Allgemeine Zeitung. Nr. 19. Augsburg, 19. Januar 1840.in der Sitzung am Samstag schließen, daß das Cabinet noch auf eine Spaltung unter den Mächten hoffte. Aus der Sitzung der Deputirtenkammer vom 13 Jan. haben wir gestern den Hauptinhalt der Rede des Hrn. Thiers mitgetheilt. Wir werden dieselbe, da sie den Glanzpunkt der ganzen Adressediscussion bildet, ausführlicher folgen lassen, und verweisen heute auf unsere Pariser Briefe. Der Paragraph über den Orient ward unverändert angenommen. Nur Hr. v. Corcelles hatte ein unbedeutendes Amendement vorgeschlagen, es aber selbst wieder zurückgezogen. - Der Paragraph über Spanien gab Anlaß zu Fragen über Passages, und ob die Engländer den Hafen je wieder räumen würden. Marschall Soult antwortete, das Cabinet zweifle nicht an dieser, wahrscheinlich nahen Räumung; übrigens nehme auch Frankreich an der dortigen Occupation Theil, indem es Schiffe dort habe, so wie in Bilbao, Santander etc. Der Paragraph ward angenommen. Ebenso der über Polen, und zwar ohne alle Discussion. * In der Deputirtenkammersitzung vom 14 Jan. kam der §. 7 hinsichtlich des Vertrags mit Mexico zur Sprache. Der Präsident des Conseils, Marschall Soult, erklärte, daß der Vertrag vollständig vollzogen worden sey, die Fonds seyen in Paris eingetroffen, und man beschäftige sich eben mit einer Abrechnung zwischen den Betheiligten. Auf eine Frage des Hrn. Mauguin erklärte der Siegelbewahrer, Hr. Teste, daß unter den der Entscheidung Englands vorgelegten Streitpunkten nicht die Wegnahme mexicanischer Fahrzeuge durch die französische Flotte mit inbegriffen gewesen. Unwahr sey es auch, daß Frankreich die Vermittelung Englands anfangs abgelehnt, und nur dann in dieselbe gewilligt habe, als eine zahlreichere brittische Flotte im Golf von Mexico erschienen. Der §. 7 wurde angenommen. Hr. Mermilliod schlug ein Amendement zum §. 8 vor, wodurch er größere Energie gegen Buenos-Ayres empfahl. Man müsse, sagte er, dem Streit mit dieser Republik bald ein Ende machen. Hr. Remusat, Commissär der Adresse, sprach gegen dieses Amendement, durch welches man die Regierung zum Ausschiffen von Truppen an der Küste von Buenos-Ayres nöthigen würde. Auch der Marineminister meinte, man müsse erst weitere Nachrichten abwarten, ehe man sich zu einer solchen äußersten Maaßregel entschlösse. Er hielt die neuerdings nach Buenos-Ayres abgesegelten Kriegsschiffe für hinreichend. Das Amendement des Hrn. Mermilliod wurde verworfen, und der §. 8 angenommen. Bei Abgang der Post kam der §. 9 hinsichtlich der Algierer Angelegenheiten zur Sprache. Hr. Lanyer und General Bugeaud hatten Amendements vorgeschlagen. (Journal des Debats.) Hr. Odilon-Barrot hat am 12 Jan. bei dem Könige gespeist. (Moniteur.) Die Nationalgarden, die sich am Sonntag in Uniform versammelt haben, um mehrere Deputirte über ihre Entwürfe zur Wahlreform zu begrüßen, haben sich gegen die ihnen von dem Gesetz aufgelegten Pflichten verfehlt. Die Behörde wird Maaßregeln zur Verhinderung der Erneuerung solcher Auftritte treffen. Die Officiere, welche zu der Zusammenrottung gehörten, werden sich über ihr Betragen zu verantworten haben. (Capitole.) Die Manifestation zu Gunsten der Wahlreform hat die Leute der Camarilla mit einer solchen Ueberraschung betroffen, daß das ganze Schloß in panischem Schrecken ist. Sogleich wurden Staffetten nach allen Punkten abgeschickt, in den Casernen und in den Hauptwachen Lärm geschlagen; am ganz n Abend und während der Nacht wurde Paris von Patrouillen der Nationalgarde der Infanterie, der Municipalgarde durchzogen, ohne die grauen Patrouillen der Polizei zu rechnen; die der Municipalgarde, 15 bis 20 Mann stark, waren von Adjutanten und Ordonnanzofficieren befehligt. Am 13 Januar begann der