Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung. Nr. 25. Augsburg, 25. Januar 1840.

Bild:
<< vorherige Seite


diese Vorwürfe des Landdrosten von seinem Standpunkte aus. Da Breusing alle und jede Aussage verweigerte, ward er ins Gefängniß geführt, was Graf Wedel darauf sofort durch eine Stafette nach Hannover berichtete. Schon vorher hatten die Husaren satteln und alles Militär sich bereit halten müssen. Als die Bürgerschaft gegen Abend vernahm, was dem Präsidenten ihres Altermanns-Collegiums widerfahren war, versammelte sie sich auf dem Rathhause, und schickte dem Landdrosten eine Deputation, um Breusings Freilassung zu bitten. Der Landdrost stritt sich mit der Deputation herum; er werde und dürfe von den Befehlen des Königs nicht abweichen, und wenn auch die Stadt in Brand aufgehe u. dgl. m. Diese und andere dem Landdrosten zugeschriebenen Aeußerungen steigerten die Aufregung ungemein; die Vernünftigern und Ruhigern bewirkten jedoch Auflösung der Versammlung auf dem Rathhause und verhüteten jeden Ausbruch. Die Bürgerschaft ersuchte den Magistrat um Ergreifung des Rechtswegs. Der Magistrat war derweil von der Landdrostei aufgefordert worden, die Bürger dahin zu vermögen, den Citationen des k. Commissarius Folge zu leisten. Es heißt, daß man die Absicht gehabt habe, den Magistrat, wenn er dieser Aufforderung Folge zu leisten sich weigere, zu suspendiren. Allein der Magistrat kam jener Aufforderung nach, und belehrte den vom Polizeicommissär auf das Rathhaus geführten Altermann Breusing über die Nothwendigkeit der Gewalt zu weichen. Breusing erklärte, daß er zwar diese Nothwendigkeit einsehe, daß sie ihn aber doch noch nicht vermögen könne, von seiner Ueberzeugung abzugehen. Er ward darauf in seine Haft zurückgeführt, besprach sich hierauf mit seinem Anwalt, und ließ sich am Abend (des 14) vernehmen, worauf er denn freigelassen wurde. - Zu jener Untersuchung (über die Vorfälle auf der s. g. Musenburg im Julius v. J.) ist nun noch eine andere gekommen. Gestern Abend fuhr hier der Hofrath Sermes (einer der 38) von Meppen nach Hannover; er verweilte eine halbe Stunde hier, wurde erkannt, und als er abfuhr, umgab eine große Menschenmenge den Wagen und rief: "Pereat der Landesverräther." Darüber ist nun sofort eine neue Untersuchung eingeleitet.

Dänemark.

Die Antwort des Königs, unsers Herzogs, auf die erste Kieler Adresse, worin die Herstellung von Ständen, die das Steuerbewilligungsrecht auszuüben und Antheil an der Gesetzgebung hätten, gewünscht wurde, hat hier keinen angenehmen Eindruck gemacht. Es werden nämlich diese ausgesprochenen Wünsche als unzeitige charakterisirt, die nicht weiter zu berücksichtigen seyen; im Uebrigen wird auf die königliche Urkunde vom 3 Dec. zurückgewiesen, in welcher Verbesserungen in der Verwaltung in Aussicht gestellt werden. Es ist jene Antwort um so schmerzlicher, als in Ansehung Holsteins alle die Bedenklichkeiten wegfallen, welche in Bezug auf Dänemark, vielleicht auch auf Schleswig, obwalten mögen. Die Holsteiner machen nur auf dasjenige als deutscher Bundesstaat Anspruch, was vielen andern deutschen Staaten von ihren Fürsten gewährt worden, was von der Bundesversammlung anerkannt ist, und also auch ohne Gefahr gewährt werden kann. Nach einer Constitution wie die norwegische wird hier nicht getrachtet, sondern das ganze Streben der hiesigen Liberalen hält sich in den Schranken, welche durch die Bundesgesetzgebung vorgezeichnet sind. Die Holsteiner sind ein gutmüthiges und geduldiges Volk, sie sind spät dahin gelangt, sich lebhafter für ihre staatsrechtlichen Verhältnisse zu interessiren; aber sie sind auch zäh in ihren Bestrebungen, wenn sie einmal eine Ueberzeugung errungen haben, und eine gesicherte, ruhige Fortentwicklung ist hier seit 1830 nicht eher zu erwarten, als bis ihnen eine Verfassung wiedergegeben ist. Die Gebrechen einer absoluten Regierung werden zu tief vom Volke gefühlt, und mit der schnell wachsenden politischen Einsicht selbst vom Bauernstande immer tiefer gefühlt werden. Zu diesem Gefühle haben die berathenden Stände allerdings das Ihrige beigetragen, und dieß ist ihr hauptsächlichstes Verdienst. Diese Institution wird überall nur als das Mittel angesehen, zu einer vertragsmäßigen Verfassung zu gelangen. Zwar bleibt der gegenwärtigen Regierung, wenn sie keine Verfassung ertheilen will, der Weg übrig, durch Verbesserung der Administration das Verfassungsstreben einige Zeit in seinem Fortschreiten aufzuhalten; aber theils wird dieses Verzögerungsmittel nicht lange vorhalten, theils fehlt es der Regierung an einer hinreichenden Zahl intelligenter Männer, da sie die constitutionellgesinnten von sich weisen muß. (Leipz. und Frankf.Bl.)


