Allgemeine Zeitung. Nr. 16. Augsburg, 16. Januar 1840.Bürgermeister, Rathsmänner und 32 Bürgerrepräsentanten bereits versammelt hatten, um mit dem Inhalt bekannt gemacht zu werden, den sie mit allgemeiner Zufriedenheit vernahmen, und in den Ausruf: " Es lebe König Christian VIII!" ausbrachen. Auf die Dankrede der Gemeindedeputation antwortete der König: "Es ist für mich besonders zufriedenstellend gewesen, am Neujahrstage, dem ersten in meiner Regierungszeit, das Versprechen lösen zu können, das ich Ihnen gegeben hatte, bald Ihre Gemeindeangelegenheiten gesetzlich geordnet zu sehen. Ich habe gern der Stadt alle die Freiheiten eingeräumt, die, wie ich glaube, zu ihrem Wohl beitragen konnten, versichert, dadurch lebendigen Bürgersinn für die Gemeindeangelegenheiten zu wecken. - Hätte man das Wahlrecht auf alle Bürger ausdehnen können, würde es mir lieb gewesen seyn; allein die von der Gemeindeverwaltung und der Ständeversammlung anempfohlenen directen Wahlen haben es nöthig gemacht, die Zahl der Wähler zu beschränken. Ich habe den Repräsentanten die Wahl gewisser Mitglieder des Magistrats eingeräumt, in der Voraussetzung, daß sie dazu die Bürger auszuwählen wissen werden, welche sich insonderheit durch Kenntniß der Angelegenheiten der Gemeinde und lebendiges Interesse für dieselben auszeichnen, und eine gleiche Erkenntniß wird auch den Bürger bei der Wahl ihrer Repräsentanten leiten. - Ich habe das richtige Verhältniß bestehen lassen, daß der Magistrat für die Verwaltung der Gemeinde verantwortlich ist, daß aber keine Ausgaben, keine Auflage ohne Zustimmung der Bürgerrepräsentanten statt finden können. Wir wollen hoffen, daß dieses Gesetz die erwünschtesten Früchte tragen wird." Rußland und Polen. Berlin, 11 Jan. Die unerwartete Verabschiedung des Minister-Staatssecretärs des Königreichs Polen, Grafen Etienne Grabowski, und die Ernennung eines Russen, des Geheimenraths Turkul, an die Stelle dieses polnischen Staatsmanns, der sein Amt schon vor der Revolution bekleidet hatte, und auch während derselben in St. Petersburg fungirte, gibt hier zu mancherlei Gerüchten Anlaß. Unstreitig werden auch bald die französischen Blätter davon zu erzählen wissen, doch ist ihren Nachrichten aus Polen und Rußland durchaus nicht zu glauben; hier wenigstens haben sie längst allen Credit verloren, wie geschickt es auch das Commerce und einige seiner Collegen anzufangen wissen, um ihren Berichten ein neues Relief zu geben. - Die Erwiederung der russischen Regierung auf die päpstliche Allocution, von der bereits vor einigen Tagen gesprochen wurde, scheint noch immer nicht eingegangen zu seyn. Eben so sind auch von der russischen Expedition nach Khiwa keine neuern Berichte aus der Kirgisen-Steppe angekommen. Türkei. Von der türkischen Gränze, 4 Jan. Seit einigen Tagen verbreiten sich an der Gränze allerlei beunruhigende Sagen, deren Bestätigung aber noch dahin steht. So heißt es z. B., daß sich ein bedeutender District in Albanien gegen die Pforte erhoben habe, und daß eine Abtheilung der Empörer bis Prevesa vorgedrungen sey. *)*) Sie verlangen ihre alten Privilegien, und sollen von Mehemed Ali mit Geld, mehr noch aber durch Versprechungen aller Art ermuntert werden. - Ein gleichfalls unverbürgtes Gerücht aus Konstantinopel sagt, daß der dort noch vielfach verbreitete Glauben, Sultan Mahmud lebe noch, verschiedene Untersuchungen veranlaßt habe; mehrere türkische Priester sollen in letzter Zeit nächtlicherweile in das Mausoleum, welches die irdischen Ueberreste des verstorbenen Sultans in sich