Pairshof seine Verhandlungen über die politischen Verhafteten der zweiten Kategorie. Wir sind, wegen Zudrangs an Stoff, genöthigt, den Bericht darüber auf morgen zu verschieben. Wir bemerken bloß, daß Blanqui eine kurze Rede zur Vertheidigung der verhafteten Republicaner hielt, in Betreff der einzelnen Anklagepunkte aber auf seinem früheren Schweigen beharrte. Ein oder zwei andere traten diesem Systeme bei, während die übrigen sich bestmöglich rein zu waschen suchten. (Temps.) Mehrere Mitglieder der Opposition wollen bei der Unmöglichkeit, in die sie sich versetzt sehen, irgend eine Wahlreform im Laufe dieser Session durchzusetzen, wenigstens das Parlament in sich selbst zu reformiren, versuchen. Da sie es nicht an dem Gesetze fassen können, so wollen sie es wenigstens an der Ehre fassen. Der Vorschlag des Hrn. Gouguier über die Ausschließung öffentlicher Staatsbeamten aus der Kammer kann als allzu absolut betrachtet werden: die Annahme des Princips, worauf er sich gründet, macht nichtsdestoweniger eine der dringendsten zu lösenden Fragen aus. Hr. L'Herbette hat in der letzten Sitzung der Kammer eine Resolution aufgesetzt und umlaufen lassen, wodurch sich alle unterzeichnenden Mitglieder verpflichten, keine Verrichtung anzunehmen, keinen Theil zu nehmen an den von der Regierung unternommenen oder begünstigten Kaufverhandlungen oder Unternehmungen, nicht nur während der Dauer ihres Mandats, sondern auch noch zwei Jahre nach dem Erlöschen desselben. Wir hoffen, daß das von den Bänken der Opposition ausgegangene Beispiel von der ganzen Kammer befolgt werde. Die bei dem Centralcomite der Subscription für die Opfer des Erdbebens von Martinique eingelaufene Summe betrug am 1 Jan. 606,261 Fr. Paris, 14 Jan. Thiers hat gestern in der Deputirtenkammer einen glänzenden Triumph gefeiert. Schon die überfüllten Galerien, die große Zahl der anwesenden Damen und Staatsmänner, und die Masse derer, die im Saale "der verlorenen Schritte" vergeblich harrten um noch Zutritt zu erlangen, beweist, welchen Werth das gebildete französische Publicum auf Hrn. Thiers und seine politische Meinung legt. Seit lange der geistvollste Staatsmann in Frankreich, hat Hr. Thiers gestern gezeigt, daß er es jetzt mehr ist als je, und Jedermann hat es anerkannt, die Minister und Hofblätter nicht ausgenommen, wenn nicht ausdrücklich doch stillschweigend. Ich will Hrn. Thiers Lobredner nicht machen, ich habe mich früher zum öfteren gegen ihn ausgesprochen, aber seine Größe als Staatsmann und Redner habe ich nie verkannt, und es hat mir immer kleinlich, unwürdig und lächerlich geschienen, wenn man unter Anspielungen auf sein Aeußeres von Thiers als von einer unbedeutenden Erscheinung sprach. Unbedeutend? ein Mann, der nur die Tribune zu besteigen braucht, um über eine Versammlung von Tausenden aus der Elite einer großen Nation eine Todtenstille zu verbreiten, daß man eine Nadel zur Erde fallen hört. - ein Redner, der die Köpfe und Herzen der Feinde wie der Freunde, der Phlegmatischen und Gleichgültigen wie der Enthusiasten mit sich fortreißt und zu einem einzigen Beifallruf vereinigt, der sogar das wohlgefütterte Centrum vergessen macht, aus welchen Händen er zur Zeit sein täglich Brod empfängt! In der That die Zweihunderteinundzwanzig waren nicht diejenigen, die Hrn. Thiers am wenigsten Beifall bezeigten. Man hat sie ordentlich wachsen und in ihnen den Gedanken in der Sitzung am Samstag schließen, daß das Cabinet noch auf eine Spaltung unter den Mächten hoffte. Aus der Sitzung der Deputirtenkammer vom 13 Jan. haben wir gestern den Hauptinhalt der Rede des Hrn. Thiers mitgetheilt. Wir werden dieselbe, da sie den Glanzpunkt der ganzen Adressediscussion bildet, ausführlicher folgen lassen, und