Oesterreich.

(Durch Zufall verspätet.) Noch selten ist in unserer Stadt die öffentliche Aufmerksamkeit durch einen Künstler in so hohem Grade angeregt worden, als durch das Erscheinen Liszts. Liszt ist ein Ungar. Nach einer mehr als sechzehnjährigen Abwesenheit, während welcher er seinen europäischen Künstlerruf begründete, kehrt er in sein Vaterland zurück, nachdem er ein Jahr vorher in Wien zum Besten seiner durch die Ueberschwemmung verunglückten Landsleute ein sehr einträgliches Concert gegeben. Man sagt, er habe eine Reise von mehr als hundert Meilen (von Italien nach Wien) bloß deßhalb unternommen. Man weiß, daß Liszt überall Sensation erregte, aber hier gesellte sich zum Kunstenthusiasmus noch Patriotismus, und es gestaltete sich, um mit den Italienern zu sprechen, ein wahrer Fanatismo daraus. Liszt wird besonders von dem aristrokratischen Theil unserer Bewohner - nachdem man sich bemühte, ihn durch allerlei Urkunden zum ungarischen Edelmann zu erheben - mit Liebkosungen und Huldigungen beinahe erdrückt. Die ersten Notabilitäten buhlen um seinen Umgang. Liszt gab bereits vier sehr besuchte Concerte im Redoutensaale, wovon eines zum Besten des hiesigen Musikvereins; in allen erntete er unerhörten Beifall, aber den höchsten Triumph feierte er am 4 d., als er sich im ungarischen Theater, zum Vortheil dieses jungen Instituts, hören ließ. Hier ward ihm die größte Auszeichnung zu Theil, die je einem Künstler in Ungarn geworden. Er erschien im ungarischen Nationalcostume, ein Umstand, der hier allein schon im Stande ist, die Begeisterung anzufachen. Der junge Künstler hatte ein martialisches Aussehen, und als er sein bewunderungswürdiges Spiel beendigte, und ich weiß nicht zum wie vieltenmale stürmisch gerufen wurde, fragte man das Publicum um Erlaubniß, ob der Künstler, da er nicht ungarisch spreche, in einer fremden Sprache danken dürfe? Dieß ward durch Acclamation bewilligt. Liszt hielt hierauf eine schöne Anrede, voll Effect und kräftiger Phrasen, in französischer Sprache, die scheinbar während derselben von einer Gerichtsperson ins Ungarische übersetzt, und dann in dieser Sprache verlesen wurde. Diese Mühe hätte man sich, beiläufig gesagt, ersparen können, da es gewiß ist, daß wenn Liszt in seiner Muttersprache (deutsch) gesprochen hätte, er von der großen Mehrheit der Versammlung, mehr noch als wenn es ihm selbst möglich gewesen wäre sich ungarisch auszudrücken, verstanden worden wäre, während nur ein sehr kleiner Theil des Publicums der französischen Sprache kundig war. Wozu also diese Verläugnung der deutschen Sprache, die noch eine Unbequemlichkeit im Gefolge hatte? Sollte es absichtlich geschehen seyn? Sollte ein deutsches Wort dieser Versammlung ein Gräuel seyn? Ich kann


diese Vorwürfe des Landdrosten von seinem Standpunkte aus. Da Breusing alle und jede Aussage verweigerte, ward er ins Gefängniß geführt, was Graf Wedel darauf sofort durch eine Stafette nach Hannover berichtete. Schon vorher hatten die Husaren satteln und alles Militär sich bereit halten müssen. Als die Bürgerschaft gegen Abend vernahm, was dem Präsidenten ihres Altermanns-Collegiums widerfahren war, versammelte sie sich auf dem Rathhause, und schickte dem Landdrosten eine Deputation, um Breusings Freilassung zu bitten. Der Landdrost stritt sich mit der Deputation herum; er werde und dürfe von den Befehlen des Königs nicht abweichen, und wenn auch die Stadt in Brand aufgehe u. dgl. m. Diese und andere dem Landdrosten zugeschriebenen Aeußerungen steigerten die Aufregung ungemein; die Vernünftigern und Ruhigern bewirkten jedoch Auflösung der Versammlung auf dem Rathhause und verhüteten jeden Ausbruch. Die