schließt, eingedrungen, dabei aber ertappt, und als des Diebstahls verdächtig angehalten worden seyn. Bei dem mit ihnen vorgenommenen Verhör sollen sie einstimmig gestanden haben, daß ihre Absicht bloß gewesen sey, sich von dem wirklich erfolgten Tode Sultan Mahmuds zu überzeugen, worauf sie auf Befehl des jungen Sultans erdrosselt worden seyen. Obwohl ich die Wahrheit dieses mit den Anordnungen des Hattischerifs vom 3 Nov. so gewaltig contrastirenden Beispiels von Justizpflege nicht verbürgen kann, so glaube ich doch das den Zustand der Dinge und der Gemüther in der türkischen Hauptstadt charakterisirende Gerücht nicht unerwähnt lassen zu dürfen. - Die neuen von Rußland dem englischen Cabinet in Bezug auf die orientalische Frage gemachten Propositionen waren in Konstantinopel den neuesten Berichten zufolge bereits bekannt, und ebenso, daß sie in London, trotz dem Aerger des Grafen Sebastiani, beste Aufnahme gefunden haben. Man bemerkte dieß an den freundlichen Gesichtern, auf die man allenthalben stieß. Indessen verfehlte man nicht, dem Grund dieses den englischen Interessen so geneigten Entgegenkommens Rußlands nachzuforschen, und glaubte es in der neuesten Expedition Rußlands gegen Khiwa zu finden. Es scheint, daß Rußland seinen Zweck, jedes Mißtrauen Englands hinsichtlich dieser Expedition zu beschwichtigen, durch seine Politik in der Frage des türkischen Reichs vollkommen erreicht hat. - Der griechische Gesandte, Zographos, welcher bekanntlich wegen eines Handelsvertrags mit der Pforte in Unterhandlung zu treten den Auftrag hat, soll große Schwierigkeiten finden. Es macht sich noch immer die ursprüngliche Abneigung der Türken gegen die Griechen bemerkbar, und wenn diese durch die griechische Presse, welche auf gar verschiedene Weise die Zukunft des Orients in Folge der letzten Ereignisse besprach, neue Nahrung erhalten hat, so ist dieß eben nicht zu verwundern. (Times.) Wir haben Blätter aus Malta bis zum 25 Dec. Das Dampfboot Hydra hatte die brittische Flotte in Vurla verlassen. Sir Robert Stopford hatte am 20 Dec. von dort nach Malta absegeln wollen, aber die ihm durch den Rhadamanthus überbrachten Ordren lauteten dahin, er solle mit seinem ganzen Geschwader in den levantinischen Gewässern bleiben. Ostindien und Afghanistan. Die mehrerwähnte neueste indische Post war am 9 Jan. in England eingetroffen. Den Mittheilungen der Londoner Blätter darüber entheben wir nachträglich noch Folgendes: Die zur Wiedereinsetzung des Schah Schudschah-ul-Mulk in Kabul verwendeten indobrittischen Truppen von der Bombay-Armee wurden bis zum 25 Dec. in dieser Präsidentschaft zurück erwartet. Den Kheibur-Paß, wo die meiste Gefahr zu befürchten war, hatte diese Heeresabtheilung ohne Widerstand glücklich passirt. Die in Afghanistan zurückbleibende Streitmacht steht unter den Befehlen des Generals Nott und des Obristen Sale. Dost Mohammed hat aufgehört furchtbar zu seyn. Er war über den Hindukusch geflohen, und sein Versuch, die Häuptlinge von Balkh und Bokhara zu einem Bündnisse mit ihm zu überreden, waren gescheitert. Obrist Stoddart war in Bokhara wieder in Freiheit gesetzt worden, und befand sich unterwegs nach Kabul. (Dieß steht mit unsern eigenen Nachrichten im Widerspruch). Sir John Keane war durch Podagra, Rheumatismen und übermäßige Strapazen so angegriffen, daß er in einem Palankin reisen mußte. Wahrscheinlich dürfte er erst bis Mitte Februars in Bombay eintreffen. Sir Henry Fane wollte sich *) Diese Sagen berichtete auch unsere Correspondenz aus Athen, aber auf gleich unbestimmte Weise.
