre, so sie nur das Werkzeug zur Verbreitung des Evangeliums in Afrika werden könnten. Sturge bemerkte ferner, die französischen Commissarien, die in Auftrag ihrer Regierung die Folgen der Emancipation in den brittischen Colonien beobachtet, seyen zu einem günstigen Ergebniß gekommen, und die Abschaffung der Sklaverei in den französischen Ansiedelungen werde sich nun nicht mehr länger verweigern lassen. Auf die Vereinigten Staaten übergehend, erwähnte der Redner, daß man dort 2,800,000 Negersklaven zähle, daß aber die Freunde der Abschaffung der Sklaverei (abolitionists) in ihren Anstrengungen nicht nachlassen. Es bestehen in Amerika 1600 Vereine gegen die Sklaverei, auf den Grundsatz gänzlicher Abschaffung gebaut, mit mehreren hunderttausend Mitgliedern. In scharfen Worten äußerte sich Sturge über Texas, das sich von Mexico bloß darum losgerissen habe, weil hier die Sklaverei abgeschafft worden, und das nun einen großen Sklavenmarkt für die amerikanischen Sklavenzüchter (slave-breeders) bilde. In Brasilien und Cuba gebe es zwar noch viele Sklaven, doch sey in Cuba eine Veränderung der öffentlichen Meinung eingetreten und unter den achtbaren Einwohnerclassen gelte der Sklavenhandel für entehrend. In Bezug auf den Sklavenhandel im Allgemeinen bemerkte er, daß derselbe seit 1807 furchtbar zugenommen habe, ungeachtet von Großbritannien 20 Millionen Pf. St. zur Unterdrückung desselben aufgewendet worden seyen. Brittische Unterthanen sind nach seiner Meinung nicht dabei betheiligt, doch hat Großbritannien allerdings viele zur Betreibung des Sklavenhandels erforderliche Waaren geliefert, wie denn jährlich viele Baumwollenwaaren nach Cuba gehen, welche die Sklavenhändler nach der afrikanischen Küste mitnehmen, und von Liverpool in diesem Jahr 16,000 Faß Pulver versendet wurden, die nach Afrika bestimmt waren, um in den innern Kriegen gebraucht zu werden, die den Sklavenhändlern ihre Opfer liefern. Der neulich gestiftete Verein gegen die Sklaverei, sagte Sturge, sey auf die Ueberzeugung gegründet, daß alle Bemühungen gegen den Sklavenhandel unwirksam seyen, so lange Sklaverei bestehe, und daß die Abschaffung des Sklavenhandels und der Sklaverei nur durch moralische, religiöse und friedliche Mittel erreicht werden könne. Der Verein hat die Absicht, im Junius 1840 eine große Versammlung in London zu veranstalten, zu welcher man Personen aus allen Gegenden Europa's erwartet.</p><lb/>
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[0074/0002] Parlamentssitz für Birmingham genannt hat, über den gegenwärtigen Zustand der Negersklaverei und die Zwecke des Vereins gegen dieselbe. Die Abschaffung der Sklaverei in Westindien hat zwar nach seiner Meinung die Folge gehabt, daß der Zuckerertrag sich um 10 Proc. verminderte, doch findet er dieses Ergebniß mehr in der schlechten Behandlung der Neger, als in einer andern Ursache gegründet. Wo die Neger gut behandelt wurden, haben die Ernten den vollen Durchschnittsertrag geliefert. Einen Beweis der verbesserten Lage der Neger fand er in dem Umstand, daß die Preise von Kleidungsstoffen und andern in den Colonien eingeführten Waaren seit der Emancipation gestiegen sind. Die Erwartungen der Freunde der Neger hinsichtlich der Zunahme ihrer Betriebsamkeit und Sittlichkeit sind vollkommen gerechtfertigt worden. Die so oft wiederholte Vorhersagung, daß die Neger nach ihrer Freilassung