verweisen heute auf unsere Pariser Briefe. Der Paragraph über den Orient ward unverändert angenommen. Nur Hr. v. Corcelles hatte ein unbedeutendes Amendement vorgeschlagen, es aber selbst wieder zurückgezogen. – Der Paragraph über Spanien gab Anlaß zu Fragen über Passages, und ob die Engländer den Hafen je wieder räumen würden. Marschall Soult antwortete, das Cabinet zweifle nicht an dieser, wahrscheinlich nahen Räumung; übrigens nehme auch Frankreich an der dortigen Occupation Theil, indem es Schiffe dort habe, so wie in Bilbao, Santander etc. Der Paragraph ward angenommen. Ebenso der über Polen, und zwar ohne alle Discussion. * In der Deputirtenkammersitzung vom 14 Jan. kam der §. 7 hinsichtlich des Vertrags mit Mexico zur Sprache. Der Präsident des Conseils, Marschall Soult, erklärte, daß der Vertrag vollständig vollzogen worden sey, die Fonds seyen in Paris eingetroffen, und man beschäftige sich eben mit einer Abrechnung zwischen den Betheiligten. Auf eine Frage des Hrn. Mauguin erklärte der Siegelbewahrer, Hr. Teste, daß unter den der Entscheidung Englands vorgelegten Streitpunkten nicht die Wegnahme mexicanischer Fahrzeuge durch die französische Flotte mit inbegriffen gewesen. Unwahr sey es auch, daß Frankreich die Vermittelung Englands anfangs abgelehnt, und nur dann in dieselbe gewilligt habe, als eine zahlreichere brittische Flotte im Golf von Mexico erschienen. Der §. 7 wurde angenommen. Hr. Mermilliod schlug ein Amendement zum §. 8 vor, wodurch er größere Energie gegen Buenos-Ayres empfahl. Man müsse, sagte er, dem Streit mit dieser Republik bald ein Ende machen. Hr. Remusat, Commissär der Adresse, sprach gegen dieses Amendement, durch welches man die Regierung zum Ausschiffen von Truppen an der Küste von Buenos-Ayres nöthigen würde. Auch der Marineminister meinte, man müsse erst weitere Nachrichten abwarten, ehe man sich zu einer solchen äußersten Maaßregel entschlösse. Er hielt die neuerdings nach Buenos-Ayres abgesegelten Kriegsschiffe für hinreichend. Das Amendement des Hrn. Mermilliod wurde verworfen, und der §. 8 angenommen. Bei Abgang der Post kam der §. 9 hinsichtlich der Algierer Angelegenheiten zur Sprache. Hr. Lanyer und General Bugeaud hatten Amendements vorgeschlagen. (Journal des Débats.) Hr. Odilon-Barrot hat am 12 Jan. bei dem Könige gespeist. (Moniteur.) Die Nationalgarden, die sich am Sonntag in Uniform versammelt haben, um mehrere Deputirte über ihre Entwürfe zur Wahlreform zu begrüßen, haben sich gegen die ihnen von dem Gesetz aufgelegten Pflichten verfehlt. Die Behörde wird Maaßregeln zur Verhinderung der Erneuerung solcher Auftritte treffen. Die Officiere, welche zu der Zusammenrottung gehörten, werden sich über ihr Betragen zu verantworten haben. (Capitole.) Die Manifestation zu Gunsten der Wahlreform hat die Leute der Camarilla mit einer solchen Ueberraschung betroffen, daß das ganze Schloß in panischem Schrecken ist. Sogleich wurden Staffetten nach allen Punkten abgeschickt, in den Casernen und in den Hauptwachen Lärm geschlagen; am ganz n Abend und während der Nacht wurde Paris von Patrouillen der Nationalgarde der Infanterie, der Municipalgarde durchzogen, ohne die grauen Patrouillen der Polizei zu rechnen; die der Municipalgarde, 15 bis 20 Mann stark, waren von Adjutanten und Ordonnanzofficieren befehligt. Am 13 Januar begann der Pairshof seine Verhandlungen über die politischen Verhafteten der zweiten Kategorie. Wir sind, wegen Zudrangs an Stoff, genöthigt, den Bericht darüber auf morgen zu verschieben. Wir bemerken bloß, daß Blanqui eine kurze Rede zur Vertheidigung der verhafteten Republicaner hielt, in Betreff der einzelnen Anklagepunkte aber auf seinem früheren Schweigen beharrte. Ein oder zwei andere traten