Bürgermeister, Rathsmänner und 32 Bürgerrepräsentanten bereits versammelt hatten, um mit dem Inhalt bekannt gemacht zu werden, den sie mit allgemeiner Zufriedenheit vernahmen, und in den Ausruf: „ Es lebe König Christian VIII!“ ausbrachen. Auf die Dankrede der Gemeindedeputation antwortete der König: „Es ist für mich besonders zufriedenstellend gewesen, am Neujahrstage, dem ersten in meiner Regierungszeit, das Versprechen lösen zu können, das ich Ihnen gegeben hatte, bald Ihre Gemeindeangelegenheiten gesetzlich geordnet zu sehen. Ich habe gern der Stadt alle die Freiheiten eingeräumt, die, wie ich glaube, zu ihrem Wohl beitragen konnten, versichert, dadurch lebendigen Bürgersinn für die Gemeindeangelegenheiten zu wecken. – Hätte man das Wahlrecht auf alle Bürger ausdehnen können, würde es mir lieb gewesen seyn; allein die von der Gemeindeverwaltung und der Ständeversammlung anempfohlenen directen Wahlen haben es nöthig gemacht, die Zahl der Wähler zu beschränken. Ich habe den Repräsentanten die Wahl gewisser Mitglieder des Magistrats eingeräumt, in der Voraussetzung, daß sie dazu die Bürger auszuwählen wissen werden, welche sich insonderheit durch Kenntniß der Angelegenheiten der Gemeinde und lebendiges Interesse für dieselben auszeichnen, und eine gleiche Erkenntniß wird auch den Bürger bei der Wahl ihrer Repräsentanten leiten. – Ich habe das richtige Verhältniß bestehen lassen, daß der Magistrat für die Verwaltung der Gemeinde verantwortlich ist, daß aber keine Ausgaben, keine Auflage ohne Zustimmung der Bürgerrepräsentanten statt finden können. Wir wollen hoffen, daß dieses Gesetz die erwünschtesten Früchte tragen wird.“ Rußland und Polen. Berlin, 11 Jan. Die unerwartete Verabschiedung des Minister-Staatssecretärs des Königreichs Polen, Grafen Etienne Grabowski, und die Ernennung eines Russen, des Geheimenraths Turkul, an die Stelle dieses polnischen Staatsmanns, der sein Amt schon vor der Revolution bekleidet hatte, und auch während derselben in St. Petersburg fungirte, gibt hier zu mancherlei Gerüchten Anlaß. Unstreitig werden auch bald die französischen Blätter davon zu erzählen wissen, doch ist ihren Nachrichten aus Polen und Rußland durchaus nicht zu glauben; hier wenigstens haben sie längst allen Credit verloren, wie geschickt es auch das Commerce und einige seiner Collegen anzufangen wissen, um ihren Berichten ein neues Relief zu geben. – Die Erwiederung der russischen Regierung auf die päpstliche Allocution, von der bereits vor einigen Tagen gesprochen wurde, scheint noch immer nicht eingegangen zu seyn. Eben so sind auch von der russischen Expedition nach Khiwa keine neuern Berichte aus der Kirgisen-Steppe angekommen. Türkei. Von der türkischen Gränze, 4 Jan. Seit einigen Tagen verbreiten sich an der Gränze allerlei beunruhigende Sagen, deren Bestätigung aber noch dahin steht. So heißt es z. B., daß sich ein bedeutender District in Albanien gegen die Pforte erhoben habe, und daß eine Abtheilung der Empörer bis Prevesa vorgedrungen sey. *)*) Sie verlangen ihre alten Privilegien, und sollen von Mehemed Ali mit Geld, mehr noch aber durch Versprechungen aller Art ermuntert werden. – Ein gleichfalls unverbürgtes Gerücht aus Konstantinopel sagt, daß der dort noch vielfach verbreitete Glauben, Sultan Mahmud lebe noch, verschiedene Untersuchungen veranlaßt habe; mehrere türkische Priester sollen in letzter Zeit nächtlicherweile in das Mausoleum, welches die irdischen Ueberreste des verstorbenen Sultans in sich schließt, eingedrungen, dabei aber