Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Allgemeine Zeitung. Nr. 26. Augsburg, 26. Januar 1840.

Bild:
<< vorherige Seite


Marschall für wahrscheinlich, daß sie wieder kommen werden, vielleicht von Abd-El-Kader in Person angeführt, dem daran gelegen seyn müsse, diese Niederlage seines Khalifa wieder gut zu machen, und den moralischen Muth seiner Anhänger zu erheben. Bei Orau, Bona und Constantine war Alles ruhig.

Der National bemerkt zu diesem Bericht, der über drei Spalten im Moniteur einnimmt: "Es wird doch zu lächerlich, ja wir möchten fast sagen beleidigend für die französische Armee, daß in Algerien nicht einige hundert Flintenschüsse fallen können, ohne daß man den Muth unserer Soldaten und das Talent ihrer Anführer in längern Bulletins rühmt, als früher die Bulletins über die großen Siege bei Austerlitz, Wagram und an der Moskwa waren. In dem mit solchem Wortschwall erzählten Gefecht bei Uad-Lalleg wurden 13 Mann getödtet und 92 verwundet. Für den kleinen Erfolg war dieser Verlust viel zu groß, doch nicht groß genug, um die emphatische Weitschweifigkeit des Bulletins darüber zu rechtfertigen. Der Marschall zählt fünfzig bis sechzig Officiere, Unterofficiere und Soldaten auf, die alle Anspruch auf die Erkenntlichkeit des Landes haben sollen; darunter ist der Eidam des Marschalls Valee, der in jedem Bulletin genannte Hr. de Salles, von seinem gefälligen Schwiegervater natürlich nicht vergessen worden. Vor kaum achtzehn Monaten war Hr. de Salles noch Hauptmann, jetzt ist er Obristlieutenant, bald wird er zweifelsohne Obrist! Wenn Frankreich aus der Occupation Algeriens noch wenig Vortheil gezogen, so können doch die Verwandten und Schmeichler des Marschalls nicht von sich das Gleiche sagen."

In der Sitzung des Pairshofs am 20 Jan. fragte der Präsident, bevor noch Hr. Franck Carre als Generalprocurator das Wort nahm, den Angeklagten Blanqui, ob er nicht ein Siegel mit den Insignien der Republik habe stechen lassen. Blanqui erwiederte, er habe nichts zu antworten. Der Greffier verliest ein Protokoll, wodurch constatirt wird, daß dieses Siegel in dem Garten des von Blanqui bewohnten Hauses gefunden worden. Der Generalprocurator sagte in seinem Vortrag über Blanqui: "1838 erschien dieser Name zum erstenmal als Angeklagter in dem Proceß wegen der Gesellschaft der Menschenrechte. Blanqui ward zu einem Jahr Gefängniß verurtheilt." Der Generalprocurator sprach von der Ueberspannung der radicalen Meinungen Blanqui's, von seinen Verbindungen mit Barbes; beide seyen Chefs der geheimen Familiengesellschaft, und als solche verhaftet gewesen; Blanqui sey der Vertraute Pepin's in dem Attentate Fieschi, und trage auch die größte Verantwortlichkeit in der Sache vom 12 Mai und als Anführer der Emeute. Nachdem der Generalprocurator aufs entschiedenste auf der Anklage gegen die Angeschuldigten Blanqui, Guignot, Quarre, Charles und Moulins beharrt, endigte er seinen Vortrag mit der Anrufung der Strenge der Justiz gegen die Feinde der öffentlichen Ordnung, welche täglich neue Unruhen anzustiften strebten. Der gegen Barbes erlassene Spruch sey das Gesetz, das man in Bezug auf Blanqui befolgen müsse, da Barbes nur der Lieutenant Blanqui's gewesen sey. Eine Milderung der Strafe würde eine Verläugnung des von dem Pairshof angewandten Gesetzes seyn, durch das die sicherste Garantie für die öffentliche Ruhe gewährt werde. Der Generaladvocat Boucly nahm dann das Wort und ging in eine umständliche Erörterung der auf einen Theil der Angeklagten bezüglichen Thatsachen ein.