diesem Systeme bei, während die übrigen sich bestmöglich rein zu waschen suchten. (Temps.) Mehrere Mitglieder der Opposition wollen bei der Unmöglichkeit, in die sie sich versetzt sehen, irgend eine Wahlreform im Laufe dieser Session durchzusetzen, wenigstens das Parlament in sich selbst zu reformiren, versuchen. Da sie es nicht an dem Gesetze fassen können, so wollen sie es wenigstens an der Ehre fassen. Der Vorschlag des Hrn. Gouguier über die Ausschließung öffentlicher Staatsbeamten aus der Kammer kann als allzu absolut betrachtet werden: die Annahme des Princips, worauf er sich gründet, macht nichtsdestoweniger eine der dringendsten zu lösenden Fragen aus. Hr. L'Herbette hat in der letzten Sitzung der Kammer eine Resolution aufgesetzt und umlaufen lassen, wodurch sich alle unterzeichnenden Mitglieder verpflichten, keine Verrichtung anzunehmen, keinen Theil zu nehmen an den von der Regierung unternommenen oder begünstigten Kaufverhandlungen oder Unternehmungen, nicht nur während der Dauer ihres Mandats, sondern auch noch zwei Jahre nach dem Erlöschen desselben. Wir hoffen, daß das von den Bänken der Opposition ausgegangene Beispiel von der ganzen Kammer befolgt werde. Die bei dem Centralcomité der Subscription für die Opfer des Erdbebens von Martinique eingelaufene Summe betrug am 1 Jan. 606,261 Fr. Paris, 14 Jan. Thiers hat gestern in der Deputirtenkammer einen glänzenden Triumph gefeiert. Schon die überfüllten Galerien, die große Zahl der anwesenden Damen und Staatsmänner, und die Masse derer, die im Saale „der verlorenen Schritte“ vergeblich harrten um noch Zutritt zu erlangen, beweist, welchen Werth das gebildete französische Publicum auf Hrn. Thiers und seine politische Meinung legt. Seit lange der geistvollste Staatsmann in Frankreich, hat Hr. Thiers gestern gezeigt, daß er es jetzt mehr ist als je, und Jedermann hat es anerkannt, die Minister und Hofblätter nicht ausgenommen, wenn nicht ausdrücklich doch stillschweigend. Ich will Hrn. Thiers Lobredner nicht machen, ich habe mich früher zum öfteren gegen ihn ausgesprochen, aber seine Größe als Staatsmann und Redner habe ich nie verkannt, und es hat mir immer kleinlich, unwürdig und lächerlich geschienen, wenn man unter Anspielungen auf sein Aeußeres von Thiers als von einer unbedeutenden Erscheinung sprach. Unbedeutend? ein Mann, der nur die Tribune zu besteigen braucht, um über eine Versammlung von Tausenden aus der Elite einer großen Nation eine Todtenstille zu verbreiten, daß man eine Nadel zur Erde fallen hört. – ein Redner, der die Köpfe und Herzen der Feinde wie der Freunde, der Phlegmatischen und Gleichgültigen wie der Enthusiasten mit sich fortreißt und zu einem einzigen Beifallruf vereinigt, der sogar das wohlgefütterte Centrum vergessen macht, aus welchen Händen er zur Zeit sein täglich Brod empfängt! In der That die Zweihunderteinundzwanzig waren nicht diejenigen, die Hrn. Thiers am wenigsten Beifall bezeigten. 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L'Herbette hat in der letzten Sitzung der Kammer eine Resolution aufgesetzt und umlaufen lassen, wodurch sich alle unterzeichnenden Mitglieder verpflichten, keine Verrichtung anzunehmen, keinen Theil zu nehmen an den von der Regierung unternommenen oder begünstigten Kaufverhandlungen oder Unternehmungen, nicht nur während der Dauer ihres Mandats, sondern auch noch zwei Jahre nach dem Erlöschen desselben. Wir hoffen, daß das von den Bänken der Opposition ausgegangene Beispiel von der ganzen Kammer befolgt werde.</p><lb/> <p>Die bei dem Centralcomité der Subscription für die Opfer des Erdbebens von Martinique eingelaufene Summe betrug am 1 Jan. 606,261 Fr.