ertappt, und als des Diebstahls verdächtig angehalten worden seyn. Bei dem mit ihnen vorgenommenen Verhör sollen sie einstimmig gestanden haben, daß ihre Absicht bloß gewesen sey, sich von dem wirklich erfolgten Tode Sultan Mahmuds zu überzeugen, worauf sie auf Befehl des jungen Sultans erdrosselt worden seyen. Obwohl ich die Wahrheit dieses mit den Anordnungen des Hattischerifs vom 3 Nov. so gewaltig contrastirenden Beispiels von Justizpflege nicht verbürgen kann, so glaube ich doch das den Zustand der Dinge und der Gemüther in der türkischen Hauptstadt charakterisirende Gerücht nicht unerwähnt lassen zu dürfen. – Die neuen von Rußland dem englischen Cabinet in Bezug auf die orientalische Frage gemachten Propositionen waren in Konstantinopel den neuesten Berichten zufolge bereits bekannt, und ebenso, daß sie in London, trotz dem Aerger des Grafen Sebastiani, beste Aufnahme gefunden haben. Man bemerkte dieß an den freundlichen Gesichtern, auf die man allenthalben stieß. Indessen verfehlte man nicht, dem Grund dieses den englischen Interessen so geneigten Entgegenkommens Rußlands nachzuforschen, und glaubte es in der neuesten Expedition Rußlands gegen Khiwa zu finden. Es scheint, daß Rußland seinen Zweck, jedes Mißtrauen Englands hinsichtlich dieser Expedition zu beschwichtigen, durch seine Politik in der Frage des türkischen Reichs vollkommen erreicht hat. – Der griechische Gesandte, Zographos, welcher bekanntlich wegen eines Handelsvertrags mit der Pforte in Unterhandlung zu treten den Auftrag hat, soll große Schwierigkeiten finden. Es macht sich noch immer die ursprüngliche Abneigung der Türken gegen die Griechen bemerkbar, und wenn diese durch die griechische Presse, welche auf gar verschiedene Weise die Zukunft des Orients in Folge der letzten Ereignisse besprach, neue Nahrung erhalten hat, so ist dieß eben nicht zu verwundern. (Times.) Wir haben Blätter aus Malta bis zum 25 Dec. Das Dampfboot Hydra hatte die brittische Flotte in Vurla verlassen. Sir Robert Stopford hatte am 20 Dec. von dort nach Malta absegeln wollen, aber die ihm durch den Rhadamanthus überbrachten Ordren lauteten dahin, er solle mit seinem ganzen Geschwader in den levantinischen Gewässern bleiben. Ostindien und Afghanistan. Die mehrerwähnte neueste indische Post war am 9 Jan. in England eingetroffen. Den Mittheilungen der Londoner Blätter darüber entheben wir nachträglich noch Folgendes: Die zur Wiedereinsetzung des Schah Schudschah-ul-Mulk in Kabul verwendeten indobrittischen Truppen von der Bombay-Armee wurden bis zum 25 Dec. in dieser Präsidentschaft zurück erwartet. Den Kheibur-Paß, wo die meiste Gefahr zu befürchten war, hatte diese Heeresabtheilung ohne Widerstand glücklich passirt. Die in Afghanistan zurückbleibende Streitmacht steht unter den Befehlen des Generals Nott und des Obristen Sale. Dost Mohammed hat aufgehört furchtbar zu seyn. Er war über den Hindukusch geflohen, und sein Versuch, die Häuptlinge von Balkh und Bokhara zu einem Bündnisse mit ihm zu überreden, waren gescheitert. Obrist Stoddart war in Bokhara wieder in Freiheit gesetzt worden, und befand sich unterwegs nach Kabul. (Dieß steht mit unsern eigenen Nachrichten im Widerspruch). Sir John Keane war durch Podagra, Rheumatismen und übermäßige Strapazen so angegriffen, daß er in einem Palankin reisen mußte. Wahrscheinlich dürfte er erst bis Mitte Februars in Bombay eintreffen. Sir Henry Fane wollte sich *) Diese Sagen berichtete auch unsere Correspondenz aus Athen, aber auf gleich unbestimmte Weise.