*In der Sitzung des Pairshofs am 21 Jan. wollte der Präsident dem Vertheidiger des Angeklagten Blanqui das Wort geben. Hr. Dupont erklärte, daß er darauf verzichte. Der Präsident fragte dann Blanqui selbst, ob er nichts zu seiner Vertheidigung zu sagen habe. Dieser antwortete mit Nein. Der Pairshof hört sodann Hrn. Grevy für Guignot, Hrn. Lauras für Alexander Quarre und Hrn. Julius Favre für Charles. Nach dieser letztern Vertheidigung erhebt sich der Präsident sehr nachdrücklich gegen die darin geäußerte Lehre, daß der Eid, den man in den geheimen Gesellschaften leiste, so heilig wie der von der Justiz geforderte sey. Er verweist in starken Ausdrücken Hrn. Favre die Darlegung eines für die Moral und die gesellschaftliche Ordnung so gefährlichen Grundsatzes. Hr. Favre suchte sich durch einige Worte zu rechtfertigen, die aber bei dem herrschenden Geräusche verhallen. Die Sitzung ward dann suspendirt.

Die Bureaux der Deputirtenkammer beschäftigten sich am 20 Januar mit drei Vorschlägen. Der erste, des Hrn. Vivien, hatte eine in den Reglements der Kammer einzuführende Modification zum Gegenstand. Der zweite bezog sich auf eine Aenderung der Tarife über Leinengarn und Leinwand. Die Verlesung dieser beiden Vorschläge ward von sieben Bureaux ermächtigt. Der dritte Vorschlag, von Hrn. Marchal, die Abschaffung des Gesetzes von 1814 über die Beobachtung der Fest- und Sonntage betreffend, ward von sieben Bureaux abgewiesen.

Die Bureaux der Deputirtenkammer beschäftigten sich am 20 Jan. auch mit dem Gesetzesentwurf hinsichtlich der Rentenconversion. In sämmtlichen neun Bureaux sprach sich die Mehrheit für das Princip des Entwurfs aus und die neun erwählten Commissäre sind, obwohl in einzelnen Punkten, besonders in Betreff der Zeit der Umwandlung, nicht gleicher Ansicht, doch im Allgemeinen der Maaßregel günstig gestimmt.

(Commerce.) Die Thronrede hatte uns angekündigt, daß die Finanzlage sehr befriedigend sey. Hr. Passy hat in dem Anfang seines Vortrags in der Kammer am 15 Jan. diese Behauptung bestätigt. Bei Anführung der Ziffern aber zeigte er sich sehr verlegen. Es geht daraus offenbar hervor, daß sich für das Rechnungsjahr 1839 ein Deficit ergibt. 57 Millionen Zuschußcredite und 56 dem außerordentlichen Budget der öffentlichen Arbeiten zugewiesene Millionen, im Ganzen 113 Millionen, die über die Anweisungen des ordentlichen Budgets hinaus aufgewendet wurden, haben mehr als die Hülfsquellen absorbirt, welche die Voraussicht der Kammern und die Vermehrung des Ertrags der indirecten Steuern zur Aushülfe des Schatzes verfügbar gelassen hatte. Nun kündigt man uns noch für das Jahr 1840 Folgendes an. Der Finanzminister erklärt schon in der Voraussetzung, daß die Einnahmen die im Budget aufgeführten Schätzungen überschreiten und so hoch seyn mögen, wie dieselbe Summe im Jahr 1839, daß sie um wenigstens 18 Millionen nicht zureichen werden; fügt man denselben 60 Millionen bei, die für das außerordentliche Budget der öffentlichen Arbeiten nöthig seyn werden, so findet man nach der Berechnung des Hrn. Passy, daß die Ausgaben die Einnahmen im Jahr 1840 um eine Summe von 78 Millionen überschreiten werden. Dabei ist zu bemerken, daß dieß nur eine erste Voraussicht für eine erst seit 14 Tagen begonnene Rechnungszeit ist, und daß sich vor Ausgang derselben unfehlbar neue Bedürfnisse fühlbar machen werden. Wir kommen nun zu dem für 1841 vorgelegten Budget. Der Betrag der Ausgabeschätzungen beläuft sich auf eine Milliarde und 114 Millionen. Es ist ein wahres Wunder zu sehen, wie die Budgets jährlich zunehmen! Das ordentliche Budget von 1837 betrug eine Milliarde und 27 Millionen, das von 1838 eine Milliarde und 39 Millionen, das von 1839 eine Milliarde und 68 Millionen, das von 1840 eine Milliarde und 99 Millionen und das von 1841 eine Milliarde und 141 Millionen. Dieß


Marschall für wahrscheinlich, daß sie wieder kommen werden, vielleicht von Abd-El-Kader in Person angeführt, dem daran gelegen seyn müsse, diese Niederlage seines Khalifa wieder gut zu machen, und den moralischen Muth seiner Anhänger zu erheben. Bei Orau, Bona und Constantine war Alles ruhig.

