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Allgemeine Zeitung. Nr. 18. Augsburg, 18. Januar 1840.

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Bevölkerung, welche die intellectuellen und materiellen Elemente, solchem örtlichen Berufe zu genügen, hinreichend in sich vereinigt - Fähigkeiten, wie sie nur in größern Seestädten und auch hier nur allmählich sich erzeugen und vererben.

"Was hat und was bedarf in dieser Beziehung die Gesammtheit der Staaten des Zollvereins? Unmittelbar ans Meer reicht das Gebiet desselben nur im Norden und Nordosten vermittelst der preußischen Ostseeprovinzen. Einst die Versorger Scandinaviens, Polens und Rußlands, mehr noch als des deutschen Binnenlandes, sind die Häfen dieser ausgedehnten Küstenstrecke gewiß auch für die Zukunft eines neuen Aufschwungs fähig, wenn die Prohibitivmaaßregeln Schwedens und des russischen Reichs, der Sundzoll und die brittischen Korngesetze sich überlebt und Eisenbahnen nach dem Herzen von Deutschland das Flußgebiet der Oder ergänzt und erweitert haben werden. Allein die Ostsee ändert ihre Natur nicht mit, sie bleibt immer ein Binnenmeer, schwer zugänglich, vor Allem während der Wintermonate, während doch der Welthandel keinen Winterschlaf mehr duldet. Darum werden sich an diesen Küsten keine eigentlichen Weltmärkte gestalten können, wie sie im neuern Sinne des Worts auch niemals dort bestanden haben.

"Was die eigenen Häfen daher nur unvollständig gewähren, was wie auch immer wohlgelegene und reichbegabte Zwischenplätze wie Köln und Magdeburg vollends nicht ersetzen können, das wird außerhalb der Gränze des Vereins gesucht werden müssen - Hamburg, Bremen, Amsterdam, Rotterdam, Antwerpen, selbst Havre und Triest, sie alle kommen hier mehr oder minder in Betracht; ja es möchte die Zeit nicht fern seyn, wo auch an den weitentlegenen Donaumündungen erwünschte Stapelplätze sich gestalten, um den Verkehr des Zollvereins mit der uns wieder nahe gerückten Levante zu vermitteln. Das Verhältniß, in welchem diese Seeplätze zum deutschen Binnenlande stehen, ist an und für sich von den gleichen Wechselbeziehungen mit dem sie umgebenden und beherrschenden Staatsgebiete durchaus verschieden; ihrer Wirksamkeit zum erstgenannten Zwecke genügt ein freier Ab- und Zugang durch das von den Staaten des Vereins sie trennende und übrigens dem gegenseitigen Austausche mit diesem immerhin verschlossene Territorium.

"Der allgemeinen Gleichheit des Berufs steht aber im concreten Falle weder gleiches Interesse, noch gleiche Befähigung zur Seite. Weite Landstrecken trennen Havre und Triest vom Zollvereinsgebiete, und wenn hier obendrein die Lage an einem Binnenmeere ähnliches Ungenügen bedingt, wie es bei den Ostseehäfen hervorgehoben worden, so tritt dort eine veraltete, schwer zu wandelnde Handelspolitik des Nachbarreiches hemmend in den Weg. So sehen sich die Vereinsstaaten naturgemäß auf den Nordwesten reducirt, auf die Stromgebiete des Rheins, der Weser und der Elbe.

"Die Bestrebungen Preußens und seiner Zollverbündeten sind bisher vorzugsweise dahin gerichtet gewesen, dem reichen und ausgedehnten Vereinsgebiete zu beiden Ufern des Rheins jenen unmittelbaren und ungehinderten Contact mit dem überseeischen Auslande zu verschaffen, welche eine dem deutschen Interesse fremde Politik an den Mündungen jenes Stroms bis dahin widernatürlich erschwerte. Manches war schon erreicht, Vieles vorbereitet, - Antwerpens und überhaupt des belgischen Reiches selbstständig gewordene, pflichtmäßige Concurrenz wirkte als Hebel, - so konnte mit und durch den Handelsvertrag vom 21 Januar d. J. der weitere Schritt geschehen, daß neben der Sicherstellung eines freien Durchzuges und somit einer directen Theilnahme der niederrheinischen Handelsstädte am Weltverkehr, zugleich vermittelst eingeräumter augenfälliger Concessionen, die geringschätzige Sprödigkeit der holländischen Seehäfen besiegt wurde, welche sie noch immer abgehalten, ihrem Berufe zur Dienstbarkeit, nicht bloß für die Interessen des eigenen Landes, sondern auch für die des deutschen Zollvereines, gebührend nachzuleben. Was jener Tractat zu Gunsten des beiderseitigen Verkehrs noch weiter stipulirt, wie segensreich er auch für die unmittelbar betheiligten Districte und Nahrungszweige erfunden werden mag, kommt für den eigentlichen Weltverkehr doch wenig oder gar nicht in Betracht.