Bürgerschaft ersuchte den Magistrat um Ergreifung des Rechtswegs. Der Magistrat war derweil von der Landdrostei aufgefordert worden, die Bürger dahin zu vermögen, den Citationen des k. Commissarius Folge zu leisten. Es heißt, daß man die Absicht gehabt habe, den Magistrat, wenn er dieser Aufforderung Folge zu leisten sich weigere, zu suspendiren. Allein der Magistrat kam jener Aufforderung nach, und belehrte den vom Polizeicommissär auf das Rathhaus geführten Altermann Breusing über die Nothwendigkeit der Gewalt zu weichen. Breusing erklärte, daß er zwar diese Nothwendigkeit einsehe, daß sie ihn aber doch noch nicht vermögen könne, von seiner Ueberzeugung abzugehen. Er ward darauf in seine Haft zurückgeführt, besprach sich hierauf mit seinem Anwalt, und ließ sich am Abend (des 14) vernehmen, worauf er denn freigelassen wurde. – Zu jener Untersuchung (über die Vorfälle auf der s. g. Musenburg im Julius v. J.) ist nun noch eine andere gekommen. Gestern Abend fuhr hier der Hofrath Sermes (einer der 38) von Meppen nach Hannover; er verweilte eine halbe Stunde hier, wurde erkannt, und als er abfuhr, umgab eine große Menschenmenge den Wagen und rief: „Pereat der Landesverräther.“ Darüber ist nun sofort eine neue Untersuchung eingeleitet.

Dänemark.

Die Antwort des Königs, unsers Herzogs, auf die erste Kieler Adresse, worin die Herstellung von Ständen, die das Steuerbewilligungsrecht auszuüben und Antheil an der Gesetzgebung hätten, gewünscht wurde, hat hier keinen angenehmen Eindruck gemacht. Es werden nämlich diese ausgesprochenen Wünsche als unzeitige charakterisirt, die nicht weiter zu berücksichtigen seyen; im Uebrigen wird auf die königliche Urkunde vom 3 Dec. zurückgewiesen, in welcher Verbesserungen in der Verwaltung in Aussicht gestellt werden. Es ist jene Antwort um so schmerzlicher, als in Ansehung Holsteins alle die Bedenklichkeiten wegfallen, welche in Bezug auf Dänemark, vielleicht auch auf Schleswig, obwalten mögen. Die Holsteiner machen nur auf dasjenige als deutscher Bundesstaat Anspruch, was vielen andern deutschen Staaten von ihren Fürsten gewährt worden, was von der Bundesversammlung anerkannt ist, und also auch ohne Gefahr gewährt werden kann. Nach einer Constitution wie die norwegische wird hier nicht getrachtet, sondern das ganze Streben der hiesigen Liberalen hält sich in den Schranken, welche durch die Bundesgesetzgebung vorgezeichnet sind. Die Holsteiner sind ein gutmüthiges und geduldiges Volk, sie sind spät dahin gelangt, sich lebhafter für ihre staatsrechtlichen Verhältnisse zu interessiren; aber sie sind auch zäh in ihren Bestrebungen, wenn sie einmal eine Ueberzeugung errungen haben, und eine gesicherte, ruhige Fortentwicklung ist hier seit 1830 nicht eher zu erwarten, als bis ihnen eine Verfassung wiedergegeben ist. Die Gebrechen einer absoluten Regierung werden zu tief vom Volke gefühlt, und mit der schnell wachsenden politischen Einsicht selbst vom Bauernstande immer tiefer gefühlt werden. Zu diesem Gefühle haben die berathenden Stände allerdings das Ihrige beigetragen, und dieß ist ihr hauptsächlichstes Verdienst. Diese Institution wird überall nur als das Mittel angesehen, zu einer vertragsmäßigen Verfassung zu gelangen. Zwar bleibt der gegenwärtigen Regierung, wenn sie keine Verfassung ertheilen will, der Weg übrig, durch Verbesserung der Administration das Verfassungsstreben einige Zeit in seinem Fortschreiten aufzuhalten; aber theils wird dieses Verzögerungsmittel nicht lange vorhalten, theils fehlt es der Regierung an einer hinreichenden Zahl intelligenter Männer, da sie die constitutionellgesinnten von sich weisen muß. (Leipz. und Frankf.Bl.)