Der National bemerkt zu diesem Bericht, der über drei Spalten im Moniteur einnimmt: „Es wird doch zu lächerlich, ja wir möchten fast sagen beleidigend für die französische Armee, daß in Algerien nicht einige hundert Flintenschüsse fallen können, ohne daß man den Muth unserer Soldaten und das Talent ihrer Anführer in längern Bulletins rühmt, als früher die Bulletins über die großen Siege bei Austerlitz, Wagram und an der Moskwa waren. In dem mit solchem Wortschwall erzählten Gefecht bei Uad-Lalleg wurden 13 Mann getödtet und 92 verwundet. Für den kleinen Erfolg war dieser Verlust viel zu groß, doch nicht groß genug, um die emphatische Weitschweifigkeit des Bulletins darüber zu rechtfertigen. Der Marschall zählt fünfzig bis sechzig Officiere, Unterofficiere und Soldaten auf, die alle Anspruch auf die Erkenntlichkeit des Landes haben sollen; darunter ist der Eidam des Marschalls Valée, der in jedem Bulletin genannte Hr. de Salles, von seinem gefälligen Schwiegervater natürlich nicht vergessen worden. Vor kaum achtzehn Monaten war Hr. de Salles noch Hauptmann, jetzt ist er Obristlieutenant, bald wird er zweifelsohne Obrist! Wenn Frankreich aus der Occupation Algeriens noch wenig Vortheil gezogen, so können doch die Verwandten und Schmeichler des Marschalls nicht von sich das Gleiche sagen.“

In der Sitzung des Pairshofs am 20 Jan. fragte der Präsident, bevor noch Hr. Franck Carré als Generalprocurator das Wort nahm, den Angeklagten Blanqui, ob er nicht ein Siegel mit den Insignien der Republik habe stechen lassen. Blanqui erwiederte, er habe nichts zu antworten. Der Greffier verliest ein Protokoll, wodurch constatirt wird, daß dieses Siegel in dem Garten des von Blanqui bewohnten Hauses gefunden worden. Der Generalprocurator sagte in seinem Vortrag über Blanqui: „1838 erschien dieser Name zum erstenmal als Angeklagter in dem Proceß wegen der Gesellschaft der Menschenrechte. Blanqui ward zu einem Jahr Gefängniß verurtheilt.“ Der Generalprocurator sprach von der Ueberspannung der radicalen Meinungen Blanqui's, von seinen Verbindungen mit Barbès; beide seyen Chefs der geheimen Familiengesellschaft, und als solche verhaftet gewesen; Blanqui sey der Vertraute Pépin's in dem Attentate Fieschi, und trage auch die größte Verantwortlichkeit in der Sache vom 12 Mai und als Anführer der Emeute. Nachdem der Generalprocurator aufs entschiedenste auf der Anklage gegen die Angeschuldigten Blanqui, Guignot, Quarré, Charles und Moulins beharrt, endigte er seinen Vortrag mit der Anrufung der Strenge der Justiz gegen die Feinde der öffentlichen Ordnung, welche täglich neue Unruhen anzustiften strebten. Der gegen Barbès erlassene Spruch sey das Gesetz, das man in Bezug auf Blanqui befolgen müsse, da Barbès nur der Lieutenant Blanqui's gewesen sey. Eine Milderung der Strafe würde eine Verläugnung des von dem Pairshof angewandten Gesetzes seyn, durch das die sicherste Garantie für die öffentliche Ruhe gewährt werde. Der Generaladvocat Boucly nahm dann das Wort und ging in eine umständliche Erörterung der auf einen Theil der Angeklagten bezüglichen Thatsachen ein.

*In der Sitzung des Pairshofs am 21 Jan. wollte der Präsident dem Vertheidiger des Angeklagten Blanqui das Wort geben. Hr. Dupont erklärte, daß er darauf verzichte. Der Präsident fragte dann Blanqui selbst, ob er nichts zu seiner Vertheidigung zu sagen habe. Dieser antwortete mit Nein. Der Pairshof hört sodann Hrn. Grévy für Guignot, Hrn. Lauras für Alexander Quarré und Hrn. Julius Favre für Charles. Nach dieser letztern Vertheidigung erhebt sich der Präsident sehr nachdrücklich gegen die darin geäußerte Lehre, daß der Eid, den man in den geheimen Gesellschaften leiste, so heilig wie der von der Justiz geforderte sey. Er verweist in starken Ausdrücken Hrn. Favre die Darlegung eines für die Moral und die gesellschaftliche Ordnung so gefährlichen Grundsatzes. Hr. Favre suchte sich durch einige Worte zu rechtfertigen, die aber bei dem herrschenden Geräusche verhallen. Die Sitzung ward dann suspendirt.