"Hindernisse der erwähnten Art haben an den Mündungen der Elbe und Weser dem Vereine sich niemals entgegengestellt. Die deutschen Küstenstrecken an der Nordsee verknüpft mit ihm das gleiche politische Band, ihre materiellen Interessen gehen mit den seinen Hand in Hand. Ihre beiden Weltmärkte aber, Hamburg und Bremen, sind darin von den niederländischen noch insbesondere verschieden, daß, wenn die letztern selbstständigen, ein getrenntes Interesse verfolgenden Handelsstaaten angehören, die ersteren nur selbstständige Handelsstädte bilden, deren Handelsprovinz nur natürliche, keine politischen Gränzen kennt. Kann sich schon im Innern des Vereins das Bewußtseyn der Homogeneität seiner höheren Verkehrsinteressen mit denen der Hansestädte, des Umfangs und der Mannichfaltigkeit der gegenseitigen Berührungen, um der sie örtlich von einander scheidenden deutschen Zwischengebiete willen, begreiflicherweise nicht so allgemein und unwillkürlich aufdrängen, wie es bei unmittelbarer Gränznachbarschaft der Fall seyn würde, so hat dasselbe die Hansestädte dagegen längst und vollständig durchdrungen. Dem Lebensprincipe derselben gelten die gewerbreichen, absatzbedürftigen, zugänglichen Districte des deutschen Binnenlandes für eben so nah und eben so unentbehrlich, wie die umgebenden Nachbarstaaten. In ihren Functionen von ihnen verschieden, wirkten sie gemeinsam dem nämlichen Ziele zu. Wenn Hamburg und Bremen alle die materiellen und intellectuellen Elemente, welche sie befähigen, den deutschen Weltverkehr zu vermitteln - günstige Lage, Häfen, Schiffswerfte, Capitalien, Assecuranz- und Wechselinstitute, eine seegewohnte, unternehmende, handelskundige Bevölkerung, einen Schatz erworbener Erfahrungen und angeknüpfter Verbindungen mit den entlegensten Zonen der Erde - in gleich hohem, ja theilweise höherem Grade besitzen wie ihre Concurrenten an den Ausflüssen des Rheins, so leisten sie auch in ihren öffentlichen Handels- und Zolleinrichtungen, mit Rücksicht auf die Bedürfnisse des gesammten Deutschlands, diesem in der That schon Alles, was es bei den Niederlanden erst durch schwierige Verträge erwerben, vielleicht durch Opfer erkaufen muß.

"Um diese Behauptung thatsächlich außer Zweifel zu stellen, mögen hier (so weit Bremen insbesondere dabei in Frage kommt), einige specielle, seiner Individualität entnommene Nachweisungen folgen.

"Nach dem daselbst geltenden Zollsystem wird von allen seewärts eingehenden Gütern 2/3 Procent vom Werth entrichtet, von deren Ertrag Bremen alle Schifffahrtsanstalten auf der Weser und an deren Mündungen zur Fahrbarerhaltung des Stroms, Seetonnen, Baken, Leuchtschiffe u. s. w., unterhält; was landwärts einkommt, sey es auf der Weser oder per Achse, völlig zollfrei. Von den Ausfuhren wird 1/3 Procent vom Werth erhoben. Die Werthbestimmungen richten sich nach der eidlichen Angabe des Versenders und Empfängers. Das durchgehende Gut trifft lediglich der nach Maaßgabe


Bevölkerung, welche die intellectuellen und materiellen Elemente, solchem örtlichen Berufe zu genügen, hinreichend in sich vereinigt – Fähigkeiten, wie sie nur in größern Seestädten und auch hier nur allmählich sich erzeugen und vererben.