Oesterreich.

(Durch Zufall verspätet.) Noch selten ist in unserer Stadt die öffentliche Aufmerksamkeit durch einen Künstler in so hohem Grade angeregt worden, als durch das Erscheinen Liszts. Liszt ist ein Ungar. Nach einer mehr als sechzehnjährigen Abwesenheit, während welcher er seinen europäischen Künstlerruf begründete, kehrt er in sein Vaterland zurück, nachdem er ein Jahr vorher in Wien zum Besten seiner durch die Ueberschwemmung verunglückten Landsleute ein sehr einträgliches Concert gegeben. Man sagt, er habe eine Reise von mehr als hundert Meilen (von Italien nach Wien) bloß deßhalb unternommen. Man weiß, daß Liszt überall Sensation erregte, aber hier gesellte sich zum Kunstenthusiasmus noch Patriotismus, und es gestaltete sich, um mit den Italienern zu sprechen, ein wahrer Fanatismo daraus. Liszt wird besonders von dem aristrokratischen Theil unserer Bewohner – nachdem man sich bemühte, ihn durch allerlei Urkunden zum ungarischen Edelmann zu erheben – mit Liebkosungen und Huldigungen beinahe erdrückt. Die ersten Notabilitäten buhlen um seinen Umgang. Liszt gab bereits vier sehr besuchte Concerte im Redoutensaale, wovon eines zum Besten des hiesigen Musikvereins; in allen erntete er unerhörten Beifall, aber den höchsten Triumph feierte er am 4 d., als er sich im ungarischen Theater, zum Vortheil dieses jungen Instituts, hören ließ. Hier ward ihm die größte Auszeichnung zu Theil, die je einem Künstler in Ungarn geworden. Er erschien im ungarischen Nationalcostume, ein Umstand, der hier allein schon im Stande ist, die Begeisterung anzufachen. Der junge Künstler hatte ein martialisches Aussehen, und als er sein bewunderungswürdiges Spiel beendigte, und ich weiß nicht zum wie vieltenmale stürmisch gerufen wurde, fragte man das Publicum um Erlaubniß, ob der Künstler, da er nicht ungarisch spreche, in einer fremden Sprache danken dürfe? Dieß ward durch Acclamation bewilligt. Liszt hielt hierauf eine schöne Anrede, voll Effect und kräftiger Phrasen, in französischer Sprache, die scheinbar während derselben von einer Gerichtsperson ins Ungarische übersetzt, und dann in dieser Sprache verlesen wurde. Diese Mühe hätte man sich, beiläufig gesagt, ersparen können, da es gewiß ist, daß wenn Liszt in seiner Muttersprache (deutsch) gesprochen hätte, er von der großen Mehrheit der Versammlung, mehr noch als wenn es ihm selbst möglich gewesen wäre sich ungarisch auszudrücken, verstanden worden wäre, während nur ein sehr kleiner Theil des Publicums der französischen Sprache kundig war. Wozu also diese Verläugnung der deutschen Sprache, die noch eine Unbequemlichkeit im Gefolge hatte? Sollte es absichtlich geschehen seyn? Sollte ein deutsches Wort dieser Versammlung ein Gräuel seyn? Ich kann

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="jArticle" n="2">
          <p><pb facs="#f0007" n="0199"/><lb/>
diese Vorwürfe des Landdrosten von seinem Standpunkte aus. Da Breusing alle und jede Aussage verweigerte, ward er ins Gefängniß geführt, was Graf Wedel darauf sofort durch eine Stafette nach Hannover berichtete. Schon vorher hatten die Husaren satteln und alles Militär sich bereit halten müssen. Als die Bürgerschaft gegen Abend vernahm, was dem Präsidenten ihres Altermanns-Collegiums widerfahren war, versammelte sie sich auf dem Rathhause, und schickte dem Landdrosten eine Deputation, um Breusings Freilassung zu bitten. Der Landdrost stritt sich mit der Deputation herum; er werde und dürfe von den Befehlen des Königs nicht abweichen, und wenn auch die Stadt in Brand aufgehe u. dgl. m. Diese und andere dem Landdrosten zugeschriebenen Aeußerungen steigerten die Aufregung ungemein; die Vernünftigern und Ruhigern bewirkten jedoch Auflösung der Versammlung auf