Die Bureaux der Deputirtenkammer beschäftigten sich am 20 Januar mit drei Vorschlägen. Der erste, des Hrn. Vivien, hatte eine in den Reglements der Kammer einzuführende Modification zum Gegenstand. Der zweite bezog sich auf eine Aenderung der Tarife über Leinengarn und Leinwand. Die Verlesung dieser beiden Vorschläge ward von sieben Bureaux ermächtigt. Der dritte Vorschlag, von Hrn. Marchal, die Abschaffung des Gesetzes von 1814 über die Beobachtung der Fest- und Sonntage betreffend, ward von sieben Bureaux abgewiesen.

Die Bureaux der Deputirtenkammer beschäftigten sich am 20 Jan. auch mit dem Gesetzesentwurf hinsichtlich der Rentenconversion. In sämmtlichen neun Bureaux sprach sich die Mehrheit für das Princip des Entwurfs aus und die neun erwählten Commissäre sind, obwohl in einzelnen Punkten, besonders in Betreff der Zeit der Umwandlung, nicht gleicher Ansicht, doch im Allgemeinen der Maaßregel günstig gestimmt.

(Commerce.) Die Thronrede hatte uns angekündigt, daß die Finanzlage sehr befriedigend sey. Hr. Passy hat in dem Anfang seines Vortrags in der Kammer am 15 Jan. diese Behauptung bestätigt. Bei Anführung der Ziffern aber zeigte er sich sehr verlegen. Es geht daraus offenbar hervor, daß sich für das Rechnungsjahr 1839 ein Deficit ergibt. 57 Millionen Zuschußcredite und 56 dem außerordentlichen Budget der öffentlichen Arbeiten zugewiesene Millionen, im Ganzen 113 Millionen, die über die Anweisungen des ordentlichen Budgets hinaus aufgewendet wurden, haben mehr als die Hülfsquellen absorbirt, welche die Voraussicht der Kammern und die Vermehrung des Ertrags der indirecten Steuern zur Aushülfe des Schatzes verfügbar gelassen hatte. Nun kündigt man uns noch für das Jahr 1840 Folgendes an. Der Finanzminister erklärt schon in der Voraussetzung, daß die Einnahmen die im Budget aufgeführten Schätzungen überschreiten und so hoch seyn mögen, wie dieselbe Summe im Jahr 1839, daß sie um wenigstens 18 Millionen nicht zureichen werden; fügt man denselben 60 Millionen bei, die für das außerordentliche Budget der öffentlichen Arbeiten nöthig seyn werden, so findet man nach der Berechnung des Hrn. Passy, daß die Ausgaben die Einnahmen im Jahr 1840 um eine Summe von 78 Millionen überschreiten werden. Dabei ist zu bemerken, daß dieß nur eine erste Voraussicht für eine erst seit 14 Tagen begonnene Rechnungszeit ist, und daß sich vor Ausgang derselben unfehlbar neue Bedürfnisse fühlbar machen werden. Wir kommen nun zu dem für 1841 vorgelegten Budget. Der Betrag der Ausgabeschätzungen beläuft sich auf eine Milliarde und 114 Millionen. Es ist ein wahres Wunder zu sehen, wie die Budgets jährlich zunehmen! Das ordentliche Budget von 1837 betrug eine Milliarde und 27 Millionen, das von 1838 eine Milliarde und 39 Millionen, das von 1839 eine Milliarde und 68 Millionen, das von 1840 eine Milliarde und 99 Millionen und das von 1841 eine Milliarde und 141 Millionen. Dieß