„Was hat und was bedarf in dieser Beziehung die Gesammtheit der Staaten des Zollvereins? Unmittelbar ans Meer reicht das Gebiet desselben nur im Norden und Nordosten vermittelst der preußischen Ostseeprovinzen. Einst die Versorger Scandinaviens, Polens und Rußlands, mehr noch als des deutschen Binnenlandes, sind die Häfen dieser ausgedehnten Küstenstrecke gewiß auch für die Zukunft eines neuen Aufschwungs fähig, wenn die Prohibitivmaaßregeln Schwedens und des russischen Reichs, der Sundzoll und die brittischen Korngesetze sich überlebt und Eisenbahnen nach dem Herzen von Deutschland das Flußgebiet der Oder ergänzt und erweitert haben werden. Allein die Ostsee ändert ihre Natur nicht mit, sie bleibt immer ein Binnenmeer, schwer zugänglich, vor Allem während der Wintermonate, während doch der Welthandel keinen Winterschlaf mehr duldet. Darum werden sich an diesen Küsten keine eigentlichen Weltmärkte gestalten können, wie sie im neuern Sinne des Worts auch niemals dort bestanden haben.

„Was die eigenen Häfen daher nur unvollständig gewähren, was wie auch immer wohlgelegene und reichbegabte Zwischenplätze wie Köln und Magdeburg vollends nicht ersetzen können, das wird außerhalb der Gränze des Vereins gesucht werden müssen – Hamburg, Bremen, Amsterdam, Rotterdam, Antwerpen, selbst Havre und Triest, sie alle kommen hier mehr oder minder in Betracht; ja es möchte die Zeit nicht fern seyn, wo auch an den weitentlegenen Donaumündungen erwünschte Stapelplätze sich gestalten, um den Verkehr des Zollvereins mit der uns wieder nahe gerückten Levante zu vermitteln. Das Verhältniß, in welchem diese Seeplätze zum deutschen Binnenlande stehen, ist an und für sich von den gleichen Wechselbeziehungen mit dem sie umgebenden und beherrschenden Staatsgebiete durchaus verschieden; ihrer Wirksamkeit zum erstgenannten Zwecke genügt ein freier Ab- und Zugang durch das von den Staaten des Vereins sie trennende und übrigens dem gegenseitigen Austausche mit diesem immerhin verschlossene Territorium.

„Der allgemeinen Gleichheit des Berufs steht aber im concreten Falle weder gleiches Interesse, noch gleiche Befähigung zur Seite. Weite Landstrecken trennen Havre und Triest vom Zollvereinsgebiete, und wenn hier obendrein die Lage an einem Binnenmeere ähnliches Ungenügen bedingt, wie es bei den Ostseehäfen hervorgehoben worden, so tritt dort eine veraltete, schwer zu wandelnde Handelspolitik des Nachbarreiches hemmend in den Weg. So sehen sich die Vereinsstaaten naturgemäß auf den Nordwesten reducirt, auf die Stromgebiete des Rheins, der Weser und der Elbe.

„Die Bestrebungen Preußens und seiner Zollverbündeten sind bisher vorzugsweise dahin gerichtet gewesen, dem reichen und ausgedehnten Vereinsgebiete zu beiden Ufern des Rheins jenen unmittelbaren und ungehinderten Contact mit dem überseeischen Auslande zu verschaffen, welche eine dem deutschen Interesse fremde Politik an den Mündungen jenes Stroms bis dahin widernatürlich erschwerte. Manches war schon erreicht, Vieles vorbereitet, – Antwerpens und überhaupt des belgischen Reiches selbstständig gewordene, pflichtmäßige Concurrenz wirkte als Hebel, – so konnte mit und durch den Handelsvertrag vom 21 Januar d. J. der weitere Schritt geschehen, daß neben der Sicherstellung eines freien Durchzuges und somit einer directen Theilnahme der niederrheinischen Handelsstädte am Weltverkehr, zugleich vermittelst eingeräumter augenfälliger Concessionen, die geringschätzige Sprödigkeit der holländischen Seehäfen besiegt wurde, welche sie noch immer abgehalten, ihrem Berufe zur Dienstbarkeit, nicht bloß für die Interessen des eigenen Landes, sondern auch für die des deutschen Zollvereines, gebührend nachzuleben. Was jener Tractat zu Gunsten des beiderseitigen Verkehrs noch weiter stipulirt, wie segensreich er auch für die unmittelbar betheiligten Districte und Nahrungszweige erfunden werden mag, kommt für den eigentlichen Weltverkehr doch wenig oder gar nicht in Betracht.