</p> </div><lb/> <div type="jArticle" n="2"> <byline> <docAuthor> <gap reason="insignificant"/> </docAuthor> </byline> <dateline><hi rendition="#b">Paris,</hi> 14 Jan.</dateline> <p> Thiers hat gestern in der Deputirtenkammer einen glänzenden Triumph gefeiert. 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Unbedeutend? ein Mann, der nur die Tribune zu besteigen braucht, um über eine Versammlung von Tausenden aus der Elite einer großen Nation eine Todtenstille zu verbreiten, daß man eine Nadel zur Erde fallen hört. – ein Redner, der die Köpfe und Herzen der Feinde wie der Freunde, der Phlegmatischen und Gleichgültigen wie der Enthusiasten mit sich fortreißt und zu einem einzigen Beifallruf vereinigt, der sogar das wohlgefütterte Centrum vergessen macht, aus welchen Händen er zur Zeit sein täglich Brod empfängt! In der That die Zweihunderteinundzwanzig waren nicht diejenigen, die Hrn. Thiers am wenigsten Beifall bezeigten. Man hat sie ordentlich wachsen und in ihnen den Gedanken<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [0147/0003]
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* In der Deputirtenkammersitzung vom 14 Jan. kam der §. 7 hinsichtlich des Vertrags mit Mexico zur Sprache. Der Präsident des Conseils, Marschall Soult, erklärte, daß der Vertrag vollständig vollzogen worden sey, die Fonds seyen in Paris eingetroffen, und man beschäftige sich eben mit einer Abrechnung zwischen den Betheiligten. Auf eine Frage des Hrn. Mauguin erklärte der Siegelbewahrer, Hr. Teste, daß unter den der Entscheidung Englands vorgelegten Streitpunkten nicht die Wegnahme mexicanischer Fahrzeuge durch die französische Flotte mit inbegriffen gewesen. Unwahr sey es auch, daß Frankreich die Vermittelung Englands anfangs abgelehnt, und nur dann in dieselbe gewilligt habe, als eine zahlreichere brittische Flotte im Golf von Mexico erschienen. Der §. 7 wurde angenommen. Hr. Mermilliod schlug ein Amendement zum §. 8 vor, wodurch er größere Energie gegen Buenos-Ayres empfahl. Man müsse, sagte er, dem Streit mit dieser Republik bald ein Ende machen. Hr. Remusat, Commissär der Adresse, sprach gegen dieses Amendement, durch welches man die Regierung zum Ausschiffen von Truppen an der Küste von Buenos-Ayres nöthigen würde. Auch der Marineminister meinte, man müsse erst weitere Nachrichten abwarten, ehe man sich zu einer solchen äußersten Maaßregel entschlösse. Er hielt die neuerdings nach Buenos-Ayres abgesegelten Kriegsschiffe für hinreichend. Das Amendement des Hrn. Mermilliod wurde verworfen, und der §. 8 angenommen. Bei Abgang der Post kam der §. 9 hinsichtlich der Algierer Angelegenheiten zur Sprache. Hr. Lanyer und General Bugeaud hatten Amendements vorgeschlagen.
(Journal des Débats.) Hr. Odilon-Barrot hat am 12 Jan. bei dem Könige gespeist.
(Moniteur.) Die Nationalgarden, die sich am Sonntag in Uniform versammelt haben, um mehrere Deputirte über ihre Entwürfe zur Wahlreform zu begrüßen, haben sich gegen die ihnen von dem Gesetz aufgelegten Pflichten verfehlt. Die Behörde wird Maaßregeln zur Verhinderung der Erneuerung solcher Auftritte treffen. Die Officiere, welche zu der Zusammenrottung gehörten, werden sich über ihr Betragen zu verantworten haben.
(Capitole.) Die Manifestation zu Gunsten der Wahlreform hat die Leute der Camarilla mit einer solchen Ueberraschung betroffen, daß das ganze Schloß in panischem Schrecken ist. Sogleich wurden Staffetten nach allen Punkten abgeschickt, in den Casernen und in den Hauptwachen Lärm geschlagen; am ganz n Abend und während der Nacht wurde Paris von Patrouillen der Nationalgarde der Infanterie, der Municipalgarde durchzogen, ohne die grauen Patrouillen der Polizei zu rechnen; die der Municipalgarde, 15 bis 20 Mann stark, waren von Adjutanten und Ordonnanzofficieren befehligt.