<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div type="jArticle" n="2">
          <p><pb facs="#f0003" n="0203"/><lb/>
Marschall für wahrscheinlich, daß sie wieder kommen werden, vielleicht von Abd-El-Kader in Person angeführt, dem daran gelegen seyn müsse, diese Niederlage seines Khalifa wieder gut zu machen, und den moralischen Muth seiner Anhänger zu erheben. Bei Orau, Bona und Constantine war Alles ruhig.</p><lb/>
          <p>Der <hi rendition="#g">National</hi> bemerkt zu diesem Bericht, der über drei Spalten im Moniteur einnimmt: &#x201E;Es wird doch zu lächerlich, ja wir möchten fast sagen beleidigend für die französische Armee, daß in Algerien nicht einige hundert Flintenschüsse fallen können, ohne daß man den Muth unserer Soldaten und das Talent ihrer Anführer in längern Bulletins rühmt, als früher die Bulletins über die großen Siege bei Austerlitz, Wagram und an der Moskwa waren. In dem mit solchem Wortschwall erzählten Gefecht bei Uad-Lalleg wurden 13 Mann getödtet und 92 verwundet. Für den kleinen Erfolg war dieser Verlust viel zu groß, doch nicht groß genug, um die emphatische Weitschweifigkeit des Bulletins darüber zu rechtfertigen. Der Marschall zählt fünfzig bis sechzig Officiere, Unterofficiere und Soldaten auf, die alle Anspruch auf die Erkenntlichkeit des Landes haben sollen; darunter ist der Eidam des Marschalls Valée, der in jedem Bulletin genannte Hr. de Salles, von seinem gefälligen Schwiegervater natürlich nicht vergessen worden. Vor kaum achtzehn Monaten war Hr. de Salles noch Hauptmann, jetzt ist er Obristlieutenant, bald wird er zweifelsohne Obrist! Wenn Frankreich aus der Occupation Algeriens noch wenig Vortheil gezogen, so können doch die Verwandten und Schmeichler des Marschalls nicht von sich das Gleiche sagen.&#x201C;</p><lb/>
          <p>In der Sitzung des <hi rendition="#g">Pairshofs</hi> am 20 Jan. fragte der Präsident, bevor noch Hr. Franck Carré als Generalprocurator das Wort nahm, den Angeklagten Blanqui, ob er nicht ein Siegel mit den Insignien der Republik habe stechen lassen. Blanqui erwiederte, er habe nichts zu antworten. Der Greffier verliest ein Protokoll, wodurch constatirt wird, daß dieses Siegel in dem Garten des von Blanqui bewohnten Hauses gefunden worden. Der Generalprocurator sagte in seinem Vortrag über Blanqui: &#x201E;1838 erschien dieser Name zum erstenmal als Angeklagter in dem Proceß wegen der Gesellschaft der Menschenrechte. Blanqui ward zu einem Jahr Gefängniß verurtheilt.&#x201C; Der Generalprocurator sprach von der Ueberspannung der radicalen Meinungen Blanqui's, von seinen Verbindungen mit Barbès; beide seyen Chefs der geheimen Familiengesellschaft, und als solche verhaftet gewesen; Blanqui sey der Vertraute Pépin's in dem Attentate Fieschi, und trage auch die größte Verantwortlichkeit in der Sache vom 12 Mai und als Anführer der Emeute. Nachdem der Generalprocurator aufs entschiedenste auf der Anklage gegen die Angeschuldigten Blanqui, Guignot, Quarré, Charles und Moulins beharrt, endigte er seinen Vortrag mit der Anrufung der Strenge der Justiz gegen die Feinde der öffentlichen Ordnung, welche täglich neue Unruhen anzustiften strebten. Der gegen Barbès erlassene Spruch sey das Gesetz, das man in Bezug auf Blanqui befolgen müsse, da Barbès nur der Lieutenant Blanqui's gewesen sey. Eine Milderung der Strafe würde eine Verläugnung des von dem Pairshof angewandten Gesetzes seyn, durch das die sicherste Garantie für die öffentliche Ruhe gewährt werde. Der Generaladvocat Boucly nahm dann das Wort und ging in eine umständliche Erörterung der auf einen Theil der Angeklagten bezüglichen Thatsachen ein.</p><lb/>