dem Rathhause und verhüteten jeden Ausbruch. Die Bürgerschaft ersuchte den Magistrat um Ergreifung des Rechtswegs. Der Magistrat war derweil von der Landdrostei aufgefordert worden, die Bürger dahin zu vermögen, den Citationen des k. Commissarius Folge zu leisten. Es heißt, daß man die Absicht gehabt habe, den Magistrat, wenn er dieser Aufforderung Folge zu leisten sich weigere, zu suspendiren. Allein der Magistrat kam jener Aufforderung nach, und belehrte den vom Polizeicommissär auf das Rathhaus geführten Altermann Breusing über die Nothwendigkeit der Gewalt zu weichen. Breusing erklärte, daß er zwar diese Nothwendigkeit einsehe, daß sie ihn aber doch noch nicht vermögen könne, von seiner Ueberzeugung abzugehen. Er ward darauf in seine Haft zurückgeführt, besprach sich hierauf mit seinem Anwalt, und ließ sich am Abend (des 14) vernehmen, worauf er denn freigelassen wurde. &#x2013; Zu jener Untersuchung (über die Vorfälle auf der s. g. Musenburg im Julius v. J.) ist nun noch eine andere gekommen. Gestern Abend fuhr hier der Hofrath Sermes (einer der 38) von Meppen nach Hannover; er verweilte eine halbe Stunde hier, wurde erkannt, und als er abfuhr, umgab eine große Menschenmenge den Wagen und rief: &#x201E;Pereat der Landesverräther.&#x201C; Darüber ist nun sofort eine neue Untersuchung eingeleitet.</p>
        </div>
      </div><lb/>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Dänemark.</hi> </head><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <dateline><hi rendition="#b">Kiel</hi>, 11 Jan.</dateline>
          <p> Die Antwort des Königs, unsers Herzogs, auf die erste Kieler Adresse, worin die Herstellung von Ständen, die das Steuerbewilligungsrecht auszuüben und Antheil an der Gesetzgebung hätten, gewünscht wurde, hat hier keinen angenehmen Eindruck gemacht. Es werden nämlich diese ausgesprochenen Wünsche als <hi rendition="#g">unzeitige</hi> charakterisirt, <hi rendition="#g">die nicht weiter zu berücksichtigen seyen</hi>; im Uebrigen wird auf die königliche Urkunde vom 3 Dec. zurückgewiesen, in welcher Verbesserungen in der Verwaltung in Aussicht gestellt werden. Es ist jene Antwort um so schmerzlicher, als in Ansehung Holsteins alle die Bedenklichkeiten wegfallen, welche in Bezug auf Dänemark, vielleicht auch auf Schleswig, obwalten mögen. Die Holsteiner machen nur auf dasjenige als deutscher Bundesstaat Anspruch, was vielen andern deutschen Staaten von ihren Fürsten gewährt worden, was von der Bundesversammlung anerkannt ist, und also auch ohne Gefahr gewährt werden kann. Nach einer Constitution wie die norwegische wird hier nicht getrachtet, sondern das ganze Streben der hiesigen Liberalen hält sich in den Schranken, welche durch die Bundesgesetzgebung vorgezeichnet sind. Die Holsteiner sind ein gutmüthiges und geduldiges Volk, sie sind spät dahin gelangt, sich lebhafter für ihre staatsrechtlichen Verhältnisse zu interessiren; aber sie sind auch zäh in ihren Bestrebungen, wenn sie einmal eine Ueberzeugung errungen haben, und eine gesicherte, ruhige Fortentwicklung ist hier seit 1830 nicht eher zu erwarten, als bis ihnen eine Verfassung wiedergegeben ist. Die Gebrechen einer absoluten Regierung werden zu tief vom Volke gefühlt, und mit der schnell wachsenden politischen Einsicht selbst vom Bauernstande immer tiefer gefühlt werden. Zu diesem Gefühle haben die berathenden Stände allerdings das Ihrige beigetragen, und dieß ist ihr hauptsächlichstes Verdienst. Diese Institution wird überall nur als das Mittel angesehen, zu einer vertragsmäßigen Verfassung zu gelangen. Zwar bleibt der gegenwärtigen Regierung, wenn sie keine Verfassung ertheilen will, der Weg übrig, durch Verbesserung der Administration das Verfassungsstreben einige Zeit in seinem Fortschreiten aufzuhalten; aber theils wird dieses Verzögerungsmittel nicht lange vorhalten, theils fehlt es der Regierung an einer hinreichenden Zahl intelligenter Männer, da sie die constitutionellgesinnten von sich weisen muß. (<hi rendition="#g">Leipz</hi>. und <hi rendition="#g">Frankf</hi>.<hi rendition="#g">Bl</hi>.)</p><lb/>