sich für das in der Sklaverei erlittene Unrecht rächen würden, ist nicht in Erfüllung gegangen. Auf Jamaica und andern Inseln, wo es viel fruchtbares Wüstland gibt, hatte man befürchtet, die freigelassenen Neger würden in die Gebirge entlaufen und sich auf Wüstungen ansiedeln; aber auch dieß ist nur selten vorgekommen, vielmehr sind einige Neger, die während der Sklaverei Maroons geworden, d. h. entwichen waren, neuerlich zurückgekehrt, und zu einer betriebsamen Lebensweise übergegangen. Nach Zeugnissen, die auch der vormalige Statthalter von Jamaica, Sir Lionel Smith, bestätigt, suchen sich die freien Neger ehrlich ihren unabhängigen Unterhalt zu erwerben. Besonders erfreulich ist nach Sturge's Angabe der Eifer einiger Neger, zu ihren Brüdern in Afrika als Missionäre zu gehen. Als man ihnen die Gefahr vorstellte, nochmals in Sklaverei zu gerathen, erwiederten sie, daß sie auch diese ertragen würden, wenn es Gottes Wille wäre, so sie nur das Werkzeug zur Verbreitung des Evangeliums in Afrika werden könnten. Sturge bemerkte ferner, die französischen Commissarien, die in Auftrag ihrer Regierung die Folgen der Emancipation in den brittischen Colonien beobachtet, seyen zu einem günstigen Ergebniß gekommen, und die Abschaffung der Sklaverei in den französischen Ansiedelungen werde sich nun nicht mehr länger verweigern lassen. Auf die Vereinigten Staaten übergehend, erwähnte der Redner, daß man dort 2,800,000 Negersklaven zähle, daß aber die Freunde der Abschaffung der Sklaverei (abolitionists) in ihren Anstrengungen nicht nachlassen. Es bestehen in Amerika 1600 Vereine gegen die Sklaverei, auf den Grundsatz gänzlicher Abschaffung gebaut, mit mehreren hunderttausend Mitgliedern. In scharfen Worten äußerte sich Sturge über Texas, das sich von Mexico bloß darum losgerissen habe, weil hier die Sklaverei abgeschafft worden, und das nun einen großen Sklavenmarkt für die amerikanischen Sklavenzüchter (slave-breeders) bilde. In Brasilien und Cuba gebe es zwar noch viele Sklaven, doch sey in Cuba eine Veränderung der öffentlichen Meinung eingetreten und unter den achtbaren Einwohnerclassen gelte der Sklavenhandel für entehrend. In Bezug auf den Sklavenhandel im Allgemeinen bemerkte er, daß derselbe seit 1807 furchtbar zugenommen habe, ungeachtet von Großbritannien 20 Millionen Pf. St. zur Unterdrückung desselben aufgewendet worden seyen. Brittische Unterthanen sind nach seiner Meinung nicht dabei betheiligt, doch hat Großbritannien allerdings viele zur Betreibung des Sklavenhandels erforderliche Waaren geliefert, wie denn jährlich viele Baumwollenwaaren nach Cuba gehen, welche die Sklavenhändler nach der afrikanischen Küste mitnehmen, und von Liverpool in diesem Jahr 16,000 Faß Pulver versendet wurden, die nach Afrika bestimmt waren, um in den innern Kriegen gebraucht zu werden, die den Sklavenhändlern ihre Opfer liefern. Der neulich gestiftete Verein gegen die Sklaverei, sagte Sturge, sey auf die Ueberzeugung gegründet, daß alle Bemühungen gegen den Sklavenhandel unwirksam seyen, so lange Sklaverei bestehe, und daß die Abschaffung des Sklavenhandels und der Sklaverei nur durch moralische, religiöse und friedliche Mittel erreicht werden könne. Der Verein hat die Absicht, im Junius 1840 eine große Versammlung in London zu veranstalten, zu welcher man Personen aus allen Gegenden Europa's erwartet. Die Beiträge zur deutschen Schaubühne, von welchen die Prinzessin Amalie von Sachsen bis jetzt vier Bände erscheinen ließ, werden von der englischen Schriftstellerin Jameson, die auch in Deutschland bereits bekannt ist, ins Englische übersetzt. Zwei Bände sind schon erschienen unter dem Titel: „Social Life in Germany, illustrated in the dramas of her Royal Highness Princess Amalia of Saxony.