          <p>*In der Sitzung des <hi rendition="#g">Pairshofs</hi> am 21 Jan. wollte der Präsident dem Vertheidiger des Angeklagten Blanqui das Wort geben. Hr. Dupont erklärte, daß er darauf verzichte. Der Präsident fragte dann Blanqui selbst, ob er nichts zu seiner Vertheidigung zu sagen habe. Dieser antwortete mit Nein. Der Pairshof hört sodann Hrn. Grévy für Guignot, Hrn. Lauras für Alexander Quarré und Hrn. Julius Favre für Charles. Nach dieser letztern Vertheidigung erhebt sich der Präsident sehr nachdrücklich gegen die darin geäußerte Lehre, daß der Eid, den man in den geheimen Gesellschaften leiste, so heilig wie der von der Justiz geforderte sey. Er verweist in starken Ausdrücken Hrn. Favre die Darlegung eines für die Moral und die gesellschaftliche Ordnung so gefährlichen Grundsatzes. Hr. Favre suchte sich durch einige Worte zu rechtfertigen, die aber bei dem herrschenden Geräusche verhallen. Die Sitzung ward dann suspendirt.</p><lb/>
          <p>Die Bureaux der Deputirtenkammer beschäftigten sich am 20 Januar mit drei Vorschlägen. Der erste, des Hrn. Vivien, hatte eine in den Reglements der Kammer einzuführende Modification zum Gegenstand. Der zweite bezog sich auf eine Aenderung der Tarife über Leinengarn und Leinwand. Die Verlesung dieser beiden Vorschläge ward von sieben Bureaux ermächtigt. Der dritte Vorschlag, von Hrn. Marchal, die Abschaffung des Gesetzes von 1814 über die Beobachtung der Fest- und Sonntage betreffend, ward von sieben Bureaux abgewiesen.</p><lb/>
          <p>Die Bureaux der Deputirtenkammer beschäftigten sich am 20 Jan. auch mit dem Gesetzesentwurf hinsichtlich der Rentenconversion. In sämmtlichen neun Bureaux sprach sich die Mehrheit für das Princip des Entwurfs aus und die neun erwählten Commissäre sind, obwohl in einzelnen Punkten, besonders in Betreff der Zeit der Umwandlung, nicht gleicher Ansicht, doch im Allgemeinen der Maaßregel günstig gestimmt.</p><lb/>
          <p>(<hi rendition="#g">Commerce</hi>.) Die Thronrede hatte uns angekündigt, daß die Finanzlage sehr befriedigend sey. Hr. Passy hat in dem Anfang seines Vortrags in der Kammer am 15 Jan. diese Behauptung bestätigt. Bei Anführung der Ziffern aber zeigte er sich sehr verlegen. Es geht daraus offenbar hervor, daß sich für das Rechnungsjahr 1839 ein Deficit ergibt. 57 Millionen Zuschußcredite und 56 dem außerordentlichen Budget der öffentlichen Arbeiten zugewiesene Millionen, im Ganzen 113 Millionen, die über die Anweisungen des ordentlichen Budgets hinaus aufgewendet wurden, haben mehr als die Hülfsquellen absorbirt, welche die Voraussicht der Kammern und die Vermehrung des Ertrags der indirecten Steuern zur Aushülfe des Schatzes verfügbar gelassen hatte. Nun kündigt man uns noch für das Jahr 1840 Folgendes an. Der Finanzminister erklärt schon in der Voraussetzung, daß die Einnahmen die im Budget aufgeführten Schätzungen überschreiten und so hoch seyn mögen, wie dieselbe Summe im Jahr 1839, daß sie um wenigstens 18 Millionen nicht zureichen werden; fügt man denselben 60 Millionen bei, die für das außerordentliche Budget der öffentlichen Arbeiten nöthig seyn werden, so findet man nach der Berechnung des Hrn. Passy, daß die Ausgaben die Einnahmen im Jahr 1840 um eine Summe von 78 Millionen überschreiten werden. Dabei ist zu bemerken, daß dieß nur eine erste Voraussicht für eine erst seit 14 Tagen begonnene Rechnungszeit ist, und daß sich vor Ausgang derselben unfehlbar neue Bedürfnisse fühlbar machen werden. Wir kommen nun zu dem für 1841 vorgelegten Budget. Der Betrag der Ausgabeschätzungen beläuft sich auf eine Milliarde und 114 Millionen. Es ist ein wahres Wunder zu sehen, wie die Budgets jährlich zunehmen! Das ordentliche Budget von 1837 betrug eine Milliarde und 27 Millionen, das von 1838 eine Milliarde und 39 Millionen, das von 1839 eine Milliarde und 68 Millionen, das von 1840 eine Milliarde und 99 Millionen und das von 1841 eine Milliarde und 141 Millionen. Dieß<lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[0203/0003] Marschall für wahrscheinlich, daß sie wieder kommen werden, vielleicht von Abd-El-Kader in Person angeführt, dem daran gelegen seyn müsse, diese Niederlage seines Khalifa wieder gut zu machen, und den moralischen Muth seiner Anhänger zu erheben. Bei Orau, Bona und Constantine war Alles ruhig. Der National bemerkt zu diesem Bericht, der über drei Spalten im Moniteur einnimmt: „Es wird doch zu lächerlich, ja wir möchten fast