        </div>
      </div>
      <div n="1">
        <head> <hi rendition="#b">Oesterreich.</hi> </head><lb/>
        <div type="jArticle" n="2">
          <byline>*</byline>
          <dateline><hi rendition="#b">Pesth,</hi> 6 Jan.</dateline>
          <p> (Durch Zufall verspätet.) Noch selten ist in unserer Stadt die öffentliche Aufmerksamkeit durch einen Künstler in so hohem Grade angeregt worden, als durch das Erscheinen Liszts. Liszt ist ein Ungar. Nach einer mehr als sechzehnjährigen Abwesenheit, während welcher er seinen europäischen Künstlerruf begründete, kehrt er in sein Vaterland zurück, nachdem er ein Jahr vorher in Wien zum Besten seiner durch die Ueberschwemmung verunglückten Landsleute ein sehr einträgliches Concert gegeben. Man sagt, er habe eine Reise von mehr als hundert Meilen (von Italien nach Wien) bloß deßhalb unternommen. Man weiß, daß Liszt überall Sensation erregte, aber hier gesellte sich zum Kunstenthusiasmus noch Patriotismus, und es gestaltete sich, um mit den Italienern zu sprechen, ein wahrer Fanatismo daraus. Liszt wird besonders von dem aristrokratischen Theil unserer Bewohner &#x2013; nachdem man sich bemühte, ihn durch allerlei Urkunden zum ungarischen Edelmann zu erheben &#x2013; mit Liebkosungen und Huldigungen beinahe erdrückt. Die ersten Notabilitäten buhlen um seinen Umgang. Liszt gab bereits vier sehr besuchte Concerte im Redoutensaale, wovon eines zum Besten des hiesigen Musikvereins; in allen erntete er unerhörten Beifall, aber den höchsten Triumph feierte er am 4 d., als er sich im ungarischen Theater, zum Vortheil dieses jungen Instituts, hören ließ. Hier ward ihm die größte Auszeichnung zu Theil, die je einem Künstler in Ungarn geworden. Er erschien im ungarischen Nationalcostume, ein Umstand, der hier allein schon im Stande ist, die Begeisterung anzufachen. Der junge Künstler hatte ein martialisches Aussehen, und als er sein bewunderungswürdiges Spiel beendigte, und ich weiß nicht zum wie vieltenmale stürmisch gerufen wurde, fragte man das Publicum um Erlaubniß, ob der Künstler, <hi rendition="#g">da er nicht ungarisch spreche</hi>, in einer <hi rendition="#g">fremden</hi> Sprache danken dürfe? Dieß ward durch Acclamation bewilligt. Liszt hielt hierauf eine schöne Anrede, voll Effect und kräftiger Phrasen, in <hi rendition="#g">französischer Sprache</hi>, die scheinbar während derselben von einer Gerichtsperson ins Ungarische übersetzt, und dann in dieser Sprache verlesen wurde. Diese Mühe hätte man sich, beiläufig gesagt, ersparen können, da es gewiß ist, daß wenn Liszt in seiner <hi rendition="#g">Muttersprache</hi> (<hi rendition="#g">deutsch</hi>) gesprochen hätte, er von der großen Mehrheit der Versammlung, mehr noch als wenn es ihm selbst möglich gewesen wäre sich ungarisch auszudrücken, verstanden worden wäre, während nur ein sehr kleiner Theil des Publicums der französischen Sprache kundig war. Wozu also diese Verläugnung der deutschen Sprache, die noch eine Unbequemlichkeit im Gefolge hatte? Sollte es absichtlich geschehen seyn? Sollte ein deutsches Wort dieser Versammlung ein Gräuel seyn? Ich kann<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0199/0007] diese Vorwürfe des Landdrosten von seinem Standpunkte aus. Da Breusing alle und jede Aussage verweigerte, ward er ins Gefängniß geführt, was Graf Wedel darauf sofort durch eine Stafette nach Hannover