„Hindernisse der erwähnten Art haben an den Mündungen der Elbe und Weser dem Vereine sich niemals entgegengestellt. Die deutschen Küstenstrecken an der Nordsee verknüpft mit ihm das gleiche politische Band, ihre materiellen Interessen gehen mit den seinen Hand in Hand. Ihre beiden Weltmärkte aber, Hamburg und Bremen, sind darin von den niederländischen noch insbesondere verschieden, daß, wenn die letztern selbstständigen, ein getrenntes Interesse verfolgenden Handelsstaaten angehören, die ersteren nur selbstständige Handelsstädte bilden, deren Handelsprovinz nur natürliche, keine politischen Gränzen kennt. Kann sich schon im Innern des Vereins das Bewußtseyn der Homogeneität seiner höheren Verkehrsinteressen mit denen der Hansestädte, des Umfangs und der Mannichfaltigkeit der gegenseitigen Berührungen, um der sie örtlich von einander scheidenden deutschen Zwischengebiete willen, begreiflicherweise nicht so allgemein und unwillkürlich aufdrängen, wie es bei unmittelbarer Gränznachbarschaft der Fall seyn würde, so hat dasselbe die Hansestädte dagegen längst und vollständig durchdrungen. Dem Lebensprincipe derselben gelten die gewerbreichen, absatzbedürftigen, zugänglichen Districte des deutschen Binnenlandes für eben so nah und eben so unentbehrlich, wie die umgebenden Nachbarstaaten. In ihren Functionen von ihnen verschieden, wirkten sie gemeinsam dem nämlichen Ziele zu. Wenn Hamburg und Bremen alle die materiellen und intellectuellen Elemente, welche sie befähigen, den deutschen Weltverkehr zu vermitteln – günstige Lage, Häfen, Schiffswerfte, Capitalien, Assecuranz- und Wechselinstitute, eine seegewohnte, unternehmende, handelskundige Bevölkerung, einen Schatz erworbener Erfahrungen und angeknüpfter Verbindungen mit den entlegensten Zonen der Erde – in gleich hohem, ja theilweise höherem Grade besitzen wie ihre Concurrenten an den Ausflüssen des Rheins, so leisten sie auch in ihren öffentlichen Handels- und Zolleinrichtungen, mit Rücksicht auf die Bedürfnisse des gesammten Deutschlands, diesem in der That schon Alles, was es bei den Niederlanden erst durch schwierige Verträge erwerben, vielleicht durch Opfer erkaufen muß.

„Um diese Behauptung thatsächlich außer Zweifel zu stellen, mögen hier (so weit Bremen insbesondere dabei in Frage kommt), einige specielle, seiner Individualität entnommene Nachweisungen folgen.

„Nach dem daselbst geltenden Zollsystem wird von allen seewärts eingehenden Gütern 2/3 Procent vom Werth entrichtet, von deren Ertrag Bremen alle Schifffahrtsanstalten auf der Weser und an deren Mündungen zur Fahrbarerhaltung des Stroms, Seetonnen, Baken, Leuchtschiffe u. s. w., unterhält; was landwärts einkommt, sey es auf der Weser oder per Achse, völlig zollfrei. Von den Ausfuhren wird 1/3 Procent vom Werth erhoben. Die Werthbestimmungen richten sich nach der eidlichen Angabe des Versenders und Empfängers. Das durchgehende Gut trifft lediglich der nach Maaßgabe