sagen beleidigend für die französische Armee, daß in Algerien nicht einige hundert Flintenschüsse fallen können, ohne daß man den Muth unserer Soldaten und das Talent ihrer Anführer in längern Bulletins rühmt, als früher die Bulletins über die großen Siege bei Austerlitz, Wagram und an der Moskwa waren. In dem mit solchem Wortschwall erzählten Gefecht bei Uad-Lalleg wurden 13 Mann getödtet und 92 verwundet. Für den kleinen Erfolg war dieser Verlust viel zu groß, doch nicht groß genug, um die emphatische Weitschweifigkeit des Bulletins darüber zu rechtfertigen. Der Marschall zählt fünfzig bis sechzig Officiere, Unterofficiere und Soldaten auf, die alle Anspruch auf die Erkenntlichkeit des Landes haben sollen; darunter ist der Eidam des Marschalls Valée, der in jedem Bulletin genannte Hr. de Salles, von seinem gefälligen Schwiegervater natürlich nicht vergessen worden. Vor kaum achtzehn Monaten war Hr. de Salles noch Hauptmann, jetzt ist er Obristlieutenant, bald wird er zweifelsohne Obrist! Wenn Frankreich aus der Occupation Algeriens noch wenig Vortheil gezogen, so können doch die Verwandten und Schmeichler des Marschalls nicht von sich das Gleiche sagen.“ In der Sitzung des Pairshofs am 20 Jan. fragte der Präsident, bevor noch Hr. Franck Carré als Generalprocurator das Wort nahm, den Angeklagten Blanqui, ob er nicht ein Siegel mit den Insignien der Republik habe stechen lassen. Blanqui erwiederte, er habe nichts zu antworten. Der Greffier verliest ein Protokoll, wodurch constatirt wird, daß dieses Siegel in dem Garten des von Blanqui bewohnten Hauses gefunden worden. Der Generalprocurator sagte in seinem Vortrag über Blanqui: „1838 erschien dieser Name zum erstenmal als Angeklagter in dem Proceß wegen der Gesellschaft der Menschenrechte. Blanqui ward zu einem Jahr Gefängniß verurtheilt.“ Der Generalprocurator sprach von der Ueberspannung der radicalen Meinungen Blanqui's, von seinen Verbindungen mit Barbès; beide seyen Chefs der geheimen Familiengesellschaft, und als solche verhaftet gewesen; Blanqui sey der Vertraute Pépin's in dem Attentate Fieschi, und trage auch die größte Verantwortlichkeit in der Sache vom 12 Mai und als Anführer der Emeute. Nachdem der Generalprocurator aufs entschiedenste auf der Anklage gegen die Angeschuldigten Blanqui, Guignot, Quarré, Charles und Moulins beharrt, endigte er seinen Vortrag mit der Anrufung der Strenge der Justiz gegen die Feinde der öffentlichen Ordnung, welche täglich neue Unruhen anzustiften strebten. Der gegen Barbès erlassene Spruch sey das Gesetz, das man in Bezug auf Blanqui befolgen müsse, da Barbès nur der Lieutenant Blanqui's gewesen sey. Eine Milderung der Strafe würde eine Verläugnung des von dem Pairshof angewandten Gesetzes seyn, durch das die sicherste Garantie für die öffentliche Ruhe gewährt werde. Der Generaladvocat Boucly nahm dann das Wort und ging in eine umständliche Erörterung der auf einen Theil der Angeklagten bezüglichen Thatsachen ein. *In der Sitzung des Pairshofs am 21 Jan. wollte der Präsident dem Vertheidiger des Angeklagten Blanqui das Wort geben. Hr. Dupont erklärte, daß er darauf verzichte. Der Präsident fragte dann Blanqui selbst, ob er nichts zu seiner Vertheidigung zu sagen habe. Dieser antwortete mit Nein. Der Pairshof hört sodann Hrn. Grévy für Guignot, Hrn. Lauras für Alexander Quarré und Hrn. Julius Favre für Charles. Nach dieser letztern Vertheidigung erhebt sich der Präsident sehr nachdrücklich gegen die darin geäußerte Lehre, daß der Eid, den man in den geheimen Gesellschaften leiste, so heilig wie der von der Justiz geforderte sey. Er verweist in starken Ausdrücken Hrn. Favre die Darlegung eines für die Moral und die gesellschaftliche Ordnung so gefährlichen Grundsatzes. Hr. Favre suchte sich durch einige Worte zu rechtfertigen, die aber bei dem herrschenden Geräusche verhallen. Die Sitzung ward dann suspendirt. Die Bureaux der Deputirtenkammer beschäftigten sich am 20 Januar mit drei Vorschlägen. Der erste, des Hrn. Vivien, hatte eine in den Reglements der Kammer einzuführende