berichtete. Schon vorher hatten die Husaren satteln und alles Militär sich bereit halten müssen. Als die Bürgerschaft gegen Abend vernahm, was dem Präsidenten ihres Altermanns-Collegiums widerfahren war, versammelte sie sich auf dem Rathhause, und schickte dem Landdrosten eine Deputation, um Breusings Freilassung zu bitten. Der Landdrost stritt sich mit der Deputation herum; er werde und dürfe von den Befehlen des Königs nicht abweichen, und wenn auch die Stadt in Brand aufgehe u. dgl. m. Diese und andere dem Landdrosten zugeschriebenen Aeußerungen steigerten die Aufregung ungemein; die Vernünftigern und Ruhigern bewirkten jedoch Auflösung der Versammlung auf dem Rathhause und verhüteten jeden Ausbruch. Die Bürgerschaft ersuchte den Magistrat um Ergreifung des Rechtswegs. Der Magistrat war derweil von der Landdrostei aufgefordert worden, die Bürger dahin zu vermögen, den Citationen des k. Commissarius Folge zu leisten. Es heißt, daß man die Absicht gehabt habe, den Magistrat, wenn er dieser Aufforderung Folge zu leisten sich weigere, zu suspendiren. Allein der Magistrat kam jener Aufforderung nach, und belehrte den vom Polizeicommissär auf das Rathhaus geführten Altermann Breusing über die Nothwendigkeit der Gewalt zu weichen. Breusing erklärte, daß er zwar diese Nothwendigkeit einsehe, daß sie ihn aber doch noch nicht vermögen könne, von seiner Ueberzeugung abzugehen. Er ward darauf in seine Haft zurückgeführt, besprach sich hierauf mit seinem Anwalt, und ließ sich am Abend (des 14) vernehmen, worauf er denn freigelassen wurde. – Zu jener Untersuchung (über die Vorfälle auf der s. g. Musenburg im Julius v. J.) ist nun noch eine andere gekommen. Gestern Abend fuhr hier der Hofrath Sermes (einer der 38) von Meppen nach Hannover; er verweilte eine halbe Stunde hier, wurde erkannt, und als er abfuhr, umgab eine große Menschenmenge den Wagen und rief: „Pereat der Landesverräther.“ Darüber ist nun sofort eine neue Untersuchung eingeleitet. Dänemark. Kiel, 11 Jan. Die Antwort des Königs, unsers Herzogs, auf die erste Kieler Adresse, worin die Herstellung von Ständen, die das Steuerbewilligungsrecht auszuüben und Antheil an der Gesetzgebung hätten, gewünscht wurde, hat hier keinen angenehmen Eindruck gemacht. Es werden nämlich diese ausgesprochenen Wünsche als unzeitige charakterisirt, die nicht weiter zu berücksichtigen seyen; im Uebrigen wird auf die königliche Urkunde vom 3 Dec. zurückgewiesen, in welcher Verbesserungen in der Verwaltung in Aussicht gestellt werden. Es ist jene Antwort um so schmerzlicher, als in Ansehung Holsteins alle die Bedenklichkeiten wegfallen, welche in Bezug auf Dänemark, vielleicht auch auf Schleswig, obwalten mögen. Die Holsteiner machen nur auf dasjenige als deutscher Bundesstaat Anspruch, was vielen andern deutschen Staaten von ihren Fürsten gewährt worden, was von der Bundesversammlung anerkannt ist, und also auch ohne Gefahr gewährt werden kann. Nach einer Constitution wie die norwegische wird hier nicht getrachtet, sondern das ganze Streben der hiesigen Liberalen hält sich in den Schranken, welche durch die Bundesgesetzgebung vorgezeichnet sind. Die Holsteiner sind ein gutmüthiges und geduldiges Volk, sie sind spät dahin gelangt, sich lebhafter für ihre staatsrechtlichen Verhältnisse zu interessiren; aber sie sind auch zäh in ihren Bestrebungen, wenn sie einmal eine Ueberzeugung errungen haben, und eine gesicherte, ruhige Fortentwicklung ist hier seit 1830 nicht eher zu erwarten, als bis ihnen eine Verfassung wiedergegeben ist. Die Gebrechen einer absoluten Regierung werden zu tief vom Volke gefühlt, und mit der schnell wachsenden politischen Einsicht selbst vom Bauernstande immer tiefer gefühlt werden. Zu diesem Gefühle haben