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[0139/0011] Bevölkerung, welche die intellectuellen und materiellen Elemente, solchem örtlichen Berufe zu genügen, hinreichend in sich vereinigt – Fähigkeiten, wie sie nur in größern Seestädten und auch hier nur allmählich sich erzeugen und vererben. „Was hat und was bedarf in dieser Beziehung die Gesammtheit der Staaten des Zollvereins? Unmittelbar ans Meer reicht das Gebiet desselben nur im Norden und Nordosten vermittelst der preußischen Ostseeprovinzen. Einst die Versorger Scandinaviens, Polens und Rußlands, mehr noch als des deutschen Binnenlandes, sind die Häfen dieser ausgedehnten Küstenstrecke gewiß auch für die Zukunft eines neuen Aufschwungs fähig, wenn die Prohibitivmaaßregeln Schwedens und des russischen Reichs, der Sundzoll und die brittischen Korngesetze sich überlebt und Eisenbahnen nach dem Herzen von Deutschland das Flußgebiet der Oder ergänzt und erweitert haben werden. Allein die Ostsee ändert ihre Natur nicht mit, sie bleibt immer ein Binnenmeer, schwer zugänglich, vor Allem während der Wintermonate, während doch der Welthandel keinen Winterschlaf mehr duldet. Darum werden sich an diesen Küsten keine eigentlichen Weltmärkte gestalten können, wie sie im neuern Sinne des Worts auch niemals dort bestanden haben. „Was die eigenen Häfen daher nur unvollständig gewähren, was wie auch immer wohlgelegene und reichbegabte Zwischenplätze wie Köln und Magdeburg vollends nicht ersetzen können, das wird außerhalb der Gränze des Vereins gesucht werden müssen – Hamburg, Bremen, Amsterdam, Rotterdam, Antwerpen, selbst Havre und Triest, sie alle kommen hier mehr oder minder in Betracht; ja es möchte die Zeit nicht fern seyn, wo auch an den weitentlegenen Donaumündungen erwünschte Stapelplätze sich gestalten, um den Verkehr des Zollvereins mit der uns wieder nahe gerückten Levante zu vermitteln. Das Verhältniß, in welchem diese Seeplätze zum deutschen Binnenlande stehen, ist an und für sich von den gleichen Wechselbeziehungen mit dem sie umgebenden und beherrschenden Staatsgebiete durchaus verschieden; ihrer Wirksamkeit zum erstgenannten Zwecke genügt ein freier Ab- und Zugang durch das von den Staaten des Vereins sie trennende und übrigens dem gegenseitigen Austausche mit diesem immerhin verschlossene Territorium. „Der allgemeinen Gleichheit des Berufs steht aber im concreten Falle weder gleiches Interesse, noch gleiche Befähigung zur Seite. Weite Landstrecken trennen Havre und Triest vom Zollvereinsgebiete, und wenn hier obendrein die Lage an einem Binnenmeere ähnliches Ungenügen bedingt, wie es bei den Ostseehäfen hervorgehoben worden, so tritt dort eine veraltete, schwer zu wandelnde Handelspolitik des Nachbarreiches hemmend in den Weg. So sehen sich die Vereinsstaaten naturgemäß auf den Nordwesten reducirt, auf die Stromgebiete des Rheins, der Weser und der Elbe. „Die Bestrebungen Preußens und seiner Zollverbündeten sind bisher vorzugsweise dahin gerichtet gewesen, dem reichen und ausgedehnten Vereinsgebiete zu beiden Ufern des Rheins jenen unmittelbaren und ungehinderten Contact mit dem überseeischen Auslande zu verschaffen, welche eine dem deutschen Interesse fremde Politik an den Mündungen jenes Stroms bis dahin widernatürlich erschwerte. Manches war schon erreicht, Vieles vorbereitet, – Antwerpens und überhaupt des belgischen Reiches selbstständig gewordene, pflichtmäßige Concurrenz wirkte als Hebel, – so konnte mit und durch den Handelsvertrag vom 21 Januar d. J. der weitere Schritt geschehen, daß neben der Sicherstellung eines freien Durchzuges und somit einer directen Theilnahme der niederrheinischen Handelsstädte am Weltverkehr, zugleich vermittelst eingeräumter augenfälliger