Modification zum Gegenstand. Der zweite bezog sich auf eine Aenderung der Tarife über Leinengarn und Leinwand. Die Verlesung dieser beiden Vorschläge ward von sieben Bureaux ermächtigt. Der dritte Vorschlag, von Hrn. Marchal, die Abschaffung des Gesetzes von 1814 über die Beobachtung der Fest- und Sonntage betreffend, ward von sieben Bureaux abgewiesen. Die Bureaux der Deputirtenkammer beschäftigten sich am 20 Jan. auch mit dem Gesetzesentwurf hinsichtlich der Rentenconversion. In sämmtlichen neun Bureaux sprach sich die Mehrheit für das Princip des Entwurfs aus und die neun erwählten Commissäre sind, obwohl in einzelnen Punkten, besonders in Betreff der Zeit der Umwandlung, nicht gleicher Ansicht, doch im Allgemeinen der Maaßregel günstig gestimmt. (Commerce.) Die Thronrede hatte uns angekündigt, daß die Finanzlage sehr befriedigend sey. Hr. Passy hat in dem Anfang seines Vortrags in der Kammer am 15 Jan. diese Behauptung bestätigt. Bei Anführung der Ziffern aber zeigte er sich sehr verlegen. Es geht daraus offenbar hervor, daß sich für das Rechnungsjahr 1839 ein Deficit ergibt. 57 Millionen Zuschußcredite und 56 dem außerordentlichen Budget der öffentlichen Arbeiten zugewiesene Millionen, im Ganzen 113 Millionen, die über die Anweisungen des ordentlichen Budgets hinaus aufgewendet wurden, haben mehr als die Hülfsquellen absorbirt, welche die Voraussicht der Kammern und die Vermehrung des Ertrags der indirecten Steuern zur Aushülfe des Schatzes verfügbar gelassen hatte. Nun kündigt man uns noch für das Jahr 1840 Folgendes an. Der Finanzminister erklärt schon in der Voraussetzung, daß die Einnahmen die im Budget aufgeführten Schätzungen überschreiten und so hoch seyn mögen, wie dieselbe Summe im Jahr 1839, daß sie um wenigstens 18 Millionen nicht zureichen werden; fügt man denselben 60 Millionen bei, die für das außerordentliche Budget der öffentlichen Arbeiten nöthig seyn werden, so findet man nach der Berechnung des Hrn. Passy, daß die Ausgaben die Einnahmen im Jahr 1840 um eine Summe von 78 Millionen überschreiten werden. Dabei ist zu bemerken, daß dieß nur eine erste Voraussicht für eine erst seit 14 Tagen begonnene Rechnungszeit ist, und daß sich vor Ausgang derselben unfehlbar neue Bedürfnisse fühlbar machen werden. Wir kommen nun zu dem für 1841 vorgelegten Budget. Der Betrag der Ausgabeschätzungen beläuft sich auf eine Milliarde und 114 Millionen. Es ist ein wahres Wunder zu sehen, wie die Budgets jährlich zunehmen! Das ordentliche Budget von 1837 betrug eine Milliarde und 27 Millionen, das von 1838 eine Milliarde und 39 Millionen, das von 1839 eine Milliarde und 68 Millionen, das von 1840 eine Milliarde und 99 Millionen und das von 1841 eine Milliarde und 141 Millionen. Dieß

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Deutsches Textarchiv: Bereitstellung der Texttranskription. (2016-06-28T11:37:15Z) Bitte beachten Sie, dass die aktuelle Transkription (und Textauszeichnung) mittlerweile nicht mehr dem Stand zum Zeitpunkt der Übernahme des Werkes in das DTA entsprechen muss.
Matthias Boenig: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-06-28T11:37:15Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: keine Angabe; fremdsprachliches Material: gekennzeichnet; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: Lautwert transkribiert; I/J in Fraktur: Lautwert transkribiert; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine Angabe; rundes r (&#xa75b;): als r/et transkribiert; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: aufgelöst; u/v bzw. U/V: Lautwert transkribiert; Vokale mit übergest. e: als ä/ö/ü transkribiert; Vollständigkeit: teilweise erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: nein;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_026_18400126
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_026_18400126/3
Zitationshilfe: Allgemeine Zeitung. Nr. 26. Augsburg, 26. Januar 1840, S. 0203. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/augsburgerallgemeine_026_18400126/3>, abgerufen am 21.11.2024.