“ Eine Einleitung soll den englischen Leser auf den Standpunkt versetzen, aus dem diese Dramen zu betrachten sind. – Der Bibliothekar Pittigrew hat den zweiten Theil seines schätzbaren Katalogs der reichen Büchersammlung des Herzogs von Sussex („Bibliotheca Sussexiana, or a descriptive catalogue, with historical and biographical notices etc.“) herausgegeben, welcher die Nachrichten von den verschiedenen Bibelübersetzungen in der Bibliothek ergänzt. Das Paketboot Ontario hat eine New-Yorker Post vom 6 December mitgebracht, jedoch ebenfalls ohne die Präsidentenbotschaft. ✠ London, 29 Dec. Man muß gestehen, daß das russische Cabinet seine Geschicklichkeit abermals bewährt, und daß es, trotz der vielen falschen Voraussetzungen und Insinuationen, Beweise von einer eben so redlichen als umsichtigen Politik gegeben hat. Hr. v. Brunnow, welcher bei seinem ersten Aufenthalt hier sich überzeugen mußte, daß man auf die reinen Absichten seines Cabinets vertraut, hat sich jetzt wieder einer Aufnahme zu erfreuen, die ihm nur schmeichelhaft seyn und seine Regierung keinen Augenblick über die Gesinnungen unserer Staatsmänner in Zweifel lassen kann. Das Entgegenkommen Rußlands heischt aufrichtige Erwiederung und muß alle Organe der Presse, welche das Interesse des Landes beherzigen, anfeuern, die seither sich kundgegebene Animosität gegen eine Nation, die unsere Achtung verdient, zu verwischen. Sie werden die seit einiger Zeit veränderte Sprache im Globe und Chronicle bemerkt haben. Man wird sich immer mehr überzeugen, daß das St. Petersburger Cabinet im Geiste des Friedens handelt und insofern der fortschreitenden Civilisation mehr Vorschub gibt, als wenn es durch rasche Uebergriffe seinen, ihm zukommenden Einfluß auf Länder wollte geltend machen, die nur durch ruhige Entwicklung einige geistige Consistenz gewinnen können. Die hier eingeleiteten Unterhandlungen, welche man hauptsächlich dem russischen Cabinet zu verdanken hat, und von welchen keine der großen Mächte, wie Einige wähnen, ausgeschlossen bleibt, sondern wo jede ohne Rückhalt sich aussprechen und ihre Mitwirkung zur Beruhigung des Orients geltend machen kann, werden ohne allen Zweifel den Schlußstein zu dem großen Friedenssysteme legen, welches die Mächte seit einigen Jahren mit so vieler Beharrlichkeit verfolgt haben. Es ist falsch, daß diese Unterhandlungen darauf berechnet seyen, irgend Mißtrauen oder Zerwürfnisse zu erzeugen, vielmehr sind sie dazu bestimmt, allgemein Einigkeit zu bewirken, ohne daß Jemand verletzt oder wesentlich beeinträchtigt werden soll. Solchergestalt darf man sich nicht wundern, daß das französische Cabinet nicht auf sich warten läßt, und große Bereitwilligkeit zeigt, einen Theil an der Ehre zu haben, die Jedem gebührt, der zur Beförderung des allgemeinen Wohls, wie hier jetzt beabsichtigt

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 10. Augsburg, 10. Januar 1840, S. 0074. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_010_18400110/2>, abgerufen am 29.04.2024.