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Ich habe gern der Stadt alle die Freiheiten eingeräumt, die, wie ich glaube, zu ihrem Wohl beitragen konnten, versichert, dadurch lebendigen Bürgersinn für die Gemeindeangelegenheiten zu wecken. – Hätte man das Wahlrecht auf alle Bürger ausdehnen können, würde es mir lieb gewesen seyn; allein die von der Gemeindeverwaltung und der Ständeversammlung anempfohlenen directen Wahlen haben es nöthig gemacht, die Zahl der Wähler zu beschränken. Ich habe den Repräsentanten die Wahl gewisser Mitglieder des Magistrats eingeräumt, in der Voraussetzung, daß sie dazu die Bürger auszuwählen wissen werden, welche sich insonderheit durch Kenntniß der Angelegenheiten der Gemeinde und lebendiges Interesse für dieselben auszeichnen, und eine gleiche Erkenntniß wird auch den Bürger bei der Wahl ihrer Repräsentanten leiten. – Ich habe das richtige Verhältniß bestehen lassen, daß der Magistrat für die Verwaltung der Gemeinde verantwortlich ist, daß aber keine Ausgaben, keine Auflage ohne Zustimmung der Bürgerrepräsentanten statt finden können. 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Unstreitig werden auch bald die französischen Blätter davon zu erzählen wissen, doch ist ihren Nachrichten aus Polen und Rußland durchaus nicht zu glauben; hier wenigstens haben sie längst allen Credit verloren, wie geschickt es auch das Commerce und einige seiner Collegen anzufangen wissen, um ihren Berichten ein neues Relief zu geben. – Die Erwiederung der russischen Regierung auf die päpstliche Allocution, von der bereits vor einigen Tagen gesprochen wurde, scheint noch immer nicht eingegangen zu seyn. Eben so sind auch von der russischen Expedition nach Khiwa keine neuern Berichte aus der Kirgisen-Steppe angekommen.</p><lb/> </div> </div> <div n="1"> <head> <hi rendition="#b">Türkei.</hi> </head><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <dateline><hi rendition="#b">Von der türkischen Gränze,</hi> 4 Jan.</dateline> <p> Seit einigen Tagen verbreiten sich an der Gränze allerlei beunruhigende Sagen, deren Bestätigung aber noch dahin steht. So heißt es z. 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Bei dem mit ihnen vorgenommenen Verhör sollen sie einstimmig gestanden haben, daß ihre Absicht bloß gewesen sey, sich von dem wirklich erfolgten Tode Sultan Mahmuds zu überzeugen, worauf sie auf Befehl des jungen Sultans erdrosselt worden seyen. Obwohl ich die Wahrheit dieses mit den Anordnungen des Hattischerifs vom 3 Nov. so gewaltig contrastirenden Beispiels von Justizpflege nicht verbürgen kann, so glaube ich doch das den Zustand der Dinge und der Gemüther in der türkischen Hauptstadt charakterisirende Gerücht nicht unerwähnt lassen zu dürfen. – Die neuen von Rußland dem englischen Cabinet in Bezug auf die orientalische Frage gemachten Propositionen waren in Konstantinopel den neuesten Berichten zufolge bereits bekannt, und ebenso, daß sie in London, trotz dem Aerger des Grafen Sebastiani, beste Aufnahme gefunden haben. Man bemerkte dieß an den freundlichen Gesichtern, auf die man allenthalben stieß. Indessen verfehlte man nicht, dem Grund dieses den englischen Interessen so geneigten Entgegenkommens Rußlands nachzuforschen, und glaubte es in der neuesten Expedition Rußlands gegen Khiwa zu finden. Es scheint, daß Rußland seinen Zweck, jedes Mißtrauen Englands hinsichtlich dieser Expedition zu beschwichtigen, durch seine Politik in der Frage des türkischen Reichs vollkommen erreicht hat. – Der griechische Gesandte, Zographos, welcher bekanntlich wegen eines Handelsvertrags mit der Pforte in Unterhandlung zu treten den Auftrag hat, soll große Schwierigkeiten finden. Es macht sich noch immer die ursprüngliche Abneigung der Türken gegen die Griechen bemerkbar, und wenn diese durch die griechische Presse, welche auf gar verschiedene Weise die Zukunft des Orients in Folge der letzten Ereignisse besprach, neue Nahrung erhalten hat, so ist dieß eben nicht zu verwundern.