Am 13 Januar begann der Pairshof seine Verhandlungen über die politischen Verhafteten der zweiten Kategorie. Wir sind, wegen Zudrangs an Stoff, genöthigt, den Bericht darüber auf morgen zu verschieben. Wir bemerken bloß, daß Blanqui eine kurze Rede zur Vertheidigung der verhafteten Republicaner hielt, in Betreff der einzelnen Anklagepunkte aber auf seinem früheren Schweigen beharrte. Ein oder zwei andere traten diesem Systeme bei, während die übrigen sich bestmöglich rein zu waschen suchten.
(Temps.) Mehrere Mitglieder der Opposition wollen bei der Unmöglichkeit, in die sie sich versetzt sehen, irgend eine Wahlreform im Laufe dieser Session durchzusetzen, wenigstens das Parlament in sich selbst zu reformiren, versuchen. Da sie es nicht an dem Gesetze fassen können, so wollen sie es wenigstens an der Ehre fassen. Der Vorschlag des Hrn. Gouguier über die Ausschließung öffentlicher Staatsbeamten aus der Kammer kann als allzu absolut betrachtet werden: die Annahme des Princips, worauf er sich gründet, macht nichtsdestoweniger eine der dringendsten zu lösenden Fragen aus. Hr. L'Herbette hat in der letzten Sitzung der Kammer eine Resolution aufgesetzt und umlaufen lassen, wodurch sich alle unterzeichnenden Mitglieder verpflichten, keine Verrichtung anzunehmen, keinen Theil zu nehmen an den von der Regierung unternommenen oder begünstigten Kaufverhandlungen oder Unternehmungen, nicht nur während der Dauer ihres Mandats, sondern auch noch zwei Jahre nach dem Erlöschen desselben. Wir hoffen, daß das von den Bänken der Opposition ausgegangene Beispiel von der ganzen Kammer befolgt werde.
Die bei dem Centralcomité der Subscription für die Opfer des Erdbebens von Martinique eingelaufene Summe betrug am 1 Jan. 606,261 Fr.
_ Paris, 14 Jan. Thiers hat gestern in der Deputirtenkammer einen glänzenden Triumph gefeiert. Schon die überfüllten Galerien, die große Zahl der anwesenden Damen und Staatsmänner, und die Masse derer, die im Saale „der verlorenen Schritte“ vergeblich harrten um noch Zutritt zu erlangen, beweist, welchen Werth das gebildete französische Publicum auf Hrn. Thiers und seine politische Meinung legt. Seit lange der geistvollste Staatsmann in Frankreich, hat Hr. Thiers gestern gezeigt, daß er es jetzt mehr ist als je, und Jedermann hat es anerkannt, die Minister und Hofblätter nicht ausgenommen, wenn nicht ausdrücklich doch stillschweigend. Ich will Hrn. Thiers Lobredner nicht machen, ich habe mich früher zum öfteren gegen ihn ausgesprochen, aber seine Größe als Staatsmann und Redner habe ich nie verkannt, und es hat mir immer kleinlich, unwürdig und lächerlich geschienen, wenn man unter Anspielungen auf sein Aeußeres von Thiers als von einer unbedeutenden Erscheinung sprach. Unbedeutend? ein Mann, der nur die Tribune zu besteigen braucht, um über eine Versammlung von Tausenden aus der Elite einer großen Nation eine Todtenstille zu verbreiten, daß man eine Nadel zur Erde fallen hört. – ein Redner, der die Köpfe und Herzen der Feinde wie der Freunde, der Phlegmatischen und Gleichgültigen wie der Enthusiasten mit sich fortreißt und zu einem einzigen Beifallruf vereinigt, der sogar das wohlgefütterte Centrum vergessen macht, aus welchen Händen er zur Zeit sein täglich Brod empfängt! In der That die Zweihunderteinundzwanzig waren nicht diejenigen, die Hrn. Thiers am wenigsten Beifall bezeigten. Man hat sie ordentlich wachsen und in ihnen den Gedanken
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