Concessionen, die geringschätzige Sprödigkeit der holländischen Seehäfen besiegt wurde, welche sie noch immer abgehalten, ihrem Berufe zur Dienstbarkeit, nicht bloß für die Interessen des eigenen Landes, sondern auch für die des deutschen Zollvereines, gebührend nachzuleben. Was jener Tractat zu Gunsten des beiderseitigen Verkehrs noch weiter stipulirt, wie segensreich er auch für die unmittelbar betheiligten Districte und Nahrungszweige erfunden werden mag, kommt für den eigentlichen Weltverkehr doch wenig oder gar nicht in Betracht. „Hindernisse der erwähnten Art haben an den Mündungen der Elbe und Weser dem Vereine sich niemals entgegengestellt. Die deutschen Küstenstrecken an der Nordsee verknüpft mit ihm das gleiche politische Band, ihre materiellen Interessen gehen mit den seinen Hand in Hand. Ihre beiden Weltmärkte aber, Hamburg und Bremen, sind darin von den niederländischen noch insbesondere verschieden, daß, wenn die letztern selbstständigen, ein getrenntes Interesse verfolgenden Handelsstaaten angehören, die ersteren nur selbstständige Handelsstädte bilden, deren Handelsprovinz nur natürliche, keine politischen Gränzen kennt. Kann sich schon im Innern des Vereins das Bewußtseyn der Homogeneität seiner höheren Verkehrsinteressen mit denen der Hansestädte, des Umfangs und der Mannichfaltigkeit der gegenseitigen Berührungen, um der sie örtlich von einander scheidenden deutschen Zwischengebiete willen, begreiflicherweise nicht so allgemein und unwillkürlich aufdrängen, wie es bei unmittelbarer Gränznachbarschaft der Fall seyn würde, so hat dasselbe die Hansestädte dagegen längst und vollständig durchdrungen. Dem Lebensprincipe derselben gelten die gewerbreichen, absatzbedürftigen, zugänglichen Districte des deutschen Binnenlandes für eben so nah und eben so unentbehrlich, wie die umgebenden Nachbarstaaten. In ihren Functionen von ihnen verschieden, wirkten sie gemeinsam dem nämlichen Ziele zu. Wenn Hamburg und Bremen alle die materiellen und intellectuellen Elemente, welche sie befähigen, den deutschen Weltverkehr zu vermitteln – günstige Lage, Häfen, Schiffswerfte, Capitalien, Assecuranz- und Wechselinstitute, eine seegewohnte, unternehmende, handelskundige Bevölkerung, einen Schatz erworbener Erfahrungen und angeknüpfter Verbindungen mit den entlegensten Zonen der Erde – in gleich hohem, ja theilweise höherem Grade besitzen wie ihre Concurrenten an den Ausflüssen des Rheins, so leisten sie auch in ihren öffentlichen Handels- und Zolleinrichtungen, mit Rücksicht auf die Bedürfnisse des gesammten Deutschlands, diesem in der That schon Alles, was es bei den Niederlanden erst durch schwierige Verträge erwerben, vielleicht durch Opfer erkaufen muß. „Um diese Behauptung thatsächlich außer Zweifel zu stellen, mögen hier (so weit Bremen insbesondere dabei in Frage kommt), einige specielle, seiner Individualität entnommene Nachweisungen folgen. „Nach dem daselbst geltenden Zollsystem wird von allen seewärts eingehenden Gütern 2/3 Procent vom Werth entrichtet, von deren Ertrag Bremen alle Schifffahrtsanstalten auf der Weser und an deren Mündungen zur Fahrbarerhaltung des Stroms, Seetonnen, Baken, Leuchtschiffe u. s. w., unterhält; was landwärts einkommt, sey es auf der Weser oder per Achse, völlig zollfrei. Von den Ausfuhren wird 1/3 Procent vom Werth erhoben. Die Werthbestimmungen richten sich nach der eidlichen Angabe des Versenders und Empfängers. Das durchgehende Gut trifft lediglich der nach Maaßgabe

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Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 18. Augsburg, 18. Januar 1840, S. 0139. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_018_18400118/11>, abgerufen am 29.04.2024.