</p><lb/> <p>(<hi rendition="#g">Times</hi>.) Wir haben Blätter aus <hi rendition="#b">Malta</hi> bis zum 25 Dec. 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Dost Mohammed hat aufgehört furchtbar zu seyn. Er war über den Hindukusch geflohen, und sein Versuch, die Häuptlinge von Balkh und Bokhara zu einem Bündnisse mit ihm zu überreden, waren gescheitert. Obrist Stoddart war in Bokhara wieder in Freiheit gesetzt worden, und befand sich unterwegs nach Kabul. (Dieß steht mit unsern eigenen Nachrichten im Widerspruch). Sir John Keane war durch Podagra, Rheumatismen und übermäßige Strapazen so angegriffen, daß er in einem Palankin reisen mußte. Wahrscheinlich dürfte er erst bis Mitte Februars in Bombay eintreffen. Sir Henry Fane wollte sich<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [0127/0007]
Bürgermeister, Rathsmänner und 32 Bürgerrepräsentanten bereits versammelt hatten, um mit dem Inhalt bekannt gemacht zu werden, den sie mit allgemeiner Zufriedenheit vernahmen, und in den Ausruf: „ Es lebe König Christian VIII!“ ausbrachen. Auf die Dankrede der Gemeindedeputation antwortete der König: „Es ist für mich besonders zufriedenstellend gewesen, am Neujahrstage, dem ersten in meiner Regierungszeit, das Versprechen lösen zu können, das ich Ihnen gegeben hatte, bald Ihre Gemeindeangelegenheiten gesetzlich geordnet zu sehen. Ich habe gern der Stadt alle die Freiheiten eingeräumt, die, wie ich glaube, zu ihrem Wohl beitragen konnten, versichert, dadurch lebendigen Bürgersinn für die Gemeindeangelegenheiten zu wecken. – Hätte man das Wahlrecht auf alle Bürger ausdehnen können, würde es mir lieb gewesen seyn; allein die von der Gemeindeverwaltung und der Ständeversammlung anempfohlenen directen Wahlen haben es nöthig gemacht, die Zahl der Wähler zu beschränken. Ich habe den Repräsentanten die Wahl gewisser Mitglieder des Magistrats eingeräumt, in der Voraussetzung, daß sie dazu die Bürger auszuwählen wissen werden, welche sich insonderheit durch Kenntniß der Angelegenheiten der Gemeinde und lebendiges Interesse für dieselben auszeichnen, und eine gleiche Erkenntniß wird auch den Bürger bei der Wahl ihrer Repräsentanten leiten. – Ich habe das richtige Verhältniß bestehen lassen, daß der Magistrat für die Verwaltung der Gemeinde verantwortlich ist, daß aber keine Ausgaben, keine Auflage ohne Zustimmung der Bürgerrepräsentanten statt finden können. Wir wollen hoffen, daß dieses Gesetz die erwünschtesten Früchte tragen wird.“
Rußland und Polen.
Berlin, 11 Jan. Die unerwartete Verabschiedung des Minister-Staatssecretärs des Königreichs Polen, Grafen Etienne Grabowski, und die Ernennung eines Russen, des Geheimenraths Turkul, an die Stelle dieses polnischen Staatsmanns, der sein Amt schon vor der Revolution bekleidet hatte, und auch während derselben in St. Petersburg fungirte, gibt hier zu mancherlei Gerüchten Anlaß. Unstreitig werden auch bald die französischen Blätter davon zu erzählen wissen, doch ist ihren Nachrichten aus Polen und Rußland durchaus nicht zu glauben; hier wenigstens haben sie längst allen Credit verloren, wie geschickt es auch das Commerce und einige seiner Collegen anzufangen wissen, um ihren Berichten ein neues Relief zu geben. – Die Erwiederung der russischen Regierung auf die päpstliche Allocution, von der bereits vor einigen Tagen gesprochen wurde, scheint noch immer nicht eingegangen zu seyn. Eben so sind auch von der russischen Expedition nach Khiwa keine neuern Berichte aus der Kirgisen-Steppe angekommen.
Türkei.