die berathenden Stände allerdings das Ihrige beigetragen, und dieß ist ihr hauptsächlichstes Verdienst. Diese Institution wird überall nur als das Mittel angesehen, zu einer vertragsmäßigen Verfassung zu gelangen. Zwar bleibt der gegenwärtigen Regierung, wenn sie keine Verfassung ertheilen will, der Weg übrig, durch Verbesserung der Administration das Verfassungsstreben einige Zeit in seinem Fortschreiten aufzuhalten; aber theils wird dieses Verzögerungsmittel nicht lange vorhalten, theils fehlt es der Regierung an einer hinreichenden Zahl intelligenter Männer, da sie die constitutionellgesinnten von sich weisen muß. (Leipz. und Frankf.Bl.) Oesterreich. *Pesth, 6 Jan. (Durch Zufall verspätet.) Noch selten ist in unserer Stadt die öffentliche Aufmerksamkeit durch einen Künstler in so hohem Grade angeregt worden, als durch das Erscheinen Liszts. Liszt ist ein Ungar. Nach einer mehr als sechzehnjährigen Abwesenheit, während welcher er seinen europäischen Künstlerruf begründete, kehrt er in sein Vaterland zurück, nachdem er ein Jahr vorher in Wien zum Besten seiner durch die Ueberschwemmung verunglückten Landsleute ein sehr einträgliches Concert gegeben. Man sagt, er habe eine Reise von mehr als hundert Meilen (von Italien nach Wien) bloß deßhalb unternommen. Man weiß, daß Liszt überall Sensation erregte, aber hier gesellte sich zum Kunstenthusiasmus noch Patriotismus, und es gestaltete sich, um mit den Italienern zu sprechen, ein wahrer Fanatismo daraus. Liszt wird besonders von dem aristrokratischen Theil unserer Bewohner – nachdem man sich bemühte, ihn durch allerlei Urkunden zum ungarischen Edelmann zu erheben – mit Liebkosungen und Huldigungen beinahe erdrückt. Die ersten Notabilitäten buhlen um seinen Umgang. Liszt gab bereits vier sehr besuchte Concerte im Redoutensaale, wovon eines zum Besten des hiesigen Musikvereins; in allen erntete er unerhörten Beifall, aber den höchsten Triumph feierte er am 4 d., als er sich im ungarischen Theater, zum Vortheil dieses jungen Instituts, hören ließ. Hier ward ihm die größte Auszeichnung zu Theil, die je einem Künstler in Ungarn geworden. Er erschien im ungarischen Nationalcostume, ein Umstand, der hier allein schon im Stande ist, die Begeisterung anzufachen. Der junge Künstler hatte ein martialisches Aussehen, und als er sein bewunderungswürdiges Spiel beendigte, und ich weiß nicht zum wie vieltenmale stürmisch gerufen wurde, fragte man das Publicum um Erlaubniß, ob der Künstler, da er nicht ungarisch spreche, in einer fremden Sprache danken dürfe? Dieß ward durch Acclamation bewilligt. Liszt hielt hierauf eine schöne Anrede, voll Effect und kräftiger Phrasen, in französischer Sprache, die scheinbar während derselben von einer Gerichtsperson ins Ungarische übersetzt, und dann in dieser Sprache verlesen wurde. Diese Mühe hätte man sich, beiläufig gesagt, ersparen können, da es gewiß ist, daß wenn Liszt in seiner Muttersprache (deutsch) gesprochen hätte, er von der großen Mehrheit der Versammlung, mehr noch als wenn es ihm selbst möglich gewesen wäre sich ungarisch auszudrücken, verstanden worden wäre, während nur ein sehr kleiner Theil des Publicums der französischen Sprache kundig war. Wozu also diese Verläugnung der deutschen Sprache, die noch eine Unbequemlichkeit im Gefolge hatte? Sollte es absichtlich geschehen seyn? Sollte ein deutsches Wort dieser Versammlung ein Gräuel seyn? Ich kann

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_025_18400125
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_025_18400125/7
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 25. Augsburg, 25. Januar 1840, S. 0199. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_025_18400125/7>, abgerufen am 21.11.2024.