Von der türkischen Gränze, 4 Jan. Seit einigen Tagen verbreiten sich an der Gränze allerlei beunruhigende Sagen, deren Bestätigung aber noch dahin steht. So heißt es z. B., daß sich ein bedeutender District in Albanien gegen die Pforte erhoben habe, und daß eine Abtheilung der Empörer bis Prevesa vorgedrungen sey. *) *) Sie verlangen ihre alten Privilegien, und sollen von Mehemed Ali mit Geld, mehr noch aber durch Versprechungen aller Art ermuntert werden. – Ein gleichfalls unverbürgtes Gerücht aus Konstantinopel sagt, daß der dort noch vielfach verbreitete Glauben, Sultan Mahmud lebe noch, verschiedene Untersuchungen veranlaßt habe; mehrere türkische Priester sollen in letzter Zeit nächtlicherweile in das Mausoleum, welches die irdischen Ueberreste des verstorbenen Sultans in sich schließt, eingedrungen, dabei aber ertappt, und als des Diebstahls verdächtig angehalten worden seyn. Bei dem mit ihnen vorgenommenen Verhör sollen sie einstimmig gestanden haben, daß ihre Absicht bloß gewesen sey, sich von dem wirklich erfolgten Tode Sultan Mahmuds zu überzeugen, worauf sie auf Befehl des jungen Sultans erdrosselt worden seyen. Obwohl ich die Wahrheit dieses mit den Anordnungen des Hattischerifs vom 3 Nov. so gewaltig contrastirenden Beispiels von Justizpflege nicht verbürgen kann, so glaube ich doch das den Zustand der Dinge und der Gemüther in der türkischen Hauptstadt charakterisirende Gerücht nicht unerwähnt lassen zu dürfen. – Die neuen von Rußland dem englischen Cabinet in Bezug auf die orientalische Frage gemachten Propositionen waren in Konstantinopel den neuesten Berichten zufolge bereits bekannt, und ebenso, daß sie in London, trotz dem Aerger des Grafen Sebastiani, beste Aufnahme gefunden haben. Man bemerkte dieß an den freundlichen Gesichtern, auf die man allenthalben stieß. Indessen verfehlte man nicht, dem Grund dieses den englischen Interessen so geneigten Entgegenkommens Rußlands nachzuforschen, und glaubte es in der neuesten Expedition Rußlands gegen Khiwa zu finden. Es scheint, daß Rußland seinen Zweck, jedes Mißtrauen Englands hinsichtlich dieser Expedition zu beschwichtigen, durch seine Politik in der Frage des türkischen Reichs vollkommen erreicht hat. – Der griechische Gesandte, Zographos, welcher bekanntlich wegen eines Handelsvertrags mit der Pforte in Unterhandlung zu treten den Auftrag hat, soll große Schwierigkeiten finden. Es macht sich noch immer die ursprüngliche Abneigung der Türken gegen die Griechen bemerkbar, und wenn diese durch die griechische Presse, welche auf gar verschiedene Weise die Zukunft des Orients in Folge der letzten Ereignisse besprach, neue Nahrung erhalten hat, so ist dieß eben nicht zu verwundern.
(Times.) Wir haben Blätter aus Malta bis zum 25 Dec. Das Dampfboot Hydra hatte die brittische Flotte in Vurla verlassen. Sir Robert Stopford hatte am 20 Dec. von dort nach Malta absegeln wollen, aber die ihm durch den Rhadamanthus überbrachten Ordren lauteten dahin, er solle mit seinem ganzen Geschwader in den levantinischen Gewässern bleiben.
Ostindien und Afghanistan.
Die mehrerwähnte neueste indische Post war am 9 Jan. in England eingetroffen. Den Mittheilungen der Londoner Blätter darüber entheben wir nachträglich noch Folgendes: Die zur Wiedereinsetzung des Schah Schudschah-ul-Mulk in Kabul verwendeten indobrittischen Truppen von der Bombay-Armee wurden bis zum 25 Dec. in dieser Präsidentschaft zurück erwartet. Den Kheibur-Paß, wo die meiste Gefahr zu befürchten war, hatte diese Heeresabtheilung ohne Widerstand glücklich passirt. Die in Afghanistan zurückbleibende Streitmacht steht unter den Befehlen des Generals Nott und des Obristen Sale. Dost Mohammed hat aufgehört furchtbar zu seyn. Er war über den Hindukusch geflohen, und sein Versuch, die Häuptlinge von Balkh und Bokhara zu einem Bündnisse mit ihm zu überreden, waren gescheitert. Obrist Stoddart war in Bokhara wieder in Freiheit gesetzt worden, und befand sich unterwegs nach Kabul. (Dieß steht mit unsern eigenen Nachrichten im Widerspruch). Sir John Keane war durch Podagra, Rheumatismen und übermäßige Strapazen so angegriffen, daß er in einem Palankin reisen mußte. Wahrscheinlich dürfte er erst bis Mitte Februars in Bombay eintreffen. Sir Henry Fane wollte sich
*) Diese Sagen berichtete auch unsere Correspondenz aus Athen, aber auf gleich unbestimmte Weise.
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